Erneuter Kreis....wird in der systematischen Theologie auch täglich gemacht. Wird in der Exegese tagtäglich gemacht
Die Theologie wird allgemein nicht als Wissenschaft anerkannt, ebenso wenig wie die Astrologie. Und zwar vorwiegend deshalb, weil ihre Methoden nicht Ergebnisoffen sind. Ein Theologe wird nicht mit der Entdeckung Karriere machen, dass es Gott nicht gibt.
Es wird daher (sorry) kaum einen wissenschaftlich denkenden Menschen überzeugen, wenn die Theologie mittels "systemisch-theologischer Selbstanalyse" den eigenen Glauben überprüft.
Ja, das sehe ich auch so. Ich verstehe nicht, warum Du es mir als Argument entgegenhältst. Ich betone das Wirken einer kulturellen Entwicklung und habe das extra hervorgehoben. Gleichzeitig sind wir aber auch das Ergebnis einer genetischen Entwicklung. Wären wir beispielsweise Löwen, würden wir nicht über den moralischen Wert des Vegetarismus diskutieren. Unsere Natur ist ein Rahmen für unsere Kultur.
Man hätte ja auf die Idee kommen können, wir wären Hitler genetisch überlegen. Ich sehe einen rein kulturelle Fortschritt, nichts genetisches innerhalb des Menschen.
Man hätte ja auf die Idee kommen können, wir wären Hitler genetisch überlegen.
"Man" vielleicht, wenn man im Biologieunterricht einen Fensterplatz hatte.
Falls jemand mit der Differenzierung zwischen genetischer und kultureller Entwicklung Schwierigkeiten hat, kann man sie auch weglassen und einfach von Entwicklung oder Evolution sprechen. Das legt allerdings das Missverständnis nahe, es sei ausschließlich die genetische, biologische Evolution gemeint.
Vergleiche das bitte mit dem absoluten Wahrheitsanspruch der monotheistischen Religionen. Er gründet auf Offenbarungen, die keinerlei Zweifel dulden. Der Papst hat in theologischen Streitfragen "unfehlbare" Autorität, und das ist tatsächlich wörtlich gemeint.
Aus meiner Sicht ist es der Größenwahn dieses absoluten Wahrheitsanspruchs, der die monotheistischen Religionen so gefährlich macht....
Welcher Wahn aus den von Menschen gemachten Ideologien hervorgehen, konnten wir doch gerade an den atheistischen Schrecknissen des 20. Jahrhunderts bei der SS, bei Stalins Gullags, Maos Vernichtungsorgien, Pol Pots Sadismus usw. sehen. Der in der Diskussion oft erzeugte Fokus auf das Christentum ist, wie ich finde (absichtlich?) zu eng. Auch im Christentum gab es freilich Pathologien (Beispiel der Hexenverfolgung, die ich ggü Jörn bereits ansprach). Der Unterschied ist, dass diese Dinge niemanden mehr schmerzen als die Christen. Und es war zugegebener Maßen für die Kirche nie wirklich gut, wenn sie zu sehr mit den politisch Mächtigen angebandelt hat, statt sie in die Pflicht zu nehmen, was ja auch oft geschah.
An dem Punkt (Kirchenverantwortliche vs. Politik) sehe ich derzeit in Deutschland aktuell ein großes Problem, muss ich gestehen.
Wenn ich als Mensch mit quasi unendlich viel politischer Macht ausgestattet werde und mich nicht mehr vor einer größeren Instanz zu rechtfertigen brauche, dann ist, und das können wir nun empirisch wirklich gut belegen, die Versuchung des Mißbrauchs bis hin zu unfassbaren Gräueltaten sehr groß.
Zur Unfehlbarkeit des Papstes und das was vielfach gerne reflexartig daraus gemacht wird. Das ist ein weit verbreiteter Irrtum. Ich möchte gerne aus Zeitgründen zitieren:
Dieses Dogma der Unfehlbarkeit bedeutet tatsächlich nicht, daß alles, was der Papst sagt, unfehlbar ist. Es bedeutet schlicht dieses, daß es im Christentum, jedenfalls nach katholischem Glauben, eine Letztentscheidungsinstanz gibt. Daß schließlich über die wesentlichen Fragen verbindlich entschieden werden kann und wir gewiß sein können, daß dann das Erbe Christi richtig ausgelegt ist. In irgendeiner Form ist diese Verbindlichkeit in jeder christlichen Glaubensgemeinschaft anwesend, nur
eben nicht auf den Papst bezogen.
Auch für die orthodoxe Kirche ist klar, daß die Konzilsentscheidungen in dem Sinn unfehlbar sind, daß ich mich verlassen kann: Hier ist das Erbe Christi richtig ausgelegt, das ist unser gemeinsamer Glaube. Es muß ihn nicht jeder neu sozusagen destillieren und aus der Bibel herausziehen, sondern der Kirche ist die Möglichkeit gemeinsamer Gewißheit gegeben. Der Unterschied zur Orthodoxie ist nur, daß das römische Christentum außer dem ökumenischen Konzil eine andere Vergewisserungsinstanz kennt, nämlich den Nachfolger des Petrus, der diese Vergewisserung ebenfalls leisten kann. Der Papst ist darin natürlich an Bedingungen gebunden, die gewährleisten – und ihn zudem zutiefst verpflichten – , nicht aus eigenem subjektivem Bewußtsein zu entscheiden, sondern in der großen Gemeinschaft der Überlieferung.
Zitatende.
Falls Du Gott nicht als Urheber der Liebe siehst, sondern ihn mit der Liebe identifizierst, wäre das ein Gottesbegriff, mit dem ich gut leben könnte. Freilich ohne die zusätzlichen Mystifizierungen der etablierten Religionen.
Zweiteres ist für mich der Fall. Vielen Dank an dieser Stelle dafür, dass du meine Erklärungen sprachlich in diese Form geschärft hast, ich werde dich bei dem Thema in Zukunft vielleicht zitieren.
"Man" vielleicht, wenn man im Biologieunterricht einen Fensterplatz hatte.
Falls jemand mit der Differenzierung zwischen genetischer und kultureller Entwicklung Schwierigkeiten hat, kann man sie auch weglassen und einfach von Entwicklung oder Evolution sprechen. Das legt allerdings das Missverständnis nahe, es sei ausschließlich die genetische, biologische Evolution gemeint.
Beim Thema Biologie und Genetik könnte man auch mal darüber sinnieren, wieviel Unheil in deren Namen verbreitet wurde und wird. Untermensch, Herrenmensch usw. Meines Wissens sind das ja Wissenschaften, die aber auch missbraucht werden. Wissenschaft schützt also nicht vor Missbrauch. Ich komme da auf meine Einstellung zurück, dass der Mensch immer irgendeinen Grund findet, um anderen den Kopf einzuschlagen. Auch heute wird mit Genetik Schindluder betrieben und zwar ganz ordentlich. Atheisten führen ja oft auf, dass eine gottlose Welt friedlicher wäre. Zumindest aus meinem zeitlichen Horizont heraus kann ich das überhaupt nicht unterschreiben.
Untermensch, Herrenmensch usw. Meines Wissens sind das ja Wissenschaften...
Entschuldigung, das sind keine Wissenschaften, auch keine missbrauchten Wissenschaften. Es ist eine Ideologie, nämlich Rassismus. In der Biologie werden zwar Rassen erforscht, das ergibt aber noch keinen Rassismus. Der entsteht erst durch eine ideologische Absicht.
Recht hast Du meiner Meinung nach damit (und das ist auch meine Antwort an Bernd_S), dass nicht nur die Religionen, sondern auch andere Ideologien und Machtstrukturen zu Unheil führen können. Dabei können die Religionen mäßigend, genauso aber auch antreibend wirken. Gefährlich sind aber nicht nur Religionen, sondern auch andere nichtrationale Ideologien.
Ich hatte vor etlichen Seiten unter dem allgemeinen Unverständnis, teilweise auch Hohn, versucht darzustellen, dass die Religionen eine tiefere Grundlage oder Ursache haben, die sie mit anderen Ideologien teilen. Nämlich der Fähigkeit der Menschen zum fiktiven Denken. Wir sind im Unterschied zu unseren genetischen Vorfahren in der Lage, uns allerlei auszudenken und wie reale Dinge zu behandeln. Geld, Staatsbürgerschaften, Ehen, Nationen, Götter, Geister, Menschenrechte usw. behandeln wir wie reale Dinge.
Diese Fiktionen können uns nützlich oder auch zum Verhängnis werden. Die Religion, also der Glaube an Götter, Geister, Engel, Teufel, Seele, Jenseits und Paradies ist eine unter ihnen. Es gibt jedoch viele andere Fiktionen, die ähnlich destruktiv oder konstruktiv sein können. Die Idee des Geldes oder der Menschenrechte halte ich für konstruktiv, ebenso die Idee der Nächstenliebe.
Ich bin demnach so ziemlich der Letzte, den man auf die ähnliche Gefährlichkeit von Fiktionen und Ideologien abseits der Religionen hinweisen muss. Denn ich habe die Tatsache ihrer grundsätzlichen Ähnlichkeit seitenlang (auch gegen Deine Argumente) verteidigt.
Der Nationalsozialismus, der Antisemitismus, der Rassismus, der Kommunismus und Antikommunismus etc. entfalteten ihre größte mitreißende Wirkung, als sie quasireligiöse, irrationale Züge annahmen. Aus einem Provinzpolitiker wurde ein "Führer", der sich in schicksalhafter Vorbestimmung gelenkt und instrumentalisiert sah. Er fantasierte mit großen Teilen seines "Volkes" über eine jüdische Weltverschwörung, der unter anderem Albert Einstein angehört haben soll. Es war ein Wahn. Ober er nun religiös oder ideologisch war oder, am wahrscheinlichsten, beides, ist ein wenig Sophisterei. Von ihren Grundlagen her ist es dasselbe.
Wie immer: no offense und danke für die Diskussion.
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