Ausgangspunkt dieser Teildiskussion war doch ein Posting von waden. Ich habe waden so verstanden, dass er sich (siehe Zitat) mit der Frage beschäftigt, ob nicht schon bestimmte Gedanken "böse" sein können. Das finde ich aber prinzipiell bedenklich: Gedankenfreiheit ist ein hohes Gut und gilt nicht nur für religiöse Menschen, sondern natürlich auch für alle anderen!
Vielleicht habe ich mich missverständlich ausgedrückt. Mir geht es nicht um die Bewertung, ob bestimmte Gedanken gut oder böse sind bzw. ob bestimmte Gedanken „böse“ sein können.
Böse Gedanken darf jeder haben. Etwas anderes zu fordern, wäre sowohl sinnlos und wohl gegen die menschliche Natur. (ich kann mich lediglich an den Religionsunterricht meiner Kindheit erinnern, als es bereits als Sünde galt, unkeusche Gedanken zu haben. Diese hätte ich dann beichten sollen).
Die Grenze zwischen Gut und Böse läuft auch nicht zwischen diesen Menschen hier und jenen Menschen dort, sondern verläuft in jedem einzelnen Individuum.
Meine Überlegungen haben also nichts damit zu tun, dass ich Gedanken verbieten will, sondern zielen in eine andere Richtung. Mir geht es um Denkstrukturen: lerne ich, Dinge unhinterfragt zu glauben, weil sie mir so gesagt werden? Wir alle haben als Kinder so gelebt, als unsere Eltern uns gesagt haben: „Fass nicht auf den Herd, sonst verbrennt Dir die Hand, spring nicht aus dem Fenster, sonst verletzt Du Dich tödlich“. Mit der Zeit können wir kritisches Denken erlernen und autoritäre Anweisungen hinterfragen.
Man sieht ja bei der aktuellen Flüchtlingsproblematik wie es um die westlichen Werte bestellt ist. Müssen wir was abgeben, ist sehr sehr schnell vorbei mit den tollen Werten und Flüchtlingsheime brennen. Und dass wir auf Kosten andere leben (Menschen, Ressourcen) ist längst bekannt. Ökologisch sauber mit dem Fahrrad ins Büro fahren, dann aber mal eben nach Malle fliegen, billige Handys kaufen und billiges Essen dazu. Ich muss schon sehr genau hinschauen, um eine westliche Perle zu finden. Ist aber ein anderes Thema...
All dem will ich natürlich nicht widersprechen. Mit dieser Zivilisationskritik hast Du recht und da ließe sich sicherlich noch manches hinzufügen.
Das ändert aber nichts an den Werten, die bei uns dennoch hochgehalten werden. Die Menschenrechte z.B. scheinen Dir zu hoch gegriffen zu sein. Ich halte das für sehr wichtig. Wenn man sieht, in wie vielen Gesellschaften auf der Erde diese nicht gelten, wundere ich mich, für wie selbstverständlich sie hier bei uns häufig genommen werden.
Immerhin gilt bei uns der Wunsch nach demokratischer Optimierung. sorry für ein bisschen off topic, aber es interessiert mich: fällt Dir z.B. ein Ort/Volk/Gesellschaft/Land ein, das die Gesellschaft besser organisiert hat?
Vielleicht habe ich mich missverständlich ausgedrückt. Mir geht es nicht um die Bewertung, ob bestimmte Gedanken gut oder böse sind bzw. ob bestimmte Gedanken „böse“ sein können.
Böse Gedanken darf jeder haben. Etwas anderes zu fordern, wäre sowohl sinnlos und wohl gegen die menschliche Natur. (ich kann mich lediglich an den Religionsunterricht meiner Kindheit erinnern, als es bereits als Sünde galt, unkeusche Gedanken zu haben. Diese hätte ich dann beichten sollen).
Die Grenze zwischen Gut und Böse läuft auch nicht zwischen diesen Menschen hier und jenen Menschen dort, sondern verläuft in jedem einzelnen Individuum.
Meine Überlegungen haben also nichts damit zu tun, dass ich Gedanken verbieten will, sondern zielen in eine andere Richtung. Mir geht es um Denkstrukturen: lerne ich, Dinge unhinterfragt zu glauben, weil sie mir so gesagt werden? Wir alle haben als Kinder so gelebt, als unsere Eltern uns gesagt haben: „Fass nicht auf den Herd, sonst verbrennt Dir die Hand, spring nicht aus dem Fenster, sonst verletzt Du Dich tödlich“. Mit der Zeit können wir kritisches Denken erlernen und autoritäre Anweisungen hinterfragen.
Damit bin ich einverstanden. Vor allem Dein Beispiel mit dem Religionsunterricht kann ich sehr gut nachvollziehen. Mir stellt es immer die Haare auf, wenn Gedanken als Sünde deklariert werden - wie ja auch z.B. im katholischen Schuldbekenntnis.
Und das, obwohl ich schon finde, dass Gedanken etwas bewirken und in vielen Situationen eine große Rolle spielen. Das kennen wir ja auch alle z.B. vom mentalen Training. Aber der einzige, der meine Gedanken tatsächlich "kontrollieren" darf, bin ich selbst!
Vielleicht habe ich mich missverständlich ausgedrückt. Mir geht es nicht um die Bewertung, ob bestimmte Gedanken gut oder böse sind bzw. ob bestimmte Gedanken „böse“ sein können.
Böse Gedanken darf jeder haben. Etwas anderes zu fordern, wäre sowohl sinnlos und wohl gegen die menschliche Natur. (ich kann mich lediglich an den Religionsunterricht meiner Kindheit erinnern, als es bereits als Sünde galt, unkeusche Gedanken zu haben. Diese hätte ich dann beichten sollen).
Die Grenze zwischen Gut und Böse läuft auch nicht zwischen diesen Menschen hier und jenen Menschen dort, sondern verläuft in jedem einzelnen Individuum.
... und vor allem ist die Kategorisierung von "gut" und "böse", wie Zarathustra hier in dem Thread (wenn ich ihn richtig verstanden hab) betont hat, kontextabhängig. Was in einem System "gut" ist, muss es nicht notwendigerweise in einem anderen System sein. Und auch in demselben System kann die Bedeutung im zeitlichen Kontext variieren.
Was man nicht außer Acht lassen sollte: Die "Menschenrechte" und die "Gleichheit aller Menschen" sind Fiktionen, ebenso wie die Götter, die wir hier diskutieren.
Die Menschen sind keineswegs alle gleich, sondern sehr verschieden. Wir haben lediglich die Verabredung getroffen, dass wir so handeln wollen, als wären sie alle gleich, indem wir ihnen die gleichen Rechte zugestehen. Zu früheren Zeiten gab es andere Definitionen der Menschenrechte, die ebenfalls auf Verabredungen (Festlegungen) beruhten: Man unterschied beispielsweise zwischen Sklaven und freien Menschen. Oder zwischen Sklaven, Frauen und freien Menschen. Worauf es mir ankommt ist die Feststellung, dass es sich bei diesen Wertesystemen um verabredete, von Menschen festgelegte Systeme handelt.
Ein Anwalt, der sich auf Menschenrechte spezialisiert hat, ist ein Fachmann für die Regeln, die sich innerhalb dieses fiktiven Wertesystems ergeben. Je nach Epoche und aktuell geltender Fassung der Menschenrechte kann er Auskunft über Fragen geben wie beispielsweise, ob ein Sklave Land erben, oder ob ein Bürger den Staat verklagen kann. In gleicher Weise ist ein Priester ein Fachmann für das fiktive System aus Göttern, heiligen Geistern, Engeln und so weiter. Können Jesus und Gott unterschiedlicher Meinung sein? Kann man aus der Hölle wieder herauskommen? Kann man die Taufe rückgängig machen?
Vielleicht trägt es zur Aufweichung der Fronten bei, wenn man sich vergegenwärtigt, dass wir zahlreiche fiktive Systeme pflegen. Unser Geldsystem basiert auf fiktiven Werten: Ein 500-Euro Schein oder eine Aktie verliert in dem Moment seinen Wert, an dem wir gemeinsam aufhören, an ihn zu glauben. Der Wert eines Goldbarrens ist fiktiv. Nationen sind fiktive Konstrukte, ebenso wie Staatsbürgerschaften oder Ehen. Eine GmbH oder eine Aktiengesellschaft sind fiktive Konstruktionen. Ob eine GmbH die Patentrechte an Pflanzen erwerben, oder ob eine Aktiengesellschaft einer Nation den Krieg erklären darf, sind Auslegungen der Regeln, mit denen wir diese abstrakten Gebilde behandeln. Sie allesamt sind aber nicht im eigentlichen Sinne real.
Wichtig scheint mir zu sein, dass solche fiktiven Systeme sich ihrer fiktiven Wurzeln bewusst sind. Die Menschenrechte sind von Menschen erdacht und deshalb verhandelbar. Das sehen wir in Grenzfällen wie zum Beispiel bei Komapatienten oder bei ungeborenem Leben. Dieses einschränkende Regulativ fehlt meiner entbehrlichen Meinung nach bei den Religionen. Sie bestreiten den fiktiven Charakter ihrer Mythologie und begreifen ihre Verabredungen als Tatsachen. Ein allmächtiger, allgütiger und allwissender Gott ist ein Mythos, ein fiktives Konstrukt, vergleichbar mit der fiktiven, nur postulierten Gleichheit aller Menschen. Man überstrapaziert diesen Mythos, wenn man ihn gegenüber den realen Fakten der tatsächlichen Welt als Tatsache behauptet. Durch dieses Missverständnis wird Sinn zu Unsinn.
Wenn das alles "fiktive" Systeme sind, ich würde eher sagen, die meisten sind "soziale" Systeme, würde ich konkret verstehen wollen, worin genau der prinzipielle bzw. strukturelle Unterschied mit Blick auf
- Systemgrenzen
- Systemelemente
- Rückkoplungen (Interaktion / Kommunikation) zwischen den Systemelementen
- funktionale Ausdifferenzierung
- Eintritts- und Austrittsentscheidungen
zwischen den Systemen (also bspw. einer GmbH, einer Glaubensgemeinschaft und einem Sportverein) besteht?
@captainbeefheart
Du verwendest eine mir nicht geläufige Fachterminologie. Insofern bin ich unsicher, ob ich deine Frage überhaupt verstehe. Fast vermute ich, dass du die Antwort auf deine Frage kennst?
Wenn es dir nicht zuviel Aufwand bereitet, würde mich eine Version in einer etwas alltäglicheren Sprache interessieren