Bis zum obigen Zitat habe ich Dir ungefähr zugestimmt. Jedoch: Die von mir dargestellte Sichtweise auf die Herkunft von Wertesystemen legitimiert nichts. Sie beschreibt lediglich einen Mechanismus.
Ebenso beschreibt die Theorie zur biologischen Evolution einen Mechanismus. Sie legitimiert dadurch nicht die Existenz der Affen, sondern erklärt einfach, warum sie da sind.
Die Einbettung in eine Ideologie kann geschehen. Ein Beispiel wäre die Vereinnahmung der Evolutionstheorie durch die Nazis. Es wäre aber ein Missverständnis, wenn wir die Evolutionstheorie abtun würden mit der Bemerkung: "Diese Theorie dient einfach zu ideologischen Legitimierung des Status Quo".
Da es sich bei der "evolutionär stabilen Strategie" um ein formales, theoretisches Konzept aus der Spieltheorie handelt, erscheinen mir die Inhalte bei der Anwendung auf die menschliche Entwicklung und Kultur (nicht biologische Evolution) beliebig, sie reichen von Pflanzen, Tieren, Menschen, Staaten, Moralinstanzen, Religionen usf. Jede Verallgemeinerung aus dem Schweineexperiment, die über instrumentelles Lernen in Gefangenschaft bei Labortieren hinausgeht, würde ich als Ideologie bestimmt charakterisieren und nicht mehr als empirisch gesicherte Wissenschaft.
In diesem FAZ-Artikel schreibt Ariel Rubinstein, ein Spieltheoretiker, über die Grenzen solcher formalen Modelle, die ich auch so ähnlich sehen würde:
"In meinen Augen ist die Spieltheorie eine Ansammlung von Fabeln und Sprichwörtern. Die Implementierung eines Modells aus der Spieltheorie ist ebenso wahrscheinlich wie die Umsetzung einer Fabel. Eine gute Fabel versetzt uns in die Lage, eine Lebenssituation aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten, und könnte dadurch irgendwann einmal vielleicht unser Handeln und Denken beeinflussen."
qbz, würdest Du also sagen, dass die Stabilität nicht zu den notwendigen Kriterien zählt?
Bist Du der Meinung, das Prinzip des "Bestands des Stabilen" aus der Evolutionslehre sei nur ein "formales, theoretisches Konzept aus der Spieltheorie"? Es ist nicht empirisch gesichert?
qbz, würdest Du also sagen, dass die Stabilität nicht zu den notwendigen Kriterien zählt?
Bist Du der Meinung, das Prinzip des "Bestands des Stabilen" aus der Evolutionslehre sei nur ein "formales, theoretisches Konzept aus der Spieltheorie"? Es ist nicht empirisch gesichert?
Bei der Entstehung von Normen kann nunmal keine Ratio unterstellt werden. Deshalb werden in der Ökonomie mittlerweile auch andere Modelle genutzt, s. behavioral economics. Die Ökonomie ist nunmal auch eine Sozialwissenschaft, die zwar versucht mittels Formeln und Modellen der Naturwissenschaft nahe zu kommen, es lassen sich allerdings trotzdem keine so einfachen Gesetzmäßigkeiten wie die der Spieltheorie unterstellen.
Und die Evolution? Ist dort der "Bestand des Stabilen" nur eine vom Menschen gesetzte Norm, der keine Ratio unterstellt werden kann?
Oder lässt es sich bei der Evolution empirisch beobachten und dadurch als Fakt absichern?
Wenn ich die Debatte richtig verfolgt habe, stehen keine ökonomischen Modelle auf dem Prüfstand, sondern es geht um die Frage, wie empirisch beobachtbare Komplexität entstand (hier die Moral), oder sehe ich das falsch?
Wenn ich die Debatte richtig verfolgt habe, stehen keine ökonomischen Modelle auf dem Prüfstand, sondern es geht um die Frage, wie empirisch beobachtbare Komplexität entstand (hier die Moral), oder sehe ich das falsch?
Das siehst du nicht direkt falsch, allerdings wird versucht die Frage mittels ökonomischer Theorie zu erklären. Die Spieltheorie wird allerdings auch dort nicht zur alleinigen Theorie zur Erklärung sozialer Tatbestände genutzt.
Mir fehlt gerade die Zeit für eine derartige Diskussion, tut mir leid.
Womöglich hat das Wort "Spieltheorie" eine Nebendebatte angestoßen, die mit dem ursprünglichen Gegenstand nicht besonders viel zu tun hat.
Es ging doch nur darum, ob man sich zu einer moralischen Haltung theoretisch eine Strategie ausmalen könnte, die diese Haltung untergräbt. Etwa, dass ein Ferkelchen seine Kooperation einstellt, wenn es bemerkt, dass es auch ohne diese Kooperation an das Futter kommt. Mehr war doch eigentlich nicht gemeint, oder sehe ich das falsch?
Ein anderes Beispiel war, dass die noble Haltung des Pazifismus nicht stabil ist, weil diese Haltung untergraben werden kann, sobald jemand eben doch zu den Waffen greift. Weil diese Haltung also nicht stabil ist, finden wir sie auch nirgends. Und genau das sollte belegt werden. Am Ende landen wir nicht bei den nobelsten aller Haltungen, sondern bei jenen, die stabil sind.
Das siehst du nicht direkt falsch, allerdings wird versucht die Frage mittels ökonomischer Theorie zu erklären. Die Spieltheorie wird allerdings auch dort nicht zur alleinigen Theorie zur Erklärung sozialer Tatbestände genutzt.
Mir fehlt gerade die Zeit für eine derartige Diskussion, tut mir leid.
Entschuldigung, die evolutionäre Spieltheorie ist ein Zweig der Biologie. Es geht dabei um die Ausbreitung und Verteilung von Verhaltensmustern.
Meiner Ansicht nach kann sie zur Entstehung und Verbreitung menschlicher Verhaltensmuster etwas beitragen. Ethische Normen sind ja nichts anderes als Verhaltensmuster, die sich ausgebreitet haben.
Da es sich bei der "evolutionär stabilen Strategie" um ein formales, theoretisches Konzept aus der Spieltheorie handelt, erscheinen mir die Inhalte bei der Anwendung auf die menschliche Entwicklung und Kultur (nicht biologische Evolution) beliebig, sie reichen von Pflanzen, Tieren, Menschen, Staaten, Moralinstanzen, Religionen usf. Jede Verallgemeinerung aus dem Schweineexperiment, die über instrumentelles Lernen in Gefangenschaft bei Labortieren hinausgeht, würde ich als Ideologie bestimmt charakterisieren und nicht mehr als empirisch gesicherte Wissenschaft.
Dein Standpunkt ist, die menschliche Moral sei vollständig durch die Produktions- und Besitzverhältnisse bestimmt. Andere sagen, sie käme von Gott. Ich sage, sie entwickelt sich, entsprechend ihrem jeweiligen Umfeld, von selbst.
Und ausgerechnet meinen Standpunkt hältst Du für ideologisch? Das müsstest Du vielleicht noch kurz erklären. Mir scheint, Du müsstest die Ursachenkette einfach ein Stück weiter nach hinten verfolgen und Dich fragen, was die Ursachen für die Produktions- und Besitzverhältnisse sind. Sie sind das Ergebnis erfolgreicher Strategien.
Das ist genau das, was ich sage: Normen sind das Ergebnis dauerhaft erfolgreicher Strategien.