Ich finde die Aktion cool - für Triathlonfans. Geile Sache, vor allem die coole Vorgeschichte.
Für Menschen jedoch, die sich im Triathlon nicht so auskennen, oder die ihre Freizeit nicht auf Youtube und Instagram verbringen, ist Sanders keine Top-Personalie auf der Langdistanz. Dafür reichen ein zweiter Platz auf Hawaii und Siege in Übersee nicht aus.
Keinesfalls hat ein solches Duell den Rang eines Hawaii-Sieges, wie bereits zu lesen war. Selbst dann nicht, wenn man vom sportlichen Wert absieht und den rein medialen Impact bewertet. Vergleicht einfach mal ein Foto, das man für die Presse auf Hawaii schießt und eines, das man auf einer Landstraße im Allgäu knipst. Das ist wie ein Wimbledon-Sieg im Vergleich zum Duell auf dem Trainingsplatz vom TC Grünweiß Wixenhausen-Nord.
...
Für Menschen jedoch, die sich im Triathlon nicht so auskennen, oder die ihre Freizeit nicht auf Youtube und Instagram verbringen, ist Sanders keine Top-Personalie auf der Langdistanz. Dafür reichen ein zweiter Platz auf Hawaii und Siege in Übersee nicht aus.
...
Darum ist es ja für Sanders eine Win-Loose-Situation. Er steigert durch das Rennen deutlich seinen internationalen Bekanntheitsgrad, da ein wenig vom Glanz des "GOAT" auch auf ihn abfällt und das Duell auch von der Nicht-Triathlon-Fachpresse medial wahrgenommen wird, was bei normalen Rennen außerhalb von Kona nicht der Fall ist.
Dafür opfert Sanders seine realistischen Hawaii-Chancen für den Oktober, denn drei harte Langdistanzrennen innerhalb so kurzer Zeit hat noch niemandem gut getan.
Und für Frodeno ist es eine Win-Win-Situation: er hat sowieso ein Langdistanzrennen im Juli trainingsmethodisch benötigt und er bekommt viel mehr Aufmerksamkeit für sich als Marke und seine Sponsoren, als wenn er in einem herkömlichen Rennen mit echter Konkurrenz starten würde.
Und zusätzlich schont er seine Siegesserie, wenn er es vermeidet außerhalb von Hawaii, in Rennen mit wirklich hochklassiger Konkurrenz (damit meine ich v.a. die aufstrebenden Norweger, aber auch den wiedererstarkten Patrick Lange und z.B. Baekkegard) an der Startlinie zu stehen. Challenge Gran Canaria hat ja aufgezeigt, dass auch Frodo mittlerweile an einem nicht perfekten Tag durchaus schlagbar ist.
Dafür opfert Sanders seine realistischen Hawaii-Chancen für den Oktober, denn drei harte Langdistanzrennen innerhalb so kurzer Zeit hat noch niemandem gut getan.
Ich glaube, er opfert sie nicht, sondern er hat begriffen, dass sie (noch) nicht existieren. Deswegen ist es clever, die mediale Flaute im Vorfeld zu nutzen, um seinen Marktwert zu steigern, indem das Scheinwerferlicht nur auf Frodo und ihm ruht, während es auf Hawaii viel weiter streut. Für wen sonst würde sich the GOAT zu einem Duell hergeben? Damit deutet Frodo an, wen er der Nachfolge für würdig hält – bzw. lässt es der guten Show wegen so aussehen. Und mit Lionels Hintergrundgeschichte lässt sich in kurzer Zeit eine human-interest-Schmonzette aufsetzen, die sich gewaschen hat und nach der hierzulande mehr Leute Lionel Sanders kennen als Daniela Katzenberger.
Für Frodo wäre nach einem weiteren Hawaii-Sieg ein guter Zeitpunkt, seine Triathlon-Karriere zu beenden. Er hätte alles erreicht und würde, wie einst die von mir hochgeschätzte Chrissie Wellington, auf dem Zenit abtreten.
Tilbury-Davis ist keiner, der nicht über die Konsequenzen nachdenkt und sich leichtfertig auf Spielchen einlässt. Ich vermute, er und Lionel sind sich darüber im Klaren, dass Lionel gegen Frodo auf Hawaii keine Siegchance hat. Lionel verbessert sich konstant überall, aber es reicht immer noch nicht. Mit einem weiteren Jahr solider Vorbereitung wäre die Bahn frei für Lionel Sanders.
Die jungen Wilden, die eigentliche Gefahr für Sanders zukünftigen Hawaii-Erfolg, sind noch nicht so weit, dass sie auf der Langdistanz in breiter Front nachrücken können. Da fehlen noch zwei, drei Jahre Erfahrung. Aus meiner Sicht wäre also nächstes Jahr ideal für Sanders, um alles auf Hawaii zu setzen. Für dieses Jahr hat er ausreichend Erfolge in der Tasche, um zu belegen, dass er es kann, während das späte Duell gegen Frodo eine gute Begründung liefert, warum es in Hawaii vielleicht trotzdem nicht geklappt hat.
Ich sehe hier also keine win-lose-, sondern eine win-win-Situation für alle Beteiligten.
PS: Ich habe übrigens auf Sprint-Finish getippt. Ich glaube, Frodo wird sich für die direkte Konfrontation entscheiden, weil das fürs Publikum interessanter ist. Irgendein Solo-Streckenrekord lockt doch niemanden hinter dem Ofen vor, also zumindest mich nicht.
Deswegen vermute ich, dass er anfangs Gas rausnehmen wird und einen ausgelutschten, aber verzweifelt kämpfenden Lionel dann auf den letzten zwei bis fünf Kilometern der Laufstrecke stehen lässt. Falls Lionel von Anfang an so schlecht drauf sein sollte, dass er praktisch nicht konkurrenzfähig ist, kann Frodo das Spektakel immer noch dadurch retten, dass er ein Rennen gegen die Zeit macht.
Stellt Euch das doch mal vor:
Lionel Sanders schlägt Jan Frodeno ausgerechnet im Allgäu
Siegerzeit Lionel Sanders: 7 h 34 min (52 swim / 4:04 bike / 2:38 run)
(Zitat Jan Frodeno: "May be a new record?")
Was würde Jan dann tun?
Trotzdem als geschlagener loser finishen (hier gilt der Spruch "second is first loser" zu 100 %) in vielleicht 7 h 39 min??
Oder Rücken, Achillessehne, platten Reifen oder einen anderen mechanischen Defekt als Grund für einen vorzeitigen Ausstieg angeben?
Der Schuß könnte für Frodo nämlich auch komplett nach hinten losgehen.
Was würde Jan dann tun?
Trotzdem als geschlagener loser finishen (hier gilt der Spruch "second is first loser" zu 100 %) in vielleicht 7 h 39 min??
Ich denke, er würde sich erinnern, wie viel Sympathie und Respekt ihm entgegengebracht wurde als er 2017 auf Hawaii, wegen Rückenproblemen weit abgeschlagen, das Rennen in neun-Stunden-irgendwas trotzdem beendet hat. Er wird alles daran setzen, ins Ziel zu kommen.
Zitat:
Zitat von longo
Der Schuß könnte für Frodo nämlich auch komplett nach hinten losgehen.
Klar. An einem durchschnittlichen Tag aber eher nicht.
Ich denke, er würde sich erinnern, wie viel Sympathie und Respekt ihm entgegengebracht wurde als er 2017 auf Hawaii, wegen Rückenproblemen weit abgeschlagen, das Rennen in neun-Stunden-irgendwas trotzdem beendet hat. Er wird alles daran setzen, ins Ziel zu kommen.
Klar. An einem durchschnittlichen Tag aber eher nicht.
Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, daß Mats Hummels an einem durchschnittlichen Tag in einem Länderspiel ein Eigentor schießt ??
Nicht groß, deswegen macht er das ja auch nicht mehrfach in jedem Spiel.
Da haben wir schon die win-win-Mentalität: Tor ist Tor.
"Zum Glück hat er den Hummels zurückgeholt, sonst wäre gestern gar kein Tor gefallen"
Dann sind wir uns ja einig:
Lionel Sanders gewinnt immer, ganz egal wie das Duell am Ende ausgeht (win-win-win)
Jan Frodeno gewinnt nur, wenn er das Duell gewinnt (win-lose).