Ich habe mir Dein Video jetzt noch einmal in Ruhe angeschaut. Was ich vorher geschrieben hatte, halte ich nach wie vor für passend. Hier noch ein paar zusätzliche Gedanken für kalte Wintertage.
Streckung und Rotation
Was ich bei Dir vermisse, ist die Streckung und die damit einhergehende Rotation. In einem anderen Thread hatte ich dazu noch ein paar Bilder verlinkt, vielleicht helfen die Dir:
Zitat:
Zitat von schnodo
...die aus meiner Sicht den größten Nutzen abwerfen: - Streamline einüben. Diese 15-minütige Video beschreibt, wie Du diese Position in einer Trockenübung herstellst und worauf es zu achten gilt: Richard Quick Posture Line Land Excercises
Wenn Du Handstandliegestütze kannst, hast Du aus meiner Sicht optimale Voraussetzungen.
Diese Grundposition sollte beim Schwimmen möglichst erhalten bleiben. Zumindest aber bei jedem Abstoßen bekommst Du so locker 2 bis 3 Meter geschenkt. - Beim Schwimmen selbst würde ich, darauf aufbauend, an maximale Streckung denken. Bei jedem Zug sollte es einen Moment geben, wo der Körper komplett lang ist, eine Hand nach vorne gestreckt, die andere nach hinten. Das ist auch genau die Position in der Du Luft holst.
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Richard Quick beschreibt übrigens die Herstellung einer gute Kopfposition nicht mit "Kopf auf die Brust" sondern eher so als würde der Kopf auf der Rückseite nach oben gezogen. Andere beschreiben es als
Ziehen des Kinns in Richtung der Halswirbelsäule.
Aus meiner Sicht beides deutlich bessere Bilder weil sie die Streckung und Begradigung der Wirbelsäule bewirken und nicht ein Abknicken, welches man vermeiden möchte.
Extremer Beinschlag
Andere hatten zurecht Deinen Beinschlag angesprochen. Die Atembewegung, die Du Dir angewöhnt hast, zerstört Deine Gesamtbewegung. Die wenige Rotation, die Du hast, verwendest Du nur für die Atmung. Zu nutzt einen Monsterkick (siehe Bild), um in die Atemposition zu kommen und dann noch einen Monsterkick, um aus der Position in Deine gewohnte flache Lage zurückzukommen. Die Kombination aus fehlender Streckung der Füße und extremer Amplitude bremst Dich aus.
Ich meine, dass Du davon profitieren könntest, gelegentlich mit Pull Buoy und Knöchelband(!) zu schwimmen. Deinen gewohnten Kick zur Atmung wirst Du auch mit Pull Buoy machen wollen. Durch den Widerstand des Knöchelbandes spürst Du aber den Impuls und kannst gegensteuern.
macoios Eisenbahnschienen hatte ich bereits erwähnt, die haben mir in ähnlicher Situation gute Resultate gebracht.
Ich schließe mich der Meinung von qbz an, dass Du die Atmung zur anderen Seite üben solltest. Das wird die Verbesserung beschleunigen. Wenn 3-er Atmung nicht geht, dann zumindest mit Seitenwechsel pro Bahn. Im Wettkampf kannst Du dann immer noch auf Deine Lieblingsseite atmen.
Generelles
Es ist aus meiner Sicht nötig, dass Du erspürst, wo die Extremitäten "normalerweise" eigentlich hingehören. Ich meine, dass das am leichtesten zu erreichen ist, wenn Du die Drehung zur Atmung für die Dauer der Übung komplett weglassen kannst.
Eine sauber durchgeführte Abfolge von isolierten Übungen mit Schnorchel, beginnend mit Konzentration auf Wasserlage und Streckung des gesamten Körpers (incl. Fußspitzen!) mit kompaktem Kick, über Sculling, Anstellen und einseitigen Zug, bis hin zum ganzen Zug (
à la Schnodos Schnorchelei) könnte für Dich als eine Art Reset zu Beginn jeder Einheit sehr hilfreich sein. Zumindest hat es bei mir diese Wirkung. Je öfter ich die korrekte Position einübe, desto leichter spüre ich, wenn ich in der ganzen Lage durch Erschöpfung oder mangelnde Konzentration davon abweiche und kann gegensteuern. Das größte Problem ist oft, dass man die Abweichungen nicht spürt. Da hilft es, wenn man sich eine Referenz geschaffen hat.
Gut ist, dass Du die Kamera einsetzen kannst. Dadurch kannst Du enge Feedback-Schleifen fahren, den Erfolg kontrollieren und zeitnah gegensteuern. Ich würde es so machen, dass ich die Kamera immer dann einsetze, wenn ich das Gefühl habe, dass ich ein grundlegendes Element erfolgreich geändert habe. Meistens ist die Änderung in der Außenansicht dann fast unmerklich, aber auch das ist ein wichtiger Hinweis darauf, wie stark die nächste Korrektur ausfallen muss.
Ich bin, anders als Helmut S, nicht der Meinung, dass man keine Übung machen sollte, die man nicht beherrscht. Ich mache bevorzugt Übungen, die ich nicht oder nur schlecht beherrsche, bei denen mir mein Körper aber deutliches Feedback gibt. Über bewusste Änderungen der Bewegung taste ich mich an die Beherrschung heran. Wenn ich immer nur Übungen mache, die ich beherrsche, ändert sich nie etwas. Wichtig ist aber, zu wissen, was man erreichen will. Eine Übung durchzuführen, die man nicht versteht, kann trotzdem helfen, aber der Weg wird dadurch nicht leichter.
Buchempfehlung
Mich fasziniert Schwimmen und deswegen bin ich dauernd auf der Suche nach dem heiligen Gral des Schwimmens (es gibt ihn vermutlich nicht) und besitze einen Stapel einschlägiger Bücher, auch das, welches Helmut empfohlen hat. Es scheint mir für den Alleinübenden zu sperrig und richtet sich aus meiner Sicht eher an Lehrende.
Mein Empfehlung für ein Buch, das sich speziell mit dem Kraulschwimmen befasst, exzellent geschrieben und hilfreich bebildert ist:
Swim Speed Secrets von Sheila Taormina. Sie konzentriert sich stark auf den Vortrieb; eine solide Wasserlage und einen vernünftigen Kick sieht sie als notwendiges Fundament dafür. Die einleuchtende und präzise Sprache des Buches hat mir dabei geholfen, die Bewegung besser begreifen, erklären und umsetzen zu können. Ich empfehle Dir das Buch, weil ich meine, dass Du nach dem Lesen eine ziemlich klare Bewegungsvorstellung haben wirst, die Dir helfen wird, dich selbst zu korrigieren und so schneller ans Ziel zu kommen.
Sheila antwortet auch auf Fragen per E-Mail, was sie mir sympathisch macht und dem Buch einen zusätzlichen Wert gibt.
Nimm von meinen Vorschlägen, was Dir gefällt und sinnvoll erscheint und ignoriere den Rest. Viel Erfolg!