Etliche, die so alt sind wie ich oder älter, neigen eher zur Zurückhaltung, weil sie gesehen haben, wie schnell Existenzen zerstört werden, wie das Blatt sich wenden kann, wie oft sie in ihrem Leben daneben lagen und wie schwer es ist, ein gerechtes Leben zu führen. Ich stelle bei mir fest und nehme an, es geht anderen genauso, dass ich meinen Standpunkt immer öfter hinterfrage je älter ich werde und mir gelegentlich an den Kopf fasse, wenn ich darüber nachdenke, wie überzeugt ich früher von manchem Unfug war.
Damit macht man es keiner Seite recht aber auch das ist ein Geschenk des Älterwerdens: Es juckt mich nicht mehr so sehr, was andere sagen, wenn ich das Gefühl habe, ich bin mit mir im Reinen.
Glücksbesoffen zusehen wie im täglichen Leben die Grenzen des mach- und sagbaren durch Rechtsextreme und ihre Symphatisanten verschoben werden.
Das untolerierbare hinnehmen, die Augen vor den Folgen zu verschliessen und sich dabei noch altersweise zu fühlen...
...das kann man machen. Aber dann ist es halt Kacke!
Abdulkerim Simsek, Sohn des ersten NSU-Opfers Enver Simsek, über verloren gegangenes Vertrauen, Drohbriefe an seine Anwältin Seda Basay-Yildiz und den Mord an Walter Lübcke.
Die politische Stabilität der Bundesrepublik ist weder von Linksaußen noch von Rechtsaußen bedroht. Hier ist jede Übertreibung fehl am Platze. Wir haben linke und rechte Gewalttäter, und die müssen im Zaum gehalten werden, aber das sind so wenige, dass keine Gefahr für die politische Stabilität besteht.
...
Man muss linke Gewalt genauso prinzipiell ablehnen, wie man rechte Gewalt prinzipiell ablehnt. In einer zivilen demokratischen Gesellschaft ist politisch motivierte Gewalt fehl am Platz – egal aus welchen Motiven und mit welchen Zielen.
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“If everything's under control, you're going too slow.” (Mario Andretti)
Mal abgesehen davon, dass es in diesem Thread um das Thema Rechtsruck und Rechtsextremismus geht und nicht wie ermüdenderweise immer wieder angeführt um Linksextremismus, verwendet Klaus Schröder einen höchst problematischen Extremismusbegriff, den andere Wissenschaftler kritisch sehen.
Die Auffassung von Klaus Schröder wird nämlich von zahlreichen Rechtsextremismusforscher in der Politologie abgelehnt. Im Kern geht es darum, dass empirisch, d.h. bei Umfragen ermittelt, inhaltliche Einstellungen wie sie Rechtsextreme vertreten, mittlerweile auch bis in die Mitte der Gesellschaft reichen, d.h. bis in die Mittelschichten, was man auch an den Wahlergebnissen ablesen kann. Diese Wissenschaftler kritisieren die formale Gleichsetzung von Links- und Rechtsextremismus bei Schröder, weil das eine differenzierte Analyse beider verhindere. Man befindet sich in einer wissenschaftlichen Diskussion zur Gefährlichkeit des Rechtsextremismus, den nach Meinung anderer Politologen Schröder zu reduziert und begrifflich verengt beurteilt, indem er ihn als ungefährliche Randerscheinung klassifiziert. Ich zitiere mal ausnahmsweise etwas länger aus einem interessanten Text der Bundeszentrale für politische Bildung, Thema: Rechtsextremistische Einstellungen im Alltag, um zu verdeutlichen, worum es bei dieser Kontroverse geht.
"Aus dieser Gegenüberstellung mit dem „freiheitlichen rechtsstaatlichen Verfassungsstaat“ resultiert die operationale Enge des institutionellen Extremismusbegriffes. Als Extremisten gelten laut dieser Definition alle Personen, Organisationen, Parteien, die die Verfassung und ihre zentralen Elemente (u.a. Menschenrechte, Volkssouveränität und Gewaltenteilung) in Frage stellen. Weitere Kritikpunkte an diesem Extremismusbegriff sind die Gleichsetzung von Rechts- und Linksextremismus, sowie die Verortung des Rechtsextremismus als gesellschaftliches Randphänomen, was rechtspopulistische Einstellungen in der „Mitte der Gesellschaft“ außer Acht lässt. Die Extremismusdefinition der staatlichen Behörden bietet eine handhabbare Orientierung, um die Arbeitsfelder des Verfassungsschutzes des Bundes und der Länder abzudecken. Eine differenzierte wissenschaftliche Analyse des Phänomens, z. B. nach Alter, Geschlecht, Region, Bezugsgruppe, Entstehungszeit und –kontext, ist hier nicht intendiert (vgl. Stöss 2007, S.21).
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Rechtsextremistische Einstellungen und Verhaltensweisen, die eine besondere Bedrohung einer humanen Gesellschaft darstellen, sind dann und dadurch besonders gefährlich, wenn sie nicht nur von einer kleinen Randgruppe vertreten werden, sondern wenn entsprechende Einstellungen und Vorstellungen auch in der „Mitte der Gesellschaft“ Unterstützung und Sympathieträger finden. Diesen Zusammenhang zur Mitte der Gesellschaft haben besonders namhafte Politikwissenschaftler der Universität Leipzig in ihrer Studie „Die Mitte in der Krise. Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland 2010“ (Decker u.a. 2010), die sie im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung durchgeführt haben, herausgestellt, indem sie das Phänomen des Rechtsextremismus nicht nur von seiner verfassungsrechtlichen Problematik her (Verfassungsfeinde) begreifen, sondern auch mit der Krise in der Mitte der Gesellschaft in einen Zusammenhang bringen. Fragt man wie diese Forscher nach empirischen Befunden, rücken die für den Rechtsextremismus typischen Einstellungen in den Vordergrund und bestimmen die Definitionsmerkmale, die im Rahmen eines Umfrageprojektes dann operationalisiert werden können: „Der Rechtsextremismus ist ein Einstellungsmuster, dessen verbindliches Kennzeichen Ungleichheitsvorstellungen darstellen. Diese äußern sich im politischen Bereich in der Affinität zu diktatorischen Regierungsformen, chauvinistischen Einstellungen und einer Verharmlosung bzw. Rechtfertigung des Nationalsozialismus. Im sozialen Bereich sind sie gekennzeichnet durch antisemitische, fremdenfeindliche und sozialdarwinistische Einstellungen.“ (Decker u.a. S. 18)
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Die Mitte der Gesellschaft, zu der – im Selbstbild der Mittelschicht - weder die Unterschichten noch die Eliten der Gesellschaft gehören, ist für die Integrationsfähigkeit und den Zusammenhalt einer Gesellschaft insgesamt von großer Bedeutung. „Sie ist der Nachweis individueller sozialer Mobilität, also der Möglichkeit, in der Gesellschaft aufzusteigen. Gleichzeitig ist sie aber auch – mit den Worten des Soziologen Theodor Geigers – als Hort der ‚Panik‘ und ‚Verwirrung‘ bezeichnet worden, wenn nicht der Aufstieg, sondern der wirtschaftliche Abstieg die vorgegebene Richtung vieler ist. Der Zusammenhang dieser Panik mit der Freisetzung antidemokratischer Einstellung ist gut belegt. Vor dem Hintergrund einer Polarisierung der deutschen Gesellschaft, wie sie vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) dokumentiert und beschrieben worden ist“, stellen Decker u.a. diesen Zusammenhang mit den Daten ihrer Untersuchung dar. (Decker u.a., S. 106) Die Autoren untersuchen die vielfältigen Dimensionen des rechtsextremen Einstellungssyndroms und bringen sie mit der sozialen Lage der befragten Menschen in Verbindung. Sie können hier einen deutlichen Zusammenhang feststellen und kommen zu dem Schluss: „Wir müssen in 2010 einen Anstieg von dezidiert antidemokratischen und rassistischen Einstellungen feststellen, beobachten zudem eine leichte Zunahme der sozialdarwinistischen Ungleichheitsvorstellung.
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Die Autoren kommen in ihrer Zusammenfassung der empirisch abgesicherten Ergebnisse zu einer alarmierenden Diagnose: „Keine Entwarnung: der Wunsch nach Diktatur und die Zunahme von Chauvinismus, Ausländerfeindlichkeit und Sozialdarwinismus gefährden die Demokratie. Während wir im Jahr 2006 einen Rückgang der rechtsextremen Einstellungen verzeichnen konnten, müssen wir 2010 feststellen, dass die Zustimmung in den meisten Dimensionen angestiegen ist. So hat sich der Trend, dass seit 2002 immer weniger Deutsche eine Diktatur befürworten, umgekehrt: 2010 wünscht sich in Deutschland gut jede/r Vierte eine ‚starke Partei‘, die die ‚Volksgemeinschaft insgesamt verkörpert‘, mehr als jede/r Zehnte einen ‚Führer‘, der ‚Deutschland zum Wohle aller mit harter Hand regiert‘.“
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Im Gegensatz zu den „Mitte-Studien“ negiert Klaus Schroeder einen Extremismus in der Mitte der Gesellschaft. (vgl. Schroeder 2005, S.240 ff.) Er kritisiert vor allem die Auswahl und Formulierung der Items, mit denen die rechtsextremen Einstellungen in der Mitte der Gesellschaft in diesem Umfang nachweisen würden. (ebd.) Rechtsextremistische Positionen sind seiner Auffassung nach kein Problem der Mitte der Gesellschaft, sondern ein Randphänomen (ebd.). Schroeder wirft den Autoren der Studien, die einen Extremismus der Mitte empirisch feststellen, pauschal vor, eine generelle antikapitalistische Gesellschaftskritik ausüben zu wollen (vgl. ebd. S. 110 ff.). Schlussendlich werde die Thematik des Rechtsextremismus überbewertet und dramatisiert. (vgl. ebd. S. 467 ff.) Des Weiteren etikettiert er die „Mitte-Studie“ des Jahres 2010 als „nicht seriös, sondern eine offen ausgesprochene linke Kampfschrift gegen liberale und konservative Auffassungen und die hiesige Gesellschaftsordnung.“ (Schroeder 2010).
Angesichts der Aufdeckung des NSU und seiner Gräueltaten, und dem offensichtlichem Versagen staatlicher Institutionen (Verfassungsschutz und Polizei), erscheint Schroeders Kritik den Ernst der Situation zu verkennen und setzt sich selbst dem Vorwurf aus, statt einer fundierten empirischen Analyse mit Schlagwörtern zu arbeiten. Die Ereignisse der jüngsten Vergangenheit sowie die extremen, teils gewalttätigen Proteste gegen die Errichtung von Asylantenheimen machen deutlich, dass Rechtsextremismus ein Problem für die gesamte demokratische Gesellschaft darstellt und nicht als Randphänomen abgetan werden darf. (Zu weiteren Kritikpunkten am Heitmeyer-Ansatz, z. B. von Butterwege und Huisken, die hier nur angedeutet werden können, wie bspw. er präferiere als positiven Gegenentwurf zum Rechtsextremismus konservative Werte wie Kleinfamilie und enge Nachbarschaftsbeziehungen oder er habe einen zu engen Gewaltbegriff, vgl. Fenske 2013, S. 97)."
Von mir nur noch im Hinblick auf deine Worte "wohltuend sachlich" und "der vieles von meinen Gedanken bestätigt" dies:
Die Filterblase ist ein Begriff der Medienwissenschaft. Die Filterblase entsteht weil Webseiten versuchen, algorithmisch vorauszusagen, welche Informationen der Benutzer auffinden möchte – dies basierend auf den verfügbaren Informationen über den Benutzer (beispielsweise Standort des Benutzers, Suchhistorie und Klickverhalten).
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Gruß
N.
Huch, und das aus deinen Fingern. Bei keinem zweiten hier denk ich so häufig „Der Arme klemmt ja noch ordentlich in seiner 80‘er Jahre-Blase fest.“
Die Echo-Räume unserer Jugend find ich im Nachhinein deutlich krasser als das, was die sozialen Medien heute ermöglichen..
Huch, und das aus deinen Fingern. Bei keinem zweiten hier denk ich so häufig „Der Arme klemmt ja noch ordentlich in seiner 80‘er Jahre-Blase fest.“
Die Echo-Räume unserer Jugend find ich im Nachhinein deutlich krasser als das, was die sozialen Medien heute ermöglichen..
Auch von mir ein "Huch".
Denn mir ist jetzt ziemlich unklar warum Du die Abneigung und den Widerstand gegen Nazis, Rechtsextreme, Rechte und ihre Symphatisanten und Dulder mit den 1980er-Jahren in Verbindung bringst oder gar auf diesen Zeitraum beschränkst.
Da von rechten Gedanken, rechter Ideologie und ihren Verfechtern noch immer Gefahren für die Freiheit und die Demokratie ausgehen, ist die Auseinandersetzung damit nie auf die 1980er-Jahre beschränkt gewesen und wird (scheinbar) niemals enden.
Da von rechten Gedanken, rechter Ideologie und ihren Verfechtern noch immer Gefahren für die Freiheit und die Demokratie ausgehen, ist die Auseinandersetzung damit nie auf die 1980er-Jahre beschränkt gewesen und wird (scheinbar) niemals enden.
Wenn man sich beim Kampf gegen den Faschismus unverhohlen dessen Methoden bedient, wird man sich auch in weiteren 30 Jahren noch wundern, warum man damit so wenig Erfolg hat. Vielleicht kommt mal jemand auf die Idee, dass es hilfreich sein könnte, nicht nur in den Zielen, sondern auch in den Handlungen deutlich von Rechtsextremen unterscheidbar zu sein. Aber was rede ich...