Traditioneller Saisonstart des Audaxclub SH ist die Tour quer durchs Land, vom Ahrensburg nach Niebüll, dann mit dem Zug nach Keitum und noch nach List, viel weiter nördlich geht es nicht. ca. 250 km haben sich auch gewaschen. Eigentlich müsste ich ja laufen, aber...
Ca. 18 Leute stellten sich um 06 h morgens der Aufgabe und für mich gab es schon nach wenigen Sekunden voll auf die Fresse, als mein Dauersportkumpel Jens ausrief: "Ich habe meine Pedale vergessen!" Jens musste also wieder nach Hause, wir verabreden, dass er am ersten Pausenpunkt, dem Bäcker in Aukrug, wieder zu uns stösst. Kaum ist er weg da fällt mir ein, mit dem Rad werden wir knapp 3 h brauchen, bis dahin ist er vor Ungeduld längst verfault, oder...
Das fängt ja gut an. Und das morgens um 06.10 h und noch 250 km to go. Und weiter im Text. Bei einem kurzen Urinalstop ist die Gruppe weg, weil ich ansage, dass ich die Lücke zufahren kann, was im Prinzip auch stimmt, aber einen km später eine Kreuzung mit mehreren richtigen Wegen und klar, ich habe den Track natürlich nicht geladen. Na ja, ist egal, den Weg bis Aukrug kenne ich auch so und schon zwei Stunden später habe ich beim Bäcker die Gruppe wieder. Wer ist nicht da? Jens, der hat unsere Geschwindigkeit stark überschätzt und ist längst weg und die Gruppe will auch los. Dabei bin ich doch gerade angekommen, es ist kalt, 2°C und ich muss essen und ich brauche auch einen Cafe`. Bei mir bleibt nur Joe (Name von der Redaktion geändert), der selber Hilfe braucht: bei der Strecke hat er sich maßlos überschätzt, viel zu viel Gepäck, Schutzbleche, Rucksack, Riesensatteltasche. Mitleidig nehme ich mich seiner an, und nicht nur, dass wir nicht harmonieren, seine Lamentiererei nervt auch total ("Warum haben sie nicht gewartet?"). Er labert und labert, in den Wind geht er nie, wie auch? Und er ändert sein Ziel, kündigt an, nur bis Niebüll zu wollen. Ich überlege: warum bin ich hier? Zum rollen. Für die Form. Landschaft geniessen. Leute treffen. Spaß haben. Na ja, 1 ist drin, 2 erst recht, 3 sowieso und 4 sieht heute schlecht aus, aber 5 kann ich auch allein. A propos allein:
Das Photo auf der Fähre Breiholz hat Joe noch gemacht, danach war er weg, muss ich mich nun schämen? Glaube ich nicht.
So komme ich am Ende auf 250 km Alleinfahrt, mit ein paar Unterbrechungen für mein schönes Schleswig-Holstein:
Ja nee, is klar, die Eider, nä?
Graue Stadt am grauen Meer: Husum (Storm)
Und ein wunderbares Erlebnis zwischendurch: 96 km vor Niebüll bin ich so am verhungern, dass ich mir ein Spielchen genehmige: "Das nächste, was kommt, nimmst Du, egal was. Supermarkt, Tanke, Kallis Imbiss, whatever." Ich biege mitten im Niemannsland um die Ecke und es kommt - ein Golfclub. Hilft nix, es ist ein Gelübde, also rein da. Feinste Gesellschaft, offensichtlich geschlossen, man ist chic gekleidet und tafelt. Ich trage versiffte Funktionskeidung und sage zur Kellnerin: "Kriege ich etwas zu essen? Irgendwas." - Currywurst Pommes?" - "Am liebsten Pasta vegetarisch." - "Ich frage mal in der Küche." ...und zwei Minuten später:: "Ist ok, sie kochen Dir was." Kurz darauf kommt sie mit einem Riesenteller Hausgemachter Gnocci, dreierlei, Kartoffel, Basilikum, Lachs. Dazu heisse Cherrytomaten und Pesto. Göttlich. Jackpot. Mein ewiger Dank sei Euch gewiss. Dieser Brennstoff treibt mich nach Niebüll, ich glaube ich grinste die ganze Zeit.
Verladung nach Sylt, danach noch Keitum-List!
Inzwischen habe ich auch wieder guten Kontakt zu Jens! Wir verabreden uns zu einer kleinen Siegesfeier.
Done
Na ja, gewonnen habe eigentlich nur ich: 250 km Alleinfahrt, viel Wind, schön kalt. Da habe ich mir doch wirklich etwas verdient oder? Und wie schon 2015, als wir die Tour schon einmal fuhren, unterbreche ich auch heuer für ein Glas meine Fastenzeit. Nee, Leute, ohne geht gar nicht. Wir sprechen von Sylt.
Schon wieder ein Hardcoretrainingstag ohne Laufen. Ich habe aber noch 6 Wochen, die müssen reichen. Und die Form ansich ist super, es fehlt eben einfach an der marathonspezifischen Ausdauer. Mal sehen...