Bei größeren Radgruppen ist das meistens so: Die ersten 10 Fahrerinnen und Fahrer formieren sich kompakt in Zweierreihe mit geringen Abständen zum Vordermann.
Danach kommt das Mittelfeld: Hier wird nicht konsequent Zweierreihe gefahren, sondern es finden sich einzelne Fahrerinnen und Fahrer, die sich meistens einen Abstand von 10-20 Meter zum Vordermann genehmigen. Typischerweise fährt hier der stärkere Fahrer, der überwiegend alleine trainiert. Hier zieht sich das Feld in die Länge.
Hinten wird das Feld wieder kompakter, denn hier legt man mehr Wert auf Windschatten. Von Einer- bis Dreierreihe findet man alle Variationen. In dieser Gruppe verdichten sich die schwächeren Fahrerinnen und Fahrer und solche, die beim Anfahren an einer Ampel gerne mal 20 Sekunden zum Rest des Feldes verlieren, sei es durch Probleme mit dem Klickpedal, oder durch intensive Gespräche mit dem Nebenmann (der Start kommt dann völlig überraschend).
Es ist klar, dass man mit einer auf 300 Meter in die Länge gezogenen Gruppe über kaum eine Ampel gemeinsam kommt. Daher ist es in Radgruppen üblich, dass man "kompakt" fährt.
Abstand zum Vordermann nicht mehr als eine Radlänge.
Falls der Vordermann keinen Fahrer neben sich hat, fährt man neben ihn, damit das Feld wieder paarweise unterwegs ist. Bei ungeraden Gruppenstärken ist der einzelne Fahrer immer das Schlusslicht. Es ist ein Fehler, einen einzelnen Fahrer vor sich zu haben und nicht neben ihn aufzuschließen.
An Ampelstopps schließen alle möglichst dicht auf und fahren gleichzeitig los (nicht tröpfchenweise einer nach dem anderen).
Ist die Strecke mit Hügeln gespickt, fahren die schwächeren Fahrer NICHT ganz hinten, sondern im vorderen Drittel. Dadurch werden sie an Hügeln nicht immer abgehängt, sondern lediglich durchgereicht und das Ende der Gruppe bleibt in Reichweite. Im Flachstück nach einem Hügel fährt man dann wieder vor ins vordere Drittel der Gruppe. Hier hat man auch Einfluss auf das Tempo, indem man nach vorne ruft: "Kürzer!".
Von den langsameren Fahrern wird generell erwartet, dass sie sich aktiv um den Windschatten eines Vordermannes bemühen. Ein typischer Fehler ist, dass man bei langsamer Fahrt ein Lücke von 20 oder mehr Metern zum Vordermann reißen lässt. Zieht das Tempo vorne an, ist man sofort abgehängt.
Wird man abgehängt, macht man sich SOFORT durch den Ausruf "Kürzer!!!!" bemerkbar. Ein typische Fehler ist, wenn man sang- und klanglos abreißen lässt und der Rest der Gruppe später lange warten muss.
Hat man das Ende der Gruppe wieder erreicht, ruft man "Anschluss!", damit die Vorderen wissen, was los ist
Wer vorne Führungsarbeit macht, fährt im Flachen schnell und am Berg langsam. Bergab (aber noch nicht auf der Kuppe!) fährt man am härtesten. Folgendes nervt brutal: Als Führender am Berg hart fahren und im flachen Gelände im intensiven Gespräch mit dem Nebenmann das Treten vergessen.
Der Blick aller Fahrerinnen und Fahrer geht immer nach vorne! Spazierenschauen ist bei Gruppenfahrten tabu, außer bei sehr gut eingespielten Gruppen von 3-6 Personen. Das erfordert Konzentration und Disziplin.
Sehr guter Text von Arne! Das drucke ich mir mal aus, Einiges wusste ich noch gar nicht...Danke! Sehr hilfreich, sollte eine Pflichtlektüre vor der nächsten Gruppenfahrt sein...
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"Triathlon ist kein Ponyhof"
Geplant für 2011 (bis jetzt): Gelnhausen Kinzigtal-Triathlon SD | Kraichgau MD | Heinerman Darmstadt OD | Frankfurt City Triathlon OD | Tria-Saisonausklang: 3Sathlon Darmstadt SD | Frankfurt Marathon
Gut geschrieben Arne.
Am besten ist es, wenn du das vor der nächsten Ausfahrt gemeinsmane Ausfahrt nochmal sagst UND in dem Thread schreibst.
Das kommt auf die Rückenseite vom triathlon-szene.de-Radtrikot, dann hat es jeder vor Augen. Keine Diskussionen mehr über die Farbe von Hibiskusblüten oder ähnlichen Unsinn - einfach nur Klartext drauf .
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Die meisten Radwegbeschilderungen wurden von Aliens erschaffen.
Sie wollen erforschen, wie Menschen in absurden Situationen reagieren.
Jep, gut geschrieben. Nur eins fehlt IMHO noch bei längeren Gruppen: Das Tempo nach Kehren oder Kuppen sollten die Führenden erst anziehen wenn der letzte durch/drüber ist. Ziehen die ersten das Tempo nach der Kuppe sofort an hat der hinten fahrende der noch bergauf muss kaum eine Chance den Windschatten zu halten.
Zumal es vorne ja doch reizt bergan mal Druck zu machen, ist ja auch kein Thema wenn die Gruppe da mal kurzzeitig auseinanderreisst. Nur dann oben kurz langsamer machen bis die hinteren wieder im Windschatten sind. Sonst wird es für die ein kräftezehrendes Einzelzeitfahren. Denn das "am Berg langsam" ist bisher in so ziemlich allen Gruppen in denen ich mitfuhr eher Illusion sondern DIE Gelegenheit für einen Schwanzvergleich
Aber wie das so ist, Triathleten fahren die meiste Zeit doch alleine oder in kleinen Gruppen. So einiges habe ich auch erst auf meinen ersten Touren mit "echten" Radfahrern lernen müssen.