Und die Gerichte. Nach allgemeiner Rechtsauffassung sind lebenslange Sperren für erstmalige Dopingvergehen nicht möglich.
Möglich ist jeweils die kleinstmögliche Sanktion, mit der sich die Einhaltung der Regeln durchsetzen lässt.
Das folgt juristisch aus der Ein-Verbands-Regelung in Deutschland. Es gibt beispielsweise in Deutschland nur einen Triathlonverband und nicht drei, und nur einen Olympischen Sportbund. Der Sportler kann also nicht frei wählen, welchem Verband er angehören will. Deshalb darf der Verband nicht nur im eigenen Interesse handeln, sondern muss gleichzeitig die Interessen der Sportler vertreten. Letztere bestehen unter anderem darin, Wettkämpfe bestreiten zu dürfen.
Beispiel: Das Interesse des Deutschen Fußballbundes ist es, faire Fußballspiele zu haben. Er könnte nun jede Schwalbe im Strafraum mit einer einjährigen Sperre puls 100.000,- Euro Strafzahlung an den DFB sanktionieren. Dem stehen aber die Interessen des Sportlers gegenüber, die der Verband zu berücksichtigen hat. Möglich ist hier nur die kleinstmögliche Sanktion, mit der sich das Fairplay durchsetzen lässt.
Wie das genau auszubalancieren ist, entscheiden im Zweifel die Gerichte. Gegenwärtig sind Maximalstrafen aus dem skizzierten Grund nicht möglich.
Grüße,
Arne
Da will ich Dir nicht widersprechen, wobei …
… so allgemein ist die Rechtsauffassung doch gar nicht. Ich gebe zu, dass ich die Rechtslage in D nicht so gut kenne. Aber in Ö gibt es z.B. ein Kammersystem, in dem etwa Ärzte oder Rechtsanwälte organisiert sind. Jetzt mag eine Kammer etwas anderes sein als ein Sportverband. In dem für uns wesentlichen Punkt unterscheiden sich diese Organisationen aber nicht. Es gibt EINE Ärztekammer, EINE Rechtsanwaltskammer und EINEN Triathlonverband. Warum sollte die Ärztekammer jemandem die Zulassung entziehen dürfen (=lebenlanges Berufsverbot), der Triathlonverband aber nicht?
Bei der Österreichischen Ärztekammer wird das so formuliert (auf der Homepage):
"Durch die Sachkunde und Erfahrung des Vorsitzenden des Ehrenrats und die Berücksichtigung der Erfordernisse einer verlässlichen ärztlichen Berufsausübung durch die beisitzenden Ärzte erfolgt eine sachgerechte und gewissenhafte Abwägung zwischen den (im Zusammenhang mit seiner Berufsberechtigung existenziellen) Interessen der betroffenen Ärztin oder des betroffenen Arztes und den öffentlichen Interessen an einer Gesundheitsversorgung durch vertrauenswürdige Ärztinnen und Ärzten."
Es erfolgt also eine Interessensabwägung, und wenn der Arzt als nicht vertrauenswürdig eingestuft wird, darf er seinen Beruf nicht mehr ausüben.
Wieso sollte ein Kammerschiedsgericht der einzigen zugelassenen Kammer das dürfen und ein Verband nicht? Auch im Sport gibt es doch ein öffentliches Interesse daran, dass sich vertrauenswürdige Menschen sportlich fair messen können.
Und was wäre denn die von Dir erwähnte "kleinstmögliche Sanktion" zur Durchsetzung des Fairplays? Spätestens beim zweiten Dopingvergehen hat doch der betreffende Sportler bewiesen, dass die befristete Sperre beim ersten Dopingvergehen (damals vielleicht noch zu Recht als kleinstmöglich geltend) nicht ausreicht, und er daher eine längere Sperre verdient hat. Womit dann im Wiederholungsfall natürlich auch eine weitaus längere Sperre das Kriterium "kleinstmögliche Sanktion" inhaltlich voll erfüllen würde.
Und die Gerichte. Nach allgemeiner Rechtsauffassung sind lebenslange Sperren für erstmalige Dopingvergehen nicht möglich.
Möglich ist jeweils die kleinstmögliche Sanktion, mit der sich die Einhaltung der Regeln durchsetzen lässt.
Das folgt juristisch aus der Ein-Verbands-Regelung in Deutschland. Es gibt beispielsweise in Deutschland nur einen Triathlonverband und nicht drei, und nur einen Olympischen Sportbund. Der Sportler kann also nicht frei wählen, welchem Verband er angehören will. Deshalb darf der Verband nicht nur im eigenen Interesse handeln, sondern muss gleichzeitig die Interessen der Sportler vertreten. Letztere bestehen unter anderem darin, Wettkämpfe bestreiten zu dürfen.
Beispiel: Das Interesse des Deutschen Fußballbundes ist es, faire Fußballspiele zu haben. Er könnte nun jede Schwalbe im Strafraum mit einer einjährigen Sperre puls 100.000,- Euro Strafzahlung an den DFB sanktionieren. Dem stehen aber die Interessen des Sportlers gegenüber, die der Verband zu berücksichtigen hat. Möglich ist hier nur die kleinstmögliche Sanktion, mit der sich das Fairplay durchsetzen lässt.
Wie das genau auszubalancieren ist, entscheiden im Zweifel die Gerichte. Gegenwärtig sind Maximalstrafen aus dem skizzierten Grund nicht möglich.
Grüße,
Arne
Da ein Teamchef ja zB nicht gezwungen wird einen Fahrer zu nehmen, könnte man als Team entscheiden, dass man niemanden einstellt, der schonmal mit Doping zu tun hatte. Da muss kein Gericht was entscheiden. Das würde aber nur Sinn machen, wenn man sich da weitestgehend einig wäre. Wenn natürlich die Sportliche Leitung selbst "Erfahrungen" auf diesem Gebiet hat, wird das Eis da vielleicht auch schnell dünn.
Die Erfahrung zeigt, dass so aktuell weder bei der Auswahl von Fahrern, noch bei den restlichen Teammitgliedern flächendeckend so verfahren wird.
Zitat:
Zitat von Hafu
Wenn die 2020er-Leistung (das Pandemiejahr ist natürlich ein suboptimales Radsportjahr) gut genug war, dass er einen Anschlussvertrag bei einem der finanziell bestausgestatteten Worldtour-Teams bekommt, waren die gezeigten Leistungen möglicherweise besser als es die nackten Zahlen aussagen.
Plazierungen sind ja immer nur die halbe Wahrheit bei den meisten Radprofis und selbst ein DNF bei einem Klassiker kann je nach Aufgabenstellung innerhalb des Teams eine herausragende Leistung gewesen sein, wovon du ja weitaus mehr verstehst als ich.
Mein Eindruck ist. dass die Sieger bei Klassikern und großen Rundfahrten in den letzten paar Jahren tendenziell immer jünger werden und die talentiertesten Junioren sich mittlerweile den Umweg über die Development bzw. KT-Teams sogar sparen und oft direkt in die Worldtourteams kommen.
Tja, als ob jemand den Schalter umgelegt hat. Noch 2017 lauteten die Sieger eher Valverde, Sagan, Kwiatkowski, Viviani, Fuglsang, Froome…. Die Jahre davor ähnlich.
MVP oder WvA sind ja seit Jahren Cross Profis. Nur um zwei herausragende Beispiele zu nennen. Die halte ich nicht für die überraschenden, jungen Quereinsteiger, die mal eben die üblichen Stufen übersprungen haben. Pogacar fährt schon Radrennen seit er 9 Jahre alt ist hört man... Von Hirschi gibt's PCS Einträge, da war der kaum 16 Jahre alt.
Offensichtlich wird da sehr sehr früh angefangen sehr sehr professionell zu trainieren und schon mit 18/19 Jahren Weltklasseniveau aufzubauen, damit der Weg dann grade durch geht. Ob das in Sportarten wie dem Radsport so langfristig angelegt ist, wird man in ein paar Jahren sehen. Wer von denen dann mit 30 Jahren immer noch schnell fährt / dabei ist). Das ist alles Spekulation. Als Nachweis eines sauberen Sports empfinde ich persönlich das nicht. Es könnte viel mehr ein Fingerzeig sein, dass man schon sehr früh sehr viel aus sehr jungen Sportlern herausquetscht, die man früher längerfristig aufgebaut hätte. Ob man dann Skrupel hat da auch schon früher was zu verabreichen?! Wer weiß? Zakarin hatte seine erste Dopingsperre mit 19 Jahren.
Die Frage ist ja nicht, ob lebenslange Sperren überhaupt zulässig sind, sondern wann sie als Strafmaß in Frage kommen. Auch bei Ärzten, Steuerberatern oder Notaren (die üblichen Beispiele in diesem Zusammenhang) ist ein lebenslanges Berufsverbot eine ultima Ratio.
Ausserdem gibt es einen wesentlichen unterschied zum Sport: Verfehlungen von Ärzten, Steuerberatern oder Notaren (um bei den Beispielen zu bleiben) die zu einem Berufsverbot führen, verletzen in aller Regel ja (durch den Staat) schützenswerte, allgemeine Rechtsgüter der Bürger.
Sportliche Fairness ist allerdings kein solches Rechtsgut; schon gar kein Allgemeines. Nicht mal Fairness im Alltag ist strafrechtlich geschützt. Dieser Komplex war ein riesen Diskussionspunkt bei der Einführung des AntiDopG - es stellte sich ernsthaft die Frage nach der Verfassungskonformität eines solchen Gesetzes. Heute ist "sportliche Fairness" als Zweck (§1 AntiDopG) im AntiDopG hinterlegt.
Mehr als ein juristischer Kniff war/ist dies aber nicht. Zum einen, weil der Passus "[...]um die Gesundheit der Sportlerinnen und Sportler zu schützen.[...]" einen wesentlichen Rechtfertigungsgrund für das Gesetz darstellt (Gesundheit ist ein allgemein schützenswertes Rechtsgut). Zum anderen, weil die Zweckbestimmung "[...]die Fairness und Chancengleichheit bei Sportwettbewerben zu sichern[...]" regelmäßig über die durch dopende Sportler ggf. entstehenden Vermögensschäden bei nicht dopenden Sportlern gerechtfertigt wird. Über diese beiden Argumentationen (Gesundheit und Vermögensschäden) passt das AntiDopG dann auch in den Starfrechtskanon.
Es bleibt trotzdem die Frage wann (im Sinne von "beim x-ten mal") ein Berufsverbot für Profisportler auszusprechen ist, der zunächst seine eigene Gesundheit gefährdet und dem von anderen Sportlern erst noch Vermögensschäden nachgewiesen werden müssen. Ich bin der Meinung, dass ein Berufsverbot - wenigstens vor dem Hintergrund der europäischen Rechtslage - niemals bei einem Erstvergehen ausgesprochen werden kann. Wahrscheinlich ist selbst nach einen Zweitvergehen solch eine Strafe juristisch umstritten.
Im übrigen (OT und und weg vom Berufssportler): Es wird oft gesagt, der Sport sei ein Spiegelbild der Gesellschaft und es gäbe eben dort und hier Betrügereien. Ich finde man tut "dem Sport" (in dieser Verallgemeinerung) mit solch einer Aussage unrecht. Ich halte Betrügereien im Alltag für deutlich häufiger als im Sport. Das beginnt bei dem kleinen Versicherungsbetrug, geht über die Steuererklärung und hört vielleicht bei Wirecard auf. Meiner Wahrnehmung nach trägt die Masse der Sportler den Wert der sportlichen Fairness fest mit sich. Ob das Kinder- und Jugendmannschaften waren, die ich trainiert habe. Ob es Kaderstrukturen und Mannschaften war, in denen ich selbst oder mein großer Sohn war: Überall gab es diesen Grundkonsens von sportlicher Fairness. Freilich gab es auch hier die berühmte Ausnahme.
Mir ist klar, darum ging es hier gerade nicht, wir sprachen über Berufssport. Ich wollte nur etwas positives über "den Sport" schreiben, der angeblich "ein Spiegel der Gesellschaft" ist.
Die Namen hatte ich beim Schreiben (neben Evenepoel, Pidcock, Tao Hart und Hindley, Sepp Kuss) im Hinterkopf. In früheren Jahren hätten die in dem Alter teilweise noch gar keinen richtigen Profivertrag erhalten, oder wäre allenfalls noch in einer Wasserträgerrolle gefangen, ohne auch nur die Erlaubnis zu erhalten, einzelne Rennen auf eigene Rechnung zu fahren.
Zitat:
Zitat von captain hook
...
Offensichtlich wird da sehr sehr früh angefangen sehr sehr professionell zu trainieren und schon mit 18/19 Jahren Weltklasseniveau aufzubauen, damit der Weg dann grade durch geht. Ob das in Sportarten wie dem Radsport so langfristig angelegt ist, wird man in ein paar Jahren sehen. Wer von denen dann mit 30 Jahren immer noch schnell fährt / dabei ist). Das ist alles Spekulation. ...
Die Diskussion, in wie weit die Erfolge in so jungen Jahren nachhaltig sind, führe ich auch regelmäßig familienintern und zwar relativ unabhängig von der Dopingdiskussion.
Ich kann da auch noch keine befriedigende Antwort liefern, sondern bin gespannt, wie Evenepoel, van Aert etc. in 5 bis 10 Jahren performen werden und ob da überhaupt noch Luft für weitere Leistungsverbesserungen ist.
Die Namen hatte ich beim Schreiben (neben Evenepoel, Pidcock, Tao Hart und Hindley, Sepp Kuss) im Hinterkopf. .
Kuss ist 26 Jahre alt, Tao 25 Jahre. Pidcocks große Profisiege auf Worldtourniveau lassen noch auf sich warten. Trotz 21 Jahren fährt der ja noch rel. konsequent im u23 Bereich. Im Cross WC bei den großen wurde er grade gestern erst wieder ordentlich paniert.
Wenn man sich anschaut was er so treibt wird uns bei Evenepoel nächstes Jahr vermutlich die Luft stocken beim zuschauen.
Alles junge Fahrer. Ob das nun ein Argument pro oder contra Doping ist... wer weiß das schon? Man könnte wohl in beide Richtungen argumentieren.
Am 2. September 2006 richtete der Journalist Ralf Meutgens an den Vorsitzenden des BDR Rudolf Scharping schriftlich u.a. folgende Fragen:
- Trifft es zu, dass der Fahrer Patrik Sinkewitz vom Wettkampfort wegen Krankheit zurück nach Hause geschickt worden ist?
- Trifft es zu, dass im Vorfeld bei ihm intern ein überhöhter Hämatokritwert gemessen wurde, was der eigentliche Grund für die Heimreise war?
Die Antwort Scharpings lautete: „Die in Ihren weiteren Fragen verpackten Vermutungen in Richtung Manipulation können wir nicht bestätigen.“ (Offener Brief, 25.11.2007)
Und zum Thema: "aus grauer Vorzeit": das sind die Antworten von dem momentan noch immer aktuellen BDR Präsi Scharping.
Wenn jemand glaubt, dass sich in dem System wirklich grundlegend ändern kann oder geändert hat, gerade im Bereich Transparenz und Aufklärung von innen heraus...
Das sind noch immer die gleichen Leute, wie sollte sich etwas ändern?