.. ...Was vermisst du also konkret? Muss man zweimal oder dreimal täglich mit Putin telefonieren? ...
Was soll ich dazu sagen? Ich bin IT-Berater und kein Friedensforscher oder Politiker.
Ich schaue 1x täglich die Hauptnachrichten (meistens), lese meine Tageszeitung (meistens), lese hier mit und klicke gelegentlich die üblichen Links an. Das Gefühl, dass ich habe, ist, dass der Krieg immer weiter eskaliert. Mittlerweile lese ich über die Möglichkeit deutscher Soldaten in der Ukraine. Was lese ich morgen in meiner Tageszeitung? Evakuierungspläne für die Stadt Stuttgart?
Gestern habe ich mir ein langes Interview von Lovrov mit India Today angeschaut. Dort wird klar und deutlich geäussert, um was es den Russen geht. In den Nachrichten kommt lediglich eine Äusserung zum Atomkrieg und weiter geht die Eskalation. Man muss auf die einzelnen Punkte eingehen und Lösungen suchen. Ich sehe diese Suche nicht mal im Ansatz (als gemeiner Medienkonument). Dass wir am Ende alle zahlen, wenn es so weitergeht, wissen wir doch.
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Ich fände es interessant zu erfahren, ob verminderte russische Staatseinnahmen während eines Krieges tatsächlich die Mittel des Militärs beschneiden. Oder ob sie stattdessen die Renten- und Sozialkassen belasten. Boykottieren wir wirklich das Militär oder hauptsächlich die kleinen Leute Russlands?
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Selbst wenn Russland zukunftige Mindereinnahmen, wenn Deutschland sich doch noch zu einem Energieembargo entschließen sollte, versucht an die Rentner weiter zu geben und diesen die Renten zu kürzen, würde selbst das Putins Machtbasis destabilisieren und ist deshalb hoch erstrebenswert. Erst wenn das russische Volk am eigenen Leib negative Folgen des Angriffskrieges spürt ist damit zu rechnen, dass die Zustimmung zu Putins Politik auch in der russischen Bevölkerung signifikant sinkt.
So wie es für mich in keiner Weise nachvollziehbar ist, warum Deutschland (bzw. v.a. die FDP) sich einfachsten Mitteln zur Reduzierung des Ölverbrauchs wie z.B. Tempolimit 100 auf Autobahnen und 80 auf Landstraßen, sowie Sonntagsfahrverboten verweigert und die gesamte Ampelregierung Angst vor Einbußen in Höhe von zwei bis drei Prozent beim Wirtschaftswachstum hat, ist es für mich auch angesichts des unermesslichen Leids in nahezu der gesamten Ukraine und angesichts von 8 Millionen Kriegsflüchtlingen keinerlei Argument, warum man russische Rentner vor mittelbaren wirtschaftlichen Folgen des russischen Angriffskrieges schützen müsste.
Die Tagesschau hat gestern (ich glaube im Brennpunkt) wesentliche Auszüge von Lawrows Ausführungen beim Treffen mit Gutierrez wieder gegeben.
Wenn man die Fakten und Hintergründe nicht kennen würde, könnte man geneigt sein, Russland wirklich als das Opfer anzusehen, wie Lawrow es versucht hat darzustellen. Aber Lawrow hatte in seinen Ausführungen komplett unterschlagen, dass Russland von sich aus einen Angriffskrieg gegen einen souveränen Nachbarstaat begonnen hat und in diesem Konflikt eben der Täter und nicht das Opfer ist.
Lawrow ist ein Lügner und Faktenverdreher, genauso wie Putin. Der einzige Unterschied zwischen den beiden ist, dass Lawrow bessere Umgangsformen und bessere Kommunikations-Skills hat. Aber auch Lawrow steht hinter den Tiergartenmorden, den Giftanschlägen auf Skripal und Nawalny und der Ermordung von Politkowskaya und den Völkermorden in Aleppo, Grosny und Mariopol, sowie den Gräueltaten von Bucha.
Erst wenn das russische Volk am eigenen Leib negative Folgen des Angriffskrieges spürt ist damit zu rechnen, dass die Zustimmung zu Putins Politik auch in der russischen Bevölkerung signifikant sinkt.
Oder der Hass auf Europa und Amerika wächst noch weiter und schweißt das russische Volk und ihren Präsidenten noch enger zusammen. Ich kenne schon Einige deren Familien in Russland leben und den Kontakt abgebrochen haben.
Der Rest reicht aber noch eine Weile aus um den Staat am Laufen zu halten, unabhängig vom Importstopp von Rohstoffen. Deswegen gehe ich nicht davon aus, dass ein komplettes Embargo kurzfristigen Erfolg verspricht.
Weiterhin bezahlt Russland seine Soldaten in Rubel - die kann es nach belieben selber drucken. Teile im Ausland kaufen geht natürlich (auch wegen des Embargos) nicht. Aber auch das hat eher mittel- bis langfristige Wirkung.
Man wird auf den Rohstoffmärkten eine Entkopplung der Preise von Öl/Gas aus Russland und des restlichen Märkten sehen. Sieht man jetzt schon, weil für Öl aus Russland auch ohne Embargo kaum mehr Händler im Westen kaufen wollen.
China und Indien werden weiter von Russland günstiges Öl abnehmen. Der Westen unter höheren Preisen tendenziell leiden.
Die ganzen wirtschaftlichen Maßnahmen werden den russichen Staat langfristig schwächen, evtl. mittelfristig zu einem Regierungswechsel führen. Aber ich fürchte nicht zu einem kurzfristigen Ende des Kriegs. Meine persönliche Einschätzung ist, dass wir in 2022 kein Kriegsende sehen werden.
Maßnahmen zur Energieeinsparung und Energie/Verkehrswende befürworte ich. Tempolimit 130 ist nur ein kleiner Schmerz. Von mir aus auch Tempo 100.
Weil das auch gefragt war: da kursieren verschiedene Zahlen, aber zwischen 100 und 130 liegen 15-25% Mehrverbrauch.
Und 1.000km Autobahn am Stück mit einem Verbrauch unter 5 Liter bin ich auch mit meinem BMW 520d BJ 2012 schon gefahren. Aber halt durch Österreich und Italien mit Tempolimit.
Oder der Hass auf Europa und Amerika wächst noch weiter und schweißt das russische Volk und ihren Präsidenten noch enger zusammen. Ich kenne schon Einige deren Familien in Russland leben und den Kontakt abgebrochen haben.
Es wird beides passieren: einige, die vorher auch schon keine ausgesprochene Putin-Anhänger waren, aber sich mit seinem Politikstil arrangiert haben, weil es ihnen in den 20 Jahren unter ihm wirtschaftlich besser ging als in den innenpolitisch chaotischen Jelzin- und Gorbatschow-Jahren davor, werden sicherlich bei einer zunehmenden Wirtschaftskrise zu zweifeln beginnen und andere, die von vornherein mehr nationalistisch eingestellt waren, werden auch näher an Putin heranrücken (solange es ihn noch gibt).
Dafür gibt es historisch reichlich Parallelen, wenn man nur an Nazi-Deutschland denkt. Da gab es auch genügend Deutsche die Hitler zwar nicht gewählt haben, aber ihn gut fanden, solange der Krieg gut für Deutschland lief und solange die Wirtschaft florierte und als der Krieg sich mit Eintritt der USA und der Landung in der Normandie substantiell wendete, schwand Hitlers Machtbasis zusehends in der Breite, auch wenn es ein paar gab, die dann noch enger an Hitler heranrückten.
Für die breite Masse ist die persönliche wirtschaftliche Situation wichtiger als Politik und irgendwelche nationalistische Ideologien.
Hafu, du klingst irgendwie so, als flösse alle Kohle für Rohstoffe, die wir an Russland bezahlen, direkt in die Kriegsmaschinerie.
Ich bezweifle auch, dass dies tatsächlich so ist und es daher einen so hoch wie von dir eingeschätzten Beitrag zur Fortführung des Krieges in der Ukraine leistet.
Es spielt doch eine unwesentliche Rolle, wie viel Geld von uns in deren Kriegsmaschinerie fließt. Mit jeden Euro, der nach Russland geht, stützen wir dieses politische System. Und was dieses System in der Lage ist innenpolitisch und außenpolitisch anzustellen wird uns doch seit Jahren vorgeführt!