So noch ein Rennbericht.
Nachdem ich endlich wieder zu Hause bin, habe ich mir mal etwas Zeit genommen um das letzte Wochenende „zu Papier“ zu bringen – auch um für mich einen Schlussstrich zu ziehen und etwas Selbsttherapie zu betreiben.
Ist etwas länger geworden, aber ich denke, wenn man 530h
in die Vorbereitung steckt, kann man sich auch noch mal etwas Zeit nehmen das Ganze aufzuarbeiten.
Welcome to the jungle, we've got fun and games
Prinzipiell ist in den letzten Monaten bis zum Tag X alles nach Plan verlaufen. Mal abgesehen von zwei Wochen Sommerurlaub, in denen ich das Pensum etwas zurückschrauben musste, konnte ich über die letzten 8 Monate meinen Stiefel durchziehen - auch zum Unmut so mancher Freunde und insbesondere der Familie. Auf der Uhr standen in diesem Jahr bis zum Sonntagmorgen über 328h Radfahren, 168h Laufen und immerhin knapp 34h Schwimmen.
Die letzten Wochen hin zum Wettkampf lief, bis auf eine Kleinigkeit am Samstag, auch alles wie geplant. Das Training langsam runtergefahren, in den letzten Tagen vorm Wettkampf nochmal ordentlich ernährt und in der letzten Nacht sogar über 6h Schlaf bekommen. Also eigentlich alles angerichtet für einen guten (schnellen) Tag.
Nach dem Schwimmstart lief gefühlt alles nach Plan. Größtes Problem war, dass ein Bauer auf Höhe des ersten Wendepunktes Gülle auf dem Feld ausgebracht hatte und ich bei jedem Atemzug die Gülle gerochen habe. Beim Schwimmen hatte ich mir nicht viel vorgenommen. Ich wollte nur in Ruhe die 3,8km abspulen. Auf den ersten 3km lief es auch noch recht entspannt und ich bin mit ziemlich genau 2min/100m das Tempo geschwommen, womit ich in den letzten Wochen auf der Flucht vor den Schwänen kreuz und quer durch den Heiligen See gepaddelt bin.
Auf den letzten 800m wurde es dann zum ersten Mal zäh. Komischerweise taten nicht die Arme weh, sondern es war ein allgemeines Ermüdungsgefühl. Ich habe es trotzdem erstmal auf zu wenige Schwimm-km geschoben und mir gedacht, gleich habe ich die größte Hürde genommen und wenn ich erstmal auf dem Rad sitze, fängt der Spaß erst richtig an.
So war es dann auch, allerdings mit anderem Vorzeichen. Mein Plan für den Radpart waren +- 210Watt (Garmin V3 Werte, keine Ahnung was das in echt ist
). Hier war vor dem Rennen eigentlich meine größte Sorge, dass ich es auf dem Rad zu hart angehe. Wenn in freier Wildbahn und nicht auf der Rolle bin ich bei meinen langen Koppeleinheiten über die letzten dre Monate die 4x30min, bzw. am Ende 2x60min Intervalle mit +-240Watt gefahren. Von daher hätten die 210Watt zumindest mal für die ersten Stunden ganz entspannt sein müssen.
Für Brandenburger Verhältnisse gleicht die Strecke einer Hochgebirgsetappe, weshalb ich extra nochmal die Kassette getauscht habe, damit ich auch an den Anstiegen entspannt kurbeln kann. Nach 20km lag ich mit 209 Watt zwar ziemlich genau im Plan, aber ich habe bereits gemerkt, dass ich diese Leistung nicht über den kompletten Zeitraum treten kann. Naja, der Rest ist Geschichte ich habe, bzw. musste peu à peu meine Leistung reduzieren, so dass ich die letzten 20km mit sagenhaften 120Watt in die Wechselzone gerollt bin. Irgendwie hatte ich mich noch ein wenig an der Hoffnung festgeklammert, wenn ich jetzt nicht auf Teufel komm raus in die Pedale trete, geht vielleicht zumindest beim Laufen noch was. Am Ende waren es 5:23h bei 160Watt.
Beim Wechsel habe ich mir dann Zeit gelassen - bin extra nochmal aufs Dixi in der Hoffnung, dass das evtl. Erleichterung bringt. Nach dem Loslaufen musste ich aber auch hier nach wenigen Minuten einsehen, dass heute kein Blumentopf zu Gewinnen ist und es noch ein verdammt langer Tag werden würde. Ein Großteil der 42km war dann ein ständiger Wechsel zwischen ein paar hundert Metern laufen und dann wieder ein paar Meter gehen. Ich habe irgendwann realisiert, dass ich mit diesem „Wechselmodell“ am schnellsten vorankomme. Ich konnte meinen Körper nicht dazu bringen, auch nur für 5 Minuten mal ein Lauftempo aufrecht zu halten und sei es noch so langsam.
Das hat zu ein paar netten Bekanntschaften geführt, da ich den ein oder anderen über mehrere km immer wieder überholt habe, um mich dann nur wenige Meter später wieder überholen zu lassen. Bei km 6 stand dann zum ersten Mal Arne an der Strecke, der mir noch mal ins Gewissen geredet hat, dass ich die Zähne zusammenbeißen soll und das Ding jetzt irgendwie ins Ziel bringen muss.
Naja, auf den ersten Kilometern hatte ich tatsächlich große Zweifel ob ich meine erste Langdistanz so zu Ende bringen will. Aber mit jedem Kilometer, den ich irgendwie hinter mich gebracht habe, wurde es erträglicher. Nach 11:33:10 hatte das Drama dann endlich ein Ende.
Wie ich schon mehrfach habe fallen lassen und aus den Schilderungen wohl auch ersichtlich ist, bin ich mit dem Ergebnis alles andere als zufrieden. In bin froh, dass ich es bis zum Ende durchgezogen habe, aber ein richtiges Gefühl der Freude kam bis heute nicht auf. Klar ist es eine Leistung eine Langdistanz zu finishen, aber wenn man diesem Projekt so viel Zeit widmet und andere Dinge dementsprechend kürzertreten mussten, war halt auch irgendwann der Anspruch mehr als einfach nur durchzukommen.
„Gründe fürs Scheitern“ - um mal den Titel von Arnes Sendung aufzugreifen?
Vielleicht erst einmal für mich die Frage beantworten, bin ich gescheitert? Direkt nach dem Zeileinlauf hat es sich definitiv so angefühlt. Inzwischen sehe ich es etwas differenzierter. Als ich mir vor über 15Jahren mal in den Kopf gesetzt habe, ich will in vier Monaten meinen ersten Marathon laufen (ohne wirkliche Lauferfahrung), war ich nach zwei Monaten intensivem Training total am Ende, habe die Motivation verloren und bin nur noch gelegentlich gelaufen. Den Marathon habe ich dann bei km 30 abgebrochen. Damals bin ich ganz klar gescheitert.
Ich habe aber in den letzten Monaten ein für meine Verhältnisse durchaus anspruchsvolles Training bis zum Ende konsequent durchgezogen. Mir haben die letzten Monate viel Spaß gemacht. Für das Ziel 11:33 wäre ich wahrscheinlich nicht in Trainingslage nach Freiburg gefahren, hätte mir kein neues Rad gekauft und vielleicht auch irgendwann die Motivation verloren. Dass es dann am letzten Tag nicht wie geplant funktioniert hat ist scheiße, aber irgendwie auch nicht mehr zu ändern.
Mein gestecktes Ziel habe ich klar verfehlt, ich würde aber nicht sagen, dass ich gescheitert bin. Das kann man anders sehen, ich sehe es aber inzwischen etwas positiver.
Habe ich es übertrieben? Einerseits glaube ich nein. Ich mache zwar erst seit knapp 2,5Jahren wieder Sport und habe meine Umfänge sicherlich gerade am Anfnag sehr schnell hochgefahren. Gleichzeitig hatte ich nie irgendwelche Verletzungen, das Gefühl total platt zu sein oder größere Motivationsprobleme - sonst wären meine unzähligen Rolleneinheiten über 3h und mehr wohl auch schwer möglich gewesen.
Andererseits habe ich das Training in den letzten Monaten definitiv viel zu ernst genommen. Ich habe sklavisch versucht meinen Trainingsplan abzuarbeiten in der Annahme, wenn ich mich nur ganz genau daran halte, muss es am Ende einfach funktionieren. Dabei habe ich vollkommen außer Acht gelassen, dass es noch so viele Faktoren gibt, die man nur bedingt beeinflussen kann. Am Ende ist es dann doch nur ein Hobby, dem man einfach nicht alles unterordnen sollte.
Woran lag es dann? Natürlich ist es einfach zu sagen, dass Pacing auf dem Rad war schuld. Wäre ich nicht mit 210 Watt losgestiefelt, sondern konstant 160W gefahren, wäre der Marathon vielleicht besser gelaufen. Ich bin aber nach wie vor der Meinung, dass mit Blick auf meine Trainingswerte die 210W eigentlich drin sein mussten. Dass es so früh schon den Bach runterging, ist für mich auch ein Zeichen dafür, dass hier definitiv noch andere Faktoren zum Tragen gekommen sind.
Die Ernährung hat auch gepasst, ich habe meine 450g KH auf dem Rad fast vollständig verputzt. Was bei der niedrigen Leistung mehr als Genug sein müsste. Gleichzeitig hatte ich auch keinen Magenprobleme. Getrunken habe ich ca. 4-5l. Also auch hier eigentlich alles im grünen Bereich.
Bisher hatte ich auch noch nie Probleme meine Leistungen während eines Wettkampfes abzurufen. Wenn ich mich gezielt auf einen Wettkampf vorbereitet habe konnte ich meine Leistungen auch immer abrufen und bin meistens sogar über das gesteckte Ziel hinausgeschossen, bisher bin ich also nicht als Trainingsweltmeister in Erscheinung getreten.
Was mich letzten Ende dazu bringt die Patrick Lange Karte von 2019 zu ziehen.
Ich hatte einen Infekt oder so ähnlich. Ich hatte seit Dienstag oder Mittwoch eine verstopfte Nase. Um besser schlafen zu können habe ich Ende der Woche abends Nasenspray genommen (ich habe sogar extra nachgeschaut, ob das erlaubt ist). Kein Fieber oder einen erhöhten Ruhepuls einfach nur eine etwas verstopfte Nase. Bei den kurzen Vorbelastungen während der Woche hat mich das aber nicht weiter beeinträchtigt.
Am Samstag hatte ich dann nochmal ein kurze Laufvorbelastung inkl. 4 kurzer Sprints. Nach dem 2 Sprint hatte ich das erste Mal einen leichten Schmerz im oberen Brustkorb bzw. in der Lunge bemerkt. Da es bei dem Sprint aber bergauf ging und Sprint 3 und 4 wieder ohne größere Probleme liefen habe ich das erstmal unter etwas zu hart angezogen abgeharkt – was soll man auch anderes machen 12h vor dem Start.
Aber genau dieses Problem kam am Samstag auf dem Rad irgendwann zurück. Wenn ich tiefer Luft geholt habe, hat es in der Lunge gebrannt (mir fällt irgendwie keine bessere Beschreibung ein). Es war kein stechender Schmerz, der einem Gesicht verzogen hat, aber man hat definitiv gemerkt, dass etwas nicht passt. Richtig realisiert habe ich es erst als ich schon etwas langsamer unterwegs war, ob es vorher schon da war kann ich nicht sagen.
Die Probleme hatte ich dann auch noch Sonntagnacht und den kompletten Montag. Inzwischen merke ich nichts mehr. Die Nase ist auch wieder frei.
Ein Corona Test (den ich trotz Impfung für eine Messe machen musste) viel (leider) negativ aus - das wäre die einfachste Erklärung gewesen. Als ich die Symptome einem Bekannten erzählt habe, meinte er, genau diese Probleme hätte er bei Heuschnupfen, der in diesem Jahr auf Grund des späten Sommers auch auf einmal wieder da wäre. Ich habe auch so meine Probleme mit den Pollen, wobei sich das bisher bei mir immer nur in tränenden Augen und ständigem Nießen bemerkbar gemacht hat. Es wäre aber eine mögliche Erklärung. Klar ist es einfach, am Ende alles auf irgendwelche Pollen oder Bakterien zu schieben, aber so krachend und früh wie das bei mir gegen die Wand gefahren ist, ist das für mich aktuell die einzig schlüssige Erklärung.
Hätte ich ohne diese Probleme mein Ziel erreicht? Keine Ahnung, wird sich wohl nie aufklären. Aber ich werde es wieder versuchen.
Noch ein paar Worte zur Veranstaltung an sich. Es war alles super organisiert, die Stimmung entlang der Strecke war auch sehr gut. Auch wenn man immer wieder gehört hat es wäre kein Vergleich zu den Jahren davor, fand ich es ok. Gerade in Ortschaften war doch immer wieder was los.
Aber ich brauche das ganze Brimborium drumherum nicht, nächstes Jahr gibt es was Kleineres. Dann hoffentlich ohne Pollen dafür aber über die volle Distanz.
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