Oder: Von white trash zu Taiwanlaminat, Teil 2!
Wie so einige hier wissen, bin ich seit Ewigkeiten auf Rädern unterwegs. In den frühen bis Mitte der 80er auf BMXern, seit Ende der 80er auf MTBs. In den 90ern dann auch auf Kurierrädern und seit 2001 vermehrt auf Straßenrennern und Triathlonmaschinen. Dabei hab ich so ziemlich jedes Material mal unter meinem Hintern gehabt, aus dem man Fahrräder bauen kann, egal, ob es das Stahl der ersten (MTB-)Stunde von Diamondback, Serotta und Marin, Alu von Mr. Fisher, dem Würfelhaus und Müsing, oder dann 1998 mit Trek erstmals Carbon oder schlussendlich doch das in den frühen 90ern unerschwingliche Traun in Titan aus einer der
White Trash-Schweissereien in Tennessee war.
2005 kaufte ich dann ein gebrauchtes
Quintana Roo TiPhoon und war auch auf dem Renner dem mattgrauen Metall verfallen. Mir konnte in den darauf folgenden vier Jahren eine Armada der Werbeagenten der kompletten Radindustrie nichts anhaben. Hatte ich in den Vorjahren stets mindestens ein neues Rad aufgebaut, war dieses Verlangen mit dem Einzug meiner grauen Eminenz auf einmal erloschen allein ein zweites Graugertöhr, diesmal ein
Zauberer, kam 2006 ins Haus. Und ohnehin: Es machen Dich Deine Beine schnell, nicht das Plastik unter Deinem Hintern. Zwischendrin konnte ich diese Theorie das ein oder andere Mal dadurch bestätigen, dass trotz Carbonmühle bei auch größeren Rennen kaum einer auf dem Rad schneller unterwegs war als ich.
„Warum also wechseln?“
, dachte ich. Bis dann ein Angebot des oben schon genannten Würfelhauses hereinflatterte. Zum Schweinepreis wurde mir da ein vermeintliches
Geschoss angeboten. Doch ein wenig geschmeichelt nahm ich an. Ich hätte es lieber bleiben lassen sollen. Denn mein erster Ausflug in die Welt der in südostasiatischen Laminierwerkstätten hergestellten High Tech-Carbon-Geschosse endete in einem Desaster. Das vermeintlich nach zwei Produktionsjahren einigermaßen erprobte Rahmenkit hatte leider einen
veritablen Konstruktionsfehler im Bereich der Sattelklemmung. Vielen Dank! Das Ende vom Lied: Nach dem fünfmaligen Austausch der Sattelstütze in ebensovielen Monaten wurde das Ding zurückgegeben und ich saß wieder auf Altmetall.
Da die Aufkleber des Altmetalls aber nach sieben harten Jahren so langsam etwas schäbig aussahen bestellte ich für meinen Ausflug nach Florida im letzten Jahr einen neuen Satz. Beim Hersteller musste man tief in die Schatzkiste greifen um mir aus vielen Einzelteilen einen kompletten Aufklebersatz schicken zu können. Das Rennen lief gut und als Dankeschön für die Mühe schickte ich ein Foto meiner Mühle zurück. Tja und dann… dann kam die Frage, ob ich denn weiterhin mit diesem Rahmen oder vielleicht mit dem neuen Carbonrahmen derselben Schmiede unterwegs sein wolle. Besonders sei man daran inte-ressiert, dass ich mit deren neue Kreation, das
Quintana Roo CD 0.1 (
Testbericht) im Herbst auf den Queen K Highway Gassi gehen würde. Klar ist man da geschmeichelt und wenn es nix kostet, dachte ich, können die mir so ein Ding ja gern mal schicken. Wie immer rechnete ich mir gleich mal die Folgekosten schön. Das Rad sollte ich für unter € 1.000 schon fahr-bereit bekommen, so der Plan. Denn eins hatte ich mir geschworen: Seine graue Eminenz wird stets fahrbereit bleiben, falls da was mit dem Plasteding nicht stimmt. Nun ja, € 1.000… das sieht nach Anschaffung einer SRM-Kurbel, eines sündhaft teuren Aerolenkers und ein paar Goodies etwas anders aus.
Die Frage, die ich mir dann aber gestellt hab, ist, wie zur Hölle bleib ich denn glaubwürdig? Bin auch ich käuflich? Scheint ja so, bin ja schon zum zweiten Mal gelockt reingefallen. Ich, der seit Jahr und Tag gegen asiatische Massenware wettert und ihr stets auch einen veritablen Technologievorsprung abspricht. Da kam mir die Idee für dieses Blog.
Was will ich hier berichten?
Hoffentlich nicht tun, was im Titel steht, nämlich kritiklos das Hohelied der Carbonhobel singen. Ich werde versuchen, so objektiv wie möglich die Vor- und Nachteile des neuen ggü. dem alten Rad zu beschreiben. Einerseits was das das Fah-ren angeht, andererseits aber auch, das hab ich gerade leidvoll erfahren, was die techni-schen Tücken eines so auf Aerodynamik ausgelegten Rahmens angeht.
Was ich hier wohl nicht wirklich leiten kann, ist ein objektives Urteil darüber, ob diese Mühle nun wirklich schneller ist als mein Altmetall. Ich hab bloß ein SRM, leihe aber gern ein zweites. Das Ergomo is leider kaputt, wer hätte es gedacht!
Versuchsaufbau
Das Neue wird soweit möglich genau gleich eingestellt was Sattelposition im Bezug aufs Tretlager sowie Sattelüberhöhung und effektive Länge (
Stack & Reach) angeht und der Aufbau hier dokumentiert.
Dann wird gefahren!
Tim