Was geschah am Ostersonntag?
Am Ostersonntag feiert man die Auferstehung von Jesus. Wie man in meinem früheren Posting bereits gesehen hat, beschreibt die Bibel die Auferstehung jedoch bereits am Morgen nach der Hinrichtung, die am Karfreitag gefeiert wird. Die Auferstehung erfolgte demnach in der Nacht von Freitag auf Samstag oder am frühen Samstagmorgen.
Die Drei-Tages-Frist nach dem Tode geht auf diverse Prophezeiungen des Alten Testaments zurück. Im Neuen Testament wird diese Frist jedoch nicht eingehalten.
Die Auferstehung ist das zentrale Wunder des Christentums. Damit es als Wunder gelten kann, muss es unerwartet und überraschend sein, oder zumindest selten, oder ungewöhnlich. Die Bibel gibt sich große Mühe, das Ereignis auf diese Weise darzustellen.
Die Auferstehung von Jesus trennt die Geschichte in ein „Davor“ und ein „Danach“. Die Beziehung aller Menschen zu Gott hat sich geändert, weil ihre Schuld gesühnt wurde. Der Weg ins Paradies/Himmelreich ist wieder frei (wenn man sich taufen lässt). Das bedeutet, dass wir es hier mit einer klaren Trennlinie zu tun haben, einem plötzlichen Übergang. Dieser plötzliche Übergang ist so konkret, dass er sogar ein konkretes Datum hat, welches wir heute feiern.
Doch so sehr sich die Kirchen seither mühen, diesen plötzlichen Umschwung zu betonen, so falsch ist er.
Verschwiegen wird nämlich, dass wir es hier mit einem sehr langsamen, graduellen Übergang zu tun haben. Denn Auferstehungsmythen gab es schon lange vor dem Christentum, und auch schon lange vor dem Judentum, in graduellen Abstufungen, die sich langsam der christlichen Version annäherten.
Betrachtet man die vielen Vorstufen, und betrachtet man, wie Element um Element hinzukam, bis schließlich nur ein kleiner Schritt zum Christentum fehlte, dann bricht die Einzigartigkeit der Auferstehung Jesu zusammen. Dann ist es einfach eine von vielen Legenden, die sich von den anderen Legenden genauso graduell unterscheidet, wie alle anderen Legenden voneinander. Eine herausgehobene Stellung hat die Auferstehung von Jesus daher nicht.
Die frühen Naturreligionen beobachteten bereits einen Zyklus: Pflanzen wachsen, vergehen, und wachsen erneut. Tiere sterben, dennoch bleibt deren Menge offenbar konstant. So wie alte Menschen sterben, werden junge Menschen geboren. Man vermutete dahinter einen Kreislauf, den man als eine frühe Form der „Wiederkehr“ interpretieren kann.
Die Ägypter hatten bereits eine ausgefeilte Mythologie darum gesponnen. Die Sonne tauchte jeden Abend ab in die Unterwelt (also ins Reich der Toten), kämpfte mit den dortigen Gestalten und erschien am nächsten Morgen siegreich am Himmel. Durch die Grabbeigaben für die Pharaonen wissen wir vom Glauben an ein konkretes Weiterleben nach dem Tod. Das bedeutet, dass es möglich war, am Zauber der wiederkehrenden Sonne teilzuhaben, wenn man es richtig anstellte. Dies war tausende Jahre vor Jesus.
Diese Vorstellungen sickerten teilweise und in modifizierter Form in die alten jüdischen Schriften ein. Die älteren Texte des Alten Testaments kennen keine Wiedergeburt, sondern den besonders frommen Menschen wird ein besonders langes irdisches Leben geschenkt. Manche der Figuren des Alten Testaments wurden angeblich über 900 Jahre alt.
Jüngere Texte des Alten Testaments kennen hingegen plötzlich eine Himmelfahrt. Jesus ist keineswegs die erste Person der Bibel, die in den Himmel auffährt. Der Prophet Elia etwa (2. Buch Könige) fuhr in einem brennenden Wagen direkt in den Himmel, ohne erst in einem Grab zu liegen oder überhaupt zu sterben. Man sieht daran, wie das Judentum beeinflusst wurde von ägyptischen und hellenistischen Ideen. Ich komme gleich darauf zu sprechen.
Zuvor ein keiner Einschub: Warum mussten die späteren Evangelien die Kreuzigung und die Himmelfahrt so krass übertrieben darstellen? Bei Matthäus bersten Berge, erlischt die Sonne, und Tote steigen aus den Gräbern. Wieso? War die Himmelfahrt nicht spektakulär genug? -- Nein, war sie nicht. Die Jesus-Geschichte wurde zu einer Zeit geschrieben, als diese Himmelfahrts-Ideen schon längst die jüdische Bevölkerung erreicht hatten und bekannt waren. Es war nicht mehr so außergewöhnlich. Das ist ein Indiz dafür, dass das von mir beschriebene Einsickern ägyptischer/hellenistischer Ideen tatsächlich stattfand und von den Autoren des Evangeliums berücksichtigt werden musste.
Im Hellenismus gab es die Idee einer vom Leib getrennten unsterblichen Seele. Paulus griff diese Idee auf und fügte sie dem von ihm gegründeten Christentum hinzu. Paulus stammte nämlich aus dem Süden der heutigen Türkei, damals jedoch griechisches Territorium, allerdings besetzt von den Römern. Die griechische Mystik war ihm daher bekannt. Seine Eltern und er selbst waren streng gläubige Juden. Paulus verband nun die Ideen des Judentums (die ihrerseits von Ägypten beeinflusst waren) mit denen des Hellenismus. Das Ergebnis war das Christentum: nämlich eine Kombination von ägyptischen, jüdischen und hellenistischen Mythen.
- Die Überwindung des Todes nach einem Besuch in der Unterwelt ist ägyptisch.
- Die Erwartung eines Messias ist jüdisch.
- Die Loslösung der unsterblichen Seele vom sterblichen Leib ist griechisch.
Das bedeutet: Weder das Christentum noch die Auferstehung sind Dinge, die plötzlich geschahen, und die von einem „Ereignis“ wie etwa der Kreuzigung
ausgelöst wurden. Sondern die Ideen formten sich langsam durch eine schrittweise Kombination vorhandener Mythen. Das angebliche Ereignis der Auferstehung wurde
danach passend zurechtgebastelt, um den aktuellen Mythos wirksam unters Volk zu bringen.
Die Auferstehung war nicht der Auslöser der Legenden, sondern deren Resultat.
Wenn wir uns heute einen Superhelden ausdenken würden, dem wir die Erfindung unserer Grundgesetzes unterschieben würden, dann muss es das Grundgesetz zuvor gegeben haben. Die Story müssten wir dann natürlich
umdrehen und so schreiben, dass unser Superheld das Grundgesetz erst erfindet, sonst macht die Story keinen Sinn. Genauso lief es mit der Auferstehung und den Legenden: Zuvor gab es die Legenden (das ist beweisbar), und später erfand man den passenden Darsteller. Deswegen steht Jesus auch am Ende dieser Legenden (das ist beweisbar) und nicht am Anfang. Ein echter Jesus wäre am Anfang gestanden. Ein erfundener Jesus musste am Ende stehen.
Besten Dank fürs Lesen!