Eine Frage an die gläubige Fraktion: Wie sollte man in einer Debatte angemessen auf einen Beitrag reagieren, in dem eine wissenschaftliche These mit dem Argument widerlegt wird, Jesus wäre übers Wasser gelaufen? Soll man es ignorieren, widerlegen, veralbern?
Jene Leute, die das Wasser-Wunder für ein valides wissenschaftliches Argument halten, sind vermutlich durch Gegenargumente sowieso nicht mehr erreichbar. Insofern stellt sich die Frage, ob ein Austausch von Argumenten überhaupt stattfindet. Aber in der Hoffnung, dass dieser Thread durch Google in die weite Welt gespült wird, wo vielleicht jemand nach Argumenten sucht, möchte ich ein paar Antworten geben.
1. Tricks
Nehmen wir an, Einstein hätte sich geirrt. Nehmen wir an, die gesamte Wissenschaft hätte sich geirrt. Dann müsste dennoch bewiesen werden, dass Aristoteles (oder Trimichi) recht hat. Es nützt nämlich überhaupt nichts, geheimnisvoll über die möglichen Fehler von Einstein zu raunen. Das ist nur ein alter rhetorischer Trick, der suggeriert, dass automatisch B korrekt ist, wenn A als falsch erkannt wurde. Stattdessen muss B bewiesen werden, und dieser Beweis fehlt.
2. Ewigkeit
Trimichi beschreibt ein Hin und Her zwischen verschiedenen Denkansätzen: Heute ist Einstein aktuell, aber das kann sich auch wieder ändern. Das ist eine leicht durchschaubare Immunisierungsstrategie, die es bequem macht, Fakten einfach zu ignorieren. Es kann sich ja sowieso alles wieder ändern, nicht wahr? Jedoch trifft das nicht auf Erkenntnisse zu, die experimentell belegt sind. Wenn ein Experiment gezeigt hat, dass ein Apfel unter bestimmten Bedingungen zur Erde fällt, dann wird dieses Ergebnis auch in einer Million Jahren noch gültig sein. Oder ist es denkbar, dass irgendwann jemand sagen kann: „Verdammt, wir haben uns geirrt, der Apfel flog ja nach oben“?
Zwar werden wir vermutlich mehr über die Gründe wissen, aber die Messdaten selbst sind ewig. Und deswegen bleiben auch die bereits gemessenen Ergebnisse von Einsteins Formeln ewig gültig. Es ist also nicht zutreffend, dass wir es mit einem Hin und Her zu tun hätten. Ein Hin und Her gibt es nur dort, wo sich niemand die Mühe macht, Behauptungen durch Messungen und Experimente zu belegen.
3. Beweise
Die Kindermärchen über Jesus und seine Wunder beweisen nichts. Höchstens beweisen sie, dass deren Verfechter nicht wissen, was ein Beweis ist. Nach meiner Beobachtung wissen die allermeisten Gläubigen (mit denen ich bisher diskutiert habe) nicht, was ein Beweis ist.
Eine Erzählung über einen Beweis ist kein Beweis, sondern eine Erzählung. Schaut man in die Bibel (oder die unzähligen anderen Religionen, in denen es Wasserwunder zuhauf gibt), steht dort nichts von einem Beweis. Es wird nichts bewiesen.
Gläubige stehen gerne auf dem Standpunkt, dass die vielfältige Zeugenschaft des Wunders als Beweis ausreicht. Aber es gibt keine Zeugen. Es gibt nur Erzählungen über Zeugen. Selbst der Erzähler ist anonym und daher unbekannt. Die angeblichen Zuschauer des Spektakels sind unbekannt. Der Erzähler kann selbst kein Zeuge gewesen sein. Ort, Datum und Zeit sind unbekannt, Quellen oder Überlieferungen sind nicht vorhanden.
Dies als „Gegenbeweis“ gegen die sorgfältig durch Experimente, Messungen und Mathematik bewiesene Theorie Albert Einsteins anzuführen, ist absurd.
4. Was genau soll bewiesen werden?
Wenn Jesus beweisen wollte, dass es den Naturgesetzen entspricht, wenn ein Mann übers Wasser läuft: Warum können wir dann nicht alle übers Wasser laufen?
Wenn Jesus jedoch beweisen wollte, dass er über den Naturgesetzen steht, dann demonstriert das lediglich, dass die Naturgesetze es eben nicht erlauben, und dass wir Menschen es eben nicht können. Und genau das sagt die Wissenschaft.
Die Bibelgeschichte sagt also genau das Gegenteil dessen, was Trimichi behauptet. Die Bibel sagt, dass wir es nicht können, und dass die Naturgesetze gültig sind (allenfalls kurzzeitig außer Kraft gesetzt von Gott). Überhaupt gar nichts steht da von Aristoteles oder von den Eigenschaften der Materie.
Das bedeutet: Selbst wenn die Bibel völlig fehlerfrei berichtet, widerspricht sie nicht den Naturgsetzen, sondern bestätigt sie. (Außer in der Behauptung, Naturgesetze könnten von Gott für den eigenen Gebrauch kurzzeitig außer Kraft gesetzt werden; aber da wir alle keine Götter sind, gilt das nicht für uns und kann daher ignoriert werden.)
Schau mal den Beitrag den ich auf YT verlinkt habe - den mit Prof. Lesch. Für mich die Top Message: Gott kommt in der Naturwissenschaft nicht vor. Gott ist kein Naturwisssnachaftliches Konzept, kein Term. Ich finde diese Aussage wichtig, denn man kann einfach den Naturwissenschaftlern einerseits und den Gottgläubigen ihren Frieden lassen und sich freuen, dass man sein „Ding“ hat. Es gibt keinen Berührungspunkt, dass eine spielt für das andere keine Rolle. Weder die Naturwissenschaft für den Glauben noch umgekehrt. Eine Anwendung des einen Wissens auf die andere Domäne wird deshalb auch nicht zum Erfolg führen. Ich hab ja mal in Südkorea und Japan gelebt: Es ist nicht möglich z.B. japanisches Verhalten mit europäischen Wertmaßstäben zu bewerten. Das führt völlig am Ziel vorbei.
Ich sehe ganz ehrlich auch überhaupt keine Notwendigkeit den Naturwissenschaftlern einen Gottbegriff aufzudrängen und auch keine Notwendigkwit den Gläubigen ihren Glauben mit naturwissenschaftlichen Methoden zu widerlegen. Warum auch?
Freilich gibt es hüben wie drüben Dogmatiker. An der Stelle kann man sich auch dafür entscheiden tief zu atmen und das Leben - wie auch immer - zu genießen.
Ach so. Wissenschaftler können den ganzen Tag lang herumforschen wie sie lustig sind. Aber den Ursprung des Universums dürfen sie nicht erforschen, das geht sie nichts an. Das ist nicht das Gebiet der Wissenschaft.
Jede Frage, die sich mit Ja oder Nein beantworten lässt, ist eine wissenschaftliche Frage. Gibt es Gott, ja oder nein? Es ist ausschließlich eine wissenschaftliche Frage. Entweder es gibt ihn, oder es gibt ihn nicht.
Außerdem, was sollen wir mit wissenschaftlichen Erkenntnissen anfangen, die wir bereits gemacht haben, bevor wir erfuhren, dass es uns nichts angeht? Was ist mit unseren Kenntnissen über die Entstehung der Erde oder des Menschen, die den religiösen Darstellungen fundamental widersprechen? Sollen wir diese Erkenntnisse wieder über Bord werfen? Sollen wir die Fossilien wieder eingraben? Weil es uns ja nichts angeht?
Ich schätze Harald Lesch, aber als bekennender Jesuit ist seine Motivation hier nur allzu durchsichtig.
PS: Ich vergaß noch darauf hinzuweisen, dass es sich hierbei um eine Immunisierungsstrategie der Gläubigen handelt.
Ach so. Wissenschaftler können den ganzen Tag lang herumforschen wie sie lustig sind. Aber den Ursprung des Universums dürfen sie nicht erforschen, das geht sie nichts an. Das ist nicht das Gebiet der Wissenschaft.
Doch, natürlich. Die dürfen, sollen und was auch immer. Alles gut!
Zitat:
Zitat von Jörn
Jede Frage, die sich mit Ja oder Nein beantworten lässt, ist eine wissenschaftliche Frage.
Naja...zunächst ist das eine binäre Frage. Und es ist m.E. schon wichtig, auf welche Domäne sich die Frage bezieht. Und Gott/Religion is nun mal kein naturwissenschftliches Konzept. Gott ist ein spirituelles Konzept. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass in irgendein naturwissenschaftlichs Forschungsprojekt Gelder gesteckt werden, dass nach Gott sucht. Kennst du eins?
Und die Gläubige: Lass ihnen doch ihren Glauben, sie stören dich ja nicht beim forschen.
Ich plädiere einfach für deutlich mehr Entspanntheit in diesem Thema. Weder Dogmatismus noch Versessenheit führen doch zu irgendwas. Irgendwann finde ich ist vieles, ja alles gesagt.
Ich sehe ganz ehrlich auch überhaupt keine Notwendigkeit den Naturwissenschaftlern einen Gottbegriff aufzudrängen und auch keine Notwendigkwit den Gläubigen ihren Glauben mit naturwissenschaftlichen Methoden zu widerlegen. Warum auch?
Du sagst, Du siehst keine Notwendigkeit, Gläubigen ihren Glauben auszureden.
Wie ist es hiermit:
- Wer Gott leugnet, soll gesteinigt werden, und seine Eltern sollen den ersten Stein werfen.
- Wenn eine Frau ohne Kopftuch auf öffentlichen Straßen wandelt, wird sie mit dem Tode bestraft.
- Wenn zwei Unverheiratete miteinander einvernehmlichen Sex haben, werden beide mit dem Tode bestraft.
- Wenn ein junger Mann gegen seine Eltern zürnt, so soll er des Todes sterben.
- Wenn jemand sagt: „Du gottloses Narr“, dann soll man ihn steinigen.
- Wenn jemand Kleidung trägt, welches aus mehr als einer Faser gewebt ist, dann soll er aus dem Volke ausgemerzt werden.
Und es ist m.E. schon wichtig, auf welche Domäne sich die Frage bezieht. Und Gott/Religion is nun mal kein naturwissenschftliches Konzept. Gott ist ein spirituelles Konzept.
Gott ist kein naturwissenschaftliches Konzept. Aber die Frage, wer/was das Universum schuf, ist eine wissenschaftliche Frage. Niemand kann behaupten, es wäre keine. Sobald die Frage gestellt wird, ist sie vorhanden.
Es ist überhaupt nicht zutreffend, dass die Wissenschaft sich dreist in religiöse Gebiete drängen würde. Denn kein Wissenschaftler hat sich je darum gekümmert, ob Gott nun dreifaltig oder vierfaltig ist. Sondern die Bibel drängt sich in wissenschaftliche Fragen, indem sie das tatsächliche Vorhandsein bestimmter Dinge und Geschehnisse behauptet. Die Bibel ist voll von Tatsachenbehauptungen, und Tatsachen sind die Domäne der Wissenschaft.
Ob man Frauen steinigen soll, ist eine religiöse Frage, keine wissenschaftliche. Aber wie Frauen entstanden sind, ist eine wissenschaftliche Frage. Ob es wirklich Gott war, der dieses Gesetz geschrieben hat, oder ob es ein verwirrter Priester war, ist eine wissenschaftliche Frage.
Ist es eine religiöse oder eine wissenschaftliche Frage, wie das morgige Wetter sein wird? Über Jahrtausende dachte man, es sei eine religiöse Frage. Trifft das immer noch zu? Denn wenn es nicht mehr zutrifft, dann kann auch alles andere nicht mehr zutreffen, was Gläubige heute für religiös erachten.
Sobald Religion sich auf die reale Welt bezieht, betritt sie das Gebiet der Wissenschaft.
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