Das hat nicht nur die Boulevardpresse abgedruckt, sondern auch Heftchen die ich für grds. seriös halten würde.
Die abgedruckte Grafik (zB WiWo) stammt vom Deutschen Städte und Gemeindetag - nur dass das Original keine Zeitangaben enthält https://www.dstgb.de/dstgb/Homepage/.../Infografiken/
Ich schließe mich deiner Kritik an der Methodik der Berichterstattung an.
Die Grafik mit der Zuordnung der Gruppen stammt direkt aus der Empfehlung der STIKO. Nur die Entstehung des "Zeitplans" in der Zeitung ist nicht nachvollziehbar. Dass man als gesunder Mittvierziger in einem nicht systemrelevanten Beruf erst am Ende der Impfreihenfolge steht, dürfte jedem klar sein, wenn allerdings suggeriert wird, dass man als Angehöriger dieser Gruppe frühestens 2022 mit einer Impfung rechnen könnte (ebenso, dass laut dieser Liste Lehrer/Erzieher in Gruppe 4 erst im August dran wären), halte ich das für sehr gefährlich und irreführend.
Insgesamt noch der Hinweis:
Die STIKO hat diese Empfehlung auf der Grundlage erstellt, dass zunächst nicht ausreichend Impfstoff zur Verfügung steht und bis Ende des Jahres der Impfstoff von BioNTech/Pfizer zugelassen wird. Andere potentielle Kandidaten wurden noch nicht berücksichtigt.
Es wird ausdrücklich erwähnt, dass bei Zulassung weiterer Impfstoffe und somit einer breiteren Verfügbarkeit von Impfstoffen eine Anpassung der Empfehlung erfolgt.
Doch, ein Punkt ist mir noch aufgefallen: Bei Schwangeren wird von der Impfung abgeraten. Um Schwangere vor einer Ansteckung zu schützen, sind enge Kontaktpersonen von Schwangeren bereits in Gruppe 3 für eine Impfung vorgesehen.
Der Zeitplan hängt halt sehr von den verfügbaren Impfdosen ab und man kann ja noch nicht wissen, welche Corona-Impfungen 2021 noch und wann auf den Markt kommen und mit welcher Wirksamkeit. Angenommen, der Vektor Impfstoff von AstraSeneca käme mit der höheren der beiden in der Studie aufgetretenen Wirksamkeit auf den Markt und würde über die Hausarztpraxen verimpft, ginge es mit der "Duchimpfung" vermutlich schneller, als wenn DE allein auf Biontech und Moderna angewiesen ist. Und wie weit befindet sich "Curevac"?
Vielleicht werden die folgenden Fragen auch noch Thema in den Medien. DE hat keine Pharmaindustrie mehr, welche Impfstoffe produziert, was die Regierung vor lauter Stolz auf Biontech vergisst zu erwähnen bzw. zu überlegen, wie man eventuell die Herstellung weiterer, grösserer Mengen anstossen könnte. Novartis (Schweizer Firma) in Göttingen produziert Biontech Variante, und Lonza im Wallis Moderna. Bei einer Behandlung des Impstoffes als öffentliches Gut (Freigabe der Patente) würden wahrscheinlich auch mehr Dosen auf den Markt kommen. Und China und Russland versorgen neben der eigenen Bevölkerung Afrika und Asien, da die westliche Welt deren Impfstoffe mehr oder weniger ignorieren.
... Und China und Russland versorgen neben der eigenen Bevölkerung Afrika und Asien, da die westliche Welt deren Impfstoffe mehr oder weniger ignorieren.
Sputnik ist meines Wissens 3x billiger als Moderna. Kann mir von daher sowieso nicht vorstellen, dass Afrika den teuren Impfstoff kauft, sondern auf preiswerte Alternativen zurückgreift und die reichen Industrieländer die teuren Stoffe einkaufen.
Bemerkenswert übrigens, dass viele Medien Probleme mit dem Rechnen haben:
Bei der BILD sind nach Abzug der Risikogruppen (insgesamt 36,7 Mio) noch 45 Mio. Einwohner zu impfen. Macht insgesamt knapp 82 Mio. zu impfende Personen. Auch SPON rechnet bei 2 Impfdosen/Person mit mindestens 160 Mio. benötigter Impfdosen, also auch mit über 80 Mio zu impfenden Personen. SPON hat auch die 45 Mio. Einwohner nach Abzug der Risikogruppen übernommen.
Nicht berücksichtigt werden hierbei aber die über 10 Mio. Kinder und Jugendliche, die nach der jetzigen Empfehlung nicht geimpft werden sollen. Laut Statista waren 2019 ca. 13 Mio. 17 Jahre und jünger.
Ich komme somit auf maximal 70 Mio. Bürger, die geimpft werden können. Macht also maximal benötigte 140 Mio Impfdosen. Nicht berücksichtigt, wieviele davon sich tatsächlich im ersten Schwung impfen lassen wollen und wieviele erstmal abwarten wollen.
Sollte man aus meiner Sicht schon richtig darstellen, anstatt unnötig Angst zu verbreiten, dass nicht genug Impfstoff zur Verfügung stehen könnte.
M.
Geändert von Matthias75 (18.12.2020 um 09:56 Uhr).
Die Ständige Impfkommisssion hat ihre Empfehlungen für die Corona-Impfungen gestern veröffentlicht, die insbesondere auch die Impfreihenfolge bzw. die Zuordnung der Bevölkerung zu den Priorisierungsgruppen enthält. Enthält zwar keine großen Überraschungen, aber dennoch interessant. Als Gesunder ohne Vorerkrankungen ist man erst in der letzten von 6 Gruppen dran.
Da darf man gespannt sein welche Gruppen sich (zu Recht?) über die veröffentlichte Priorisierung beschweren werden. Alleine die Empfehlung die Personengruppe "Bewohner aus Gemeinschaftsunterkünften" vor vielen anderen zu priorisieren dürfte an den Stammtischen dieses Landes für Diskussionen sorgen...
Wo AstraZeneca/Oxford im Moment stehen, habe ich auf die schnelle nicht verlässlich finden können. Möglicherweise wirkt der Dosis-Fehler nach.
Dafür hier ein schönes Dossier zu diesem Impfstoff mit vielen Bildern:
Da darf man gespannt sein welche Gruppen sich (zu Recht?) über die veröffentlichte Priorisierung beschweren werden. Alleine die Empfehlung die Personengruppe "Bewohner aus Gemeinschaftsunterkünften" vor vielen anderen zu priorisieren dürfte an den Stammtischen dieses Landes für Diskussionen sorgen...
Da könntest du recht haben. Hier muss man aber klar sagen, dass es "nur" um ca. 200.000 Bewohner geht (laut STIKO) + Obdachlosenunterkünfte. Bild nennt hier etwas höhere Zahlen, unterschlägt aber z.B. die Unterscheidung in Bewohner und Tätige in Gemeinschaftsunterkünften.
Insgesamt aber auch "nur" eine Empfehlung. 100% Gerechtigkeit in den Augen aller Bürger wird nicht geben. Mal schauen, was schlussendlich raus kommt.
Vor ein paar Wochen habe ich schonmal angerissen, mit welchen Problemen im Zusammenhang mit der nächste Woche beginnenden Impfkampagne zu rechnen sein wird, gerade weil man (richtigerweise) mit der Hochrisikogruppe beginnt, die ohnehin (auch ohne Impfung) ein hohes Risiko für gesundheitliche Auffälligkeiten bis hin zu Todesfällen hat und deren zukünftig nach der Impfung auftretbaren Symptome viele zwangsläufig "kausal" auf die stattgehabte Impfung zurückführen werden.
Auch wenn irgendwann das Happy End folgen wird: der Weg bis zum definitiven Impferfolg und bis zur ersehnten Normalisierung des Alltags wird noch ein wenig holprig werden.