Ich kann Dir etwas über "Gewissheit jenseits aller Zweifel" schreiben. Die Sache mit der "Mission" scheint mir eine Provokation zu sein (vielleicht ungewollt).
Vielleicht lauerst Du darauf, dass ich meine Gewissheit bei 99% einschätze. Dann könnte man mir entgegnen, dass selbst ich auf Glauben angewiesen wäre, um die 100% voll zu machen. Ich würde mich also nur graduell (nicht prinzipiell) von einem Gläubigen unterschieden.
Das ist eine schwierige Frage: Benötigt man trotz aller Gewissheit immer noch etwas Glauben? Weil diese Frage so schwierig ist, erlaube mir bitte einen etwas längeren Text. Es geht dabei um den Unterschied zwischen 99% und 100%.
Betrachten wir die Gewissheit mal als eine Art "ansteigende Uferklippe". Das Festland steigt stetig an, dann reißt es abrupt ab, und tief unten beginnt das Meer. Wer sich auf dieser Klippe vorwärts bewegt, würde stetig ansteigen -- und dann ins Wasser stürzen.
Der "Grad der Gewissheit" verhält sich nach meiner Meinung ähnlich. Man kann eine hohe Gewissheit von etwas haben -- aber das letzte Prozent stürzt einen in den Abgrund.
Wofür steht das letzte Prozent? Steht es für Zweifel? Nein, aber es steht dafür, Zweifel zuzulassen. Etwa, wenn neue Daten oder Beweise auftauchen.
Mein zweites Beispiel ist Papst Johannes Paul II. Bei seiner Begräbnisfeier wurde er dafür gepriesen, dass er einen unerschütterlichen Glauben gehabt habe, bis zum Schluss.
Man beachte: Es ging nicht darum, dass er zu 100% überzeugt war. Das gestehe ich ihm gerne zu. Von mir aus zu 105%. Es ging darum, dass er unerschütterlich war. Und das war sein Fehler. Dadurch war er nicht mehr imstande, seinen Glauben einer Kontrolle zu unterziehen. Er hat sich unkontrolliert darin verrannt und wollte die vielen Widersprüche nicht sehen. Das ist kein akzeptables Verhalten für den Anführer einer großen Gemeinschaft. Allenfalls ist es hysterisch.
Hohe Gewissheiten sind nichts Schlechtes per se, wenn sie begründet sind. Aber irgendwo zwischen 99% und 100% versteckt sich die Grenze zur Dummheit. Der Papst hatte sie überschritten. Bei der Feier wollte man das Attribut der Unerschütterlichkeit als ein Kompliment verstanden wissen; als leuchtendes Vorbild für alle Gläubigen. Tatsächlich glauben viele Menschen auf diese Weise, unerschütterlich, und sehen darin eine besondere Tugend. Man überbietet sich schier an Unerschütterlichkeit, obwohl sich alle gegenseitig in die Tasche lügen.
Sehr intelligente Leute stürzen über diese Klippe. Ihre Intelligenz lässt sie den Anstieg bewältigen, kluge Bücher schreiben und gescheite Reden halten. Aber dann stürzen sie eben doch über die Klippe. Du kannst das überprüfen: Die klügsten Vertreter der Religion schreiben im Grunde den gleichen Unsinn, der auch über Zeus und Poseidon geschrieben wurde. Das kann jeder nachprüfen.
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Ich bin jenseits des geringsten Zweifels davon überzeugt, dass die christliche Lehre, sofern sie sich auf angebliche Tatsachen bezieht, falsch ist. Genauso wie die Lehren zu Zeus und Jupiter falsch sind. Die Beweise sind absolut erdrückend und ausweglos. Trotzdem bin ich offen für Beweise. Ich springe also die Klippe nicht hinunter. Wenn Du mich von Jahwe oder Jupiter überzeugend möchtest, winke ich nicht ab. Ich lade Dich ein, Deine Beweise vorzutragen.
Die üblichen religiösen "Argumente" sind hingegen Immunisierungsstrategien. Ein Sinnbild wäre, sich die Augen zuzuhalten und dann die Klippe hinunter zu springen. Man darf sich nicht immunisieren. Und doch, in den Religionen zählt es als höchste Tugend. Es gilt als rüpelhaftes Benehmen, wenn man schüchtern nach Beweisen fragt. Pah, Beweise! Wie ordinär! Damit wollen nichts zu tun haben. Beweise!
Aber es gibt kein Wissen ohne Beweise; und ohne Wissen gibt es keine Gewissheit. Die Kirchen können an diesem Satz herumdrehen wie sie wollen. Dieser Satz ist unbestechlich.
Der Papst weiß nichts, und schon gar nicht hat er Gewissheit. Um in meinem Sinnbild zu bleiben, hat er die steile Klippe nicht erklommen, sondern er sprang direkt ins Wasser. Es ist nicht so, dass er nach langen wissenschaftlichen Studien zu seinem Ergebnis kam. Sondern er war schon als Kind gläubig, und mehr hat er nicht vorzuweisen.
Du hast mich gefragt, ob ich jenseits aller Zweifel an etwas glaube. Meine Antwort ist, dass ich eine Menge Beweise habe und daher nicht auf Glauben angewiesen bin. Meine Offenheit für Beweise öffnet auch die Tür für religiöse Beweise, falls sie jemand vorträgt. Darauf warten wir jedoch seit 2.000 Jahren.
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