Nun habe ich mich doch verführen lassen, den Inhalt zu dokumentieren.
Nettes Video, nicht überlang.
Es beginnt augenscheinlich mit einem Blick in die Zukunft: Lionel steht im Wasser am Beckenrand, pumpt wie ein Maikäfer und beschwert sich, dass er seine Atmung nicht unter Kontrolle bekommt. Talbox Cox: "Bist du glücklich?" Lionel ungewohnt optimistisch: "Ich würde es liebend gerne wiederholen."
Rücksprung in der Zeit. Talbot Cox: "Was steht heute an?" - "Ein spontaner 1000 yd Test. Manchmal gibt es Überraschungen, z.B. bietet sich vielleicht am Ende einer harten Trainingswoche die Gelegenheit, an einem Wettkampf teilzunehmen. Heute ist ein solcher Tag."
Lionel wird im Speedsuit schwimmen. Er geht davon aus, dass in
Miami Neo-Verbot sein wird. Er wird den Test angehen, als sei es ein echter Wettkampf und versuchen, sein Wassergefühl zu finden. Manchmal muss man ein Rennen auch müde bestreiten. Er spürt, dass es nicht leicht werden wird, kein guter Tag fürs Wasserfassen. Egal. Machen, Wassergefühl finden.
Bildinhalt: Lionel schlüpft in den Speedsuit
Wenn man Sauerstoffmangel verspürt, dann schwimmt man nicht ordentlich, sinniert Lionel. Er ist schwer, da rauszukommen, wenn man mal drinhängt, aber man muss einen Weg finden, sich in die Geschwindigkeit hinein zu entspannen. Es ist kein "Zug", sondern ein Verankern im Wasser und Sich-vorwärts-Drücken durch das Wasser. Er schwimmt los.
Schnitt aufs Ende des Intervalls. Er konnte seinen Atemrhythmus nicht finden. Die Zeit ist 11:57. Seine Bestzeit für 1000 yd ist 11:55. Er ist unzufrieden, die Ausführung war furchtbar, er will es nochmal machen. Er analysiert, was passiert ist: Er schwimmt zu hart an und gerät in Sauerstoffschuld. Dann dauert es 600 bis 800 yd bis das System Sanders sich wieder eingependelt hat.
Nach den schlechten 1000 schwimmt er noch 500 yd. Er hat die ersten 100 mit der Pace begonnen, die er gerne halten würde, ist nicht in Sauerstoffschuld geraten und hat sich reingearbeitet. Dadurch ist er mit weniger Anstrengung schneller geschwommen. Nun will er nochmal die 1000 versuchen, um schneller als 11:57 zu sein.
Er schwimmt 11:48. "Aller guten Dinge sind zwei." Rülpst. Wie fühlt er sich? Viel besser als beim ersten Versuch. Er ist mal wieder erstaunt, dass Schwimmen nicht quälend sein muss. Das ist der schwierige Teil, er geht es zu schnell an, mit schlechter Technik oder unpassender Aktivierung der Muskulatur. Er vermutet, dass dadurch sein Körper so mit Laktat geflutet wird, dass er etliche Hunderter in dem Zustand verharrt bis es wieder besser wird.
Er erzählt, dass er zum letzten Video als es um seine negative Einstellung ging, eine Buchempfehlung von einem YouTube-User bekommen hat: "Growth Mindset" von
Carol Dweck. Er ist dabei, es zu lesen.
Er hat im Großteil seiner Karriere eine sehr positive, wachstumsorientierte Einstellung gehabt. Er hat alles als Lernerfahrung aufgefasst und als Möglichkeit sich zu verändern und weiterzuentwickeln. Im Lauf der Jahre scheint er, was das Wasser betrifft, diese Einstellung verloren zu haben. Er hat sich als im Elend verharrend und unfähig zur Verbesserung wahrgenommen. Das Problem damit ist, dass das Schwimmen dadurch zur Schinderei wird und man die Aufgaben nur mechanisch abarbeitet, ohne Hoffnung auf Steigerung. Er bedankt sich bei Mack Caruso, der ihm den Tipp gegeben hat, das Buch zu lesen, was ihm seine alte positive Einstellung wiedergebracht hat.
Gerade heute wäre er nach den ersten schlechten 1000 sonst sauer gewesen und hätte mit sich gehadert. Stattdessen hat er darüber nachgedacht, was er aus dieser Erfahrung lernen kann, es noch einmal versucht, und nun ist glücklich darüber. Er ist am Ende einer harten Trainingswoche eine Pace unter 1:11 auf 100 yd geschwommen¹.
Aus dem Off hört man Talbot Cox "Happy Birthday..." singen.
Bildinhalt: Lionels Geburtstagstorte
Lionel ist 33 Jahre alt geworden. Er grinst über alle Backen. Er bläst die Kerzen aus und wünscht sich lautlos etwas. Talbot Cox verrät im Untertitel, dass er sich gewünscht hat, dass die Welt wieder normal wird und er wieder vor Fans Wettkämpfe machen kann. Er ist dankbar für wunderbare Freunde (Cameron Wurf im INEOS-Team-Shirt wird kurz eingeblendet), die sogar an einem kalten Tag nett zu ihm sind wenn er Geburtstag hat.
Auch von mir unbekannterweise alles Gute!
Ich habe den Eindruck, dass er mit seiner Schwimmerei auf einem guten Weg ist. Mir gefällt, dass er sich mit dem Wasser anfreundet. Ob im Endeffekt tatsächlich der notwendige Leistungsschub dabei herauskommt, weiß ich nicht, aber die Hoffnung bleibt bestehen.
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¹1:17.4 umgerechnet auf 100 m; sein Versuch mit 12:03 für 1000 yd vor einigen Wochen entspricht 1:19.1 auf 100 m.