Jetzt erfahren wir, wie Lionel die Sache sieht:
Ironman Coeur d'Alene Post Race Thoughts
Das Video beginnt mit einer Einstellung von der Laufstrecke. Lionel geht bereits. Talbot fragt: "Bist du unglücklich?" Lionel antwortet, fast weinend: "Ich bin soweit, dass ich meine Karriere beenden möchte. Ich will das nicht mehr tun. Ich möchte etwas anderes mit meinem Leben anfangen."
Bildinhalt: Am Ende
Schnitt auf den Beginn des Rennens. Es folgen schöne Zeitlupenaufnahmen vom Schwimmen, Radfahren und Laufen. Und vom Gehen. Letztendlich sieht man Lionel auf die Zielgerade einbiegen. Man hört Mike Reillys Stimme: "Lionel, wir sind für dich da!" Lionel joggt ins Ziel.
Lionel auf dem Sofa. Er sagt, dass es schwierig ist, nach einem solchen Rennen YouTube-Content zu erzeugen. Nach einem schlechten Rennen gibt es nicht viel, dass man sagen möchte. Er fühlt sich wie eine kaputte Schallplatte: "Blablabla, Ernährung hier, Flüssigkeitsaufnahme da..."
Er hat sich gut vorbereitet. Er hatte eine Verpflegungsstrategie, die er jede Woche geübt hat, in jedem Block. Er ist richtig gut geschwommen. Er ist sehr zurückhaltend Rad gefahren. Er hat sich zu 100 % an den Verpflegungsplan gehalten, wie einstudiert.
Aber es war nicht richtig. Rückblickend hat er zu viel konsumiert, die Konzentration im Magen wurde zu hoch. Statt deyhydriert zu sein, war er überversorgt. Der Magen hat zugemacht. Nachdem er sich einige Male übergeben hatte, konnte er weder essen noch trinken. Erst ganz am Ende gingen Knabbereien.
Bildinhalt: Spickzettel
Es ist beschissen, aber das Gute ist, dass er glaubt das Problem kann gelöst werden. Er weiß nicht genau wie, aber er wird sich Rat einholen. Im Rennen wollte er nie wieder einen Ironman machen. Es war in keinem Sinne des Wortes ein Vergnügen; und Spaß zu haben war sein einziges Ziel gewesen. Und so hat er sich auch verhalten, er hat sich nicht verausgabt, wenig Watt auf dem Rad getreten, Sam davonfahren lassen, als der zu viel Druck machte. Er ist sehr kontrolliert angelaufen, hat sich gesagt, dass er ihn früher oder später einholt. Egal wann, einfach schön locker bleiben, hör auf Deinen Körper.
Auf einen Schlag, zwischen fünfeinhalb und sechs Stunden war es als würde ein Schalter umgelegt. Der Körper hat überhaupt nicht mehr funktioniert. Im Rennen wollte er seinen Rücktritt erklären, jetzt am nächsten Tag würde er am liebsten nächstes Wochenende einen Ironman machen. Er hat nun Gelegenheit an einer besseren Verpflegungsstrategie zu arbeiten. Er glaubt, dass die Konzentration von Kohlenhydraten, Natrium und Kalium verringert werden muss. Sie sollte nicht am Limit sein, so dass sein Körper eine Möglichkeit hat, diese zu absorbieren. Das Positive ist, dass er nur zehn Meilen gerannt ist und fünfzehn gegangen, was für den Körper mechanisch weniger belastend ist.
Bildinhalt: Lionel am Tag danach
Er wird noch einen Trainingsblock machen, dann nach Deutschland reisen und dann wird er Jan nichts schenken. Die
Hater werden sagen, dass das ein absoluter Witz ist. Wie kann man in einem lokalen Ironman Elfter von Dreizehn werden und dann tönen, dass man dem Besten der Welt das Leben schwer machen will? Er weiß es nicht. Er weiß nicht, ob es realistisch ist, aber das ist, was er vorhat. Es ist zum Glück noch etwas Zeit für Erholung und Training und eine modifizierte Ernährungsstrategie.
Er dankt allen fürs Verfolgen der Videos. Das hier ist kein besonders tolles und er hat keine Lust, aber er hat offen angefangen und so fühlt er sich verpflichtet auch in der Niederlage offen zu bleiben. Er ist motiviert. Er wird so lange Langdistanzen machen, bis der Knoten platzt. Es muss wenigstens möglich sein, einen lockeren Ironman zu machen und laufend das Ziel zu erreichen, das was er eigentlich vorhatte. Er ist 275 Watt gefahren, das ist etwas mehr als bei seinen lockeren Ausfahrten. Das hätte ganz einfach sein müssen. Es ist sehr erschütternd, sehr frustrierend.
Glaubt er, dass er es verdient, nach Kona zu gehen? Nein. Er muss es so tun wie alle anderen auch. Das sind die Regeln. Er hat definitiv vor, sich einen Startplatz zu holen. Es ist andererseits nicht wichtig, in Kona zu starten. Er wird auf jeden Fall einige Langdistanzen machen. Es gibt nichts, was er beweisen muss. Er weiß, dass er Halbdistanzen gut kann oder auch ITU-Langdistanzen. Sobald es an die sechs Stunden geht, und das betrifft auch Kona 2017, wird es problematisch. Wenn es kühler ist, sind es vielleicht sechseinhalb Stunden; ist es wärmer, sind es genau sechs Stunden. Seine Muskeln hören auf zu funktionieren. Vielleicht wird es nie gelöst, aber er ist positiv und glaubt, dass eine Lösung existiert. Er will beweisen, dass es lösbar ist. Es ist wie beim Schwimmen. Er wird dranbleiben und den grauenhaften, elenden Zustand beenden. Es gibt nichts anderes in seiner Karriere, dass wichtig ist, außer das Rätsel des Ironman zu lösen.
Ironman Lake Placid steht an. Viele Leute wollen wissen, ob er gegen Jan antreten wird oder Lake Placid macht? Er wird zu 100 % das Rennen gegen Jan machen. Das ist eine einmalige Gelegenheit, mehr wert als Kona. Er wird sich seinen Startplatz für Kona woanders holen. Und wenn das nicht klappt und er wieder ein schlechtes Rennen hat, dann wird er sich auf die nächste Starterliste setzen.
Ist ihm die gestrige Leistung peinlich? Es war absolut erbärmlich und jeder hat ihn erkannt. Er wandert und hat die Startnummer 1 umhängen.
Bildinhalt: Spaziergang mit der Startnummer 1
YouTube ist ein zweischneidiges Schwert. Man kann seinen Namen in die Welt tragen, aber dann ist er auch draußen. Wenn man dann ein schlechtes Rennen hat und erkannt wird, dann ist das peinlich. Absolut. Leute fliegen vorbei und rufen: "Du bist immer noch der Beste!" Nichts ist beschämender als das. Es ist aber auch ermutigend, den Einfluss zu sehen, den man hat. Das Hirn schreit: "Das ist dumm, du willst nicht ins Ziel gehen." Zum Glück sind die anderen da und erinnern ihn an seine Verantwortung. "Du erzählst immer von
no limits. Gilt das nur wenn du gewinnst? Oder auch wenn du Letzter bist?" Ja, es ist peinlich, aber auch motivierend, die eigene Wirkung auf andere zu sehen und die Dinge zu leben, über die man spricht. Er ist sehr dankbar für die Hilfe. Was wäre ohne YouTube gewesen, wenn ihn die Menschen nicht erkannt hätten? Er wird diese Frage niemals beantworten können.
Talbot hat ihm sein E-Bike angeboten. Wäre er damit heimgeradelt, hätte das den Gipfel der Erbärmlichkeit bedeutet. Talbot hat die Szene sogar gefilmt. Man muss es Lionel lassen: Selbst im tiefsten Tal erkennt er noch, wie es aussehen würde, stiege er nun aufs E-Bike. Ich finde es klasse, dass sie sogar das zeigen.
Bildinhalt: Talbot macht ein unmoralisches Angebot
Lionel lässt die kaputte Schallplatte noch einmal kreisen. Glaubt man wirklich, dass ein Marathon in 3 Stunden 53 Minuten nach 275 Watt auf dem Rad sein ganzes Potenzial ist? Sogar er hat Schwierigkeiten, das als Realität zu akzeptieren.
Am Ende schickt er noch ein Grußwort an Sam Long, der vor dem Rennen große Probleme hatte, aber hervorragend abgeliefert hat. Er kam erst 12 Stunden vor dem Rennen überhaupt an, musste sein Schwimmdefizit ausgleichen, geduldig sein. Er hat eine große Zukunft vor sich. Glückwunsch auch an Justin Metzler, Pedro Gomes und Jason Pohl. Tolle Performance. Er versucht, sich ihnen in Kona anzuschließen, aber es wird hart.