[…] Wenn die negativen Folgen des Krieges hier wirtschaftlich spürbar werden, dann könnten sich mehr und mehr Menschen der Meinung anschließen, dass er so schnell wie möglich enden sollte. Und es wird die Frage auftauchen, ob weitere Waffenlieferungen diesem schnellen Kriegsende dienen.
Zitat:
Zitat von repoman
Was glaubst du hätte das zur Folge, wenn keine Waffen mehr geliefert würden? Wie würde es deiner Ansicht nach in der Ukraine weiter gehen?
Das kommt darauf an,
ob man einfach keine weiteren Waffen liefert und fertig. Das ist die Form unterlassener Hilfeleistung, welche den Kritikern der Waffenlieferungen immer wieder unterstellt wird.
Oder ob die Waffenlieferungen eingestellt werden, nachdem man auf politischem/diplomatischem Weg einen Waffenstillstand, Verhandlungen und vielleicht sogar einen Friedensvertrag erreicht hat.
Das haben wir bereits häufig diskutiert, sodass ich meine, das nicht weiter ausführen zu müssen. Für die politische Stimmung in Deutschland ist die konkrete Situation in der Ukraine jedoch nicht entscheidend, sondern die Situation in Deutschland. Auch während der Flüchtlingskrise wurde recht bald nicht mehr darüber diskutiert, wie es den Menschen in Syrien geht oder ob uns die ertrinkenden Menschen auf dem Mittelmeer etwas angehen. Sondern wir hatten jahrelang eine rein innenpolitische Debatte, inwieweit wir hier in Deutschland Opfer bringen wollen oder nicht. Was aktuell in Syrien los ist, müssten die meisten wohl erstmal googeln.
Wenn sich der Krieg in der Ukraine über Monate, vielleicht über Jahre festfährt; wenn Russlands mehrmals Friedensverhandlungen anbietet, welche die Ukraine ablehnt; wenn Deutschland in eine Rezession gerät; dann kann die politische Stimmung in Teilen der deutschen Bevölkerung kippen.
Es wird mehr und mehr in den Vordergrund treten, dass wir noch ein paar andere Probleme zu lösen haben, allen voran den Klimawandel, dessen Folgen wir zunehmend zu spüren bekommen. Es war schon vor ein paar Jahren fraglich, wie wir den Strukturwandel wirtschaftlich stemmen wollen. Dann kam Corona mit seinen enormen Kosten. Nun kam der Überfall auf die Ukraine dazu, und in der Folge vermutlich eine Rezession. Teile der deutschen Bevölkerung werden sagen, dass unsere Unterstützung für die Ukraine richtig war, aber dass die Lieferung immer weiterer Waffen nicht alternativlos sein kann.
...wenn Russlands mehrmals Friedensverhandlungen anbietet, welche die Ukraine ablehnt; ...
Also jetzt bewegst du dich aber in den Bereich kompletter Fiktion (sofern wir uns darin einig sind, dass ein realistisches Friedensverhandlungsangebot nur vorstellbar ist, indem der Angreifer Russland die Kampfhandlungen im Sinne eines echten Waffenstillstandes einstellt und sich aus der Ukraine mindestens auf den territorialen Stand vor dem 24.2.2022 zurückzieht bzw. ernsthaft anbietet, dies zu tun).
Jedes Verhandlungsangebot oberhalb dieser Minimaloption, bei der Russland substantielle territoriale Kriegsbeute machen würde, wäre für die Ukraine unannahmbar, könnte von der ukrainischen Regierung niemals der eigenen Bevölkerung vermittelt werden und würde unter Garantie zur Abwahl von Zelensky bei nächster Gelegenheit führen.
Also jetzt bewegst du dich aber in den Bereich kompletter Fiktion ...
Ja.
Das gilt aber auch für alle anderen Hypothesen über den möglichen weiteren Verlauf des Krieges. Ein längerer ergebnisloser Stellungskrieg gehört zu den wahrscheinlicheren Varianten. Dass die ukrainischen Streitkräfte in der Lage sind, ihre Stellungen zu verlassen und Gebiete zurückzuerobern, wird von den Militärexperten, die ich bisher wahrgenommen habe, eher bezweifelt.
Sobald dieser Zustand erreicht ist, liegt es im Interesse Putins, Friedensverhandlungen anzustreben. Ich halte diesen Verlauf des Krieges daher zwar für fiktiv, aber für recht wahrscheinlich. Es steht ja jedem frei, andere Verläufe für wahrscheinlich zu halten.
Zitat:
Zitat von Hafu
Jedes Verhandlungsangebot oberhalb dieser Minimaloption, bei der Russland substantielle territoriale Kriegsbeute machen würde, wäre für die Ukraine unannahmbar, könnte von der ukrainischen Regierung niemals der eigenen Bevölkerung vermittelt werden und würde unter Garantie zur Abwahl von Zelensky bei nächster Gelegenheit führen.
Das mag wahr sein oder auch nicht. Für die politische Stimmung in Deutschland spielt es keine große Rolle. Die Annexion der Krim war den Deutschen mehr oder weniger egal, und beim Donbas wird es, wenn der Krieg noch ein, zwei Jahre geht, ähnlich sein. Wenn eine Rezession kommt, wird sie die politische Debatte dominieren. Der Donbas ist dann ein Randthema für politische Romantiker. Die meisten werden wollen, dass Selenskyj und Putin sich einigen.
"Die USA rüsten die Ukraine im großen Stil auf, um das Land gegen Russland zu unterstützen. Seit Kriegsbeginn Ende Februar sagten die USA der ehemaligen Sowjetrepublik Waffen und Munition im Wert von mehr als 3,7 Milliarden US-Dollar zu (umgerechnet rund 3,5 Milliarden Euro). Teilweise wurden sie schon in die Ukraine geliefert."
Darin auch :
Zitat:
Biden hat den Kongress um weitere 33 Milliarden US-Dollar (umgerechnet rund 31,3 Milliarden Euro) gebeten. Der Großteil dieser Summe - mehr als 20 Milliarden Dollar - soll für Militärhilfe genutzt werden.