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triathlon-szene.de | Europas aktivstes Triathlon Forum - Einzelnen Beitrag anzeigen - Hölle von Q – Wettkampfbericht
Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 28.10.2022, 06:33   #25
Norbert Sprotte
Ist alles so schön bunt hier!
 
Registriert seit: 05.10.2022
Ort: im Harz
Beiträge: 17
Wir Staffelschwimmer … Teil II

Die Einen fanden, dass mein erster Beitrag lustig gewesen sein soll.
Heute sagt man wohl, er wurde mehrfach gelikt und geteilt…
Andere meinten, ich solle doch die gesamte Distanz finishen, um mitreden zu können.

„Pipifax“!
Durch den Harz radeln und an der Teufelsmauer joggen kann Jeder!
Dafür brauche ich nicht mal Training – Talent reicht!
Warum immer die Zunge schneller ist als das Gehirn, habe ich bei mir die letzten Jahrzehnte nicht verstanden.

Ich kann etwas schwimmen – reicht! Warum in drei Sportarten scheitern, wenn man dies jedes Jahr auch in einer kann?
Ok, bitte einmal die „Hölle v Q.“ komplett. Was soll schon besonders sein? Ich bekomme eine weiße Badekappe und keine blaue.

Erstmal Radtraining.
Wenn man die blöden Hügel in Ditfurt und Wegeleben, die Brücke über die B79, die Harslebener Berge kurz vor Westerhausen, die Blankenburger Straße in Börnecke, den Helsunger Krug, die Lange Straße in Timmenrode, die Steinköpfe Richtung Treseburg, die Auffahrt nach Allrode, das hügelige Gelände nach Friedrichsbrunn und der abschließende Anstieg am Hexentanzplatz vorbei (hab´ ich was vergessen?), wegdenkt, geht´s eigentlich.

Wer zur Hölle hat sich so etwas ausgedacht. Mark ist der Veranstaltungschef. Mark bedeutet: „der Krieger, dem Mars geweiht“.
Jetzt wird mir einiges klar.

Es entstanden die ersten disharmonischen Schwingungen mit der Strecke, als meine staffeleigene Läuferin meinte, sie würde erst einmal das Lauftraining mit mir übernehmen…. Halt, stopp, wie jetzt? Auch noch Laufen, das hat mir niemand gesagt!
Obwohl ich mich immer insgeheim gefragt hatte, warum ich meinen Transponder unserer Radfahrerin übergebe, aber unsere Läuferin ins Ziel kommt. Egal. Wir hatten Spaß und es gab anschließend Kuchen und Eis.

Mittlerweile hatte die Veranstaltung 2022 durch meine große Klappe so viel an Eigendynamik aufgenommen, dass ich da wohl ohne Gesichtsverlust nicht mehr aus der Sache rauskomme.

Aber hattet ihr euch mal die Laufstrecke angeschaut? Hier keimte der erste vorsichtige Samen der Erkenntnis, dies wird mühsam. Die ersten zehn Kilometer nur Hügel und die ziehen sich.

Ich brauchte einen verdammt guten Plan. Eine seriöse Vorbereitung beinhaltet einen ausgewogenen Trainingsplan, gesunde Ernährung, regenerativen Schlaf und immer auch nachvollziehbare Ausreden. Wenn nichts mehr geht, lag es am Material.

Die Strecke ist hart!
Es soll drei verschiedene Strategien geben, diesen Triathlon sicher zu finishen. Leider ist mir keine davon bekannt, aber ich werde in den Wechselzonen den Rasen platttreten, … und ich werde in den See pullern, … und ich werde Plastebecher in den Wald werfen. Ich werde nicht aufgeben, … aber ich werde die gesamte Zeit fluchen! So gefiel mir mein Gesamtkonzept.

Ich hatte ein Jahr trainiert. Nach 154 Schwimmkilometer, nach 2826 Radkilometer und 963 Laufkilometer trat ich an den Start und starrte auf meine weiße Badekappe. Kein zurück. Ich kannte es noch von damals, als ich nach einer eingeworfenen Fensterscheibe zum Direktor musste. Dieses Gefühl in der Magengegend war wieder da.

Der Rest ist kurz und schmerzvoll erzählt. Schwimmen in gewohnten 40 Minuten. Dann der erste Stress, ich musste mein Fahrrad finden. So jetzt ruhig bleiben, nicht überpacen. In Börnecke schoss mir nach einer Bodenwelle die hintere Wasserflasche ab. Ich konnte nicht mehr ausgereichend Gel zu mir nehmen und bekam noch vor der Verpflegungsstelle in Friedrichsbrunn Krämpfe in beiden Oberschenkeln. Diese konnte ich auch nicht mehr lösen. Nochmal die Hexe hoch. Die Gedanken überschlugen sich:
Was zur Hölle für eine Quälerei.
Wenn ich jetzt meinen Helmverschluss öffne, müssten mich doch die Schiedsrichter rausnehmen, oder?
Jetzt zwei platte Reifen, alle würden mein Aufgeben verstehen.
Wenn ich einfach umfalle und liegen bleiben, fahren dich mich bestimmt nach Hause…

Dann ging es wieder runter und jetzt noch der Lauf. Nächste Erkenntnis: Im Triathlon geht es nicht um Leben und Tod, es geht um mehr!
Die ersten beiden Hügel konnte ich noch laufen, die anderen bin ich gegangen, einschließlich dem Schlossberg. Natürlich war ich nach 7 ½ Stunden einer der Letzten im Ziel und ich war stolz wie Bolle.

Es war ein geiles Rennen. Ich konnte manches nette Wort mit anderen Teilnehmern wechseln. Grüße an Hamburg, Regensburg, TSG GutsMuth, ihr wisst schon…
Die Umgebung konnte ich trotzdem genießen, sie ist wohl einmalig schön.
Die Streckenposten hatten wahrscheinlich fünf Stunden Beifall geklatscht und jeden Einzelnen angefeuert. Ich hatte den Eindruck, die Leute an den Verpflegungsstellen waren nur für mich da. Meine Wasserflasche wurde aufgefüllt, hier noch Cola, da noch Iso: „Ach, nimm doch noch ein Stück Banane!“ Es war bei den Helfern so viel Herzblut dabei, Mitgefühl und Motivation in ihren Stimmen, dass einem warm ums Herz wurde. Und immer wieder diese raffinierte Halbwahrheit: „Es ist nicht mehr weit.“

Und erst meine Supporterin …, geduldig an jeder Wechselzone bis zur physischen Erschöpfung mit den Gedanken wartend: „Da kommt niemand mehr!“ Trotzdem hörte ich motivierende Worte und sie hatte mir anschließend noch meine Klamotten hinterher geräumt. Weiter kümmerte sie sich um die Staffel und kutschte auch noch fremde Teilnehmer hin und her. Franzi, fühle dich umarmt, danke!

Schlussendlich bin ich durch das Ziel gelaufen und hatte fast nicht geweint. Erschöpfung und Zufriedenheit strömten durch meinen Körper.

So, als nächstes eine Langdistanz oder schwimmen durch den Ärmelkanal. Ach halt doch einfach mal die Klappe.
Wenn ich 2023 wieder mit blauer Badekappe am Ufer stehe, habt ihr Weißkappenträger meinen vollen Respekt. Ich weiß nicht wie viele sportliche Herausforderungen mir in meinem Alter noch bleiben. Die „Hölle von Q.“, gerade die 2022er Version, wird wohl für immer in meinem Herzen verankert sein.

Dankeschön!
Norbert Sprotte
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