In Anbetracht der Erkenntnis, dass insbesondere bei den Mutanten auch jüngere schwere Verläufe haben und Long Covid ein Problem darstellt, ist es für mich durchaus zweifelhaft, ob die Priorisierung "richtig" war.
Wer entscheidet, wessen Gesundheit schützenswerter ist?
Wenn man nun natürlich bezüglich der "Lockerungen für Geimpfte" verfassungsrechtlich argumentiert, dann hätte man sich bezüglich der Priorisierung allerdings nicht auf Solidarität berufen dürfen, denn letztenendes ist eine Priorisierung vornehmlich nach Alter nichts anderes als Altersdiskriminierung, die nicht durch das höhere Risiko eines zu erwartenden Krankheitsverlaufs aufgehoben werden kann, da im Einzelfall eben nicht verlässlich abzuschätzen ist, wer den schwereren Krankheitsverlauf haben wird. Ja sogar umgekehrt wird ein Schuh draus. Eigentlich ist es gerade den "Älteren" viel leichter möglich Kontakte und damit das Risiko einer Infektion zu reduzieren, da sie eben nicht täglich zur Arbeit müssen und sowohl auf dem Weg zur als auch bei der Arbeit und auf dem Heimweg unweigerlich Kontakte haben.
Nun hat der (wohlgemerkt durch Bundestag und -rat ernannte und nicht gewählte) Ethikrat eine Impfpriorisierung festgelegt, die rein auf dem Solidaritätsgedanken und Wahrscheinlichkeiten beruhte. Eigentlich alle haben dies unterstützt. Ich habe zumindest keine breite öffentliche Diskussion oder Kritik an dieser Priorisierung wahrgenommen.
Ja, ein Dilemma. Ein ethsiches und politisches. Mein innerer Gerechtigkeitsfanatiker sagt, dass es nur fair wäre, wenn sich alle weiterhin an alle Regeln halten (müssen) bis alle die Chance hatten auf dem gleichen Stand (also zwei Impfungen) zu sein. Mein innerer Verfassungsrechtler sagt, dass unsere Verfassung dies nicht vorsieht und Fairness hier nicht maßgeblich ist, sondern höchstens eine sehr subjektive Einschätzung.
Gibt es eigentlich Stimmen aus dem Ethikrat dazu?
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Auf dem Weg vom “steifen Stück” zum geschmeidigen Leopard
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