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benjamin3341 17.12.2011 11:43

Lehrer?
 
Wer bei uns Astronaut oder Arzt wird, wird in Finnland Lehrer!

Wer hat es noch nicht mitbekommen? Seit PISA existiert, ist Finnland Dauersieger. Deutschland im Hintertreffen, von Österreich nicht zu sprechen...

Was machen die Finnen richtig, was unser System falsch macht?
Sind es die ersten acht Schulklassen, in denen es keine Noten gibt?
Das schon seit den 70er Jahren fehlende dreigliedrige Schulsystem?
Die besten Pädagogen werden in Grund und Vorschulen eingesetzt und entsprechend bezahlt.
Alle Lehramtler müssen einen sehr anspruchsvollen Master absolvieren!
Zudem bekommt in Finnland jede Klasse zwei Lehrer zugeteilt. Hinzu kommen noch ein bis zwei studentische Praktikanten!
Liegt der Grund darin, dass das Mittagessen in finnischen Schulen kostenlos ist? Das auf jeden Lehrer per Gesetzt maximal neun Schüler kommen können?
Warum können die Schüler in Skandinavien besser lesen? Büchereien haben eine viel höhere Ausleihe! Warum kommt in jedes finnische Dorf zwei mal die Woche ein Büchertruck? Ist daher die Ausleihe dortiger Bibliotheken so hoch!
Warum wird in Finnland kein Vorschulenglisch angeboten? Warum sprechen die finnischen Schüler dennoch das beste Englisch in der EU?
Weil Filme in Finnland prinzipiell nicht übersetzt, sondern in englischer Sprache mit finnischen Untertiteln vertrieben werden!

Darum läufts also bei uns nicht? Mehr Geld für Bildung muss her!

NEIN! Verantwortlich ist nichts Dergleichen!

Ein Schüler kostet in Deutschland pro Jahr 8000 Euro, in Finnland 6000Euro.
Kostet nachträgliche Förderung weit mehr als präventives Handeln?
An der Uni Jyväskylä kommen auf einen Studienplatz für das Lehramt 10 Bewerber! So schaut es auch an anderen finnischen Unis aus!

Bei uns kann jeder Hanswurst Lehrer werden!
Nicht zuletzt, der überforderte Maschinenbauer oder Elektrotechniker! Der wechselt einfach auf “easy“ Lehramt und feiert das Studium dann locker ab.
Ohne Auswahl- oder Eignungsverfahren!
Folge: Die Professoren sind nur damit beschäftigt diese “Problem-Studenten“ während der Vorlesung vom ständigen schwatzen und sogar Alkohol trinken abzuhalten.
Zur Vorlesung, zur Klausur wird knapp zu spät kommen immer noch als locker und cool honoriert!
Hat die künftige Gesellschaft bei solchen Vorbildern eine Chance? NEIN!
Zuletzt sind die Betreuungslehrer im Referendariat dann zu herzensgut um die Nieten raus zuschmeißen!
Genau diese sitzen drei Jahre später mit Bourn-Out in der Kur!



Weniger Grundgehalt und dafür finanzielle Leistungsanreize für Lehrer und Schulen!
Weg mit dem Beamtenstatus!

Anspruchvolleres Studium im Bereich Pädagogik und Auswahlverfahren vor und während des Studiums!

Mehr Praxis im Studium! Mindestens 50% der Zeit sollten Studenten in der Schule verbringen!

Eine gesellschaftliche Aufwertung des Lehrers!

Bildungsinteressen vor sprunghaften Wirtschaftsinteressen!

Michael Skjoldborg 17.12.2011 11:50

Eine der Ursachen ist uebrigens auch, dass es in Finnland eher dunkel wird.

Bis denne, Michael (Lehrer in Daenemark: kein Beamter, niedriger Grundlohn, keine Noten, kein mehrgliedriges Schulsystem... Und auf Høhe Deutschlands im Ranking...)

maestrosys 17.12.2011 11:57

Ach du meine Guete, was ein Geplapper.

silbermond 17.12.2011 11:59

Die Sau wurde ja lange schon nicht mehr durchs Dorf getrieben!

Ein schönes, unreflektiertes Lehrer-/Beamtenbashing.

Die Probleme beginnen aber leider damit, dass jeder "Hanswurst" Eltern werden darf!

Und die Frage wieso in Finnland die Quote der Suizide und Alkoholabhängigen höher als in Deutschland ist, bleibt leider auch unbeantwortet!

Heinrich

NBer 17.12.2011 12:02

Zitat:

Zitat von silbermond (Beitrag 686530)
Und die Frage wieso in Finnland die Quote der Suizide und Alkoholabhängigen höher als in Deutschland ist, bleibt leider auch unbeantwortet!

nö, siehe posting 2 :-)

aecids 17.12.2011 12:24

Zitat:

Zitat von benjamin3341 (Beitrag 686526)
Zuletzt sind die Betreuungslehrer im Referendariat dann zu herzensgut um die Nieten raus zuschmeißen!
Genau diese sitzen drei Jahre später mit Bourn-Out in der Kur!

Über Betreuungslehrer / Seminarleiter im Referendariat kann ich selbst noch nichts sagen, aber letzteres ist in der Tat ein Problem: Ungefähr 20% aller Lehrer leiden früher oder später an Burn-Out. Der Grund hierfür liegt m.M.n. bereits am Studium - 1. zu wenig Praxisnähe, obwohl man sich hier im Vergleich zu den 90-er Jahren schon um mehr Praxisanteile während des Studiums bemüht und 2. zu starker Fokus auf eine ZWEIfachliche Ausbildung. Ich studiere Chemie und Biologie für das LA an Gymnasien und werde im Laufe meines Bachelors im Prinzip zu 90% nur durch fachliche Schwerpunkte ausgelastet (Vorlesungen, Übungen, Seminare, Laborpraktika). Statt schon hier mehr semesterbegleitende, praktisch-schulbezogene Anteile durchzuführen, wird man zunächst zum "Fachidioten" ausgebildet. Am Ende steht daher auch in meinem Studiengang nach 6 Semestern ein Bachelor of Science.

Nebenbei: Über zu wenig Arbeitsbelastung kann ich mich zumindest in meiner naturwissenschaftlichen Kombination nicht beschweren. 30-35 Stunden an der Uni + Vor-/Nachbereitung der Vorlesungen/Seminare (ca. 16 Stunden) + Bearbeitung von Übungen / Verfassen von Laborprotokollen (ca. 4 Stunden) + im Schnitt ca. 6 Wochen Praktika in der vorlesungsfreien Zeit ("Semesterferien"). Sicherlich kann man sich die Studienzeit mit entsprechenden Fachkombinationen auch angenehmer gestalten (z.B. Sprache + Kulturwissenschaft, ...). Pauschalisierung im Sinne von "easy LA" ist sicherlich falsch und abhängig vom genauen Studiengang, Studienort und der persönlichen Motivationsfähigkeit.

Bei uns wird übrigens schon an der Uni ausgesiebt. Einige gehen freiwillig, weil sie erkennen, dass es nicht das Richtige für sie ist - andere werden gegangen. Von über 100 Studenten meiner Kombination Gymnasium / Realschule im ersten Semester sind noch ca. 30 übrig (5. Semester).

Zudem werden (unverbindliche) Tests zur Persönlichkeitspsychologie im ersten und achten/zehnten Semester durchgeführt. Für viele ist das ein Anhaltspunkt, seine Einstellungen, sein Verhalten und seine Vorhaben zu überdenken.

Zitat:

Zitat von benjamin3341 (Beitrag 686526)
Weniger Grundgehalt und dafür finanzielle Leistungsanreize für Lehrer und Schulen!
Weg mit dem Beamtenstatus!

Wer würde dann noch auf Lehramt studieren? Sicherlich gibt es wenige Idealisten, die sich auch noch für ein Hungergehalt aus reiner Freude an der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen für die LA-Ausbildung entscheiden würden, aber die Zahl der Bewerber würde sicherlich gewaltig abnehmen. Das Grundgehalt ist in Relation zum Studienaufwand und der nicht immer einfachen Arbeit ohnehin nicht sehr hoch.
Allerdings muss ich auch sagen, dass ich ein System mit finanziellen Leistungsanreizen für besonderes Engagement nicht schlecht fände. Das Grundgehalt dürfte dennoch nicht wesentlich abgesenkt werden - besonders dann nicht, wenn man den Beamtenstatus nicht mehr erhalten sollte.

Zitat:

Zitat von benjamin3341 (Beitrag 686526)
Anspruchvolleres Studium im Bereich Pädagogik und Auswahlverfahren vor und während des Studiums!

Der Bereich der Pädagogik sollte in erster Linie deutlich praxisnäher gestaltet werden. Derzeitig abgehaltene Seminare und Vorlesungen sind viel zu theoretisch und praxisfern, als dass man dadurch auch nur das geringste für den Alltag als Lehrer mitnehmen könnte. Sicherlich sind etliche theoretisch vermittelte Inhalte vom Grundgedanken her sinnvoll, aber sie werden schlichtweg nicht mit der praktischen Situation in der Schule unmittelbar verknüpft. Folge: Ich kenne zwar viele Handlungsmöglichkeiten, weiß aber nicht intuitiv, wann ich mich für welche entscheiden muss.

Zitat:

Zitat von benjamin3341 (Beitrag 686526)
Mehr Praxis im Studium! Mindestens 50% der Zeit sollten Studenten in der Schule verbringen!

s.o. - vollste Zustimmung

Zitat:

Zitat von benjamin3341 (Beitrag 686526)
Eine gesellschaftliche Aufwertung des Lehrers!

Ist wohl leichter gesagt als getan bzw. es wäre eine sehr langwieriger Prozess.

Zitat:

Zitat von benjamin3341 (Beitrag 686526)
Bildungsinteressen vor sprunghaften Wirtschaftsinteressen!

Sehr idealistisch gedacht (auch wenn aus nachhaltiger Betrachtung sinnvoll).

JENS-KLEVE 17.12.2011 13:27

Das studium ist evtl. nicht so anspruchsvoll wie evtl. Jura oder Medizin, aber von easy-going kann keine Rede sein. Ich habe mir meine leistungen sehr hart erarbeiten müssen, meine Studentenzeit war kein Spaß sondern harte Arbeit. Ich hab allerdings auch nur 7 Semester benötigt. Kollegen mit 12 Semestern hatten es natürlich lockerer.

Der Beamtenstatus ist durchaus wichtig. ich habe auf unsere demokratischen Grundsätze geschworen und das finde ich in diesem Bereich sehr wichtig.

Finland profitiert von seiner Siedlungsstruktur. würde Deutschland nur aus bayrischem Wald, Niederrhein und Schwabenland bestehen, wären wir auch deutlich höher.

Würde man bei uns die klassen verkleinern und die Schulpflicht lockern gäbe es in Deutschland starke Verbesserungen. interessant wäre auch eine Kürzung des Kindergeldes bei mangelnder Kooperation der Eltern mit der Schule. Evtl. merkt man, dass ich an einer Hauptschule arbeite.

FinP 17.12.2011 13:53

Zitat:

Zitat von benjamin3341 (Beitrag 686526)
Was machen die Finnen richtig, was unser System falsch macht?

Finnland macht vor allem eines richtig:
Testfähigkeit trainieren und Selektion!

Während in Deutschland auch Sonderschulen mit in die PISA-Wertung reinkamen, war das in Finnland zum Beispiel nicht so. macht nicht viel aus, aber ein bißchen.

Der Unterschied zwischen Finnland und Deutschland ist eine bis zwei Aufgaben, die im Schnitt richtig gelöst werden. Wenn man sich jetzt ansieht, was für Aufgaben gestellt werden (teilweise mathematisch falsch/unlösbar) und dass die Wahrscheinlichkeit einer richtigen Antwort viel mehr mit der Sprache korreliert als mit sonstwas, der wundert sich nicht darüber, dass die Finnen, die auf Finnisch getestet wurden so gut abgeschnitten sind, während die Finnen, die auf Schwedisch getestet wurden beim ansonsten gleichen Schulsystem deutlich schlechter abgeschnitten sind - nämlich wie die Schweden auf der anderen Seite der Grenze.

PISA testet in erster Linie Testfähigkeit und Sprachzugehörigkeit. Sieht man auch schön an anderen Ländern, die ein landesweit gleiches Schulsystem, aber unterschiedliche Sprachregionen haben.

Wer PISA als Grundlage für fundamentale Kritik an der Schule nimmt, hat meiner Meinung nach den Schuss nicht gehört.

Der Rest ist Blabla, wenn nicht gar infam.

BTW: In der ersten PISA-Studie hat Finnland sogar Legastheniker vom Test ausgeschlossen...


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