triathlon-szene.de |  Europas aktivstes Triathlon  Forum

triathlon-szene.de | Europas aktivstes Triathlon Forum (https://www.triathlon-szene.de/forum/index.php)
-   Politik, Religion & Gesellschaft (https://www.triathlon-szene.de/forum/forumdisplay.php?f=30)
-   -   China (https://www.triathlon-szene.de/forum/showthread.php?t=50895)

Hafu 03.06.2022 10:31

China
 
Ich habe heute früh beim Lauf zur Arbeit einen hochinteressanten Podcast angehört, in dem mit China-Expertin Jana Oertels sehr detailliert die Rolle Chinas im Putin-Ukraine-Konflikt aber auch die langsfristigen geopolitischen Ambitionen Chinas thematisiert wurden.

Was macht eigentlich China? Ukraine-Krieg beobachten, Russland stützen, Systemkonflikt forcieren

Wir haben zwar schon mehrmals am Rande erwähnt welche ungeheuer wichtige Rolle China im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg spielt bzw. spielen könnte, aber insgesamt ist die Rolle Chinas viel zu wichtig, als sie auf diesen Konflikt zu reduzieren, so dass ich mich entschlossen habe, diesen Gesprächsfaden auszugliedern, um entsprechende Gedanken zu China besser ordnen zu können und auch auf andere China-relevante Aspekte wie z.B. die Menschenrechtssituation in China, den Wettstreit der Supermächte USA, Europa, China in Wirtschaft aber auch auf Forschungsgebieten und vieles mehr einzugehen.

China ist aufgrund seiner unfassbaren Größe und wirtschaftlichen Potenz um vieles wichtiger für Europa und Asien und gleichzeitig begeht der Westen seit Jahrzehnten ähnliche Fehler im Umgang mit China indem man komplett übertrieben optimistisch auf ein "Wandel-durch-Handel-Narrativ" setzt und hofft, dass sich die chinesische Gesellschaft quasi automatisch irgendwann öffnet und westliche Vorstellungen von Menschenrechtsfragen übernimmt, solange man nur genügend engen Handel mit China treibt und maximal offen in der Grundlagen und universitären Forschung zusammenarbeitet.

Im Umgang mit Russland ist diese Strategie krachend gescheitert und die Abhängigkeiten von Russland die sich über Jahrzehnte aufgebaut haben sind dem Westen (v.a. auch Deutschland) auf die Füße gefallen.
Andere aber in ihrer wirtschaftlichen Dimension noch viel größere Abhängigkeiten bestehen ziwischen dem Westen und China und es ist nicht auszuschließen, dass sie uns demnächst in ähnlicher Weise auf die Füße fallen könnten.

Das Anhören des oben verlinkten Podcasts kann ich wie gesagt sehr empfehlen, da ich jetzt selbst viel besser verstehe, warum China sich bislang derartig prorussisch im Ukraine-Krieg positioniert hat (Spoiler: es liegt mutmaßlich v.a. auch an chinesischer Abhängigkeit von russischer Militärtechnologie beim langfristigen Aufbau der eigenenStreitkräfte Streitkräfte).

DocTom 03.06.2022 10:44

Stefan hatte da ja schonmal vor kurzem drauf hingewiesen:
https://www.triathlon-szene.de/forum...98#post1662098

qbz 03.06.2022 11:55

Zitat:

Zitat von Hafu (Beitrag 1663824)
.........
China ist aufgrund seiner unfassbaren Größe und wirtschaftlichen Potenz um vieles wichtiger für Europa und Asien und gleichzeitig begeht der Westen seit Jahrzehnten ähnliche Fehler im Umgang mit China indem man komplett übertrieben optimistisch auf ein "Wandel-durch-Handel-Narrativ" setzt und hofft, dass sich die chinesische Gesellschaft quasi automatisch irgendwann öffnet und westliche Vorstellungen von Menschenrechtsfragen übernimmt, solange man nur genügend engen Handel mit China treibt und maximal offen in der Grundlagen und universitären Forschung zusammenarbeitet.
.......

Was würde es China und der chinesischen Bevölkerung bringen, wenn es das politische System der USA importiert hätte. Es gäbe Armutsverhältnisse wie in Indien oder Pakistan oder Afrika. Heute hilft China Afrika beim Aufbau von Infrastruktur. Armut in Indien

1966 habe ich mich auf der Schule in einem Geschichtsprojekt mit China und dem Beginn von Maos Kulturrevolution, welche China in der Folge wirtschaftlich weit zurückwarf, intensiver befasst. Das Land war damals vorwiegend ein Agrarstaat, mit beginnender industrieller Revolution. Trotz der wirtschaftlich schädlichen Kulturrevolution Maos war ich überzeugt, dass China, damals noch ein sehr, sehr armes Entwicklungsland, eine bis die zukünftige Großmacht werden wird, allein aufgrund der Ressourcen an Kohle, Rohstoffen, Stahlproduktion und Menschen quasi eine Prognose über objektivierte Daten.

Ich finde, man muss China und der chinesischen Bevölkerung genauso das Recht auf Selbstbestimmung einräumen wie wir das auch für uns auf der Welt verlangen.

Die chinesischen Führer kennen übrigens unsere politischen Gegebenheiten viel besser wie der Westen die chinesischen. Viele wurden in Eliteuniversitäten in den USA ausgebildet, während die Gründer der chinesischen KP und Staatsgründer wie z.B. Tschu en Lai Anfang des 20zigsten Jahrhunderts viele Jahre in Europa verbrachten, wo sie mit europäischen Sozialisten in Kontakt kamen und den Marxismus kennen lernten.

Die Menschenrechte sind leider nur vorgeschoben, um gegen China, den Hauptkonkurrenten der USA, einen kalten Krieg zu führen, was jeder erkennt, wenn man sieht, mit welchen ausbeuterischen Diktaturen und Schariastaaten die USA auf der anderen Seite beste Beziehungen pflegt. Leider stellt sich die neue deutsche Aussenministerin DE auf die Schultern von Madeleine Albright, wie sie wörtlich formulierte. ;-) .

Voldi 03.06.2022 12:00

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1663871)
Ich finde, man muss China und der chinesischen Bevölkerung genauso das Recht auf Selbstbestimmung einräumen wie wir das auch für uns auf der Welt verlangen.

Beinhaltet deine Definition von chinesischer Bevölkerung auch die Uiguren oder Tibeter? :Huhu:

Koschier_Marco 03.06.2022 13:10

Richtige Beobachtung die krachend gescheiterte Strategie, ich behaupte sogar, daß ein Russland von dem der Westen so abhängig wäre wie er abhängig ist von China und ein Russland mit derselben wirtschaflichen Macht im Hintergrund, wahrscheinlich die wenigisten der Sanktionen gesehen.

Imperien machen eben ungestraft was sie wollen und wir haben 1.5 die US on the decline und China on the rise

keko# 03.06.2022 13:43

Zitat:

Zitat von Koschier_Marco (Beitrag 1663896)
Richtige Beobachtung die krachend gescheiterte Strategie, ich behaupte sogar, daß ein Russland von dem der Westen so abhängig wäre wie er abhängig ist von China und ein Russland mit derselben wirtscha...

Völlig klar! Selbst meine Tageszeitung sieht mittlerweile einen Regime Change in Russland als legitimes Ziel an. Völlig undenkbar im Falle von China.

Siebenschwein 03.06.2022 15:47

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1663871)


Ich finde, man muss China und der chinesischen Bevölkerung genauso das Recht auf Selbstbestimmung einräumen wie wir das auch für uns auf der Welt verlangen.

Die Menschenrechte sind leider nur vorgeschoben, um gegen China, den Hauptkonkurrenten der USA, einen kalten Krieg zu führen, was jeder erkennt, wenn man sieht, mit welchen ausbeuterischen Diktaturen und Schariastaaten die USA auf der anderen Seite beste Beziehungen pflegt. Leider stellt sich die neue deutsche Aussenministerin DE auf die Schultern von Madeleine Albright, wie sie wörtlich formulierte. ;-) .

Zum ersten Absatz: das würde aber genau heissen, das das faschistische (sic!) Regime in Peking nicht mehr unterstützt werden dürfte.

Zum zweiten Absatz: der Unterschied ist doch, dass diese Staaten keine Bedrohung für den Westen darstellen. Und man erinnere sich an den legendären Ausspruch: „He might be a bastard, but he is OUR bastard.“

Hafu 03.06.2022 16:52

Zitat:

Zitat von Koschier_Marco (Beitrag 1663896)
Richtige Beobachtung die krachend gescheiterte Strategie, ich behaupte sogar, daß ein Russland von dem der Westen so abhängig wäre wie er abhängig ist von China und ein Russland mit derselben wirtschaflichen Macht im Hintergrund, wahrscheinlich die wenigisten der Sanktionen gesehen.
...

Man muss bei China mitberücksichtigen, dass wir nicht nur wirtschaftlich in vielen Bereichen abhängig von China sind, sondern dass auch China abhängig vom Westen ist. Und man muss aber auch erkennen, dass China seit Jahren alles dafür tut, um diese eigene Abhängigkeit zu reduzieren.

Das Idealbild, nach dem das chinesische Regime seit Jahrzehnten sehr direkt strebt, ist wirtschaftliche (und auch militärische) Stärke bei gleichzeitiger Unabhängigkeit vom Westen sowie auch von anderen Ländern wie z.B. auch von Russland (hier ist China v.a. von der russischen Militärindustrie abhängig).
Wenn China diesem Ziel irgendwann näher kommen sollte, wäre das hochgefährlich nicht nur für die USA sondern auch für Europa.
Die Problematik muss man erkennen, sonst kann man keine Gegenstrategien entwickeln.

Ein Teilaspekt warum die USA zusammen mit der EU sehr schnell ein Hochtechnologie-Embargo gegen die russische Militärindustrie verhängt hat (das war schon im ersten Sanktionspaket enthalten) und warum die USA mit derartig unfassbar hohen Summen die Ukraine im Kampf gegen Russland unterstützen ist höchstwahrscheinlich auch die Konkurrenz zwischen den USA und China.
In dem Ausmaß, in dem es gelingt die russische Militärindustrie langfristig zu schwächen, die wiederum bei modernen Waffensystemen stark angewiesen ist auf Chips und Komponenten britischer, französischer, US-amerikanischer und deutscher Rüstungsunternehmen bremst man auch die erheblichen Rüstungsanstrengungen Chinas aus, die bislang nur sehr wenig Rüstungshightech schon autark produzieren können und der wichtigste Kunde Russlands in diesem Bereich seit Jahren waren.

Gleichzeitig könnten chinesische Entscheidungsträger angesichts des schleppenden Kriegsverlaufs in der Ukraine langsam ins Grübeln kommen, ob russische Waffensysteme (die bislang stets als weltweit mit führend galten) und auch russische Militärausbildung (hier gibt es auch seit vielen Jahren enge Kooperationen zwischen Russland und China) wirklich so das Gelbe vom Ei sind, oder ob China nicht eventuell hier auf das falsche Pferd gesetzt hat.


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 00:46 Uhr.

Powered by vBulletin Version 3.6.1 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, Jelsoft Enterprises Ltd.