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Genussläufer 21.03.2023 17:29

Zitat:

Zitat von Feanor (Beitrag 1702626)
Aufgrund der familiären Verbindungen habe ich ja etwas Bezug zu China und auch Einblick in Social Media, bevor die Zensur zuschlägt. Die Zustände in China kurz nach der Öffnung waren eher vergleichbar mit Bergamo 2020. Patienten und Leichen auf den Fluren der Krankenhäuser, Tote wurden vom Militär aus Peking rausgefahren. Die Angehörigen haben keine Ahnung wo diese begraben wurden. Junge Infizierte wurden gezwungen krank zur Arbeit zu gehen, damit die Wirtschaft belebt wird. Die Alten sind gestorben. Der ganze Spuk musste so schnell wie möglich durchgezogen werden, damit bis zur Wiederwahl von Xi alles durch ist.

Schau Dir die Zahlen an. Deutlich besser als Deutschland. Und das basiert nicht auf den Veröffentlichungen der Chinesen, sondern von unseren Forschungsinstituten.

Wenn Du in einem Hotspot warst, hattest Du wahrlich eine miese Zeit. Ansonsten ist das Land in Summe deutlich besser durchgekommen. Aber wie geschrieben, hätte ich nicht tauschen wollen. Und die Maßnahmen wäre so - aus gutem Grund - bei uns auch nicht umsetzbar gewesen. Ohne moralische Wertung war es aus epidemiologischer und wirtschaftlicher Perspektive der bessere Weg. Ersetze besser vielleicht durch erfolgreicher. Zumindest zeigt die Zahl der Verstorbenen und schwer Erkrankten in Relation zur Gesamtbevölkerung sowie der Einbruch beim BIP genau das.

Pascal 21.03.2023 18:30

Zitat:

Zitat von Genussläufer (Beitrag 1702629)
Schau Dir die Zahlen an. Deutlich besser als Deutschland. Und das basiert nicht auf den Veröffentlichungen der Chinesen, sondern von unseren Forschungsinstituten.

Was können "unsere" Forschungsinstitute an Fakten eruieren, was die Chinesen nicht preisgeben wollen ?

Und weil ich faul bin, wie sehen den die offiziellen China Zahlen im Vergleich zu "unseren" Forschungsinstitutszahlen aus? Unterschiede im einstelligen Prozentbereich oder Faktor 2-10?

Ich bin grundsätzlich skeptisch bei Kreuzvergleichen von Zahlen aus z.B. Nigeria, China und Deutschland solange unklar ist wie die Datenerhebung faktisch erfolgt.

Genussläufer 21.03.2023 21:16

Zitat:

Zitat von Pascal (Beitrag 1702637)
Was können "unsere" Forschungsinstitute an Fakten eruieren, was die Chinesen nicht preisgeben wollen ?

Die offiziellen Zahlen der Chinesen sind deutlich zu gering angesetzt. Daher würde ich eher die Schätzungen von z.B. der John Hopkins University nutzen.

Zitat:

Und weil ich faul bin, wie sehen den die offiziellen China Zahlen im Vergleich zu "unseren" Forschungsinstitutszahlen aus? Unterschiede im einstelligen Prozentbereich oder Faktor 2-10?
Nimmt man die offiziellen Zahlen liegen wir beim Faktor deutlich über 20. Nimmt man die Schätzungen der Hopkins University, liegt man beim Faktor 3,3. Alles deutlich besser als bei uns. Das vermittelte Bild war aber deutlich anders.

waden 22.03.2023 07:09

Zitat:

Zitat von Genussläufer (Beitrag 1702668)
Die offiziellen Zahlen der Chinesen sind deutlich zu gering angesetzt. Daher würde ich eher die Schätzungen von z.B. der John Hopkins University nutzen.



Nimmt man die offiziellen Zahlen liegen wir beim Faktor deutlich über 20. Nimmt man die Schätzungen der Hopkins University, liegt man beim Faktor 3,3. Alles deutlich besser als bei uns. Das vermittelte Bild war aber deutlich anders.

China hat die Coronazeit genutzt, um die Freiheit der Bürger totalitär maximal zu unterdrücken. Kritische Stimmen verschwanden und verschwinden, ohne in irgendeiner Statistik (insbesondere keiner Coronastatistik) aufzutauchen. (In der 3Sat Kulturzeit von vorgestern kam ein Exilchinese zu Wort, der das recht eindrücklich beschrieb). Insofern blendet die Aussage „Alles besser als bei uns“ völlig aus, dass in China nur noch ein starker Mann entscheidet, und dass wir mehrheitlich so auf keinen Fall, auch nicht im Fall einer Pandemie, leben und regiert werden wollen. Hilfreicher sind Vergleiche mit rechtsstaatlichen Ländern, deren Zahlen wir eher vertrauen können.

waden 22.03.2023 07:19

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1702426)

Wie gehen wir Deiner Meinung nach das nächste Mal damit um? Ich meine jetzt nicht den einzelnen Menschen. Sondern die Debatte, die Du kritisierst. Wie lange müssen wir Deiner Meinung nach debattieren, dass Du eine anschließende Entscheidung als legitim anerkennen würdest?

Problematisch fand ich, dass in der Debatte Menschen, die für weniger eingreifende Maßnahmen standen, sehr schnell reflexartig in die „verdächtige“ Ecke gedrängt wurden. Als Beispiel nenne ich die Ausgangssperre von 15km. Im Gespräch mit einem befreundeten Juristen nannte ich diese Regelung „Schwachsinn“, weil laut Aerosolforschen bereits damals klar war, dass die Übertragung im Freien praktisch nicht stattfindet. Er nannte mich sofort „Querdenker“.

Merkel und die MP-Konferenz handelten anfangs nachvollziehbar, und ich unterstützte die Maßnahmen. Aber dann hielt man am Kurs fest und berücksichtigte nicht Aerosolforscher, Jugendpsychologen, Kinderärzte… Wissenschaftler, die andere Meinungen vertraten, kamen zu Wort,wurden aber auch immer gleich als entweder unerheblich oder verdächtig abgetan (unter den Virologen/ Epidemiologen Streeck, Kekule).

Es geht mir also nicht um die Dauer der Debatte, sondern um einen weniger verengten Debattenraum.

waden 22.03.2023 07:24

Darüberhinaus hätte man viel früher vom Ausland lernen können. Anfang 2022 war die Pandemie bereits in einer ganz anderen Phase. Hinweise darauf wurden im mit einem „warte nur ab…“ abgetan. Aber weder in England, noch Dänemark, Schweden, Österreich, USA, wo das Ende aller Maßnahmen viel früher stattfand, kam es zu negativen folgen, während wir immer noch erhebliche Einschränkungen hatten, zu denen auch die Wirkungen einer panikgesteuerten Politik gehörten

Klugschnacker 22.03.2023 08:51

Zitat:

Zitat von waden (Beitrag 1702690)
... die Wirkungen einer panikgesteuerten Politik ...

waden, ich habe Deine Argumente mit Interesse gelesen. Aber bei der obigen Formulierung geht dann bei mir doch eine kleine rote Lampe an.

Wenn ich in einer Debatte einen Querdenker von einem Geradeausdenker unterscheiden möchte, stellen sich mir zwei entscheidende Fragen:
1. Diskutiert mein Gegenüber sachlich auf der Basis von Tatsachen, oder hat er/sie sich in ein Wahnsystem verabschiedet, das ihn für eine sachliche Diskussion unerreichbar macht?

2. Geht es ihm oder ihr tatsächlich um Corona, oder ist das nur ein Mittel, um die Regierung zu diskreditieren – zum Beispiel, weil er/sie sich während der Flüchtlingskrise in eine Fundamentalopposition zum Staat begeben hat? Solche Leute sind dann konsequent gegen alles, was vom Staat kommt, also Papiermasken, Kontaktbeschränkungen, E-Mobilität, Wärmepumpen, Atomausstieg.
Mit der zitierten Formulierung punktest Du für meinen Geschmack ein wenig bei Frage 1. Die deutsche Corona-Politik war nicht von Panik gesteuert. Sondern es wurde eine Person zum Gesundheitsminister ernannt, der sich sehr stark an wissenschaftlichen Studien orientiert. In der Rückschau wurden auch Fehler gemacht, aber der Grund dafür war nicht Panik. Panik ist eine kopflose Angst. Davon kann überhaupt keine Rede sein.

Alles andere, was Du auf den letzten Seiten geschrieben hast, kann ich gut nachvollziehen, auch wenn ich manche Details anders wahrgenommen habe.

Genussläufer 22.03.2023 09:07

Zitat:

Zitat von waden (Beitrag 1702686)
China hat die Coronazeit genutzt, um die Freiheit der Bürger totalitär maximal zu unterdrücken. Kritische Stimmen verschwanden und verschwinden, ohne in irgendeiner Statistik (insbesondere keiner Coronastatistik) aufzutauchen.

Ich hatte gehofft, daß nachvollzogen werden kann, daß sich meine Aussage um die Effekte in Bezug auf Sterblichkeit und BIP bezieht. Ansonsten müsste man bei jeder Antwort eine Enzyklopädie schreiben ;)

Denn fand ich das hier unmissverständlich:

Zitat:

Wenn Du in einem Hotspot warst, hattest Du wahrlich eine miese Zeit. Ansonsten ist das Land in Summe deutlich besser durchgekommen. Aber wie geschrieben, hätte ich nicht tauschen wollen. Und die Maßnahmen wäre so - aus gutem Grund - bei uns auch nicht umsetzbar gewesen. Ohne moralische Wertung war es aus epidemiologischer und wirtschaftlicher Perspektive der bessere Weg.
Wie hättest Du es deutlicher dargestellt? Und warum trennen wir nicht Beobachtung und Fakten und deren Wertung?

Zu China habe ich eine differenziertere Meinung als Du. Ich habe lange in Asien gearbeitet. Es gibt kein Land auf der Erde, daß so viele Menschen in so kurzer Zeit aus bitterster Armut geführt hat. Daß dies auf einer autokratischen Basis geschieht, wird von den meisten Menschen dort getragen. Die KP hat nur ein Ziel. Die Macht zu erhalten. Das schafft sie aber nur, wenn die KP das Aufstiegsversprechen einhalten kann. Auch hat die KP ein gutes Gespür dafür, wie weit sie gehen kann. In Shanghai war die Schraube überdreht. Daher hat man die Geschichte auch laufen lassen. Ich hatte lange überlegt, ob ich meine Familie mit nach China nehme. Und letztendlich wäre ich lieber in das autokratische China als in das demokratische Indien gegangen. Die Freiheit ist in Indien größer. Struktur, Sicherheit und Stabilität eher in China. Auch wenn hier viele - mich eingeschlossen - das Vorgehen der KP verurteilen, kann man ihnen den Erfolg kaum absprechen. Dabei sollte man nicht nur schauen, wo China heute steht, sondern auch wo sie herkommen. Und vor diesem Weg habe ich wirklich Respekt. Trotz aller Unterschiede der Einstellung der Menschen einen uns scheinbar die Worte eines großen Deutschen... Bert Brecht: "Erst kommt das Fressen. Dann kommt die Moral." :Blumen:

Flow 22.03.2023 09:39

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1702698)
Wenn ich in einer Debatte einen Querdenker von einem Geradeausdenker unterscheiden möchte, [...]

An der Stelle fällt es mir schwer weiterzulesen ...

Wozu möchtest du dein Gegenüber in Quer- und Geradeausdenker unterteilen ?

Klugschnacker 22.03.2023 10:27

Zitat:

Zitat von Flow (Beitrag 1702708)
Wozu möchtest du dein Gegenüber in Quer- und Geradeausdenker unterteilen ?

Um zu entscheiden, ob eine Diskussion für mich persönlich Sinn macht. Eine Debatte setzt ja voraus, dass es eine gemeinsame Gesprächsgrundlage gibt. Ein Astronom kann sich nicht sinnvoll mit einem Astrologen in Form von Argumenten austauschen.

Ich akzeptiere gerne andere Meinungen. Häufig habe ich meine eigene Meinung in der Folge von Debatten geändert, teilweise mehrfach. Oft hatte ich unrecht und andere hatten recht – bei einigen meiner Lieblingsstandpunkte habe ich sehr lange gebraucht, um das einzusehen.

Jedoch: Diese Auseinandersetzungen müssen innerhalb der Leitplanken rationalen, wissenschaftlichen Denkens stattfinden. Ein Astronom kann sich von einem anderen Astronomen überzeugen lassen, dass seine Vorstellungen zur Bahnkurve des Merkur falsch sind. Die Behauptung des Astrologen, heute steige das Risiko eines Ehestreits, weil Mars im dritten Haus steht, ist etwas ganz anderes.

Hier steht nicht Argument gegen Argument oder Meinung gegen Meinung, sondern wissenschaftliches Denken gegen Bullshit.

Genussläufer 22.03.2023 10:51

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1702714)
Um zu entscheiden, ob eine Diskussion für mich persönlich Sinn macht. Eine Debatte setzt ja voraus, dass es eine gemeinsame Gesprächsgrundlage gibt. Ein Astronom kann sich nicht sinnvoll mit einem Astrologen in Form von Argumenten austauschen.
...

Hier steht nicht Argument gegen Argument oder Meinung gegen Meinung, sondern wissenschaftliches Denken gegen Bullshit.

Das ist natürlich sehr schwierig. Gerade bei Corona war das häufig eine Grenze im Sand. Rein egoistisch entscheidet man dann schon ganz gern, daß eine Diskussion weniger durchaus einen Mehrwert hat. Damit polarisiert man aber immer weiter. Und dann kommt man in so ein Dilemma wie während der Corona Pandemie. Dann waren die Argumente irgendwann nicht mehr bei "Team Vorsicht", sondern bei "Team Freiheit". Da aber beide Seiten so biased waren und die Gegenseite für Idioten gehalten hat, haben wir viel Zeit verloren. Das ist bewusst übertrieben geschrieben, um das Problem aufzuzeigen. Wir erleben doch sehr ähnliches beim Klimaschutz, beim Ukrainekrieg, etc. Es läuft sehr schnell auf eine zugespitzte Polarisierung zu.

Flow 22.03.2023 10:57

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1702714)
Um zu entscheiden, ob eine Diskussion für mich persönlich Sinn macht.

Das verstehe ich.
Doch wozu bedarf es hier der dichotomen Kategorisierung das Gegenübers ?

Geht es um die Person oder die Inhalte ?
Zitat:

wissenschaftliches Denken gegen Bullshit
Wird man automatisch zum Wissenschaftler, wenn man irgendwo einen Kuhfladen findet ?
:)

Klugschnacker 22.03.2023 11:15

Zitat:

Zitat von Genussläufer (Beitrag 1702722)
Dann waren die Argumente irgendwann nicht mehr bei "Team Vorsicht", sondern bei "Team Freiheit".

Wenn es sich tatsächlich um Argumente handelt, ist doch alles in Ordnung. Es mag ja sein, dass wir nicht den besten Weg gefunden haben. Darüber kann man in aller Ruhe sprechen.

Zitat:

Zitat von Genussläufer (Beitrag 1702722)
Wir erleben doch sehr ähnliches beim Klimaschutz, beim Ukrainekrieg, etc. Es läuft sehr schnell auf eine zugespitzte Polarisierung zu.

Da hast Du aus meiner Sicht recht. Dass Begriffe wie Gutmensch, Pazifist oder Veganer heute de facto Schimpfworte sind, lässt tief blicken. Von Entgleisungen wie Klima-RAF brauchen wir gar nicht reden.

Ich unterscheide für mich zwei unterschiedliche Debatten:

1. Wie erreichen wir ein bestimmtes Ziel, zum Beispiel beim Klimaschutz.

2. Das leugnen von Fakten.

Ersteres bewegt sich auf dem Boden wissenschaftlicher Tatsachen oder, wenn diese strittig sind, auf der Basis der wissenschaftlichen Methode.

Letzteres steht in Opposition zu den Tatsachen und zur wissenschaftlichen Methode. Beispiel: Man erklärt wissenschaftliche Außenseiter zu Experten usw.

Klugschnacker 22.03.2023 11:16

Zitat:

Zitat von Flow (Beitrag 1702723)
Das verstehe ich. Doch wozu bedarf es hier der dichotomen Kategorisierung das Gegenübers? Geht es um die Person oder die Inhalte?

Tut mir leid, darauf falle ich nicht herein. :Lachen2:

Genussläufer 22.03.2023 11:21

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1702728)
Tut mir leid, darauf falle ich nicht herein. :Lachen2:

Ach komm schon. Die Lunte war so offensichtlich gelegt, daß es schon reizt, ein wenig zu zündeln :Cheese:

Flow 22.03.2023 11:29

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1702727)
Da hast Du aus meiner Sicht recht. Dass Begriffe wie Gutmensch, Pazifist oder Veganer heute de facto Schimpfworte sind, lässt tief blicken. Von Entgleisungen wie Klima-RAF brauchen wir gar nicht reden.

Vor wenigen Jahren war ja auch der Begriff des "Querdenkers" noch überwiegend positiv geprägt.
Heute trägst du zur Polarisierung bei, indem du ihm den "Geradeausdenker" gegenüberstellst.
Was erblicken wir hier ?
Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1702728)
Tut mir leid, darauf falle ich nicht herein. :Lachen2:

Das ist dein "Problem", nicht meins ... :Blumen:

Auch wenn ich insgesamt die zunehmende Polarisierung als belastend empfinde ...

Klugschnacker 22.03.2023 11:51

Zitat:

Zitat von Flow (Beitrag 1702735)
Vor wenigen Jahren war ja auch der Begriff des "Querdenkers" noch überwiegend positiv geprägt. Heute trägst du zur Polarisierung bei, indem du ihm den "Geradeausdenker" gegenüberstellst. Was erblicken wir hier ?

Mir war der Begriff des Querdenkers m/w vor Corona nicht bekannt. Wie kam es dazu, dass sich bestimmte Leute mit diesem Begriff selbst bezeichneten?

---

Weder Du noch ich noch die meisten anderen hier kommen aufgrund eigenen Denkens zu ihrer Meinung. Dazu sind wir in den meisten Fällen nicht in der Lage. Wir verstehen praktisch nichts von Virologie oder Epidemiologie. Wir vertrauen stattdessen auf die Expertise anderer Menschen, von denen wir annehmen, sie verstünden etwas von ihrem Fachgebiet.

Die Expertise der Fachleute stammt von jahrelanger Beschäftigung im Rahmen der wissenschaftlichen Methode, also dem klassischen Dreisprung: Sammeln von Daten, Bilden von Hypothesen, Überprüfung in internationalen Netzwerken.

Was soll das bedeuten, wenn beispielsweise Attila Hildmann quer dazu irgend etwas "denkt"? Oder, falls Dir das lieber ist, wenn meine Wenigkeit quer dazu etwas "dächte"?

Flow 22.03.2023 12:02

Mir ging es um dichotome Sichtweisen und Kategorisierung von Menschen, am besten anhand einzelner (Diskurs)merkmale (Verwendung des Wortes "Panik"), in der Folge oft Diffamierung und Ausgrenzung, Polarisierung des öffentlichen Diskurses, "Spaltung der Gesellschaft" ... Attila interessiert mich so wenig wie vegane Schnitzel ... :Blumen:

Klugschnacker 22.03.2023 12:20

Zitat:

Zitat von Flow (Beitrag 1702741)
Mir ging es um dichotome Sichtweisen und Kategorisierung von Menschen, am besten anhand einzelner (Diskurs)merkmale (Verwendung des Wortes "Panik"), in der Folge oft Diffamierung und Ausgrenzung, Polarisierung des öffentlichen Diskurses, "Spaltung der Gesellschaft" ... Attila interessiert mich so wenig wie vegane Schnitzel ... :Blumen:

Ach komm. :Blumen:

Wenn wir im Zusammenhang mit der "Ehe für alle" eine Diskussion über das Adoptionsrecht hätten: Stelle Dir vor, jemand verwendete in seiner Argumentation das Wort "gottlos".

Würde das nicht automatisch dazu führen, dass Du seine oder ihre Argumentation jetzt einordnest, also einer bestimmten Schublade zuweist?

"Diffamierung, Ausgrenzung, Polarisierung, Spaltung der Gesellschaft" – das halte ich in diesem Zusammenhang für eine Übertreibung.

Flow 22.03.2023 12:34

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1702744)
Wenn wir im Zusammenhang mit der "Ehe für alle" eine Diskussion über das Adoptionsrecht hätten: Stelle Dir vor, jemand verwendet in seiner Argumentation das Wort "gottlos".

Würde das nicht automatisch dazu führen, dass Du seine oder ihre Argumentation jetzt einordnest, also einer bestimmten Schublade zuweist?

Wenn ich Zeit und Muße hätte, das Gegenüber in irgendeiner Weise interessant erschiene, würde ich eventuell fragen, was er damit meinte und es mir anhören. Zumindest bemühe ich mich, vom Schubladendenken und -zuweisen abzusehen.
Schön, daß wir nun immerhin von der Einordnung der Argumentation und nicht mehr von Einordnung der Person sprechen ...
Zitat:

"Diffamierung, Ausgrenzung, Polarisierung, Spaltung der Gesellschaft" – das halte ich in diesem Zusammenhang für eine Übertreibung.
Damit habe ich die Thematik benannt, um die es mir ging, ausgehend von dichotomer Sichtweise, und Zuordnung von Menschen zu "bestimmten" Gruppen.
Der Zusammenhang spielt dabei keine Rolle.

Schwarzfahrer 22.03.2023 12:49

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1702739)
Mir war der Begriff des Querdenkers m/w vor Corona nicht bekannt. Wie kam es dazu, dass sich bestimmte Leute mit diesem Begriff selbst bezeichneten?

Das überrascht mich jetzt; für mich war der Begriff tief in der Deutschen Sprache verankert (allerdings ist Deutsch nicht meine Muttersprache). Laut Duden (und meinem Sprachverständnis ist die erste Bedeutung von Querdenker eine
Zitat:

Person, die eigenständig und originell denkt und deren Ideen und Ansichten oft nicht verstanden oder akzeptiert werden
. Im Bereich der Organisation von kreativen Workshops (eines meiner Arbeitstgebiete der letzten 30 Jahre) wünschte man sich möglichst auch Querdenker im Team, da durch sie am ehesten wesentliche Neuerungen zu erwarten waren. In homogenen Gemeinschaften die keine Änderung wünschten, wurden sie allerdings oft als Störung wahrgenommen.
Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1702739)
Weder Du noch ich noch die meisten anderen hier kommen aufgrund eigenen Denkens zu ihrer Meinung. Dazu sind wir in den meisten Fällen nicht in der Lage. Wir verstehen praktisch nichts von Virologie oder Epidemiologie. Wir vertrauen stattdessen auf die Expertise anderer Menschen, von denen wir annehmen, sie verstünden etwas von ihrem Fachgebiet.

Hier projizierst Du Deine Denkweise (meiner Meinung nach unberechtigt) auf andere. Ein reines Vertrauen auf "Expertise" anderer ist überhaupt keine Meinung, sondern blinde Akzeptanz des Unverstandenen. Denkende Menschen können aber auch außerhalb ihres Fachgebiets aus Informationen eine eigene Meinung bilden; das es "nur" eine Meinung ist, ist es für andere nicht verbindlich, aber es kann eine Diskussionsgrundlage sein, wenn man Gründe für diese Meinung aufführen kann.
Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1702739)
Die Expertise der Fachleute stammt von jahrelanger Beschäftigung im Rahmen der wissenschaftlichen Methode, also dem klassischen Dreisprung: Sammeln von Daten, Bilden von Hypothesen, Überprüfung in internationalen Netzwerken.

Stimmt; aber auch Experten haben Meinungen, und nicht alle Experten eines Gebiets teilen die gleiche Meinung, da Denkprozesse und Priorisierung von Informationen individuell sind. Auch gemeinsame Fakten führen im seltensten Fall zu einheitlichen Meinungen, sie müssen auch gegeneinander mit Argumenten bestehen.
Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1702739)
Was soll das bedeuten, wenn beispielsweise Attila Hildmann quer dazu irgend etwas "denkt"? Oder, falls Dir das lieber ist, wenn meine Wenigkeit quer dazu etwas "dächte"?

Es bedeutet erst mal, daß jeder der beiden eine eigene Verarbeitung der Informationen vorgenommen hat, in einem menschlichen Denkprozess. Und es kann gut sein, daß Attila zu einem Thema eine völlig abstruse Meinung entwickelt (weil ihm z.B. Informationen fehlen oder er falsche hat), in einem anderen Thema aber nah an Deiner Meinung liegt - und es kann auch anders herum sein. Es gibt nie einen Grund, auf Grund einer Meinungsdiskrepanz auf einem Gebiet die Meinung der Person auf allen Gebieten grundsätzlich abzulehnen.

Klugschnacker 22.03.2023 12:53

Zitat:

Zitat von Flow (Beitrag 1702745)
Schön, daß wir nun immerhin von der Einordnung der Argmumentation und nicht mehr von Einordnung der Person sprechen ...
Zuordnung von Menschen zu "bestimmten" Gruppen.
Der Zusammenhang spielt dabei keine Rolle.

Ohje, Flow, jetzt habe ich mir solche Mühe gegeben und Du kommst mit so einem Quark um die Ecke. Bitte verschone mich.
:bussi:

Schwarzfahrer 22.03.2023 12:58

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1702744)
Ach komm. :Blumen:

Wenn wir im Zusammenhang mit der "Ehe für alle" eine Diskussion über das Adoptionsrecht hätten: Stelle Dir vor, jemand verwendete in seiner Argumentation das Wort "gottlos".

Würde das nicht automatisch dazu führen, dass Du seine oder ihre Argumentation jetzt einordnest, also einer bestimmten Schublade zuweist?

Bei mir nicht. ich würde folgern, daß es ein religiöser Mensch ist, dessen Werteskala und Prioritäten sich von meiner unterscheiden. Da ich ihm auf diesem Gebiet nicht folgen kann, suche ich nach möglichen gemeinsamen Nennern. Er kommt bei mir erst in eine "Schublade", wenn er allzu stark versucht, mir sein Werteskale aufzudrängen ("missionieren"), statt mich zu überzeugen. Oder wir einigen uns darauf, daß wir uneinig sind.

Flow 22.03.2023 12:59

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1702748)
Ohje, Flow, jetzt habe ich mir solche Mühe gegeben und Du kommst mit so einem Quark um die Ecke. Bitte verschone mich.
:bussi:

Nettes Schlußwort ... danke fürs Gespräch ... :Blumen:

Klugschnacker 22.03.2023 13:03

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1702746)
Hier projizierst Du Deine Denkweise (meiner Meinung nach unberechtigt) auf andere. Ein reines Vertrauen auf "Expertise" anderer ist überhaupt keine Meinung, sondern blinde Akzeptanz des Unverstandenen.

Dieses Vertrauen ist keineswegs blind. Es gibt gute Gründe, jemandem zu vertrauen, der auf seinem Fachgebiet internationale Anerkennung genießt. Man vertraut dabei nicht einer einzelnen Person. Wissenschaft ist vernetzt und umfasst einen sehr aufwändigen Prozess, bis Fakten als solche anerkannt werden. Man vertraut diesem Prozess und nicht einer einzelnen Person.

Dem eine eigene Expertise entgegenzusetzen, gerade bei solchen komplexen Themen, halte ich für eine große Selbstüberschätzung, wie sie bei Querdenkern häufig anzutreffen ist. Die bescheidenste Form dieser Hybris besteht noch darin, die eigenen Ideen für "originell" zu halten und von der Gesellschaft zu erwarten, sie hätten Teil des öffentlichen Diskurses zu sein.

Als Laie hat man keine Ahnung, so einfach ist das.

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1702746)
Es gibt nie einen Grund, auf Grund einer Meinungsdiskrepanz auf einem Gebiet die Meinung der Person auf allen Gebieten grundsätzlich abzulehnen.

Tue ich das denn? Meiner Meinung nach bearbeitest Du hier einen Strohmann.

El Stupido 22.03.2023 13:08

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1702746)
(...) Es gibt nie einen Grund, auf Grund einer Meinungsdiskrepanz auf einem Gebiet die Meinung der Person auf allen Gebieten grundsätzlich abzulehnen.

Soll ich z.B. jemandem, der die "Endlösung der Judenfrage" anstrebt zu Gute halten, dass er Autobahnen gebaut hat?

Genussläufer 22.03.2023 13:53

Zitat:

Zitat von El Stupido (Beitrag 1702752)
Soll ich z.B. jemandem, der die "Endlösung der Judenfrage" anstrebt zu Gute halten, dass er Autobahnen gebaut hat?

Das ist natürlich ein extremes Beispiel. Aber klar, Du beziehst Dich auf das "nie". Und am Ende heißt es immer "nix is fix". Aber ich brauchte etwas, um Dein Beispiel zu verdauen ;)

Ich denke aber nicht, daß das "nie" dort so absolut gemeint war. Klugschnacker hatte es eigentlich ganz gut unterteilt, als er schrieb:

Zitat:

Ich akzeptiere gerne andere Meinungen. Häufig habe ich meine eigene Meinung in der Folge von Debatten geändert, teilweise mehrfach. Oft hatte ich unrecht und andere hatten recht – bei einigen meiner Lieblingsstandpunkte habe ich sehr lange gebraucht, um das einzusehen.

Jedoch: Diese Auseinandersetzungen müssen innerhalb der Leitplanken rationalen, wissenschaftlichen Denkens stattfinden.
und vor allem:

Zitat:

Ich unterscheide für mich zwei unterschiedliche Debatten:

1. Wie erreichen wir ein bestimmtes Ziel, zum Beispiel beim Klimaschutz.

2. Das leugnen von Fakten.
Lustig, wenn ich mich hier selbst reflektiere. Ich stimme Schwarzfahrer in der Theorie zu und praktisch handle ich wie Klugschnacker geschrieben hat. Der Grund ist einfach. Diese Form der Disziplin ist einfach mit zuviel Schmerz verbunden :)

Schwarzfahrer 22.03.2023 14:08

Zitat:

Zitat von El Stupido (Beitrag 1702752)
Soll ich z.B. jemandem, der die "Endlösung der Judenfrage" anstrebt zu Gute halten, dass er Autobahnen gebaut hat?

Nein, das meinte ich doch nicht. Es gibt keinen Grund, die Autobahnen zu verdammen oder für schlimm zu halten, bloß weil der Erbauer der ersten Autobahn (war er es überhaupt?) ein Massenmörder war. Es geht um die Trennung von Inhalten von der Person. Ich kann eine Person als Ganzes auf Grund von für mich unverzeihlichen Vergehen ablehnen, und trotzdem Meinungen von dieser Person zu bestimmten Themen teilen, wenn ich sie zufällig richtig finde. .

waden 22.03.2023 14:11

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1702698)
waden, ich habe Deine Argumente mit Interesse gelesen. Aber bei der obigen Formulierung geht dann bei mir doch eine kleine rote Lampe an.

Wenn ich in einer Debatte einen Querdenker von einem Geradeausdenker unterscheiden möchte, stellen sich mir zwei entscheidende Fragen:
1. Diskutiert mein Gegenüber sachlich auf der Basis von Tatsachen, oder hat er/sie sich in ein Wahnsystem verabschiedet, das ihn für eine sachliche Diskussion unerreichbar macht?

2. Geht es ihm oder ihr tatsächlich um Corona, oder ist das nur ein Mittel, um die Regierung zu diskreditieren – zum Beispiel, weil er/sie sich während der Flüchtlingskrise in eine Fundamentalopposition zum Staat begeben hat? Solche Leute sind dann konsequent gegen alles, was vom Staat kommt, also Papiermasken, Kontaktbeschränkungen, E-Mobilität, Wärmepumpen, Atomausstieg.
Mit der zitierten Formulierung punktest Du für meinen Geschmack ein wenig bei Frage 1. Die deutsche Corona-Politik war nicht von Panik gesteuert. Sondern es wurde eine Person zum Gesundheitsminister ernannt, der sich sehr stark an wissenschaftlichen Studien orientiert. In der Rückschau wurden auch Fehler gemacht, aber der Grund dafür war nicht Panik. Panik ist eine kopflose Angst. Davon kann überhaupt keine Rede sein.

Alles andere, was Du auf den letzten Seiten geschrieben hast, kann ich gut nachvollziehen, auch wenn ich manche Details anders wahrgenommen habe.

Ich verstehe, dass der Begriff panikgesteuerte Politik unglücklich und auch unzutreffend ist. Da habe ich mich übertrieben und falsch ausgedrückt. Man hat allerdings willentlich mit der Angst hantiert, um Menschen zum vernünftigen Handlen zu bringen. Das hat mir sehr missfallen.
Beispielsweise erklärte man den Kindern, dass sie für den Tod ihrer Großeltern verantwortlich seien, wenn sie nicht wie geboten handeln. Das fand ich schäbig. Und diese Art von Argumentation findet man beim Mahner Lauterbach besonders häufig. Er deutete Daten nahezu immer im Sinne von worstcase-Szenarien und verwendete dafür auch wiederholt preprint-Ergebnisse, die eigentlich noch nicht als wissenschaftliche Ergebnisse betrachtet werden konnten. Sein Umgang mit den wissenschaftlichen Fakten ist insofern nicht wissenschaftlich. Er hat uns ja immer noch mit der Warnung vor weiteren schlimmen Wellen, dem Sterben der 45-50Jährigen etc konfrontiert, als in anderen Ländern schon eine ganz anderer Umgang mit wissenschaftlichen Fakten praktiziert wurde. Ich habe deshalb massive Probleme, auf seine Expertise zu vertrauen. Seine persönliche Angst vor Salz ist ja auch von einer einseitigen Interpretation wissenschaftlicher Ergebnisse geprägt.

Schwarzfahrer 22.03.2023 14:21

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1702751)
Wissenschaft ist vernetzt und umfasst einen sehr aufwändigen Prozess, bis Fakten als solche anerkannt werden. Man vertraut diesem Prozess und nicht einer einzelnen Person.

Teil dieses Prozesses sind aber immer auch die "wissenschaftlichen Außenseiter", bis ihre Hypothesen entweder belegt oder widerlegt sind. Nicht Teil der Fakten sind alle Meinungen und Schlussfolgerungen, die jeder Einzelne (ob Wissenschaftler oder nicht) aus den belegten Fakten und Hypothesen ableitet. Diese Differenzierung ist essentiell.
Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1702751)
Als Laie hat man keine Ahnung, so einfach ist das.

Das halte ich für falsch, bzw. ein mittelalterliches Menschenbild, in dem wenige "Auserwählte" das Wissen bewahren (was damals die Klöster waren, soll heute "die Wissenschaft" sein?), und den Rest der Menschheit leiten. Ich finde in der heutigen Zeit mit einer breiten Grundbildung der Menschen die eher passende Einstellung im Sinne von: (such' Dir eine Variante aus).
Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1702751)
Tue ich das denn? Meiner Meinung nach bearbeitest Du hier einen Strohmann.

Deine dichotome Sicht auf Debatten hat eben dies suggeriert, auch Dein wiederholter Hinweis, daß bestimmte Wortwahl auch von Querdenkern benutzt wird suggeriert das Gleiche: Kategorisierung geht vor Inhalt. Wenn das nicht so ist, dann kannst Du die Hinweise, welche Worte von Dir nicht genehmen Menschengruppen benutzt werden, in der Diskussion auch weglassen.

Klugschnacker 22.03.2023 18:20

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1702759)
Teil dieses Prozesses sind aber immer auch die "wissenschaftlichen Außenseiter", bis ihre Hypothesen entweder belegt oder widerlegt sind.

Querdenker steuern dem wissenschaftlichen Erkenntnisprozess keine Hypothesen bei. Eine wissenschaftliche Hypothese ist etwas anderes als ein spontaner Einfall meiner Nachbarin.

Wissenschaft in der Medizin und in den Naturwissenschaften findet heute ganz überwiegend in Arbeitsgruppen statt. Nicht im stillen Kämmerlein von Einzelkämpfern. Sie erfordert viel Organisation und eine jahrelange Spezialisierung, bis man überhaupt so etwas wie eine Hypothese formulieren kann.

Nach dem Formulieren einer Hypothese braucht man beispielsweise in der Medizin Tierversuche und später tausende freiwillige Probanden, Ärzte, Labore, Krankenhäuser. Etliche vielversprechende Hypothesen gehen hier baden.

Die Vorstellung, ein hauptberuflicher Berufsschullehrer oder Steuerberater könnte dieses komplexe System mit pfiffigen Ideen befruchten, ist komplett abwegig.

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1702759)
Das halte ich für falsch, bzw. ein mittelalterliches Menschenbild, in dem wenige "Auserwählte" das Wissen bewahren (was damals die Klöster waren, soll heute "die Wissenschaft" sein?), und den Rest der Menschheit leiten. Ich finde in der heutigen Zeit mit einer breiten Grundbildung der Menschen die eher passende Einstellung im Sinne von...

Da haben wir wieder eine religiöse Metapher. Wissenschaftler "bewahren" kein Wissen, sondern sie veröffentlichen es und setzen es bewusst der allgemeinen Kritik aus.

Zur Grundbildung: Welche Grundbildung hätten wir beide denn auf dem Felde der Virologie, der Epidemiologie, der Immunologie, der Pharmakologie, der Klimatologie, der Ozeanographie, der Atmosphärenphysik und so weiter? Mehr oder weniger Null.

Welche Kompetenz oder "Grundbildung" hat die Redaktion der Bildzeitung, um international anerkannte Experten auf deren Fachgebiet runterzumachen? Das ist wirklich lächerlich.

Zu Deiner Behauptung, es sei mittelalterlich, wenn die paar Wissenschaftler den Rest der Menschen leiten wollten: Das ist ein Strohmann, auf den ich nicht weiter eingehe.

Klugschnacker 22.03.2023 18:34

Zitat:

Zitat von waden (Beitrag 1702758)
[Lauterbach] deutete Daten nahezu immer im Sinne von worstcase-Szenarien und verwendete dafür auch wiederholt preprint-Ergebnisse, die eigentlich noch nicht als wissenschaftliche Ergebnisse betrachtet werden konnten. Sein Umgang mit den wissenschaftlichen Fakten ist insofern nicht wissenschaftlich.

Ich fürchte, ich kann Dir hier nicht zustimmen.

Sich am worst-case-Szenario einer wissenschaftlichen Arbeit zu orientieren, ist nicht unwissenschaftlich – sofern Deine Behauptung überhaupt zutrifft (was ich nicht beurteilen kann).
:Blumen:

waden 22.03.2023 19:18

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1702788)
Ich fürchte, ich kann Dir hier nicht zustimmen.

Sich am worst-case-Szenario einer wissenschaftlichen Arbeit zu orientieren, ist nicht unwissenschaftlich – sofern Deine Behauptung überhaupt zutrifft (was ich nicht beurteilen kann).
:Blumen:

Es ist in Ordung, wenn Du mir nicht zustimmst :Blumen:
Bereits in der Auswahl von Quellen, welche man berücksichtigt und öffentlich kommuniziert, liegt eine politische Entscheidung. Es gab ja Projektionen in die eine und in die andere Richtung. Unwissenschaftlich ist in jedem Fall, Vorveröffentlichungen als Studien zu bezeichnen.

Klugschnacker 22.03.2023 19:42

Zitat:

Zitat von waden (Beitrag 1702793)
Bereits in der Auswahl von Quellen, welche man berücksichtigt und öffentlich kommuniziert, liegt eine politische Entscheidung. Es gab ja Projektionen in die eine und in die andere Richtung.

Lauterbach ist Politiker. Er trifft politische Entscheidungen. Kann man ihm das vorwerfen?

Schwarzfahrer 22.03.2023 20:40

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1702787)
Querdenker steuern dem wissenschaftlichen Erkenntnisprozess keine Hypothesen bei. Eine wissenschaftliche Hypothese ist etwas anderes als ein spontaner Einfall meiner Nachbarin.

Erste Frage dazu: wenn nach Deiner Aussage wir alle ahnungslose Laien sind, wie willst gerade Du beurteilen, wer falsch denkt, und wer Recht hat, bzw. wer diejenigen sind, auf die wir hören müssen?
Ansonsten: Die Querdenker-Bewegung von Ballweg ist tatsächlich nicht wissenschaftlich, sondern politisch motiviert, es geht dort vor allem um die Priorisierung der Grundrechte vor dem aus ihrer Sicht überzogenen Gesundheitsschutz. Eine Diskussion der Priorisierung der Grundrechte ist immer legitim, finde ich, es gibt keine Autorität, die das unterbinden darf oder eine definitive, für immer gültige Priorisierung festlegt.
Andere Querdenker, die diesen Namen abbekommen haben waren aber sehr wohl Wissenschaftler (mit z.T. labngjähriger Erfahrung und internationaler Anerkennung) und nicht Deine Nachbarin (z.B. die Autoren des Great Barrington Declaration, Bakhdi, Schrappe). Was sie beitrugen, waren Hypothesen und Denkansätze, von denen sich viele im Nachhinein als richtig herausgestellt haben, andere als Irrtümer. Und einige Menschen haben eben geglaubt, daß diese Autoritäten die glaubwürdigen sind, nicht die anderen. Andere wiederum haben sich aus verschiedenen Ecken Ideen geholt, um ein eigenes Verständnis zu entwickeln. Die Welt war nie nur Querdenker und Geradedenker.
Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1702787)
Wissenschaft in der Medizin und in den Naturwissenschaften findet heute ganz überwiegend in Arbeitsgruppen statt. Nicht im stillen Kämmerlein von Einzelkämpfern. Sie erfordert viel Organisation und eine jahrelange Spezialisierung, bis man überhaupt so etwas wie eine Hypothese formulieren kann.

Da verwechselst Du etwas. Hypothesen stehen in meiner Erfahrungswelt am Anfang der Arbeit der Arbeitsgruppen, und kommen immer von Individuen. Ob die Hypothese dann ernsthaft untersucht wird, hängt neben den Argumenten dafür sehr stark von der Vernetzung und Finanzierung des jeweiligen Ideengebers ab.
Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1702787)
Die Vorstellung, ein hauptberuflicher Berufsschullehrer oder Steuerberater könnte dieses komplexe System mit pfiffigen Ideen befruchten, ist komplett abwegig.

Das sehe ich aus beruflicher Erfahrung auch anders. Natürlich tragen Berufsfremde wenig zu Lösungen bei, aber gerade die Diskussion eines Fachthemas mit jemand völlig fachfremden bringt durch die nicht übliche Sichtwiese des "Laien" oft völlig neue Anstöße und Ideen auf, an die die "Experten" nie gedacht hätten. Ideenworkshops mit Leuten, die nie was vom Thema gehört haben, sind häufig sehr produktiv, wenn man ihnen zuhört, ohne sich über die Fehler lustig zu machen.
Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1702787)
Da haben wir wieder eine religiöse Metapher.

Na und? Unsere Kultur basiert u.a. auf einer Jahrtausende alten Religion, sind da religiöse Metaphern so ungewöhnlich?
Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1702787)
Zur Grundbildung: Welche Grundbildung hätten wir beide denn auf dem Felde der Virologie, der Epidemiologie, der Immunologie, der Pharmakologie, der Klimatologie, der Ozeanographie, der Atmosphärenphysik und so weiter? Mehr oder weniger Null.

Wozu gehen wir alle zur Schule, und wozu lesen viele populärwissenschaftliche Bücher oder schauen Wissenschaftssendungen, wenn nicht um ein Grundstock an naturwissenschaftlichem Verständnis und Denkweise zu erringen? Ist nach Deiner Ansicht der einzige Effekt solcher Bildung das nackte lernen von Richtig und Falsch?
Und wenn wir alle auf allen Fachgebieten ahnungslos sind - wozu sind dann Wahlen und Volksabstimmungen gut, wir haben doch alle keine Ahnung davon, worum es wirklich geht?
Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1702787)
Welche Kompetenz oder "Grundbildung" hat die Redaktion der Bildzeitung, um international anerkannte Experten auf deren Fachgebiet runterzumachen? Das ist wirklich lächerlich.

Wieso kann aber die gleiche Redaktion dann die Meinung von Querdenkern als Bullshit qualifizieren, wenn sie doch nichts vom Fach verstehen? Sollten sich dann nicht alle Journalisten darauf beschränken, neutral alle Positionen zu berichten ohne sie zu bewerten?

triathlonnovice 22.03.2023 21:09

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1702751)
Dieses Vertrauen ist keineswegs blind. Es gibt gute Gründe, jemandem zu vertrauen, der auf seinem Fachgebiet internationale Anerkennung genießt. Man vertraut dabei nicht einer einzelnen Person. Wissenschaft ist vernetzt und umfasst einen sehr aufwändigen Prozess, bis Fakten als solche anerkannt werden. Man vertraut diesem Prozess und nicht einer einzelnen Person.

Dem eine eigene Expertise entgegenzusetzen, gerade bei solchen komplexen Themen, halte ich für eine große Selbstüberschätzung, wie sie bei Querdenkern häufig anzutreffen ist. Die bescheidenste Form dieser Hybris besteht noch darin, die eigenen Ideen für "originell" zu halten und von der Gesellschaft zu erwarten, sie hätten Teil des öffentlichen Diskurses zu sein.

Als Laie hat man keine Ahnung, so einfach ist das.



Tue ich das denn? Meiner Meinung nach bearbeitest Du hier einen Strohmann.


Du siehst das zu sehr schwarz/weis. Experten/Laien, die Grenzen sind imho fließend.
Letztendlich liegt es an jedem selbst Information zu bewerten. Und das man gegen Erkältungskrankheiten nicht wirklich impfen kann, Masken in der Praxis eine Ansteckung nicht verhindern etc ist Basisiwissen Bio 7. Klasse ,oder so.

triathlonnovice 22.03.2023 21:11

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1702796)
Lauterbach ist Politiker. Er trifft politische Entscheidungen. Kann man ihm das vorwerfen?


Ja, kann und sollte man, wenn es Bockmist ist.

Klugschnacker 22.03.2023 21:19

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1702802)
Erste Frage dazu: wenn nach Deiner Aussage wir alle ahnungslose Laien sind, wie willst gerade Du beurteilen, wer falsch denkt, und wer Recht hat, bzw. wer diejenigen sind, auf die wir hören müssen?

Das meinst Du doch hoffentlich nicht ernst?

Ich beurteile das nicht kraft meiner eigenen Expertise. Das ist doch gerade der Unterschied zwischen Attila Hildmann und mir. Wir verstehen zwar beide nichts von Virologie und Epidemiologie. Ich bilde mir das aber auch nicht ein.

Statt mir im Internet oder auf Telegram irgendwelche Zweizeiler und Tweets durchzulesen von Leuten, die ebenfalls keine Ahnung haben, vertraue ich auf den Erkenntnisprozess der Wissenschaft. Und in Einzelfragen speziell den Leuten, die dort als Experten anerkannt sind.

sabine-g 22.03.2023 21:28

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1702809)
Das meinst Du doch hoffentlich nicht ernst?

Ich beurteile das nicht kraft meiner eigenen Expertise. Das ist doch gerade der Unterschied zwischen Attila Hildmann und mir. Wir verstehen zwar beide nichts von Virologie und Epidemiologie. Ich bilde mir das aber auch nicht ein.

Statt mir im Internet oder auf Telegram irgendwelche Zweizeiler und Tweets durchzulesen von Leuten, die ebenfalls keine Ahnung haben, vertraue ich auf den Erkenntnisprozess der Wissenschaft. Und in Einzelfragen speziell den Leuten, die dort als Experten anerkannt sind.

Das hast du sehr schön geschrieben. Ich schließe mich vollumfänglich an.

deralexxx 22.03.2023 21:30

Zitat:

Zitat von triathlonnovice (Beitrag 1702807)
Du siehst das zu sehr schwarz/weis. Experten/Laien, die Grenzen sind imho fließend.
Letztendlich liegt es an jedem selbst Information zu bewerten. Und das man gegen Erkältungskrankheiten nicht wirklich impfen kann, Masken in der Praxis eine Ansteckung nicht verhindern etc ist Basisiwissen Bio 7. Klasse ,oder so.

Maybe, aber das Thema hier ist ja Coronavirus von 2020, 2021, 2022. Da lehne ich mich aus dem Fenster und sage: Schüler aus der 7. Klasse sollten weiter die Schulbank drücken, in der Hoffnung, dass sie 30 Jahre später nach Promotion, Habilitation und Gründung eines Unternehmens einen Impfstoff entwickeln, der weltweit Leben rettet.

Das Wissen, welches wir heute denken mit einem Mausklick zu bekommen, bedarf teilweise Jahrzehnten Arbeit, Forschung und Veröffentlichung.


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