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merz 06.07.2020 14:21

Heute gerade gelesen, liegt ggf. an Testumfang, Erfahrung, jüngeren Kranken und dem Umstand das der Verlauf über Wochen geht:


https://www.nytimes.com/2020/07/03/h...e=articleShare


m.

Schwarzfahrer 06.07.2020 15:16

Zitat:

Zitat von dr_big (Beitrag 1541108)
Darf ich noch etwas zu dem Virus fragen?
Ich beobachte schon länger intensiv was in USA passiert und mir fällt auf, dass die Neuinfektionen stark steigen, aber die Todeszahlen noch deutlich sinken. Wie lässt sich das erklären? Liegt es an besseren Therapiemethoden, oder daran, dass wie in Italien/Spanien/New York die hohe Sterblichkeit nur durch Überlastung des Gesundheitssystems entsteht?

Meines Wissens ist die Todesfallstatistik um 2 - 3 Wochen zu den Fallzahlen verzögert, da die Leute so lange krank sind, bevor sie sterben. Ich weiß aber nicht, ob die Fallzahlen zuvor auch schon gesunken sind, also ob das in den USA auch korrliert (da die Tests unterschiedlich intensiv gemacht werden, sind die Fallzahlen natürlich wenig aussagekräftig; evetnuell wird auch mehr getestet, als zuvor, was einen Teil der Diskrepanz erklären kann).
Eine andere Hypothese wäre, daß es eine Mutation gibt, die mehr Leute ansteckt, aber weniger dramatisch oder tödlich verläuft.
Zitat:

Zitat von dr_big (Beitrag 1541108)
Zweitens lese ich zunehmend über Folgeschäden und Rückfälle nach überstandener Infektion. Leider finde ich dazu aber keine Zahlen. Interessant fände ich neben den Todeszahlen auch Zahlen über dauerhaft oder langzeit Geschädigte. Für mich macht es in der Betroffenheit durchaus einen Unterschied, ob ich mit einer Sterblichkeit von 1% bei Risikogruppen rechnen muss, oder ob ein erhebliches Risiko auch für nicht Risikogruppen besteht, langfristig Schäden davon zu tragen. Mittlerweile sollten doch schon mehr Erkenntnisse vorliegen.

Ist auch m.M.n. ein wichtiger Aspekt. Mein Eindruck ist aber, daß es sich bei solchen Berichten um relativ seltene Einzelfall-Berichte handelt, die natürlich medial hoch interessant sind. Eine zahlenmäßige Einordnung davon erwarte ich aber nicht vor nächstem Jahr. Die Sterblichkeit je nach Risikogruppe kann auch über 1 % liegen, für mich als Person ist es zuerst entscheidend, wie hoch ich mein persönliches Risiko, überhaupt zu erkranken, einschätze.

NBer 06.07.2020 15:24

was mich wundert ist, dass man nichts aus afrika hört. dort ist das virus auch vor wochen angekommen, die medizinische versorgung kann nicht annähernd wie in europa oder usa sein....und trotzdem hört man nichts davon, dass die leute wegsterben wie die fliegen.

Helmut S 06.07.2020 15:46

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1541095)
Es gibt Handlungen, über die es kaum Zweifel gibt, daß sie außer dem Handelnden niemand anderen schädigen können. Hier, und nur hier muß sich der Staat heraushalten. Flow hat es verstanden.

Ok. Du präzisierst also nochmal. Danke + akzeptiert. Lass mich aber bitte schreiben, dass ich es eher so empfinde, dass du mit jeder Argumentation, mit der du vorgibst zu präzisieren, du deine ursprüngliche Aussagen einschränkst um sie "konzeptionell passender" zu machen. Der Ausgangspunkt für mich war in #8723.

Aber ich stimme dem zu: Selbstverständlich muss sich der Staat mit Normen aus allem heraushalten, was lediglich die Selbstbestimmung des Einzelnen betrifft. Ich schließe mich aber tandems Frage an der Stelle an.

Aber selbst Flow, der dich von Anfang an so verstanden hat wie du es wohl meintest, hat in der operativen Auslegung deines Prinzips - zumindest sprachlich - ein ungutes Gefühl. Die Begrifflichkeiten die er verwendet hat ("zumindest theoretisch", "potentiell", "Die tatsächliche Entscheidung bzgl der Reichweite bestimmter Handlungen ist natürlich eine andere Frage."), schränken ein und weichen etwas auf, denn ihm war beim Schreiben wohl klar, dass das Problem in der Beurteilung liegt: Wer beurteilt überhaupt mögliche Auswirkungen/Nichtauswirkungen in der Zukunft? Geht das überhaupt? Und wer führt diese objektive Bewertung durch? Jedes Individuum? Und nur über den Auswirkungsbereich der nächsten ... sagen wir 14 Tage?

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1541095)
Hier würde ich auch präzisieren: vor Dummheiten, die anderen großen, wesentlichen Schaden zufügen können.

Die Frage ob der Staat eine Norm aufstellt, kann doch nicht davon abhängen ob der Schaden für einen anderen "wesentlich" ist. Freilich gibt es Schäden, die sind für jeden wesentlich: Tod z.B. Allerdings ist z.B. ein monetärer schaden von 1 Mio EUR nicht für jeden wesentlich. Also das kann nicht das Kriterium sein. Die Frage ob man eine Norm setzen möchte ist doch vielmehr eine Frage des Wertesystems. Ob ein Schaden "wesentlich" ist oder nicht ist ja dann eine Frage der Strafe i.w.S.

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1541095)
Je enger die Menschen durch Gesetzte und Verbote eingeschränkt werden, desto weniger kümmert sie die Eigenverantwortung, und umso mehr verkümmert die Freiheit.

Das scheint für mich eine deiner zentralen Grundannahmen zu sein. Ich denke hier liegst du falsch. Ich sehe nicht, wieso Gesetze und Verbote jemandem Eigenverantwortung abnehmen sollen? Gerade umgekehrt ist es doch. Je mehr Gesetze und Verbote es gibt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass jemand Verantwortung für sein handeln übernehmen werden muss.

Was du vielleicht meinst ist: Je mehr Gesetze und Verbote es gibt, desto weniger ist es notwendig, dass Mitglieder einer Gesellschaft auf Basis von vernünftigen Entscheidungen für deren funktionieren Verantwortung übernehmen, denn ohne Gesetze und Verbote, bleibt unvernünftiges handeln ja unsanktioniert. Je mehr Gesetze und Verbote es gibt, umso mehr ist allerdings der Einzelne davon befreit, seine Handlung im Vorfeld hinsichtlich der Auswirkung auf andere zu bewerten, den der Rahmen ist umso mehr es davon gibt umso enger gesteckt.

Zur Frage ob dadurch die Freiheit verkümmert habe ich ja schon geschrieben, dass ich das mit Hegel genau umgekehrt sehe.

:Blumen:

Estebban 06.07.2020 15:46

Zitat:

Zitat von NBer (Beitrag 1541122)
was mich wundert ist, dass man nichts aus afrika hört. dort ist das virus auch vor wochen angekommen, die medizinische versorgung kann nicht annähernd wie in europa oder usa sein....und trotzdem hört man nichts davon, dass die leute wegsterben wie die fliegen.

Im DLF gab es dazu gestern einen ganz spannenden Beitrag. Der Aspekt den ich auch vorher schonmal (leider irgendwo, Quelle finde ich nicht mehr) ist der, dass zum einen die Beweglichkeit innerhalb Afrikas deutliche geringer ist, als bspw Nordamerika oder Europa. Dazu hat man den Luftverkehr zwischen Europa und Afrika auch sehr schnell dicht gemacht.
Was natürlich eine mindestens genauso große Sorge ist, ist das die meisten afrikanischen Staaten nicht so lange Lockdowns durchhalten können wie in Europa, da hier ein wirtschaftlicher Abschwung - plakativ gesprochen - nicht bedeutet mehr Hartz IV Empfänger sondern Hungersnöte.


https://www.deutschlandfunk.de/coron...icle_id=479943

tomerswayler 06.07.2020 16:40

Zitat:

Zitat von NBer (Beitrag 1541122)
was mich wundert ist, dass man nichts aus afrika hört. dort ist das virus auch vor wochen angekommen, die medizinische versorgung kann nicht annähernd wie in europa oder usa sein....und trotzdem hört man nichts davon, dass die leute wegsterben wie die fliegen.

Spekulation: Jüngere Gesellschaften stecken das Virus besser weg als ältere. Schau dir unter https://www.lgl.bayern.de/gesundheit...irus/index.htm die beiden Graphiken zu der Fall- und Todesfallverteilung nach Altersgruppe an. In einer Gesellschaft, die hauptsächlich aus unter 50 Jährigen besteht, sollten also deutlich weniger Menschen sterben.

Schwarzfahrer 06.07.2020 16:42

Zitat:

Zitat von Helmut S (Beitrag 1541127)
Das scheint für mich eine deiner zentralen Grundannahmen zu sein. Ich denke hier liegst du falsch. Ich sehe nicht, wieso Gesetze und Verbote jemandem Eigenverantwortung abnehmen sollen? Gerade umgekehrt ist es doch. Je mehr Gesetze und Verbote es gibt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass jemand Verantwortung für sein handeln übernehmen werden muss.

Das empfinde ich aus Erfahrung (u.a. in einem totalitären System, aber auch durch Eindrücke von besonders "gesetzestreuen", "obrigkeitshörigen" Menschen), anders. Je mehr der Handlungsrahmen durch Gesetze vorgegeben ist, die der Mensch vorbehaltlos als richtig akzeptiert, desto weniger ist der Mensch geneigt, seine eigenen Handlungen "verantwortlich" im Sinne von Rücksicht auf andere zu reflektieren. Stattdessen entsteht ein Klima von "ich muß schauen, ob der andere sich an die Regeln hält", "ich bin nicht verantwortlich, das haben andere so geregelt", bzw. "ich schau nur, wie ich für mich das Beste raushole", "um die anderen kümmert sich ja der Staat (und soll es auch für mich tun)". Natürlich ist das kein linearer Zusammenhang, und es heißt nicht, daß keine Regeln ideal wären. Es geht mir um die Begrenzung auf das absolut notwendige.
Zitat:

Zitat von Helmut S (Beitrag 1541127)
Was du vielleicht meinst ist: ...Je mehr Gesetze und Verbote es gibt, umso mehr ist allerdings der Einzelne davon befreit, seine Handlung im Vorfeld hinsichtlich der Auswirkung auf andere zu bewerten, den der Rahmen ist umso mehr es davon gibt umso enger gesteckt.

Ja, so sehe ich es.
Zitat:

Zitat von Helmut S (Beitrag 1541127)
Zur Frage ob dadurch die Freiheit verkümmert habe ich ja schon geschrieben, dass ich das mit Hegel genau umgekehrt sehe.

Ich kann leider keine Koryphäe für meinen Standpunk ziterien, dafür bin ich in dem Feld zu unbelesen; ich denke nur aus dem Verantwortungsverständnis heraus, in dem ich erzogen wurde.

merz 06.07.2020 17:11

Zitat:

Zitat von NBer (Beitrag 1541122)
was mich wundert ist, dass man nichts aus afrika hört. dort ist das virus auch vor wochen angekommen, die medizinische versorgung kann nicht annähernd wie in europa oder usa sein....und trotzdem hört man nichts davon, dass die leute wegsterben wie die fliegen.

bisschen Hintergrund:
ein älterer Artikel aus dem Mai, der m.W. auch im Podcast von Christian Drosten erwähnt wurde:

da ist eben teilweise leider wenig Infrastruktur und auch kein grosses Reporting:

https://www.nytimes.com/2020/05/17/w...a-hotspot.html


m.

(ich merke, daß ich letzthin viel NY Times links hier poste: ich habe nichts davon, nur das ich die eben sehr gerne und mit Gewinn lese - alle Corona-Artikel der NYTimes sind vor der paywall)

tandem65 06.07.2020 18:24

Hi Schwarzfahrer.

Auch wenn ich Flow zitiert hatte darfst Du auch gerne diese Frage konkrtet beantworten

Zitat:

Zitat von tandem65 (Beitrag 1541103)
hast Du mal so eine Entscheidung zur Hand?
Gurtpflicht fällt da ja schon mal raus.

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1541132)
Das empfinde ich aus Erfahrung (u.a. in einem totalitären System, aber auch durch Eindrücke von besonders "gesetzestreuen", "obrigkeitshörigen" Menschen), anders. Je mehr der Handlungsrahmen durch Gesetze vorgegeben ist, die der Mensch vorbehaltlos als richtig akzeptiert, desto weniger ist der Mensch geneigt, seine eigenen Handlungen "verantwortlich" im Sinne von Rücksicht auf andere zu reflektieren. Stattdessen entsteht ein Klima von "ich muß schauen, ob der andere sich an die Regeln hält", "ich bin nicht verantwortlich, das haben andere so geregelt", bzw. "ich schau nur, wie ich für mich das Beste raushole", "um die anderen kümmert sich ja der Staat (und soll es auch für mich tun)".

hie eierst Du wieder um ein konkretes Beispiel herum.
Woher nimmst Du die Zuversicht, daß eben dieses Klima das Du beschreibst mit weniger Regeln nicht existieren würde? Also glaubst du z.B. daß dann Menschen nicht mehr das Beste für sich rausholen wollten?

LidlRacer 06.07.2020 18:33

Das kommt dabei raus, wenn Bekloppte es mit ihrer persönlichen Freiheit übertreiben:

Opfer offenbar hirntot
Brutaler Angriff auf Busfahrer schockiert Frankreich

JENS-KLEVE 06.07.2020 19:52

Zitat:

Zitat von NBer (Beitrag 1541122)
was mich wundert ist, dass man nichts aus afrika hört. dort ist das virus auch vor wochen angekommen, die medizinische versorgung kann nicht annähernd wie in europa oder usa sein....und trotzdem hört man nichts davon, dass die leute wegsterben wie die fliegen.

es ist in der Gurt-Diskussion vielleicht untergegangen , aber ich hatte heute auf den exponentiellen Anstieg in Südafrika hingewiesen. Auf Tagesschau war heute ein Bericht über den dramatischen Anstieg in Israel mit 1000 Neuinfektioenen. Südafrika liegt momentan um die 9000 pro Tag.
https://www.worldometers.info/corona.../south-africa/

Flow 06.07.2020 19:59

Zitat:

Zitat von Helmut S (Beitrag 1541127)
Aber selbst Flow, der dich von Anfang an so verstanden hat wie du es wohl meintest, hat in der operativen Auslegung deines Prinzips - zumindest sprachlich - ein ungutes Gefühl. Die Begrifflichkeiten die er verwendet hat ("zumindest theoretisch", "potentiell", "Die tatsächliche Entscheidung bzgl der Reichweite bestimmter Handlungen ist natürlich eine andere Frage."), schränken ein und weichen etwas auf, denn ihm war beim Schreiben wohl klar, dass das Problem in der Beurteilung liegt: Wer beurteilt überhaupt mögliche Auswirkungen/Nichtauswirkungen in der Zukunft? Geht das überhaupt? Und wer führt diese objektive Bewertung durch? Jedes Individuum? Und nur über den Auswirkungsbereich der nächsten ... sagen wir 14 Tage?

Nana, nix da "ungutes Gefühl" ...

Wenn die Folgen einer Handlung nur das handelnde Individuum betreffen, dann liegt die Reglementierung dieser Handlung meiner Meinung nach außerhalb der Kompetenz des Staates.
Der Punkt ist völlig klar.

Ob dies für eine spezielle Handlung so zutrifft, mag in verschiedenen Fällen diffizil zu beurteilen sein. Das sehe ich, wie gehabt, als eine andere Frage, die aber in keinster Weise Punkt 1 einschränkt oder aufweicht.

"Zumindest theoretisch" sollte bedeuten, daß im Einzelfall die Entscheidung noch nicht getroffen ist, praktisch noch zu treffen ist, aber dann dementsprechend ausfallen wird.
"Potentiell" bezog sich auf die Schädlichkeit der Handlung. Eine "gefährliche" Handlung kann zu Schaden führen, muß es aber nicht in jedem Fall.


Grüße ... :Huhu:

Flow 06.07.2020 20:04

Zitat:

Zitat von tandem65 (Beitrag 1541103)
hast Du mal so eine Entscheidung zur Hand?
Gurtpflicht fällt da ja schon mal raus.

Ich nehme an, du fragst nach einer Handlung ...

Vielleicht ist das ein einfaches Beispiel :
Wenn ich allein zu Hause besoffen im Dunkeln einen Nagel in die Wand schlage, laufe ich Gefahr, mir auf die Finger zu hauen. Vielleicht mache ich sie mir nachhaltig kaputt, vielleicht falle ich sogar noch von einem Stuhl auf die Weinflaschen ...
Das geht aber niemanden was an. Schon gar nicht den Staat ... ;)

Hafu 06.07.2020 20:29

Zitat:

Zitat von Flow (Beitrag 1541174)
Ich nehme an, du fragst nach einer Handlung ...

Vielleicht ist das ein einfaches Beispiel :
Wenn ich allein zu Hause besoffen im Dunkeln einen Nagel in die Wand schlage, laufe ich Gefahr, mir auf die Finger zu hauen. Vielleicht mache ich sie mir nachhaltig kaputt, vielleicht falle ich sogar noch von einem Stuhl auf die Weinflaschen ...
Das geht aber niemanden was an. Schon gar nicht den Staat ... ;)

Ich finde ihr seit mit diesem Unterfaden der Corona-Pandemie mittlerweile reichlich-offtopic.

Es ging doch hier um die Maskenpflicht und ob der Staat die Maskennutzung vorschreiben dürfe?

Es geht hier im Thread nicht um Nägel die man im Dunkeln in die Wand schlägt und auch nicht um Gurtpflicht, sondern darum, dass man mit Nutzung von Mund-Nasenmasken Verkäufer in Geschäften, Busfahrer, oder auch Schaffner, die berufsbedingt den ganzen Tag mit vielen Menschen ohne Sicherheitsabstand zu tun haben, von denen einige wenige infektös sein könnten, ein Stück weit schützen könnte.

In Frankreich ist gerade ein Busfahrer klinisch tot geprügelt worden, der einer Gruppe von vier Männern ohne Masken die Mitfahrt verweigert hat. Ich gehe mal davon aus, dass sich die Täter durch die auch in Frankreich geltende Maskenpflicht in ihrer persönlichen Freiheit eingeschränkt fühlten...

Flow 06.07.2020 20:30

Auf die Schnelle mal das hier gefunden :

Staatsrecht: Grundkurs im öffentlichen Recht
Unter Absatz 686 ist explizit das "Recht auf Selbstgefährdung" erwähnt, das vor staatlichen Eingriffen zu schützen ist.

Bzgl der oben erwähnen Gurtpflicht findet man, daß sie diesbezüglich ebenso vor dem Verfassungsgericht geprüft wurde. Die Begründung zum Erhalt gründete offensichtlich aus der Einschätzung, daß unter gurtfreien Fahren potentiell auch dritte zu Nachteil kommen könnten, insofern man z.B. nach Eigenschädigung am Unfallort nicht als Ersthelfer zur Verfügung stünde.

Flow 06.07.2020 20:32

Zitat:

Zitat von Hafu (Beitrag 1541182)
Ich finde ihr seit mit diesem Unterfaden der Corona-Pandemie mittlerweile reichlich-offtopic.

Naja, "es geht so" ... ;)

Im Rahmen des großen Fledermausspektakels wird man ja mitunter freiheitseinschränkend auch reichlich zum Selbstschutz verpflichtet.

Schwarzfahrer 06.07.2020 20:34

Zitat:

Zitat von tandem65 (Beitrag 1541159)
Hi Schwarzfahrer.

Auch wenn ich Flow zitiert hatte darfst Du auch gerne diese Frage konkret beantworten

Zitat:

Zitat von tandem65:
hast Du mal so eine Entscheidung zur Hand?
Gurtpflicht fällt da ja schon mal raus.

Eine Entscheidung (Du meinst vermutlich gerichtlich) habe ich nicht, da der Trend (zumindest der letzten Jahre) gerade anders läuft, als wie ich es für sinnvoll halte. Mein Argument ist nicht, daß meine Meinung durch geltendes Recht oder Praxis gedeckt wird, sondern um mein Verständnis wie sich individuelle Verantwortlichkeit von der obrigkeitlichen Verantwortlichkeit abgrenzen sollte. Wobei für mich nicht logisch ist, daß wir zwar eine Gurtpflicht für richtig halten, aber eine Helmpflicht beim Radfahren nicht - beides ist ein Fall für die freie Eigenverantwortung, nicht für ein Ge-oder Verbot. Ansonsten Beispiele, was mich bewegt: es ist m.M.n. nicht Sache des Staates, mich daran zu hindern, mich "ungesund" zu ernähren, oder mein Leben bei Extrembergsteigen (trotz Lavinengefahr) zu riskieren, oder als Arbeitgeber mich daran zu hindern, ohne Sicherheitsschuhe in die Werkstatt zu gehen. Die "Obrigkeit" hat höchstens die Aufgabe, alle Informationen zur Verfügung zu stellen, damit ich eine sinnvolle Entscheidung treffen kann, oder als Arbeitgeber, mir die Schutzkleidung zu stellen. Wenn ich mich nicht daran halte, dann ist es eben meine Verantwortung, und ich trage die Konsequenzen allein - und mache auch keinen anderen verantwortlich dafür. Ich hätte kein Problem damit, wenn z.B. bei Lavinenwarnstufe 4 ausgeschrieben wäre: wer trotzdem wissentlich ins Gelände geht, soll nicht damit rechnen, daß seinetwegen ein Rettungsteam sein Leben riskiert. Und der Arbeitgeber mag mich entlassen, wenn ich mich durch verantwortungsloses Handeln verletze oder Schaden anrichte - aber solange nichts passiert, sollte ich machen, wie ich es für richtig halte.
Zitat:

Zitat von tandem65 (Beitrag 1541159)
hier eierst Du wieder um ein konkretes Beispiel herum.
Woher nimmst Du die Zuversicht, daß eben dieses Klima das Du beschreibst mit weniger Regeln nicht existieren würde? Also glaubst du z.B. daß dann Menschen nicht mehr das Beste für sich rausholen wollten?

Ich habe diesen Unterschied so wahrgenommen, als ich aus Rumänien hierher kam (weniger gesetzliche Eingriffe in die persönliche Entscheidungsfreiheit, aber verantwortlichere Menschen und mehr Rücksichtnahme aufeinander). Und ich empfinde die Rückentwicklung, mit den zunehmend übergriffigen Regulierungen der letzten Jahre, wodurch die Leute sich immer mehr hinter die Vorschriften zurückziehen statt die eigene Handlungswiese zu hinterfragen (am krassesten im überzogen formalisierten Arbeitssicherheit-Bereich).

Aber wir sind langsam exzessiv off-topic - sorry an alle, die genervt sind. Vielleicht sollte Arne die ganze Diskussion in einen eigenen Thread rüberschieben, z.B. Individuelle Freiheit vs. staatliche Fürsorgepflicht? Dann könnten alle Interessierten sich austoben.

Schwarzfahrer 06.07.2020 20:42

Zitat:

Zitat von Hafu (Beitrag 1541182)
Es ging doch hier um die Maskenpflicht und ob der Staat die Maskennutzung vorschreiben dürfe?

Das war zwar der Ausgangspunkt irgendwie, aber es ist irgendwann darüber hinausgewachsen. Auch wenn das auf mich projiziert wird, ist es nicht mein Anliegen.
Die Maskenpflicht im Handel speziell mag ich persönlich für kaum nützlich und absolut nicht verhältnismäßig halten, aber wegen des (wenn auch geringen) Risikos, ohne Maske andere anzustecken ist das für mich ein gerade noch akzeptabler Eingriff. Bei einer hier auch diskutierten potentiellen Impfpflicht sehe ich es aber anders.
Aber die Diskussion ist in die Richtung abgedriftet, daß der Staat auch verpflichtet ist, mich selbst vor rein selbstverschuldetem Schaden zu schützen - und das halte ich für falsch und kontraproduktiv, wenn man freie, mündige Menschen haben möchte.
Mit Idioten, die für wie auch immer verstandene Freiheit andere schlagen, kann ich nichts anfangen, denn die haben sicher den Begriff der persönlichen Freiheit mit der dazu zwingend gehörigen Verantwortung für andere nicht verstanden.

Hafu 06.07.2020 20:45

Zitat:

Zitat von Flow (Beitrag 1541184)
Naja, "es geht so" ... ;)

Im Rahmen des großen Fledermausspektakels wird man ja mitunter freiheitseinschränkend auch reichlich zum Selbstschutz verpflichtet.

Maskennutzung ist nur zu einem geringen Teil Selbstschutz. In allererster Linie geht es dabei (s.o.) um den Schutz von Verkäufern, Schaffnern, Busfahrern. Also um einen Personenkreis, der nicht mal eben 10 Minuten zum Spaß oder aus irgendeinem sonstigen Bedürfnis heraus irgendwo was einkauft oder zwei Haltestellen weit fährt, sondern der zur eigenen Existenzsicherung den ganzen Arbeitstag potenziell infektiöse Aerosole einatmen muss oder/ und hustenden Kunden bzw. solchen mit feuchter Aussprache ohne Maskenpflicht komplett ungeschützt ausgesetzt wäre.

Estebban 06.07.2020 21:03

Zitat:

Zitat von Hafu (Beitrag 1541189)
Maskennutzung ist nur zu einem geringen Teil Selbstschutz. In allererster Linie geht es dabei (s.o.) um den Schutz von Verkäufern, Schaffnern, Busfahrern. Also um einen Personenkreis, der nicht mal eben 10 Minuten zum Spaß oder aus irgendeinem sonstigen Bedürfnis heraus irgendwo was einkauft oder zwei Haltestellen weit fährt, sondern der zur eigenen Existenzsicherung den ganzen Arbeitstag potenziell infektiöse Aerosole einatmen muss oder/ und hustenden Kunden bzw. solchen mit feuchter Aussprache ohne Maskenpflicht komplett ungeschützt ausgesetzt wäre.

Vielleicht sollte man sich langsam der Erkenntnis beugen dass es eine Illusion ist, dass Menschen langfristig irgendetwas tun, was im geringsten Maße „lästig“ sein könnte und keinen direkten positiven Einfluss auf ihr Leben hat?

tandem65 06.07.2020 21:16

Zitat:

Zitat von Flow (Beitrag 1541174)
Ich nehme an, du fragst nach einer Handlung ...

Vielleicht ist das ein einfaches Beispiel :
Wenn ich allein zu Hause besoffen im Dunkeln einen Nagel in die Wand schlage, laufe ich Gefahr, mir auf die Finger zu hauen. Vielleicht mache ich sie mir nachhaltig kaputt, vielleicht falle ich sogar noch von einem Stuhl auf die Weinflaschen ...
Das geht aber niemanden was an. Schon gar nicht den Staat ... ;)

Wenn Du dabei die Gasleitung in der Wand getroffen hast und beschädigst und dir eine Zigarette auf den Flaschen liegend anzündest war die Entscheidung den Nagel so in die Wand zu kloppen wahrscheinlich schon keine Entscheidung mehr die nur Dich alleine betrifft. Das kannst Du zum Zeitpunkt Deiner Entscheidung nicht wissen.;)

Um ein wenig on Topic zu kommen.
In meinem Händlerverband setzen sich einige Mitglieder dafür ein die Maskenpflicht beizubehalten.

Meine Frau wird, Aufgrund ihrer Tätigkeit bei einem Wegfallen der Maskenpflicht mir den Einkauf komplett überlassen.

Flow 06.07.2020 21:19

Zitat:

Zitat von tandem65 (Beitrag 1541194)
Wenn Du dabei die Gasleitung in der Wand getroffen hast und beschädigst und dir eine Zigarette auf den Flaschen liegend anzündest war die Entscheidung den Nagel so in die Wand zu kloppen wahrscheinlich schon keine Entscheidung mehr die nur Dich alleine betrifft. Das kannst Du zum Zeitpunkt Deiner Entscheidung nicht wissen.;)

Das ist nun offtopic !
Da es mutwillige und sinnlose Destruktion meines passablen Beispiels ist ... :Lachen2:

Flow 06.07.2020 21:24

Zitat:

Zitat von Hafu (Beitrag 1541189)
Maskennutzung ist nur zu einem geringen Teil Selbstschutz. In allererster Linie geht es dabei (s.o.) um den Schutz von Verkäufern, Schaffnern, Busfahrern. Also um einen Personenkreis, der nicht mal eben 10 Minuten zum Spaß oder aus irgendeinem sonstigen Bedürfnis heraus irgendwo was einkauft oder zwei Haltestellen weit fährt, sondern der zur eigenen Existenzsicherung den ganzen Arbeitstag potenziell infektiöse Aerosole einatmen muss oder/ und hustenden Kunden bzw. solchen mit feuchter Aussprache ohne Maskenpflicht komplett ungeschützt ausgesetzt wäre.

Ja gut.
Maskenpflicht im ÖPNV und "Supermarkt" hatte ich nach meiner Erinnerung auch schon im März/April vorgeschlagen/kommen sehen. Aber das ist ja nicht das Einzige, was wir dieses Jahr erleben dürfen ... :)

FinP 06.07.2020 21:45

Zitat:

Zitat von Estebban (Beitrag 1541190)
Vielleicht sollte man sich langsam der Erkenntnis beugen dass es eine Illusion ist, dass Menschen langfristig irgendetwas tun, was im geringsten Maße „lästig“ sein könnte und keinen direkten positiven Einfluss auf ihr Leben hat?

Da gibt es einige Beispiele, die offensichtlich lästig, der Mehrheit nichts bringen, keinen positiven Einfluss haben und dennoch langfristig akzeptiert werden. Alles eine Frage der Gewohnheit.

Bockwuchst 07.07.2020 06:39

Zitat:

Zitat von FinP (Beitrag 1541206)
Da gibt es einige Beispiele, die offensichtlich lästig, der Mehrheit nichts bringen, keinen positiven Einfluss haben und dennoch langfristig akzeptiert werden. Alles eine Frage der Gewohnheit.

Nenn doch mal die Beispiele.

FinP 07.07.2020 06:49

Glockenläuten um sechs Uhr am Sonntag und andere Kirchenprivilegien, die von der breiten Masse akzeptiert werden, weil sie halt schon immer so sind.

Nachts an der roten Fußgängerampel stehen bleiben.

Alles, was nicht hinterfragt wird, weil: macht man ja schon immer so.

Helmut S 07.07.2020 08:07

Zitat:

Zitat von Flow (Beitrag 1541172)
Wenn die Folgen einer Handlung nur das handelnde Individuum betreffen, dann liegt die Reglementierung dieser Handlung meiner Meinung nach außerhalb der Kompetenz des Staates.
Der Punkt ist völlig klar.

Ja. Dem stimme ich grundsätzlich zu. Meine Replik bezog sich ja auch auf das nicht "präzisierte" Post von Schwarzfahrer.

Wobei - ob ein Staat Kompetenzen überschreitet oder nicht - hängt ja im Wesentlichen von der Staaatskonstruktion ab. Schau mal grad nach China. Aber ja: In Staaten wie dem unseren, ist es sicher so, dass sich der Staat per Konstruktion aus dem genannten Persönlichkeitsbereich heraushalten muss. Aber mal ehrlich: Das ist trivial.

Zitat:

Zitat von Flow (Beitrag 1541172)
Ob dies für eine spezielle Handlung so zutrifft, mag in verschiedenen Fällen diffizil zu beurteilen sein. Das sehe ich, wie gehabt, als eine andere Frage, die aber in keinster Weise Punkt 1 einschränkt oder aufweicht.

Auch da stimme ich zu. Mein Kommentar zu Einschränkung und Aufweichung betraf jedoch das Konzept von Schwarzfahrer vor seiner "Präszisierung. Es ging garnicht um den Punkt 1. Erst im nachhineine wurde die Aussage zu dem von dir so genannten Punkt 1 "präzisiert".


Zitat:

Zitat von Flow (Beitrag 1541172)
"Zumindest theoretisch" sollte bedeuten, daß im Einzelfall die Entscheidung noch nicht getroffen ist, praktisch noch zu treffen ist, aber dann dementsprechend ausfallen wird.
"Potentiell" bezog sich auf die Schädlichkeit der Handlung. Eine "gefährliche" Handlung kann zu Schaden führen, muß es aber nicht in jedem Fall.

Was heißt hier "dementsprechend ausfallen wird"? Einspruch: Zumindest ansatzweise suggestiv! Du kannst das bis auf völlig triviale Fälle doch gar nicht entscheiden. Niemand kann das. Und vor allem nach welchen Kriterien soll denn entschieden werden? Und von wem? Was ist mit der Frage nach dem zeitlichen Horizont so einer Bewertung?

Ich hab schon verstanden, dass du das gerne als "ein anderes Thema" sehen möchtest. Das geht aber doch dem Problem aus dem Weg.

Eigenverantwortung der Bürger findet in dem vom Staat gesetzten Normenrahmen statt und zwar in der Praxis. Auch diejenige, die nur das Individuum selbst betreffen.

Zum Beispiel eine Maskenpflicht damit zu kritisieren, dass eine Staatskonstruktion vorzuziehen sei, welche die Eigenverantwortung aller Menschen in der Gesellschaft aufgrund von Vernunft und nicht aufgrund von Normen vorsieht geht völlig an dem vorbei wie westliche Industriegesellschaften funktionieren. Das dann zu reduzieren auf den - je nach Beispiel - lediglich theoretischen (ohne die blose Möglichkeit der Operationalisierung der Norm zu betrachten) oder wahlweise auf den praktisch völlig trivialen Fall, gibt dem Argument auch keine Durchschlagskraft.

Möglicherweise gibt es Argumente für Maskenpflicht oder dagegen. Die mangelnde Eigenverantwortung der Bürger durch staatliche Normensetzung ist da aber sicher nicht dabei. :Blumen:

Seyan 07.07.2020 08:17

Welche Bevölkerungs"gruppe" ist eurer Meinung nach eigentlich diejenige, die sich am heftigsten gegen Corona bzw. notwendige Maßnahmen wehrt?

Ich habe z.B. den Eindruck, dass die ganzen Rechtsgerichteten die Sache gerne ausnutzen, z.B. für mittlerweile eher sinnlose Grenzschließungen (siehe Schweiz: die Grenzen sind weniger das Problem als Clubs und co. | siehe Deutschland: die Grenzen sind weniger das Problem als Fleischbetriebe oder [private] Großveranstaltungen). Dann gibt es da noch die junge Generation, in der es viele gibt, die einfach zu wohlbehütet aufgewachsen ist und einfach keine "Angst" kennt. Selbst die Rentner, die primär zur Risikogruppe gehören, scheinen keinen Bock mehr auf das ganze zu haben, aber da gibt es "zum Glück" genug, die doch noch recht sinnvoll agieren.

Übrigens: ist es gemein, wenn man kein bisschen Mitleid zeigt, dass Bolsonaro offenbar positiv auf Corona getestet wurde? Bei BoJo hat sich mein Mitleid jedenfalls extrem in Grenzen gehalten...

Helmut S 07.07.2020 08:30

Zitat:

Zitat von Seyan (Beitrag 1541234)
Welche Bevölkerungs"gruppe" ist eurer Meinung nach eigentlich diejenige, die sich am heftigsten gegen Corona bzw. notwendige Maßnahmen wehrt?

Ich meine es hat was mit geringem Institutionenvertrauen zu tun. Die Gründe hierfür sind wahrscheinlich sehr unterschiedlich. Sozialisierung - klar. Aber welche Hintergründe genau? Da müsste man mit den Menschen direkt sprechen. Weltbilder entstehen ja überwiegend durch das Leben selbst und weniger aus logischen Überlegungen. :Blumen:

Schwarzfahrer 07.07.2020 08:35

Zitat:

Zitat von Helmut S (Beitrag 1541232)
JAber ja: In Staaten wie dem unseren, ist es sicher so, dass sich der Staat per Konstruktion aus dem genannten Persönlichkeitsbereich heraushalten muss. Aber mal ehrlich: Das ist trivial.

Nach meinem Empfinden hat sich der Staat in den 40 Jahren, die ich hier lebe, in zunehmend mehr Bereiche hineingedrängt, und in der öffentlicher Diskussion häufen sich Wünsche nach noch mehr Einmischung.
Zitat:

Zitat von Helmut S (Beitrag 1541232)
Du kannst das bis auf völlig triviale Fälle doch gar nicht entscheiden. Niemand kann das. Und vor allem nach welchen Kriterien soll denn entschieden werden? Und von wem? Was ist mit der Frage nach dem zeitlichen Horizont so einer Bewertung?

Meine Idealvorstellung: bis auf schwere, existenzielle Fragen ist keine zu ausführliche gesetzliche Regelung, schon gar nicht über starre Verbote nötig. Die breite Grauzone ist im Einzelfall und nur bei tatsächlich eingetretenem, erkennbaren Schaden zu beurteilen, wobei dann die persönliche Verantwortung (bzw. die Klärung der Verantwortlichkeit) für die eigene Handlung entscheidend ist. Ich bin zwar kein Jurist, aber mein Eindruck von der angelsächsischen Rechtsprechung mit weniger starren Regeln und mehr Spielraum des Richters (einschließlich der Bedeutung von Präzedenzfällen) geht etwa in diese Richtung.
Zitat:

Zitat von Helmut S (Beitrag 1541232)
Eigenverantwortung der Bürger findet in dem vom Staat gesetzten Normenrahmen statt und zwar in der Praxis. Auch diejenige, die nur das Individuum selbst betreffen.

Das ist so. Die Frage ist, wie starr der Staat diesen Normenrahmen setzt, oder wieviel davon der Eigenverantwortung zugeordnet wird.
Zitat:

Zitat von Helmut S (Beitrag 1541232)
Möglicherweise gibt es Argumente für Maskenpflicht oder dagegen. Die mangelnde Eigenverantwortung der Bürger durch staatliche Normensetzung ist da aber sicher nicht dabei. :Blumen:

Da in der Diskussion der Maskenpflicht die Verhältnismäßigkeit eine große Rolle spielt, ist es gerade die zentrale Frage, ob eine starre staatliche Normensetzung hier nötig ist, oder nicht doch die Eigenverantwortung ausreicht (wie es ja bisher bei allen noch so schweren Grippeepidemien akzeptabel war). Die Beantwortung hängt wesentlich von der Risikoeinschätzung ab, die in meinen Augen für Deutschland nach dem ganzen Verlauf deutlich positiver ausfällt, als vor zwei Monaten noch zu befürchten war - was eine Neubewertung möglich macht. Hinter der Bewertung steht auch die Frage, welche Pirorität man hat: maximale vorbeugende Schadensabwehr, oder Vorrang für Eigenverantwortung mit bewußter Inkaufnahme von Risiken. Ich bin für letzteres, weil ersteres (im Sinne von 100 % Sciherheit) eh ein utopisches Ziel ist.

Helmut S 07.07.2020 08:42

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1541237)
Da in der Diskussion der Maskenpflicht die Verhältnismäßigkeit eine große Rolle spielt

Absolut. Über Verhältnismäßigkeit muss man auch diskutieren und Gerichte bewerten das dann auch. Dem stimme ich völlig zu.

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1541237)
Die Beantwortung hängt wesentlich von der Risikoeinschätzung ab,

Ja. Völlige Zustimmung.

Und die Risikoabschätzung soll jeder Einzelne treffen? Auf Basis welcher Kriterien? Mit den Mitteln der Vernunft?

:Blumen:

Schwarzfahrer 07.07.2020 08:47

Zitat:

Zitat von Seyan (Beitrag 1541234)
Welche Bevölkerungs"gruppe" ist eurer Meinung nach eigentlich diejenige, die sich am heftigsten gegen Corona bzw. notwendige Maßnahmen wehrt?

Es ist sicher nicht eine homogene Gruppe, und die Antriebe sind auch verschieden. Viele die ich als kritisch kennengelernt habe, sind Menschen, die gerne ihre eigene Meinung bilden, und auch ihre Eigenverantwortung nicht abgeben mögen - und zu einer anderen Risikoeinschätzung kommen, als die Regierung. Manche betrachten nur einzelne, sie speziell belastende Maßnahmen und merken, wie viele Details unsinnig und ineffektiv oder übertrieben sind, ohne sich ums Gesamtbild zu kümmern. Es gibt aber auch wirre Ideen, die das Ganze gleich in globale Verschwörungskonzepte einbetten, oder sich einfach über einen Grund freuen, sich über "die da oben" aufzuregen.
Zitat:

Zitat von Seyan (Beitrag 1541234)
Selbst die Rentner, die primär zur Risikogruppe gehören, scheinen keinen Bock mehr auf das ganze zu haben, aber da gibt es "zum Glück" genug, die doch noch recht sinnvoll agieren.

Da gibt es auch zwei Kategorien: die einen leben in großer Angst, die anderen sagen, in meinem Alter kann es mich immer erwischen, ich will aber bis zum Schluss lieber kürzer frei leben, als mich aus Angst einigeln (zu lassen). Und das finde ich richtig: jeder hat das Recht, sein persönliches Risiko zu bestimmen.
Zitat:

Zitat von Seyan (Beitrag 1541234)
Übrigens: ist es gemein, wenn man kein bisschen Mitleid zeigt, dass Bolsonaro offenbar positiv auf Corona getestet wurde? Bei BoJo hat sich mein Mitleid jedenfalls extrem in Grenzen gehalten...

Wegen positiver Testung braucht man niemand bemitleiden - das allein ist noch kein großes Problem, da die große Mehrheit es ja unbeschadet übersteht. Johnsons schwere Erkrankung löst bei mir das gleiche Mitleid aus, wie wenn es Tante Emma aus der Nachbarschaft erwischt, und es würde mich auch wenig freuen, wenn es Claudia Roth oder Björn Höcke erwischt - bloß weil ich sie als Person nicht ausstehen kann, sind die als Schwerkranke auch nur zu bemitleidende Menschen.

Flow 07.07.2020 08:49

Zitat:

Zitat von Helmut S (Beitrag 1541232)
Was heißt hier "dementsprechend ausfallen wird"? Einspruch: Zumindest ansatzweise suggestiv! Du kannst das bis auf völlig triviale Fälle doch gar nicht entscheiden. Niemand kann das. Und vor allem nach welchen Kriterien soll denn entschieden werden? Und von wem? Was ist mit der Frage nach dem zeitlichen Horizont so einer Bewertung?

"Dementsprechend ausfallen wird" heißt hier, daß sich meine Aussage auf solche Fälle beschränkt ... ;)
Praktisch wird im Einzelfall wohl das Verfassungsgericht darüber entscheiden, nachdem der Gesetzgeber zunächst "spekuliert".

Maskenpflicht fällt zunächst erstmal nicht unter diese Fälle, da hier eben (auch) mit dem Schutz Dritter argumentiert wird.
Hier wird im Zweifel wohl an den Linien "Eignung" und "Verhältnismäßigkeit" entschieden werden, ob und unter welchen Umständen diese freiheitseinschränkende Maßnahme Bestand hat.
Zitat:

Eigenverantwortung der Bürger findet in dem vom Staat gesetzten Normenrahmen statt und zwar in der Praxis. Auch diejenige, die nur das Individuum selbst betreffen.
Ja, so sieht es juristisch wohl aus, wobei dieser Rahmen eben durch das Verfassungsgericht abzuklopfen ist.
Meinungen und Wünsche können natürlich auch in andere Richtungen gehen ... ;)
Zitat:

Möglicherweise gibt es Argumente für Maskenpflicht oder dagegen. Die mangelnde Eigenverantwortung der Bürger durch staatliche Normensetzung ist da aber sicher nicht dabei.
Da wäre wohl zu klären, welchen Wert die Verfassung der "Eigenverantwortung der Bürger" zumißt. Womöglich fließt sie bei der Beurteilung der "Verhältnismäßigkeit" mit ein.

Stefan 07.07.2020 08:51

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1541237)
Da in der Diskussion der Maskenpflicht die Verhältnismäßigkeit eine große Rolle spielt, ist es gerade die zentrale Frage, ob eine starre staatliche Normensetzung hier nötig ist, oder nicht doch die Eigenverantwortung ausreicht (wie es ja bisher bei allen noch so schweren Grippeepidemien akzeptabel war).

Ich bin die Zugstrecke Thun - Spiez am Sonntag und am Montag gefahren.
Sonntag: Circa 15% Maskenträger
Montag: Circa 95% Maskenträger
Beide Züge waren ähnlich voll.
Soviel dazu, ob die Eigenverantwortung ausreicht. Seit Montag gilt in der Schweiz Maskenpflicht im ÖV.

aequitas 07.07.2020 08:51

Zitat:

Zitat von Seyan (Beitrag 1541234)
Welche Bevölkerungs"gruppe" ist eurer Meinung nach eigentlich diejenige, die sich am heftigsten gegen Corona bzw. notwendige Maßnahmen wehrt?

Das sehe ich etwas differenzierter: es gibt zwei polarisierte Gruppen, die sich aufgrund der derzeitigen Debattenkultur (u.a. durch social media gefördert) "gegenüber" stehen bzw. die Diskussionsgrenzen widerspiegeln.

Das würde ich gar nicht unbedingt in rechts und links aufteilen, da beide Lager sehr durchmischt sind. Sicherlich hat man unter den Verschwörungstheoretikern mehr "Rechte" und es treiben sich dort mehr Neonazis rum, aber auch auf der anderen Seite erkenne ich "rechte"/autoritäre Züge.

Seit einigen Jahren läuft ja auch die gesellschaftliche/linke Debatte zu Identitätspolitik. Dabei handelt es sich meiner Meinung nach um ein vollkommen autoritäres Konstrukt, das dem völkisch-nationalistischen und ethnopluralistischen Weltbild gar nicht so weit entfernt ist.

Zurück zu Corona: große Teile dieser identitären Linken fordern in der Corona-Debatte ein autoritäres Durchgreifen des Staates. Es wird nach der Einführung einer allgemeinen Maskenpflicht gerufen, Ausgangsverbote werden gutgeheißen, es wird alles dem Diktat der Gesundheit und dem Schutz von Risikogruppen untergeordnet.

Das ist jetzt sehr zugespitzt und beantwortet nicht die oben gestellte Frage. Dennoch wollte ich so antworten, denn die Frage suggerierte, dass es keinen Grund und kein Recht gibt, sich gegen Maßnahmen zu wehren oder sie zu kritisieren.

Gestern hat glücklicherweise ein Gericht den "Lockdown" im Kreis Gütersloh aufgehoben. Das sage ich nicht, da ich finde, dass Corona nur ein Spaß ist und die Sache dort gelaufen ist. Aber wir haben eine Verfassung, die unser aller Leben schützt und auch in Zukunft schützen soll - nicht nur vor Krankheit, sondern auch vor einem autoritären Staat. Grundrechte sind essentiell und dürfen nicht ohne Begründung "beschnitten" werden.

Estebban 07.07.2020 08:54

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1541240)
Es ist sicher nicht eine homogene Gruppe, und die Antriebe sind auch verschieden. Viele die ich als kritisch kennengelernt habe, sind Menschen, die gerne ihre eigene Meinung bilden, und auch ihre Eigenverantwortung nicht abgeben mögen - und zu einer anderen Risikoeinschätzung kommen, als die Regierung. Manche betrachten nur einzelne, sie speziell belastende Maßnahmen und merken, wie viele Details unsinnig und ineffektiv oder übertrieben sind, ohne sich ums Gesamtbild zu kümmern. Es gibt aber auch wirre Ideen, die das Ganze gleich in globale Verschwörungskonzepte einbetten, oder sich einfach über einen Grund freuen, sich über "die da oben" aufzuregen.

Meiner Erfahrung nach ist das ein sehr idealisiertes Bild, was du da hast. Bzw du schliesst glaub ich von dir auf andere. Die überwiegende Mehrheit der Maskenverweigerer die ich so kennen lernen durfte / musste sind einfach mit einem generellen Beissreflex gegen "die da oben", gerne in Verbindung mit "linksversifft" oder "Merkelregime" ausgestattet.
Soll heissen, wenn die Regierung Masken verbietet wären sie die ersten die brüllen, es muss Maske getragen werden, dann würden eben Statistiken und Facebookbilder zusammengeschustert die in die andere Richtung gehen. Das ganze wird dann natülrich gerne mit "ich denke selber" umschrieben - ob das wirklich oft so ist, sei mal dahin gestellt.

Schwarzfahrer 07.07.2020 08:55

Zitat:

Zitat von Helmut S (Beitrag 1541238)
Und die Risikoabschätzung soll jeder Einzelne treffen? Auf Basis welcher Kriterien? Mit den Mitteln der Vernunft?

:Blumen:

Bei einem Verlauf, wie es inzwischen sich in Deutschland abzeichnet (tatsächlich hohes Lebensrisiko nur für eine recht gut definierte Gruppe, insgesamt stetig sinkende Infektionswahrscheinlichkeit), halte ich es für vertretbar, daß jeder nach seinen persönlichen Kriterien sein eigenes Risiko bzw. das entsprechende Verhalten bestimmt. Ob es vernünftig ist, wie der einzelne entscheidet, ist je nach Perspektive unterschiedlich zu bewerten. Ich würde dann weitgehend weitermachen, wie früher; ein alter, multimorbider Mensch würde dann möglicherweise weiterhin selten rausgehen, und Besuchern nicht um den Hals fallen, oder ggf. sie bitten, bei Besuchen Masken zu tragen.

Bockwuchst 07.07.2020 08:58

Zitat:

Zitat von Stefan (Beitrag 1541243)
Ich bin die Zugstrecke Thun - Spiez am Sonntag und am Montag gefahren.
Sonntag: Circa 15% Maskenträger
Montag: Circa 95% Maskenträger
Beide Züge waren ähnlich voll.
Soviel dazu, ob die Eigenverantwortung ausreicht. Seit Montag gilt in der Schweiz Maskenpflicht im ÖV.

Gleiches war ja in den Supermärkten zu beobachten. Vor Einführung der Pflicht waren höchtens vereinzelt Leute mit Maske zu sehen. Man ist sich direkt komisch vorgekommen als Maskenträger und aufgefallen, was sicher auch ein wichtiger Grund war, dass es kaum jemand gemacht hat. Sollte die Pflicht aufgehoben werden, sind die Masken auch sicher Ruckzuck wieder verschwunden.

Schwarzfahrer 07.07.2020 09:00

Zitat:

Zitat von Stefan (Beitrag 1541243)
Ich bin die Zugstrecke Thun - Spiez am Sonntag und am Montag gefahren.
Sonntag: Circa 15% Maskenträger
Montag: Circa 95% Maskenträger
Beide Züge waren ähnlich voll.
Soviel dazu, ob die Eigenverantwortung ausreicht. Seit Montag gilt in der Schweiz Maskenpflicht im ÖV.

Was soll das beweisen? Eigenverantwortung heißt ja eben nicht, daß alle das gleiche machen, sondern daß jeder seine eigene Prioritäten setzt - solange nicht nachgewiesen werden kann, daß seine spezielle Handlung andere konkret schädigt. Und das war bei den 85 % nicht-trägern kaum nachweisbar, sonst wären die Fallzahlen in der Schweiz nicht über die ganze Zeit gesunken.

Bockwuchst 07.07.2020 09:02

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1541246)
Bei einem Verlauf, wie es inzwischen sich in Deutschland abzeichnet (tatsächlich hohes Lebensrisiko nur für eine recht gut definierte Gruppe, insgesamt stetig sinkende Infektionswahrscheinlichkeit), halte ich es für vertretbar, daß jeder nach seinen persönlichen Kriterien sein eigenes Risiko bzw. das entsprechende Verhalten bestimmt. Ob es vernünftig ist, wie der einzelne entscheidet, ist je nach Perspektive unterschiedlich zu bewerten. Ich würde dann weitgehend weitermachen, wie früher; ein alter, multimorbider Mensch würde dann möglicherweise weiterhin selten rausgehen, und Besuchern nicht um den Hals fallen, oder ggf. sie bitten, bei Besuchen Masken zu tragen.

Sorry, aber da lügst du dir in die Tasche. Wie gut das funktioniert, wenn jeder selbst entscheidet, was er für vertretbar und nötig hält, kann man aktuell in Ländern wie den USA und Brasilien live beobachten. Auch dort könnten die Leute natürlich Abstand halten und Maske tragen, wenn sie das für nötig hielten. Das wird oft auch so dargestellt. Sie tun es aber nicht, und jetzt schaue dir den Verlauf der Zahlen an.


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