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aequitas 09.10.2020 11:31

Beim Handelsblatt erschien gestern noch ein Kommentar von Streeck. Er spricht hier viele Punkte an, die auch hier schon besprochen wurden:

"Unser Plan A ist der Impfstoff, der uns Erleichterung im Umgang mit dem Virus bringen soll. Wann er kommen wird, ist leider ungewiss. Daher wäre es sinnvoller, über Plan B nachzudenken. Nämlich darüber, wie wir ein Leben mit dem Virus ermöglichen. Ein Leben mit bewusster Achtsamkeit uns und unseren Mitmenschen gegenüber.

[...]

Die Frage darf also nicht lauten „Wann ist ein Impfstoff verfügbar?“, sondern vielmehr „Wie schaffen wir es, dass wir souverän mit dem Virus umgehen und uns die Pandemie eint und nicht spaltet?“ Denn so eine Pandemie kann man nur gemeinsam bewältigen – und das auch ausschließlich global."


Er skizziert in dem Kommentar auch, wie ein Ampelsystem aussehen könnte - einen ähnlichen Vorschlag habe ich bereits vor einigen Seiten gemacht. Darüber hinaus kritisiert er auch die Kommunikation, die sich immer wieder im Verlautbaren neuer Rekorde überschlägt. Die Infektionsstatistik im März mit der aktuellen zu vergleichen kann nicht funktionieren, da sie sich jeweils auf unterschiedliche Gesamtheiten beziehen. Das ständige Betonen der nackten absoluten Fallzahlen mit schockierter Tonlage und Intonation in der Tagesschau ist falsch. Ich hoffe, dass bald ein, wie u.a. von Streeck geforderter, pragmatischer Umgang mit der Pandemie einsetzt.

MattF 09.10.2020 11:42

Aus dem verlinkten Artikel oben dran 11369

Zitat:

Wer kann denn wirklich wissen, ob ein Anstieg von 2000 auf derzeit über 4000 Neuinfektionen pro Tag zu viel ist oder gar nicht mehr handhabbar? In München können die Schwellenwerte anderswo liegen als in Friesland. In Göttingen anderswo als in Bonn.

Derzeit sind wir generell noch im grünen Bereich. Eine Ampel könnte klar signalisieren, wann dieser Fall nicht mehr gegeben ist. Persönlich würde ich mich nämlich mehr sorgen, wenn anstelle von 50 feiernden Jugendlichen mit milder Symptomatik 30 Personen stationär behandelt werden müssen. Eine Ampel kann dies abbilden. Die reinen Infektionszahlen können es nicht.
Die Zahl 50 Neuinfekte von 100.000 beruht, darauf, dass damit die Gesundheitsämter die Infektionsketten nachvollziehen können. Wenn die Gesundheitsämter besser werden kann man die Zahl ja hochsetzen.

Es ist also dafür, dass man diese "Brandmauer" einreißt?

Und auch die Ampel muss ja mit Daten gefüttert werden, jemand muss entscheiden, wann die auf Rot springt und vielen wird das dann auch nicht passen.

Ich sehe nicht den Unterschied? Nicht den Vorteil wenn wir das System verkomplizieren. Was ist damit gewonnen?

LidlRacer 09.10.2020 11:42

Ich verstehe nicht, wie man den aktuellen dramatischen Anstieg immer noch kleinreden kann - egal, ob der jetzt morgen, nächste Woche, nächsten Monat oder Weihnachten zu sehr ernsten Problemen führt - er tut es auf jeden Fall, wenn man nicht ausreichend dagegen unternimmt. Aber das haben wir eigentlich schon 100 mal durchgekaut.

Schwarzfahrer 09.10.2020 11:42

Zitat:

Zitat von aequitas (Beitrag 1557022)
...Das ständige Betonen der nackten absoluten Fallzahlen mit schockierter Tonlage und Intonation in der Tagesschau ist falsch. Ich hoffe, dass bald ein, wie u.a. von Streeck geforderter, pragmatischer Umgang mit der Pandemie einsetzt.

Dieser Corona-Extra Beitrag war schon mal m.M.n. ein guter Anfang, mit einer relativ nüchternen, sachlichen Bilanz und Einordnung der Zahlen - war für mich überraschend zwischen den sonst gerne überemotionalen Meldungen. Bitte mehr davon.

Schwarzfahrer 09.10.2020 11:54

Zitat:

Zitat von MattF (Beitrag 1557024)
Der Steek sollte aber doch schon wissen, auf was die Zahl 50 Neuinfekte von 100.000 beruht und sollte das vielleicht auch sagen.


Sie beruht darauf, dass man bis zu der Zahl mit den vorhandenen Mitarbeitern in den Gesundheitsämtern die Infektionsketten nachvoll ziehen kann.

Da aber bei einer bestimmten Prävalenz die Zahl 50 praktisch immer erreicht werden kann, wenn ich nur viel teste, bzw. immer unterschritten werden kann, wenn ich weniger teste, ist diese Zahl allein völlig ohne Aussage über die Gefährlichkeit der Ausbreitung, und damit kein rationaler Maßstab für Maßnahmen-Entscheidungen. Immerhin galt die gleiche Zahl schon als übel, als nur 30 % der heutigen Tests gemacht wurde. Bei gleicher Prävalenz und gleicher niiedrigen Testzahl wären dann die heutigen 50 eigentlich nur noch 17? Wichtiger als die Gesundheitsämter ist, ob die Krankenhäuser überlastet werden - wovon wir aber noch weit weit weg sind (und in Deutschland immer waren).
Zitat:

Zitat von MattF (Beitrag 1557024)
Es ist also dafür, dass man diese "Brandmauer" einreißt?

Und auch die Ampel muss ja mit Daten gefüttert werden, jemand muss entscheiden, wann die auf Rot springt und vielen wird das dann auch nicht passen.

Nein, nicht einreissen, aber an die reale Gefahrenlage flexibel anpassen bzw. nachregeln, durch Berücksichtigung der tatsächlichen Erkrankungszahlen.
Natürlich muß jemand entscheiden - aber mit den zusätzlichen Daten (die es ja gibt, RKI sammelt ja fleißig) kann man eben fundierter, sinnvoller, zielgerichteter entscheiden.
Zitat:

Zitat von MattF (Beitrag 1557024)
Ich sehe nicht den Unterschied? Nicht den Vorteil wenn wir das System verkomplizieren. Was ist damit gewonnen?

Daß Maßnahmen zielgerichteter und effektiver werden können, und unnötige schädliche Nebenwirkungen verringert werden können. Beides Nutzen für die Menschen.

aequitas 09.10.2020 11:57

Zitat:

Zitat von LidlRacer (Beitrag 1557025)
Ich verstehe nicht, wie man den aktuellen dramatischen Anstieg immer noch kleinreden kann - egal, ob der jetzt morgen, nächste Woche, nächsten Monat oder Weihnachten zu sehr ernsten Problemen führt - er tut es auf jeden Fall, wenn man nicht ausreichend dagegen unternimmt. Aber das haben wir eigentlich schon 100 mal durchgekaut.

Es geht nicht darum irgendetwas kleinzureden, sondern einen realistischen und pragmatischen Umgang damit zu finden. Wir leben derzeit in einer Pandamie, die im November noch nicht vorbei sein wird. Im Winter werden die Fallzahlen steigen und ebenso die Todeszahlen und sich Intensivstationen füllen. Es gilt diese schlimmen Verläufe zu vermeiden und gering zu halten, gänzlich verhindern ist unmöglich.

Nun zu sagen: "Wir sind kurz vor den schlimmen Zuständen im März/April" ist allerdings falsch. Die Lage ist eine neue und muss entsprechend anders bewertet werden. Es ist kein Leichtsinn angesagt, aber auch kein populistischer AKtionismus a la Söder.

Aber ich sehe schon: man kann mit Lockdownextremisten genauso wenig sachlich diskutieren wie mit Covidioten.

LidlRacer 09.10.2020 11:59

Zitat:

Zitat von MattF (Beitrag 1557024)
Und auch die Ampel muss ja mit Daten gefüttert werden, jemand muss entscheiden, wann die auf Rot springt und vielen wird das dann auch nicht passen.

Ich sehe nicht den Unterschied? Nicht den Vorteil wenn wir das System verkomplizieren. Was ist damit gewonnen?

"Spahn zeigte sich skeptisch zu Forderungen nach Ampel-Darstellungen zum Infektionsgeschehen. Dies lege nahe, dass es automatisch eine bestimmte Reaktion gebe, Ausbruchsfälle seien aber komplexer."
https://www.stuttgarter-zeitung.de/i...360734fa6.html

Nach meiner Erinnerung sagte er in der gestrigen Pressekonferenz etwa, man müsse immer flexibel reagieren. Z.B. ein Ausbruch in einem Fleischbetrieb erfordere andere Maßnahmen, als ein solcher in Schulen, Altenheimen oder aber in der breiten Bevölkerung.

Drosten hat kürzlich darauf hingewiesen, dass ja schon die offiziellen Neuinfektionszahlen der Wirklichkeit hinterherhinken. Alle anderen denkbaren Größen, die in ein Ampelsystem eingingen, würden die Trägheit vergrößern.

aequitas 09.10.2020 12:00

Zitat:

Zitat von MattF (Beitrag 1557024)
Ich sehe nicht den Unterschied? Nicht den Vorteil wenn wir das System verkomplizieren. Was ist damit gewonnen?

Naja, nur weil du als Laie es nicht verstehst und für kompliziert hälst, muss es das für Fachleute und Wissenschaftlerinnen nicht sein. Mehr Daten und ein entsprechend gefüttertes Modell, auch ein in einer Ampel vereinfachtes Modell, kann zu einfacheren und besseren Entscheidungen führen - es wird nicht komplizierter!


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