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-   -   Unfälle durch Schwächen der menschl. Wahrnehmung und was wir daraus lernen sollten (https://www.triathlon-szene.de/forum/showthread.php?t=26602)

LidlRacer 10.01.2013 15:09

Unfälle durch Schwächen der menschl. Wahrnehmung und was wir daraus lernen sollten
 
Anlässlich des Unfalltodes des olympischen Mountainbikers Burry Stander in Südafrika vor einer Woche lebte zumindest im englischsprachigen Raum die Diskussion um die Sicherheit im Straßenverkehr auf. In dem Zusammenhang bin ich auf diesen sehr aufschlussreichen Artikel gestoßen:

What an RAF pilot can teach us about being safe on the road

Noch etwas ausführlicher hier:
A Fighter Pilot’s Guide to Surviving on the Roads...

Dort erklärt ein britischer Kampfpilot, welche Defizite wir beim Sehen haben, ohne es zu merken, wie das zu Unfällen führt und was wir dagegen tun können.

Vielleicht das wichtigste Beispiel:
Wenn wir an einer Kreuzung stehen oder darauf zufahren und schnell den Blick von rechts nach links schweifen lassen, glauben wir, blitzschnell die gesamte Umgebung erfassen zu können. Das ist aber nicht so! Tatsächlich scannen die Augen nicht die gesamte Umgebung, sondern sie springen von Punkt zu Punkt. Wirklich deutlich sehen wir nur einen engen Bereich um diese Punkte herum.
Das Überraschende:
Wenn wir zu schnell hin- und herschauen, kann es sein, dass diese Punkte so weit auseinander liegen, dass wir dazwischen etwas überhaupt nicht wahrnehmen, denn während die Augen von einem Punkt zum nächsten springen, sind wir praktisch blind, ohne es zu merken!

Dazu ein kleines Experiment:
Wir stehen oder sitzen jemandem gegenüber und schauen uns in die Augen. Der eine fixiert abwechselnd das rechte und linke Auge des anderen. Der andere kann deutlich die Hin- und Her-Bewegung der Augen sehen.
Wenn wir das mit uns selbst im Spiegel versuchen, ist es unmöglich, die eigene Augenbewegung zu sehen, wenn wir abwechselnd auf das eigene rechte und linke Auge schauen!

Eigentlich sollten wir ja schon wissen, dass wir insbesondere als Radfahrer ständig in der Gefahr sind, übersehen zu werden. Aber mit diesen Erklärungen wird klarer, warum das so ist und was dagegen zu tun ist. Wir können leider nicht kurzfristig alle Autofahrer erziehen, sich so sorgfältig umzuschauen, dass sie uns auf jeden Fall sehen sondern müssen uns auf deren Fehlverhalten einstellen. Wenn wir sehen, dass ein Autofahrer den Blick von rechts nach links schweifen lässt und wir dabei eigentlich in seinem Blickfeld sind, müssen wir trotzdem davon ausgehen, dass er uns nicht sieht, so lange er uns nicht direkt anschaut und erkennbar reagiert.

Mich hat es schon oft gerettet, dass ich in solchen Situationen permanent in Brems-, Ausweich- und Schrei-Bereitschaft bin. Was ich selbst noch zu wenig beachte: Helle Kleidung in auffälligen Farben zu tragen.

Manchmal hilft komischerweise auch das direkte Anschauen nicht. Eben selbst erlebt: Ich bin mit ca. 30 km/h mit dem Rad auf der Straße unterwegs. Mutter und kleine Tochter stehen mit Fahrrädern am rechten Straßenrand und wollen die Straße schiebend überqueren. Mutter schaut mich direkt an und als ich knapp 10 m entfernt bin, gehen trotzdem beide los. Ich weiß nicht, ob sie dachte, sie schaffen es vor mir her, oder was. Das hätte keinesfalls gepasst. Wieder haben nur gleichzeitiges Bremsen, Ausweichen und Schreien geholfen.

chris.fall 10.01.2013 15:17

Moin,

Zitat:

Zitat von LidlRacer (Beitrag 856141)

Noch etwas ausführlicher hier:

oder etwas kürzer hier.


Viele Grüße,

Christian

titansvente 10.01.2013 15:20

Zitat:

Zitat von LidlRacer (Beitrag 856141)
(...)

Mich hat es schon oft gerettet, dass ich in solchen Situationen permanent in Brems-, Ausweich- und Schrei-Bereitschaft bin. Was ich selbst noch zu wenig beachte: Helle Kleidung in auffälligen Farben zu tragen.

Manchmal hilft komischerweise auch das direkte Anschauen nicht. Eben selbst erlebt: Ich bin mit ca. 30 km/h mit dem Rad auf der Straße unterwegs. Mutter und kleine Tochter stehen mit Fahrrädern am rechten Straßenrand und wollen die Straße schiebend überqueren. Mutter schaut mich direkt an und als ich knapp 10 m entfernt bin, gehen trotzdem beide los. Ich weiß nicht, ob sie dachte, sie schaffen es vor mir her, oder was. Das hätte keinesfalls gepasst. Wieder haben nur gleichzeitiges Bremsen, Ausweichen und Schreien geholfen.

Kannst gerne mal mit mir im Frühjahr/-sommer (im Winter isses aber auch nicht ohne) eine Woche lang an der Nidda pendeln. Was sich da abspielt lässt Dir die haare zu berge stehen.
Ich könnte täglich mehrere Crashs haben, wenn ich nicht ständig für andere mitdenken würde.
Es ist erschreckend, wie sorglos viele Zeitgenossen umhewandeln.
Die von Dir angesprochenen Mütter mit Kindern sind besonders nachlässig, weil, so mein Eindruck, sie voraussetzen, dass andere auf sie aufpassen und sie selber nicht aktiv für Sicherheit sorgen müssen.
Gleich danach kommen die Rentner :Nee:

Statler 10.01.2013 15:23

Zitat:

Zitat von blutsvente (Beitrag 856149)
Kannst gerne mal mit mir im Frühjahr/-sommer (im Winter isses aber auch nicht ohne) eine Woche lang an der Nidda pendeln. Was sich da abspielt lässt Dir die haare zu berge stehen.
Ich könnte täglich mehrere Crashs haben, wenn ich nicht ständig für andere mitdenken würde.
Es ist erschreckend, wie sorglos viele Zeitgenossen umhewandeln.
Die von Dir angesprochenen Mütter mit Kindern sind besonders nachlässig, weil, so mein Eindruck, sie voraussetzen, dass andere auf sie aufpassen und sie selber nicht aktiv für Sicherheit sorgen müssen.
Gleich danach kommen die Rentner :Nee:

Das mußt Du mir mal genauer erklären.

Superpimpf 10.01.2013 15:24

Interessanter Artikel, den Test mit dem Spiegel muss ich nachher gleich mal ausprobieren.

Aber das
Zitat:

Zitat von LidlRacer (Beitrag 856141)
Mich hat es schon oft gerettet, dass ich in solchen Situationen permanent in Brems-, Ausweich- und Schrei-Bereitschaft bin. Was ich selbst noch zu wenig beachte: Helle Kleidung in auffälligen Farben zu tragen.

ist für mich eh selbstverständlich. In der Stadt habe ich die Finger mehr an den Bremsen als am Lenker*.

* Da als jugendlicher schon Autotüren von innen und außen kennengelernt (bei von mir korrektem Verhalten) wohl verständlich.

titansvente 10.01.2013 15:44

Zitat:

Zitat von Statler (Beitrag 856154)
Das mußt Du mir mal genauer erklären.

Habe leider nicht so viel Zeit. Deswegen nur ein Beispiel.
Wenn sie aus einem unübersichtlichen Seitenweg kommen, dann halten sie NIE an, und schauen erstmal links und rechts ob jemand kommt, sondern fahren, den Kinderwagen vor sich her schiebend, geradewegs drauf los.
Das Kind ist für Sie das kostbarste auf Erden aber angesichts so eines Verhaltens frage ich mich, was in diesen Köpfen vor sich geht :Gruebeln:
Jedes Kind lernt an einer Einmündung erstmal nach links, dann nach rechts und anschliessend wieder nach links zu schauen. Warum tun es die Mütter nicht :confused:

Ich warte auf den Tag, an dem ich in nen Kinderwagen reinfahre.

sutje 10.01.2013 15:46

Das mit dem in die Augen sehen erinnert mich an Ulli Wickert in Paris bei der Beschreibung, wie man über die Straße geht KLICK.

Dass Mütter (aber auch Väter) mit Kindern nicht immer die gleiche Aufmerksamkeit haben, wie andere Verkehrsteilnehmer liegt aber glaube ich nicht (oder zumindest in den meisten Fällen nicht) daran, dass sie denken, andere würden schon aufpassen, sondern eher daran, dass man auch noch die Kinder im Blick behalten muss. Ich kenne das selbst, wenn ich meine beiden Racker mit dem Rad zur Schule bringe. Da muss man für drei Personen auf den Verkehr achten und dabei auch noch gefasst sein, dass die Kinder etwas Unvorhergesehenes tun und man eingreifen muss. Auch wenn die Kinder 'verkehrssicher' sind, mitdenken und gesondert darauf achten muss man trotzdem. Es gibt nämlich auch nicht wenige Autofahrer, die andere Gedanken im Kopf haben, als an der Linksabbiegerampel auf Fußgänger zu achten. Rentner haben schon nachlassende Reflexe, manchen geht alles zu schnell auf der Straße, auch wenn sie es nicht gerne zugeben. Aber da brauch ich nicht mit dem Finger auf andere zu zeigen, unaufmerksam oder wie im Beispiel mit dem Jetpiloten geschildert, zu schnell nach links und rechts geschaut und dabei den Wald vor lauter Bäumen übersehen habe ich auch schon, logisch.

Entscheidend ist, dass jeder so fährt und sich so verhält, dass er Fehler der anderen mit einkalkuliert und entsprechenden Sicherheitsabstand hält bzw. aufmerksam dafür ist. Und dass jeder eigene Fehler durchaus auch mal zugeben kann und sich entschuldigt und daraus lernt. Denn: Einen vollkommenen Verkehrsteilnehmer, der immer alles richtig macht, habe ich noch nicht gesehen und den kanns auch nicht geben. Klar, es gibt Vollpfosten, die rücksichtslos über die Straßen jagen und sich mit Ellenbogen bzw. PS den Weg frei machen und sich um nix scheren. Aber die meisten auf der Straße sind wie du und ich: Menschen, mit Fehlern und Schwächen, die ein Mensch nun mal hat. Es dürfen (und müssen) halt alle am Straßenverkehr teilnehmen, nicht nur Jet-Piloten.

werner 10.01.2013 17:00

Wenn man bei anderen Verkehrsteilnehmern von der größten anzunehmenden Dummheit ausgeht, liegt man erschreckend oft richtig. Trotzdem reicht manchmal auch die Vorstellungskraft nicht aus.


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