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qbz 03.06.2020 11:07

Zitat:

Zitat von dasgehtschneller (Beitrag 1535938)
......
Auch wenn Obama noch Präsident wäre könnte er wohl auch nicht einfach den Rassismus für beendet erklären. Was genau kann die Regierung machen um die Demonstranten zufriedenzustellen?
.......

Der Gouverneur von Minnesota kündigte an, eine Kommission zu berufen, welche untersuchen soll, ob es in den vergangenen Jahren weitere rassistische Vorfälle bei der Polizei in Minneapolis gab. George Floyd war ja kein Einzelfall. Man könnte ja transparent arbeitende Kommissionen bzw. Untersuchungsausschüsse mit gewählten Bürgerrechtlern einrichten, welche alle Befugnisse haben, vergangene und laufende Vorfälle bei der Polizei in allen Bundesstaaten zu untersuchen und an die sich die Bürger wenden können. Alle Opfer von Polizeigewalt bzw. deren Angehörige erhalten staatliche Entschädigungen.

El Stupido 03.06.2020 11:14

Zitat:

Zitat von dasgehtschneller (Beitrag 1535947)
Das ist alles richtig aber soweit ich weiss gibt es in den USA kein einziges Gesetz dass den Rassismus in irgendeiner Weise begünstigt das man hier anpassen könnte.
Deshalb ist es für mich ähnlich Abstrakt wie der Weltfrieden ;)

Dass die "Täter" sich vor Gericht dafür verantworten sollten ist klar aber darüber hinaus sehe ich nicht was man hier machen könnte.

Laut Wikipedia steht in der Präambel der Verfassung der USA

Zitat:

“We the People of the United States, in Order to form a more perfect Union, establish Justice, insure domestic Tranquility, provide for the common defence, promote the general Welfare, and secure the Blessings of Liberty to ourselves and our Posterity, do ordain and establish this Constitution for the United States of America.”
Das ist doch sowas wie unser Grundgesetz. Da steht was von "Justice".
Das ist nichts abstraktes wie Weltfrieden für mich.

Flow 03.06.2020 11:15

Zitat:

Zitat von dasgehtschneller (Beitrag 1535947)
Dass die "Täter" sich vor Gericht dafür verantworten sollten ist klar aber darüber hinaus sehe ich nicht was man hier machen könnte.

"Anti-Rassismus"-Kommission einsetzen, Posten des "Black-Rights"-Beauftragten schaffen ... je nach Stimmungsverlauf liefert Trump eventuell sowas zur Versöhnung, nachdem das "Law&Order"-Programm durch ist ...


PS :
Ah, qbz berichtet schon ... ;)

Flow 03.06.2020 11:18

Zitat:

Zitat von Flow (Beitrag 1535952)
"Anti-Rassismus"-Kommission einsetzen, Posten des "Black-Rights"-Beauftragten schaffen ... je nach Stimmungsverlauf liefert Trump eventuell sowas zur Versöhnung, nachdem das "Law&Order"-Programm durch ist ...

Falls sowas schon existiert, wird es medienwirksam umgestaltet, umbesetzt, umbenannt ...

qbz 03.06.2020 11:49

Zitat:

Zitat von dasgehtschneller (Beitrag 1535947)
Das ist alles richtig aber soweit ich weiss gibt es in den USA kein einziges Gesetz dass den Rassismus in irgendeiner Weise begünstigt das man hier anpassen könnte.
Deshalb ist es für mich ähnlich Abstrakt wie der Weltfrieden ;)

Dass die "Täter" sich vor Gericht dafür verantworten sollten ist klar aber darüber hinaus sehe ich nicht was man hier machen könnte.

Neben der Kritik an der rassitischen Polizeigewalt richtet sich die Kritik immer auch wieder gegen das Justiz- und Gefängnissystem. Ich zitiere mal aus einer Resenzion des Buches von Angela Davis:

Am Beispiel der "ethnischen Zusammensetzung" in kalifornischen Gefängnissen entwickelt Davis einen weiteren Strang ihrer Argumentation: 35 Prozent der Insassen sind Latinos, 30 Prozent Afroamerikaner und 29 Prozent Weiße. Weiße sind demnach deutlich in der Minderheit, jenseits der Gefängnismauern aber stellen sie ebenso deutlich die Bevölkerungsmehrheit. Gründe dafür findet die Autorin im so genannten Racial Profiling der Ermittlungsbehörden - Fahndungsmethoden, bei denen die Hautfarbe eine Rolle spielt - sowie in der hohen Armutsrate unter städtischen Afroamerikanern oder Latinos. Wo Diebstahlsdelikte, Drogenbesitz oder Verstöße gegen die Einwanderungsbestimmungen häufig härter bestraft werden als Steuerhinterziehung in Millionenhöhe oder gewerblicher Betrug, da sind die vielen Nicht-Weißen im Gefängnis kein Wunder.
........

"Für Privatunternehmen ist Gefängnisarbeit wie ein Hauptgewinn. Keine Streiks. Keine Gewerkschaften. Keine Arbeitslosenversicherung (…) Alles zu einem Preis, der einen Bruchteil dessen beträgt, was Arbeit auf dem freien Arbeitsmarkt’ kostet", zitiert Davis aus einer Broschüre von Linda Evans und Eve Goldberg. Damit kommt sie auf ihren Hauptaspekt zu sprechen: den des, wie sie es nennt, gefängnisindustriellen Komplexes. Der Trend zu mehr Inhaftierungen habe in der Ära von Ronald Reagan begonnen. Obwohl die Kriminalitätsrate zu diesem Zeitpunkt bereits rückläufig gewesen sei, seien Gefängnisse in einer noch nie da gewesenen Menge gebaut worden. Reagan habe als erster Präsident Haftanstalten als Wirtschaftsfaktor gesehen, ihm sei es um die Beteiligung von Großkonzernen am Bau von Gefängnissen, ihrer Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen und an der Ausbeutung von Haftarbeit gegangen.

Bis heute habe sich an dieser Auffassung nur wenig geändert. Die großen US-Gefängnisunternehmen CCA und Wackenhut unterhalten nicht nur eigene, nur am Profit orientierte Haftanstalten, sie konnten ihren Aktionsradius mittlerweile sogar auf andere Kontinente ausweiten. Davis’ Fazit fällt dennoch alles andere als düster aus: "Eine wichtige Herausforderung besteht darin, zur Schaffung einer humaneren, erträglicheren Umgebung für die Menschen im Gefängnis beizutragen, ohne sich dabei mit der Permanenz des Gefängnissystems abzufinden."


https://www.heise.de/tp/features/Weg...n-3403391.html

keko# 03.06.2020 11:52

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1535941)
Danke für die Erläuterung. Ich verstehe seinen Begriff von immateriellem Kapital nicht. Kapital ist eigentlich immer ein immaterieller Wert, quasi Geld in Bewegung wird Kapital, das sich einerseits in den Produktionsmitteln verstofflicht und andererseits für den Kauf der "lebendigen" Ware Arbeitskraft aufgewendet wird. ...

Prof. Reckwitz sagt auch nicht, dass der neue "Wissens"-Kapitalismus harmloser ist. Ganz im Gegenteil: dieser vereinnahmt die Wissenselite komplett als Mensch und schafft gleichzeitig eine Masse an schlecht bezahlter "Service class" bzw. prekäre Klasse.
Der Neoliberalimus und Globalisierung ist notwendige Voraussetzung dazu (offene Grenzen, schwache Gewerkschaften...) um Humankapital (egal ob Wissenselite oder prekäre) über Grenzen hinweg mobil zu halten und gleichzeitig weltweit Märkte zu erweitern.
Diese Entwicklung läuft schon seit den 90er Jahren und ist nicht neu. Meiner Meinung nach ist diese Theorie schlüssig und richtig. Auch andere Autoren füllen Bücher damit und selbst liberale Blätter wie "Die Zeit" schreiben gelegentlich darüber.
Es ist leider so, dass sich Neue Rechte oftmals irgendwelch Bruchstücke rausholen (Migranten...) und für ihre Zwecke missbrauchen. So gerät meiner Meinung nach die ganze Problematik ins Hintertreffen. Davon sollte man sich aber nicht blenden lassen. Man sollte gerade eben die AfD nicht wählen, weil sie ins falsche Horn bläst. Ebenso wie Trump, der diese Entwicklungen befeuert.
Bei Trump hatte ich anfangs tatsächlich manchmal die Hoffnung, dass er mit seinem "America first" einen anderen Weg gehen will, einen "gesunden nationalen".
(wie immer nur meine Meinung, ich mag mich irrren).

qbz 03.06.2020 12:47

Zitat:

Zitat von keko# (Beitrag 1535962)
Prof. Reckwitz sagt auch nicht, dass der neue "Wissens"-Kapitalismus harmloser ist. Ganz im Gegenteil: dieser vereinnahmt die Wissenselite komplett als Mensch und schafft gleichzeitig eine Masse an schlecht bezahlter "Service class" bzw. prekäre Klasse.
.....

Ich denke, in den meisten Phasen des Kapitalismus gab es eigentlich keine Vollbeschäftigung. Es gehört zur Systemcharakteristik, ein grosses Heer von Arbeitslosen zu haben, seit jeher., um einen Lohndruck auszuüben. Zu Beginn speiste sich das Arbeitslosenheer mit den freigesetzten Landarbeitern und Handwerkern, heute mit den wegen der Automatisierung freigesetzten Industriearbeitern oder aus dem globalen Arbeitsmarkt. Auch die wissenschaftlich-technischen Kopfarbeiter werden diesen Mechanismus in Zukunft zu 100 %, systembedingt, erfahren. Für mich persönlich beschreiben die Konzepte "Dienstleistungsgesellschaft"; "postindustrielle Gesellschaft" usf. oft nur Phänome, ohne diese Phänomene jedoch detailliert aus dem Wesen des Kapitals abzuleiten. Weil die Industriearbeiterschaft schrumpt, wird dann einfach der Hauptwiderspruch Kapital-Arbeit, als überholt deklariert, ohne anzuerkennen, dass genauso veränderte Arbeitsprozesse wie geistige Arbeit produktive Arbeit darstellt und zur Generierung von Mehrwert und Profit dienen kann. Und letzlich erhälten alles Wissen und alle Informationen neben dem Gebrauchswert auch immer eine Warenform auf dem Markt (vgl. neue Urheberrechtsgesetze) genauso wie die stofflichen Güter, insofern sehe ich in der vermehrten Bedeutung von Wissen und Information keine grundsätzliche Änderung des gesellschaftlichen Systems.

Die Demos und Unruhen in den USA stellen IMHO auch eine Chance dar, dass Menschen aktiv gemeinsam handeln, welche die Ungerechtigkeiten bisher individuell isoliert hinnahmen, und darüber hoffentlich Selbstbewusstsein entwickeln, gemeinsam etwas erreichen zu können.

pschorr80 03.06.2020 14:25

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1535961)
35 Prozent der Insassen sind Latinos, 30 Prozent Afroamerikaner und 29 Prozent Weiße. Weiße sind demnach deutlich in der Minderheit, jenseits der Gefängnismauern aber stellen sie ebenso deutlich die Bevölkerungsmehrheit.

In Deutschland ist der Ausländeranteil im Knast auch deutlich höher als draußen. Sind wir jetzt auch Rassisten? Oder sind Ausländer einfach krimineller? Wer keine Straftat begeht, der landet normalerweise auch nicht im Knast. ;)


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