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Schwarzfahrer 17.07.2020 10:08

Zitat:

Zitat von Hafu (Beitrag 1542859)
Israel kämpft seit Wochen mit einer fulminanten zweiten Welle,

Diese zweite Welle ist zwar bemerkenswert, die absoluten Zahlen zeigen allerdings, daß insgesamt bisher ca. 2,5 mal weniger Tote gab, als in Deutschland (bezogen auf die Bevölkerung), d.h. es verlief bisher noch harmloser als in Deutschland, das ja auch im internationalen Vergleich sehr gut wegkam. Ein erneuter Anstieg der Infektionen ist natürlich relevant, und zu beachten, aber der tatsächliche Verlauf rechtfertigt m.M.n. nicht so recht die dramatisierende Berichterstattung und Worte wie "fulminant". Welche Steigerung bleibt dann noch für Länder übrig, die es wirklich übel erwischt hat, wie Belgien, Brasilien, ...?

Seyan 17.07.2020 10:14

Zitat:

Zitat von Hafu (Beitrag 1542859)
Du verstehst mich falsch, wenn du glaubst, dass ich den Teufel an die Wand malen will. Natürlich muss man die Schulen wieder öffnen (und sie sind doch auch seit den Pfingstferien nahezu überall wieder offen!), aber eben auch mit Augenmaß, d.h. mit Hygienekonzepten, die die Indoor-Kontakte tendenziell reduzieren, weniger vollen Schulbussen akzeptablen Abständen in den Klassenzimmern usw.
Eine einfach Rückkehr zum Regelbetrieb wie vor Corona, wie es vielerorts geplant ist, halte ich angesichts der Schulgröße vielerorts für riskant.
An der Schule meiner Frau wurden vor einigen Jahren die Klassenzimmer verkleinert, da die übliche Klassenstärke in Zukunft nur noch 20 Schüler betragen sollte.
Tatsächlich wurden (u.a. aus Einsparungsgründen und wegen Lehrermangel) die Klassengrößen aber sukzessive wieder erhöht und letztes Jahr wurden sogar sog. Kombiklassen eingeführt (ein Klassenzimmer für eine große kombinierte 3. und 4. Klasse). Dieses Jahr hatte diese Kombiklasse 28 Schüler, im nächsten Schuljahr wird sie 27 Schüler haben. In einem engen Klassenzimmer, ohne Belüftung das eigentlich nur für maximal 20 Schüler vorgesehen ist.
Da langt man sich an den Kopf wie sowas inmitten einer Pandemie funktionieren soll.

Deine ganzen Argumente sind richtig. Wir haben halt grundsätzlich einen Lehrermangel, der sich nochmal verstärkt, weil viele Lehrer in der Risikogruppe sind (oder versuchen sich als solche darzustellen) und damit aus dem Pool an potenziellen Lehrkräften rausfallen. Das führt natürlich dazu, dass es nur schwer möglich ist, die Klassenstärke zu reduzieren.

Im Endeffekt wäre das beste, wenn man in Schulen, die auf Halbtagsunterricht (also z.B. von 8 bis 13 Uhr) ausgelegt sind, auf Ganztagsunterricht ummodelt, wobei damit halt die Klassenstärken reduziert werden. Allerdings bräuchte man dabei wieder entsprechend viele Lehrkräfte. Die fehlen aber (aus diversen Gründen). Man dreht sich folglich im Kreis...

Was auf jeden Fall keine Option (schon gar nicht auf längere Zeit) ist, ist das Lernen zuhause (oder per Videokonferenz). Das funktioniert schon bei vielen Studenten nicht (und die wissen von Beginn an, worauf sie sich einlassen)...

Hafu 17.07.2020 10:36

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1542864)
Diese zweite Welle ist zwar bemerkenswert, die absoluten Zahlen zeigen allerdings, daß insgesamt bisher ca. 2,5 mal weniger Tote gab, als in Deutschland (bezogen auf die Bevölkerung), d.h. es verlief bisher noch harmloser als in Deutschland, das ja auch im internationalen Vergleich sehr gut wegkam. Ein erneuter Anstieg der Infektionen ist natürlich relevant, und zu beachten, aber der tatsächliche Verlauf rechtfertigt m.M.n. nicht so recht die dramatisierende Berichterstattung und Worte wie "fulminant". Welche Steigerung bleibt dann noch für Länder übrig, die es wirklich übel erwischt hat, wie Belgien, Brasilien, ...?

Israel hat die erste Welle sehr gut gemeistert, indem sie in einem ganz frühen Stadium der Pandemie die Grenzen radikal geschlossen haben, so dass sie praktisch im März und April vom Infektgeschehen überhaupt nicht tangiert wurden.
Das hat aber auch dazu geführt, dass sich in der lokalen Bevölkerung auch kein Bewusstsein für die Risiken der Pandemie entwickeln konnte. Masken nutzt dort kaum jemand und auch social distancing war dort bis vor kurzem gemäß dem, was ich gelesen haben, ein Fremdwort.
Jetzt in der zweiten Welle, die ca. Mitte Juni begonnen hat, gibt es aktuell um die 1800 Neuinfekte in Israel pro Tag und 25 000 aktive Infizierte. Da Israel nur ein Zehntel der Einwohnerzahl Deutschlands hat, wären das auf unsere Größe übertragen 18 000 Neuinfekte pro Tag bzw. 250 000 aktive Infizierte.
Das ist eine Größenordnung mit der die USA aktuell zu kämpfen hat und bei der eine Infektnachverfolgung für die Gesundheitsämter nicht mehr möglich ist und im Prinzip nur ein Lockdown das Geschehen wieder unter Kontrolle bringen kann.

Wenn du das nicht für ein fulminantes Infektgeschehen hältst, dann frage ich mich, ab wann bei dir die Alarmglocken schrillen würden. Der (milde) Lockdown in Deutschland wurde übrigens bei täglich rund 1800 Neuinfekten und aktiven infizierten von rund 20000 in Deutschland verhängt, also bei rund 10% der Zahlen, mit denen Israel (und die USA) aktuell zu kämpfen haben.

Schwarzfahrer 17.07.2020 11:30

Zitat:

Zitat von Hafu (Beitrag 1542870)
Wenn du das nicht für ein fulminantes Infektgeschehen hältst, dann frage ich mich, ab wann bei dir die Alarmglocken schrillen würden.

Gemeldete Infektionen halte ich für eine ungeeignete Zahl, um mich davon emotional beeinflussen zu lassen, zu unklar ist, was wirklich an Erkrankungen dahinter steckt. Für mich sind nur die Zahlen von ernsthaft Erkrankten und Toten relevant für die Beurteilung, ob ich die Entwicklung für "fulminant", dramatisch, katastrophal, oder einfach nur übel halte.

El Stupido 17.07.2020 12:03

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1542880)
Gemeldete Infektionen halte ich für eine ungeeignete Zahl, um mich davon emotional beeinflussen zu lassen, zu unklar ist, was wirklich an Erkrankungen dahinter steckt. Für mich sind nur die Zahlen von ernsthaft Erkrankten und Toten relevant für die Beurteilung, ob ich die Entwicklung für "fulminant", dramatisch, katastrophal, oder einfach nur übel halte.

Einspruch! Ich halte sehr wohl die Zahl der gemeldeten Neuinfektionen für relevant.
Abgesehen davon, dass man das "ernsthaft" mal definieren müsste: ist "ernsthaft erkrankt" = staionäre Aufnahme ins KH oder erst wenn man dort auf einer ICU ist?

Weshalb ich aber sehr wohl die Zahl der gemeldeten Neuinfektionen für wichtig halte:
Was wenn du einen "ernsthaft erkrankten" hast, der aber schnell isoliert wird und niemanden ansteckt, parallel im Nachbarort aber einen symptomfreien, der fünf andere ansteckt, von denen dann aber 2-3 einen schweren Verlauf erleiden?

Hafu 17.07.2020 12:18

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1542880)
Gemeldete Infektionen halte ich für eine ungeeignete Zahl, um mich davon emotional beeinflussen zu lassen, zu unklar ist, was wirklich an Erkrankungen dahinter steckt. Für mich sind nur die Zahlen von ernsthaft Erkrankten und Toten relevant für die Beurteilung, ob ich die Entwicklung für "fulminant", dramatisch, katastrophal, oder einfach nur übel halte.

Die Toten hinken den Neuinfizierten 4-6 wochen hinterher, weil man an Covid-19 bei schweren Verläufen nicht in wenigen Tagen verstirbt, sondern in der Regel erst am Ende einer längeren Leidensstrecke, erst recht in einem modernen Land mit den Möglichkeiten der Intensivmedizin.

Die aktuelle israelische Infektwelle geht ja, wie aus den geposteten Links hervorgeht (ähnlich wie die derzeitigen Neuinfekte in den USA) v.a. von jüngeren kontaktfreudigen Leuten aus über Bars, Nachtclubs, Diskotheken, private Feiern oder eben Schulen. Da gibt es logischerweise weniger schwere Verläufe und weniger Tote wie bei den ersten Krankheitswellen in Schweden, Belgien, wo übverproportional die Alten- und Pflegeheime betroffen waren.
Auch bei uns in Deutschland, wo sich das Infektgeschehen in letzter Zeit überwiegend auf Flüchtlingsheime, Schlachthöfe, Fremdarbeiterunterkünfte oder große Mietskasernren gibt es ja seit Wochen bemerkenswert und erfreulich wenige Tote, weil das ja von der Altersstruktur und den Begleiterkrankungen her betrachtet auch eher jüngere, gesunde infizierte sind.

Bei hohen Infektzahlen (wie derzeit in den USA und eben auch in Israel) fallen aber irgendwann die seltenen schweren Verläufe bei jungen Erkrankten auch statistisch auf. In den USA (und ebenso auch in Israel mit seiner weitaus kleineren Bevölkerung) sieht man durchaus seit einigen Tagen auch einen Anstieg der Todeszahlen (aktuell um die 1000 pro Tag).
1800 Neuinfekte pro Tag entspricht in einem Land mit 8 Mio Einwohnern wie Israel übrigens ziemlich genau der Situation in den USA mit 70000 Neuinfekten pro Tag bei 330 Mio Einwohnern.
Die Anzahl schwerer Verläufe bzw. intensivpflichtiger/ hospitalisierten Patienten wird ja nicht separat an die WHO gemeldet, so dass es schwer ist hierzu statistische Betrachtungen anzustellen.

qbz 17.07.2020 15:00

Zitat:

Zitat von Hafu (Beitrag 1542891)
.......
Auch bei uns in Deutschland, wo sich das Infektgeschehen in letzter Zeit überwiegend auf Flüchtlingsheime, Schlachthöfe, Fremdarbeiterunterkünfte oder große Mietskasernren gibt es ja seit Wochen bemerkenswert und erfreulich wenige Tote, weil das ja von der Altersstruktur und den Begleiterkrankungen her betrachtet auch eher jüngere, gesunde infizierte sind.
.....

Ich sprach neulich mit einem Arzt von der Charite Berlin, der meinte, die Ärzte hätten in der Zwischenzeit mehr spezielle Erfahrungen und Kenntnisse in der Behandlung, was in den verschiedenen Stadien notwendig wäre, wie z.B. die Gabe von Gerinnungshemmer. Das wirkt sich eventuell neben der Altersstruktur auch aus.

Schwarzfahrer 17.07.2020 16:49

Zitat:

Zitat von Hafu (Beitrag 1542891)
Die Toten hinken den Neuinfizierten 4-6 wochen hinterher, ....

ist mir bewußt, aber das und die belegten Krankenhausbetten sind für mich trotzdem die einzigen Maßstäbe, die ich für die wirkliche Schwere der Epidemie anschaue - mit dem Bewußtsein, daß es nur retrospektiv sinnvoll geht.
Zitat:

Zitat von Hafu (Beitrag 1542891)
Die aktuelle israelische Infektwelle geht ja, ...v.a. von jüngeren kontaktfreudigen Leuten aus .... Da gibt es logischerweise weniger schwere Verläufe und weniger Tote wie bei den ersten Krankheitswellen in Schweden, Belgien, wo übverproportional die Alten- und Pflegeheime betroffen waren.
Auch bei uns in Deutschland, wo sich das Infektgeschehen in letzter Zeit überwiegend auf Flüchtlingsheime, Schlachthöfe, Fremdarbeiterunterkünfte oder große Mietskasernren gibt es ja seit Wochen bemerkenswert und erfreulich wenige Tote, weil das ja von der Altersstruktur und den Begleiterkrankungen her betrachtet auch eher jüngere, gesunde infizierte sind.

Genau, u.a. wegen solcher Differenzen in den Auswirkungen reicht mir eine hohe Infektionszahl nicht, mir ein Urteil von wegen extrem schlimm oder nicht zu bilden. Ich sage nicht, daß es nicht auf mögliche schlimme Auswirkungen hinweist, wenn die positiven Tests mehr werden, und daß man nicht gegenhalten sollte; ich sage nur, die steigende Zahl positiver Tests ist noch für mich allein kein ausreichendes Argument für die in den Medien gerne schnell herbeigeholte sprachliche Eskalation. Ich bin insgesamt für mehr Gelassenheit, - wie es übrigens aus einigen Deiner Posts (für mich positiv) auch herausklingt.


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