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Hafu 21.03.2020 19:50

Zitat:

Zitat von JeLü (Beitrag 1518866)
Darum ging es Jprn nicht, sondern um die Tendenz von deutschen Journalisten, statt auf Grundlage von Fakten und der Kenntnis plausibler Theorien konsistent kritisch zu fragen, plötzlich um 180% die Richtung der Fragen zu ändern. Wohl weil man denkt, als Journalist müsse man irgendwie neutral sein und Kritik bedeute In-Zweifel-ziehen beliebiger Aussagen. Gilt in anderen Ländern als schlechte journalistische Praxis, wird in Deutschland aber vielerorts betrieben.

Die These würde ich absolut unterschreiben. Vielleicht habe ich Jörn da auch misverstanden. Die journalistische Tendenz zum Angriff und konstant kritischem Hinterfragen praktisch jeder Aktion ist sicher ein Problem für jeden Politiker.

Ich habe ja vor etwa 8 oder 9 Tagen hier im Thread schon mal irgendwo geschrieben, als das erste Maßnahmenpaket mit Versammlungsverbot, nachmittäglichem Schließen von Cafes und Schul- sowei Universitätsschließungen beschlossen bzw. geplant worden war, dass man nun trotz zu erwartender weiterer exponentieller Ausbreitung des Virus erst mal zwei bis drei Wochen abwarten müsse, wie sich diese Maßnahmen auswirken, denn früheste Auswirkungen derartiger Maßnahmen sind halt leider frühestens nach etwa zwei Wochen zu erwarten.

Erst dann solle man entscheiden, ob man nachsteuern müsse.

Gleichzeitig hatte ich aber, wenn ich es richtig im Kopf habe auch schon meine Skepsis geäußert, dass es die Politiker in Deutschland angesichts des täglichen Handlungsdrucks, den die Presse in Verbindung mit steigenden infektzahlen erzeugt, kaum schaffen werden, tatsächlich zwei Wochen ruhig abzuwarten.
Naja, und so ist es dann halt auch gekommen. Alle paar Tage sind neue "Verschärfungen" in Kraft getreten. Durften zunächst Baumärkte und Frisöre noch weiterarbeiten, Cafes zumindest bis 15:00h noch Kaffee und Kuchen verkaufen, ist dies mittlerweile illegal.

Und wenn in wenigen Tagen endlich erste Erfolge in der exponentiellen Ausbreitungskurve von Covid-19 in Deutschland in Richtung Verflachung zu sehen sind (ganz feine Indizien dafür gibt es seit gestern! Der Trend muss sich allerdings verfestigen), dann liegt das an den allerersten Maßnahmen vom Abend des 12.Marz. Sehr viele werden es aber (fälschlich) als Erfolg der sukzessiven Verschärfung während dieser Woche interpretieren. Die Maßnahmen dieser Woche und erst recht die Ausgangsbeschränkung die seit heute nacht in Bayern und im Saarland gilt, kann sich in den infektzahlen aber frühestens ab Anfang April als Effekt zeigen.

qbz 21.03.2020 19:53

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1518870)
Sind das nicht Falschmeldungen? Die eigene Wohnung darf man vermutlich aufsuchen, oder nicht? Ich finde aber, dass man in der ersten Zeit, wo natürlich alles sehr hektisch zugeht, nicht auf jede kleinste Ausnahme gesondert eingehen kann. Dafür braucht man mehr Zeit — und die bräuchte jeder Politiker und jede Behörde, egal mit welchem Parteibuch.

Eine Berliner Bekannte von mir hat eine Zweitwohnung auf Usedom. Sie sagte mir, dass sie zur Zeit nicht da hin dürfe und abreisen musste, weil Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern den Aufenthalt aktuell verbieten. Ich habe das jetzt nicht überprüft, weiss nur, dass alle Urlauber diese Bundesländer verlassen mussten, sie auch. Dafür stehen jetzt bei uns auf dem Parkplatz an der Badestelle am See in der Uckermark (Brandenburg) die Berliner Wohnmobile, die sonst um die Jahreszeit an der Ostsee stehen würden. Auch wenn die Berliner Luft besungen wird, gesünder wäre es für meine Bekannte in Usedom am Strand, zumal ihre Frau und Mitbewohnerin als Künstlerin eine eher kontaktfreudige Person ist.

In Italien würde das auch nicht mehr gehen oder in Spanien, nehme ich an, nämlich eine Fahrt zum Zweitwohnsitz. Und das sehe ich nicht als kleinste Ausnahme an, sondern als existentiellen Teil der persönlichen Bewegungsfreiheit, die niemanden gefährdet! Insofern habe ich kein Verständnis für solche sinnfreien Ausgeh- und Fahrverbote.


Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1518870)
Ist das nicht Feldgeschrei einiger weniger Provinzpolitiker, welches man getrost ignorieren kann? Die Bundeswehr darf keine polizeilichen Maßnahmen übernehmen, und Frau AKK hat dies auch sofort klargestellt. Ein Blick ins Gesetzbuch hilft.

Die Notstandsgesetze erlauben den ordnungspolitischen Einsatz und eventuell das Infektionschutzgesetz, was ich jetzt nachschauen müsste.

Flow 21.03.2020 20:08

Da ich vorletzten Sonntag so eine fiese Abweisung (;)) meiner Betrachtung zur Letalität einstecken sollte ...
Zitat:

Zitat von Marsupilami (Beitrag 1514957)
..und da die meisten der offenen Fälle ebenfalls genesen werden, ist diese Überlegung wertlos.

Das RKI führt mittlerweile (?) die gleichen Betrachtungen an :
Zitat:

8. Fall-Verstorbenen-Anteil, Letalität

Fall-Verstorbenen-Anteil (engl. case fatality rate, CFR): Für den Fall-Verstorbenen-Anteil könnte man die Zahl der gemeldeten verstorbenen Fälle durch die Zahl der gemeldeten Fälle, z.B. in China, teilen, oder alternativ, durch die Zahl der Fälle mit bekanntem Endpunkt (genesene und verstorbene Fälle). Ersterer Quotient würde den endgültigen Anteil unterschätzen (da noch nicht von allen Patienten der Endpunkt bekannt ist und Patienten mit längerem Krankheitsverlauf häufiger tödlich verlaufen), bei letzterem Quotient würde der endgültige Anteil überschätzt werden.
(Verschiedene konkrete Zahlen finden sich dort ebenfalls)





Aus dem gleichen Kapitel für Arne :
Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1517547)
Zitat:

Zitat von Flow (Beitrag 1517542)
Je höher die Dunkelziffer, umso niedriger die Sterberate !

Ach ja?

Zitat:

Die Letalität beschreibt die Anzahl der verstorbenen Fälle als Anteil der Zahl der (tatsächlich) erkrankten Fälle. Dazu liegen keine verlässlichen Daten vor, weil die tatsächliche Anzahl erkrankter Menschen unbekannt ist und möglicherweise deutlich höher liegt als die Zahl der gemeldeten Erkrankungsfälle (siehe „Tatsächliche Anzahl Erkrankter“). Wenn tatsächlich die Zahl der erkrankten Fälle um einen Faktor 4,5–11,1 unterschätzt ist (siehe „Tatsächliche Anzahl Erkrankter“), dann beträfe das vermutlich v. a. die Zahl der (leichter) Erkrankten, die nicht durch das Überwachungssystem erfasst werden würden. Damit würde sich auch die (näher an der Wirklichkeit liegende) Letalität vermutlich um einen ähnlichen Faktor senken.
(Hvm)

JeLü 21.03.2020 20:16

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1518879)
Eine Berliner Bekannte von mir hat eine Zweitwohnung auf Usedom. Sie sagte mir, dass sie zur Zeit nicht da hin dürfe und abreisen musste, weil Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern den Aufenthalt aktuell verbieten.

Stimmt. Siehe hier: https://www.kn-online.de/Lokales/Ren...g-Eckernfoerde

dr_big 21.03.2020 20:21

Zitat:

Zitat von Hafu (Beitrag 1518829)
Bei Italien haben von Anfang an Zahl der Infizierten und Anzahl der Covid-19-Todesfälle nicht ansatzweise zusammengepasst. Die Mortalität in Italien lag am Anfang bei 4-5%, d.h. bei den von dir genannten 233 Toten am 1.3. gab es angeblich nur 5800 Infekte und mittlerweile liegt die Mortalität in Italien sogar bei 9%, was ja nach allem was man von diesem Virus weiß, selbst ohne jede medizinische Versorgung nicht stimmen kann.

Höchstwahrscheinlich gibt es in Italien längst etwa eine halbe Millionen Infekte, die von der Statistik nicht erfasst sind, denn dann würde die Anzahl der Todesfälle etwa korrekt sein.

In Deutschland passt die Anzahl der Todesfälle "lehrbuchmäßig" zur von der WHO vermuteten Letalität von 0,5% (dafür dürfte Deutschland bei 20 000 infekten) sogar 30 Todesfälle mehr haben, so dass die Dunkelziffer an Infizierten, die ungetestet sind, herumlaufen und das Virus unwissentlich weiterverbreiten, bei uns mit Sicherheit viel geringer als in den Nachbarländern ist.

Genau das kann ich nicht glauben. Deutschland testet viel zu wenig, nämlich nur Fälle mit starken Symptomen die nachweislich Kontakt zu einem Infizierten hatten oder aus einem Risikogebiet kommen, und selbst das wird nicht konsequent umgesetzt. Ich glaube, dass wir in D eine riessige Dunkelziffer haben. Andererseits ist es auch wieder positiv zu sehen, dass trotzdem nicht mehr Sterbefälle daraus resultieren.

Jörn 21.03.2020 20:21

Zitat:

Zitat von Hafu (Beitrag 1518876)
trotz zu erwartender weiterer exponentieller Ausbreitung des Virus erst mal zwei bis drei Wochen abwarten müsse, wie sich diese Maßnahmen auswirken, denn früheste Auswirkungen derartiger Maßnahmen sind halt leider frühestens nach etwa zwei Wochen zu erwarten.

Erst dann solle man entscheiden, ob man nachsteuern müsse.

Hier sind wir unterschiedlicher Meinung. Das ist ja nicht weiter schlimm.

Abgesehen von dieser Meinungsverschiedenheit empfinde ich es als problematisch, dass Du Deine Haltung (auf die Du ein Recht hast) mit Deiner medizinischen Erfahrung verbindest und sie damit plausibler erscheinen lässt, als sie tatsächlich ist. Denn hier geht es nicht um eine medizinische Erfahrung, sondern um eine (politische) Risikoabschätzung.

Deine These, man müsse nun in jedem Fall zwei bis drei Wochen (!) warten, finde ich nicht plausibel, sondern haarsträubend. Gleichzeitig betonst Du die exponentielle Ausbreitung — und das macht Deine These für mich noch unverständlicher.

Exponentielle Ausbreitung meint, dass nicht nur zwei Optionen zur Auswahl stehen (Maßnahmen verschärfen oder nicht). Sondern es meint, dass der Preis, den wir bei einer falschen Einschätzung zu zahlen hätten, enorm hoch sein wird. Man kann also nicht einfach abwarten, was am Schluss herauskommt und dann sagen: "Hoppla". Alle zwei bis drei Tage verdoppelt sich der Preis. Wer würde da abwarten wollen?

Was genau ist der Preis? Entweder Menschenleben oder Geld. Was würdest Du eher riskieren, Menschenleben oder Geld? Du als Arzt?

Die Politiker haben sich vermutlich erhofft, dass die Leute sich in eine Art "freiwillige Quarantäne" begeben. Das haben die Politiker eventuell zuerst nicht klar genug beschrieben. Daher entwickelten sich muntere Ferien-Aktivitäten in bestimmten Bevölkerungsgruppen, um nur ein Beispiel zu nennen. Es ist doch völlig klar, dass man hier sofort nachsteuern muss, sobald man davon Kenntnis erlangt, und dass man nicht einfach zwei bis drei Wochen abwartet.

Man sollte auch berücksichtigen, dass man den Politikern alle ihre Entscheidungen vorwerfen wird, wenn die Sache schief läuft. (Gerade Du tust das häufig in Deinen Postings.)

dr_big 21.03.2020 20:22

Zitat:

Zitat von abc1971 (Beitrag 1518841)
Weiß man eigentlich, wie der Cluster im Landkreis Tischenreuth entstanden ist?
Ist die Ursache auch Ski-Urlaub-Rückkehr?

Angeblich ein Starkbierfest auf dem sich viele angesteckt haben.

Klugschnacker 21.03.2020 20:27

Mich beschäftigt die Rolle Europas bei der Bewältigung der Corona-Krise. Immerhin handelt es sich um ein grenzüberschreitendes Problem – genau dafür haben wir die EU, oder?

Deutschland verfügt im Moment über mehr als genug Intensivbetten und Beatmungsgeräte. In Italien fehlen sie, und deshalb stapeln sich dort die Särge. Wäre es nicht möglich und moralisch geboten, die benötigten Kapazitäten innerhalb der EU bedarfsgerecht zu verteilen?

Ein paar große Zelte im Oktoberfest-Format haben wir doch schnell aufgetrieben und in Norditalien aufgestellt. Beatmungsgeräte, Betten und Personal bekommen wir auch zusammen, wenn wir nur wollen. Wenn in Italien das Schlimmste vorbei ist, nehmen wir die Ausrüstung wieder mit und machen in England weiter, wo sie anschließend gebraucht wird.

Auch wenn das gewiss nicht leicht ist und es viele Hürden gibt: Müssten wir das nicht wenigstens versuchen? Die Italiener sind ebenso wie die Spanier unsere Nachbarn.

Ich komme schwer damit zurecht, dass wir in unseren Nachbarländern die Menschen sterben lassen, weil wir nicht willens sind, vorübergehend unser Equipment auszuleihen. Ich meine damit nicht allein unser deutsches Equipment, sondern unsere gemeinsamen Ressourcen als Europäische Union.

Abgesehen vom humanitären Effekt gäbe es vielleicht auch einen politischen: Denn die EU ist in der Krise. Die Engländer sind raus, und die Osteuropäer kochen längst ihr eigenes Süppchen. Da wäre eine gemeinsame humanitäre Hilfsaktion, die von Land zu Land geht (Italien, Spanien usw.), sicher eine überzeugende Sache.

Wie denkt Ihr darüber?


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