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-   -   Leichte Schulterrotation - ja oder nein? (https://www.triathlon-szene.de/forum/showthread.php?t=48376)

Waldoblau 28.06.2020 11:18

Leichte Schulterrotation - ja oder nein?
 
Habe dazu Gegensätzliches gehört:

Eine Meinung ist, dass die Schulter nicht rotiert, sondern ganz ruhig bleibt. Eine andere sagt aus, die (leichte) Schulterrotation wäre wichtig, damit die Hüfte gegenläufig automatisch passiv nach vorne kommen kann und es sei stattdessen verkehrt, die Hüfte aktiv nach vorne zu schieben. (?)

Als ich den Lauftrainer nachfragte, bei einer Rotation würden doch dann auch die Arme vorne nach innen gehen, was sie doch nicht sollten, sondern parallel geführt werden, meinte er, man könnte die Arme dennoch parallel führen, auch wenn die Schulter sich leicht dreht.

Bin gespannt auf das Expertenwissen - danke!

Kasrwatzmuff 29.06.2020 07:43

Wenn wir der Frage der Rotation auf den Grund gehen wollen, dann sollten wir uns zuerst fragen, wo diese Rotation herkommt. Über diese Rotationen im Körper gibt es schöne hochwissenschaftliche biomechanische Abhandlungen. Hier mal die wichtigsten Ideen zur Rotation aus meiner Sicht.

Ausgangspunkt für die Körperrotation ist zuerst die Rotation in der Hüfte. Beim Abdruck und auch bei der Schwungphase entstehen Kräfte, welche dazu führen, dass die Hüfte sich nach vorne und hinten bewegen möchte, also rotiert. Je besser man trainiert ist, umso besser gelingt es, diese Hüftbewegung zu stabilisieren, also die Hüftrotation quasi gegen null zu fahren. Ganz ausschalten kann man diese Kräfte allerdings nicht.

Je mehr die Hüfte rotiert, umso mehr braucht es eine Gegenkraft, die diese Kräfte wieder ausgleicht. Und hier kommt dann die Schulter ins Spiel. Je mehr Hüftrotation, desto mehr rotieren die Schultern dagegen. Und wenn dann noch die Arme vor den Körper rotieren, dann ist diese Gegenrotation noch effektiver. Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch, dass je weniger Hüftrotation, desto weniger Schulterrotation. Wenn man eine gut trainierte Rumpfmuskulatur hat, dann findet die leichte Gegenrotation idealerweise auch nicht mit den Schultern, sondern im Bereich der Wirbelsäule statt. Dann sind die Schultern im Idealfall auch rotationsfrei.

Das ist natürlich nur eine recht einfache Betrachtung. Da jeder Mensch anders ist, können schon kleinste Fehlstellungen (Füße, Hüfte usw.) zu Rotationen führen, die dann irgendwo wieder Gegenrotationen auslösen. Daher ist es eigentlich unerlässlich, dass man sich den Laufstil persönlich anschaut. Nur dann kann man sich eine einigermaßen fundierte Meinung bilden.

Waldoblau 29.06.2020 13:05

Vielen Dank!

Nach deiner in sich sehr stimmigen und logischen Erklärung wäre es also genau umgekehrt:

Nicht die absichtliche Schulterrotation löst als Gegenreaktion die beabsichtigte und gewünschte (!) Hüftrotation aus, sondern die eigentlich nicht beabsichtigte, aber oft unvermeidbare Hüftrotation löst als Gegenbewegung die ebenfalls nicht beabsichtigte Schulter- bzw. Rumpfrotation aus.

Und ich dachte immer, wenn meine Hüfte weiter vorne ist, - so als Gegenteil zum sitzenden Laufstil - also leicht rotiert ist, ist auch die Laufbewegung besser.

Jetzt sehe ich es so:

Weiter vorne im Sinne einer maximalen Hüftstreckung ja, aber Rotation nein.

Kasrwatzmuff 29.06.2020 13:37

Die Erwähnung des "sitzenden Laufstils" macht mich doch jetzt etwas stutzig. Hoffentlich meinen wir mit der Rotation auch das Gleiche.

Ein sitzender Laufstil ist eigentlich immer schlecht und ein Zeichen für Dysbalancen, Verkürzungen und Abschwächungen in der Rumpfmuskulatur. Hier kann man durch gezielte Kräftigungs- und Dehnübungen gegenwirken. Aus eigener Trainererfahrung weiß ich aber auch, dass es hier "unbelehrbare" Sportler gibt.

Schwarzfahrer 29.06.2020 13:38

Genau, Hüftstreckung ist effektiv, aber jede Bewegung, die nicht in Laufrichtung passiert (also auch die Rotationen), verbrät nur unnötig Energie (gilt ganz besonders auch für starke hoch-runter Bewegung). Mein Laufgefühl sagt, idealerweise gleitet der Oberkörper stabil mit minimalen durch die Landschaft, und die Beine darunter arbeiten fast "isoliert". Tänzer wissen, was ich meine, wenn ich an Isolationsübungen denke.

Klugschnacker 29.06.2020 14:44

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1540032)
Genau, Hüftstreckung ist effektiv, aber jede Bewegung, die nicht in Laufrichtung passiert (also auch die Rotationen), verbrät nur unnötig Energie (gilt ganz besonders auch für starke hoch-runter Bewegung). Mein Laufgefühl sagt, idealerweise gleitet der Oberkörper stabil mit minimalen durch die Landschaft, und die Beine darunter arbeiten fast "isoliert". Tänzer wissen, was ich meine, wenn ich an Isolationsübungen denke.

Das sind zu stark vereinfachte Idealisierungen eines Technikers oder Ingenieurs.
:Blumen:

Muskeln funktionieren anders als einfache mechanische Systeme. Zum Beispiel gibt es bei Muskeln den Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus: Ein Muskel wird leistungsfähiger, wenn er zuvor kurz gegen die Arbeitsrichtung gedehnt wird. Die Sache ist also sehr komplex.

Man läuft genau deswegen nicht mit dem Körperschwerpunkt auf gerader Linie, weil das ineffizient ist.

Es gibt niemanden, der genau sagen könnte, wie ein optimaler Laufstil auszusehen hätte. Wenn das jemand dennoch tut, kann man sich oft sicher sein, dass er mit solchen Tipps sein Geld verdient.

sabine-g 29.06.2020 14:48

sehr interessant übrigens gestern die Bilder vom hessischen Rundfunk von Gesa Krause und Anne Haug, die 19,95km nebeneinander herliefen.
Der Laufstil hätte unterschiedlicher nicht sein können.

LidlRacer 29.06.2020 15:00

Zitat:

Zitat von sabine-g (Beitrag 1540051)
sehr interessant übrigens gestern die Bilder vom hessischen Rundfunk von Gesa Krause und Anne Haug, die 19,95km nebeneinander herliefen.
Der Laufstil hätte unterschiedlicher nicht sein können.

Und was schießen wir daraus?


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