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Ausdauerjunkie 21.03.2020 20:55

Ich wusste nicht dass es noch eine Überkapazität an Intensivbetten gibt.
Ich habe eher gelesen dass wir fast an unseren Grenzen sind und nächste Woche selbst nicht wissen "woher nehmen"?!

JeLü 21.03.2020 20:57

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1518887)
Hier sind wir unterschiedlicher Meinung. Das ist ja nicht weiter schlimm.

Abgesehen von dieser Meinungsverschiedenheit empfinde ich es als problematisch, dass Du Deine Haltung (auf die Du ein Recht hast) mit Deiner medizinischen Erfahrung verbindest und sie damit plausibler erscheinen lässt, als sie tatsächlich ist. Denn hier geht es nicht um eine medizinische Erfahrung, sondern um eine (politische) Risikoabschätzung.

Deine These, man müsse nun in jedem Fall zwei bis drei Wochen (!) warten, finde ich nicht plausibel, sondern haarsträubend. Gleichzeitig betonst Du die exponentielle Ausbreitung — und das macht Deine These für mich noch unverständlicher.


Man sollte auch berücksichtigen, dass man den Politikern alle ihre Entscheidungen vorwerfen wird, wenn die Sache schief läuft. (Gerade Du tust das häufig in Deinen Postings.)

Das ist ein gutes Argument dafür, eher zu viel zu machen als zu wenig, allerdings muss man natürlich auch die Opportunitätskosten veranschlagen.
Wofür es kein gutes Argument ist, ist, dass Politiker ihre Entscheidung nach wenigen Tagen RATIONAL ändern können, da es hierfür neuer Evidenz bedürfte, die kann es ex hypothesi nicht geben.
Wenn wir von der Hypothese (Maßnahmen zeigen sich in den Zahlen erst nach 7-21 Tagen weggehen, würde ich darauf verweisen, dass es schon früher Evidenz gibt. Man kann früher aufweisen, wieviel Prozent der sozialen Kontakte zurückgehen und wir haben gute empirische Theorien darüber, wieviel Kontaktrückgang wir benötigen, um R unter 1 zu drücken.

qbz 21.03.2020 21:07

Zitat:

Zitat von Ausdauerjunkie (Beitrag 1518899)
Ich wusste nicht dass es noch eine Überkapazität an Intensivbetten gibt.
Ich habe eher gelesen dass wir fast an unseren Grenzen sind und nächste Woche selbst nicht wissen "woher nehmen"?!

Aber gibt es in der ganzen EU keine Ärzte, Krankenschwestern, Pfleger, die man zur Unterstützung in Norditalien motivieren, organisieren kann? Und weiterhin frage ich mich, ob nicht noch Material aufgetrieben werden kann, was dort dringend gebraucht wird.

Wenn wir hier darüber schreiben, dass in Italien das Gesundheitswesen dekompensiert, dann ist das auch ein Versagen der EU in meinen Augen.

Ich habe gerade im Netz recherchiert mit den Stichworten, Italien Corona Hife, und bekam an erster Stelle die Meldung, dass auch Russland jetzt Personal und Hilfslieferungen schickt. Über die EU-Länder bekam ich vorwiegend kritische Berichte zum Thema fehlende Hilfe.

merz 21.03.2020 21:08

Leopoldina will shutdown:



https://www.leopoldina.org/uploads/t...eutschland.pdf

m.

spanky2.0 21.03.2020 21:13

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1518855)
Dass die anderen EU-Länder sich nicht in der Lage sehen, Italien praktische Hilfe inform von Ärzten, Krankenschwestern und Material zu senden oder sich um Unterstützung der dortigen Versorgung bemühen, finde ich angesichts der dramatischen Situation in der Lombardei extrem unsolidarisch und abstossend. (Motto: Jedes Land ist sich selbst das nächste).

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1518889)
...
Deutschland verfügt im Moment über mehr als genug Intensivbetten und Beatmungsgeräte. In Italien fehlen sie, und deshalb stapeln sich dort die Särge. Wäre es nicht möglich und moralisch geboten, die benötigten Kapazitäten innerhalb der EU bedarfsgerecht zu verteilen?
.
.
Wie denkt Ihr darüber?

Kretschmann hat beschlossen, daß Baden Württemberg Corona Patienten aus Frankreich aufnehmen wird:

https://www.deutschlandfunk.de/covid...ews_id=1112679

Nach Italien wurde bislang nur Material verschickt wie zB diese Atemschutzmasken:

https://www.spiegel.de/politik/deuts...d-3518d53eabfe

Wäre nur Italien betroffen, würden die umliegenden EU Länder mit Sicherheit schnell Ärzte und Intensivbetten zur Verfügung stellen. Aber im Grunde sind fast alle EU-Länder selbst betroffen. Man hat ja gesehen wie schnell das in Italien ging - und genauso schnell kann unser Gesundheitssystem mit dem Rücken zur Wand stehen.

Im Saarland gibt es jetzt schon das dritte Krankenhaus, das keine Patienten mehr aufnehmen kann. Und das in diesem frühen Stadium der Infektionen:

https://www.sr.de/sr/home/nachrichte...iesst_100.html

Ich fürchte kein Politiker will und kann die Verantwortung übernehmen zum jetzigen Zeitpunkt Ärzte ins Ausland zu schicken. Wenn unser Gesundheitssystem ans Limit kommmen sollte, käme das auf die Politik zurück wie ein Boomerang.

abc1971 21.03.2020 21:14

Zitat:

Zitat von dr_big (Beitrag 1518888)
Angeblich ein Starkbierfest auf dem sich viele angesteckt haben.

Danke, also ähnlich der Ursache in Heinsberg

Antracis 21.03.2020 21:16

Zitat:

Zitat von Ausdauerjunkie (Beitrag 1518899)
Ich wusste nicht dass es noch eine Überkapazität an Intensivbetten gibt.
Ich habe eher gelesen dass wir fast an unseren Grenzen sind und nächste Woche selbst nicht wissen "woher nehmen"?!

Stand vorgestern hatten wir ca. 200 COVID-19 Patienten auf den Intensivstationen. Deutschland steht bei Intensivbetten sehr gut da und durch das Runterfahren der elektiven Operationen und dem Ausbau der Kapazitäten mache ich mir da um die nächsten 2-3 Wochen eigentlich keine Sorgen. Es laufen bei uns im Haus z.B. aktuell gerade ziemlich viel Personalschulungen, um Ärzte und Pflegepersonal, die gerade nicht auf der Intensivstation arbeiten, auf ARDS-Behandlung einzuarbeiten. Zusammen mit den ganzen Maßnahmen die Laufen, würde ich jetzt erwarten, dass wir mit einem blauen Auge davon kommen, wenn wir jetzt das exponentielle Wachstum der Infektionen verlangsamen. Lokal kann das natürlich eng werden.

Ich habe aber keine Ahnung, wieviele Kapazitäten es hier gibt, die man entbehren könnte. In Berlin wird ja beispielsweise gerade präventiv eine Klinik für 1000 Betten auf dem Messegelände gebaut mit dem Ziel, dass es fertig ist, wenn evt. doch eine große Welle anflutet, die das System sonst nicht aushält. Das wird sicherlich viele Kräfte von THW und Co binden, die man dann halt nicht nach Italien schicken kann und wenn man erst in 3 Wochen anfängt aufzurüsten, ist es zu spät, falls nötig.

Jörn 21.03.2020 21:27

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1518901)
dass auch Russland jetzt Personal und Hilfslieferungen schickt. Über die EU-Länder bekam ich vorwiegend kritische Berichte zum Thema fehlende Hilfe.

China wähnt sich "über den Berg". Russland fühlt sich derzeit nicht betroffen. Es ist plausibel, dort nach Geräten und Personal nachzufragen.

Ich frage mich, ob "die Deutschen" damit einverstanden wären, unsere Kapazitäten in der aktuellen Situation auszuleihen. Arne hat zwar vorgeschlagen, dies nur mit Überkapazitäten zu tun, und nur solange man anhand der Kurven abschätzen kann, dass man sie für die nächste Zeit nicht selber benötigt. Insofern unterstütze ich Arnes Vorschlag/Kritik natürlich.

Als Politiker würde ich vermutlich den Fall eines Misserfolgs einkalkulieren — oder dass es von irgendwem so hingedreht wird. Wenn alles gut läuft, dann werden die Politiker gelobt, weil sie in aller Not die europäische Idee hochgehalten haben. Aber wenn es hier wirklich hässlich werden sollte, dann wird irgendein Schmierlappen von der AfD eine Andeutung machen, dass unsere Politiker ja nichts Besseres zu tun hätten, als die Geräte ins Ausland zu verschenken, die von deutschen Steuerzahlern bezahlt wurden, die nun mit dem Tode kämpfen. Es kommt nicht darauf an, ob das stichhaltig ist.

Wenn man sich hier bereits um Klopapier streitet, wie sehr wird man wohl bereit sein, lebenswichtige Geräte auszuleihen? Die Chance, dass die Politiker hier auf eine breite Zustimmung hoffen können, könnte geringer ausfallen, als wir es uns im Forum wünschen. Hinzu kommt noch das unterirdische Niveau der sozialen Netze.


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