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Hafu 16.07.2021 18:35

Hochwasser-Katastrophe im Westen
 
Ich habe es gerade schon im Nachbarthread zum Bundestagswahlkampf angekündigt:

Angeregt durch den Beitrag von Merz, eröffne ich hier mal einen separaten Thread zu diesem Extremwetterereignis, das natürlich trotzdem klare Bezüge zum Klimawandel ebenso wie zum Bundestagswahlkampf hat.

Hier können wir z.B. auch neutral und ergebnisoffen die Aspekte, wie wir in Zukunft bei sich häufenden derartigen Ereignissen wohnen werden müssen, wie man Gebäude hochwassersicher in Zukunft bauen oder nachrüsten muss, diskutieren.

Gerade habe ich folgenden Beitrag von "ZDF heute" angesehen, um mich in den Details auf den aktuellen Stand zu bringen.

Der verlinkte Beitrag wird besonders interessant, als bei etwa 20 Minuten der Moderator einen Userkommentar vorliest (einen von der Art, wie sie mir in den letzten Tagen auch schon zahlreich. bei Twitter untergekommen sind), in dem der Verfasser den Starkregen als singuläres Ereignissen ohne jeden Bezug zu einem immer noch negierten Klimawandelphänomen herunterspielt.
Ab da ringt der eingeladene ZDF-Wetterexperte erkennbar um Fassung und beklagt die jahrzehntelange Desinformationskampagne gegen die Klimaforschung(nachweislich von der Ölindustrie mitfinanziert) , die offensichtlich bei vielen Menschen verfangen ist und deren Argumentationsstereotypen im Denken oftmals fix verankert sind.

Siebenschwein 16.07.2021 18:56

Zitat:

Zitat von Hafu (Beitrag 1611622)
Ich habe es gerade schon im Nachbarthread zum Bundestagswahlkampf angekündigt:

Der verlinkte Beitrag wird besonders interessant, als bei etwa 20 Minuten der Moderator einen Userkommentar vorliest (einen von der Art, wie sie mir in den letzten Tagen auch schon zahlreich. bei Twitter untergekommen sind), in dem der Verfasser den Starkregen als singuläres Ereignissen ohne jeden Bezug zu einem immer noch negierten Klimawandelphänomen herunterspielt.
Ab da ringt der eingeladene ZDF-Wetterexperte erkennbar um Fassung und beklagt die jahrzehntelange Desinformationskampagne gegen die Klimaforschung(nachweislich von der Ölindustrie mitfinanziert) , die offensichtlich bei vielen Menschen verfangen ist und deren Argumentationsstereotypen im Denken oftmals fix verankert sind.

Nun ja, vorab: ich betrachte den Klimawandel als real existierendes und bereits stattfindendes Phänomen.
Trotzdem finde ich die Argumentation, das die derzeit auftretenden Wetterphänomene einzeln als Beweis für den Klimwandel hergenommen werden, eher schwach.
Man sollte diese Ereignisse als Anlass nehmen, darauf hinzuweisen, dass sich die Wahrscheinlichkeit, so etwas regelmässig ertragen zu müssen, deutlich erhöht. Wer also mit Restvernunft gesegnet ist, sollte, selbst wenn er die Wissenschaft hinter der Erderwärmung nicht versteht, dieses Risiko minimieren wollen. Denn wenn wir die endgültige Statistik dazu sehen werden, ist es zu spät, um einzugreifen.
Ich denke, diesen Punkt gilt es herauszuarbeiten.

Hafu 16.07.2021 19:25

Zitat:

Zitat von Siebenschwein (Beitrag 1611623)
...
Trotzdem finde ich die Argumentation, das die derzeit auftretenden Wetterphänomene einzeln als Beweis für den Klimwandel hergenommen werden, eher schwach.
...

Wenn es nur eines dieser Ereignisse gäbe, wäre dies sicher kein Beweis für reale Auswirkungen des Klimawandels. Da die Ereignisse (Rekordhitze in Australien vor eineinhalb Jahren, Rekordhitze in Kanada und jetzt in den USA, Starkregen in Deutschland, hochgradige Abschwächung des Jetstreams und damit stehende Tief- und Hochdruckgebiete, die sich kaum noch weiterbewegen) sich aber derart krass häufen, muss man schon eine sehr selektiven Wahrnehmung unterliegen, um die hoch plausiblen Zusammenhänge noch zu leugnen. (du bist damit natürlich nicht gemeint, sondern ich habe die oben erwähnten Besserwisserkommentatoren, die auch im verlinkten Video zitiert werden im Hinterkopf).

Ich habe in den letzten paar Tagen bei allen Sondersendungen, die ich gesehen und Podcasts, die ich gehört habe nicht einen einzigen Meteorologen wahrgenommen, der einen unmittelbaren Zusammenhang der aktuellen Extremwetterlage mit dem Klimawandel und der bereits eingetretenen Erderwärmung in Abrede gestellt hätte. Für eigentlich alle Experten ist der kausale Zusammenhang auf der Hand liegend und bewiesen (zumindest was die globale Häufung der beschriebenen Wetterphänomen anbelangt).

Es gibt mittlerweile sogar einen eigenen Forschungszweig, der sich mit dem Zusammenhang zwischen Extremwetterereignissen und dem Klima befasst, die sog. Attributionsforschung, wie ich heute dazu gelernt habe.

War heute Thema im Zeit-Podcast. und auch in einem Beitrag des Deutschlandfunkes wird darauf eingegangen.

Bei den großflächigen Hitzerekorden in Australien und den USA ist dabei der Zusammenhang zum Klimawandel wohl wesentlich leichter zu belegen, als bei Starkregenereignissen, da deren Auswirkungen auch stark davon abhängen wo genau es zum Regen kommt. Derselbe Starkregen in der Ebene ist weitaus weniger gefährlich als wenn er dort niedergeht, wo es Berge und damit Abflussgebiete des Regens gibt.

Und natürlich spielen für das konkrete Ausmaß der Katastrophe aktuell auch die Art und Dichte der Bebauung sowie eventuelle Begradigungen der dortigen Fließgewässer eine Rolle.
Deshalb habe ich ja auch diesen Thread ausgelagert, um nicht alle Aspekte nur im Klimawandelthread zu diskutieren.

LidlRacer 16.07.2021 19:27

In absehbarer Zeit werden wir den weiteren Klimawandel nur bremsen, aber nicht rückgängig machen können.
Folglich werden wir wohl lernen müssen, mit häufigeren Extremwetterereignissen klarzukommen. Ich weiß aber nicht, ob es schon halbwegs seriös abschätzbar ist, wie wahrscheinlich / wie häufig Vergleichbares passieren wird.

Ich fürchte, man kann vorbeugend nicht allzu viel tun.
Man kann nicht alle Häuser in Flussnähe durch wasserdichte Betonbunker ersetzen.
Man kann nicht alle Häuser in Flussnähe abreißen und in sicherer Entfernung wieder aufbauen.
Man kann nicht alle Flüsse so eindämmen, dass sie nicht über die Ufer treten können - zumal das das Problem nur weiter nach unten verlagern würde, wo das Wasser dann schneller ankäme.

Wenn sowas wirklich in den nächsten Jahren immer wieder passiert, dürften die Preise / Mieten der gefährdeten Häuser deutlich fallen, was aber nur zur Folge hätte, dass dort mehr ärmere Leute wohnen würden und dann gefährdet wären.

Konkret hilfreich wäre immerhin, wenn man solche Ereignisse exakter prognostizieren könnte, so dass man zumindest rechtzeitig evakuieren könnte, um wenigstens die Menschen zu retten, wenn man auch die Zerstörungen nicht verhindern kann.

Nächstes Jahr (oder schon im weiteren Verlauf dieses Jahres) können wir aber natürlich auch wieder mit anderen Extremen konfrontiert sein (Hitze, Dürre, Sturm, ...).

Eine Zeitmaschine wäre praktisch, mit deren Hilfe wir die Bekämpfung des Klimawandels rechtzeitig beginnen könnten. Jetzt ist es etwas spät.

TRIPI 16.07.2021 19:32

So richtig gruselig wird es wenn man die Prognosen und Horrorszenarien bezüglich des Golfstromes liest. Viel fehlt nicht mehr und das wars dann mit ihm

Mo77 16.07.2021 19:39

Wer auf Grafiken steht.

Regenmenge im Durchschnitt seit 1881

Täglich Regenmenge die letzten mindestens 100 Jahre

sybenwurz 16.07.2021 19:54

Zitat:

Zitat von LidlRacer (Beitrag 1611627)
Eine Zeitmaschine wäre praktisch, mit deren Hilfe wir die Bekämpfung des Klimawandels rechtzeitig beginnen könnten. Jetzt ist es etwas spät.

Die würde weissgott nix nutzen, denn die Gefahr wird seit den 1980er Jahren ja deutlich thematisiert.
Was passiert ist, weisst du selbst.

Ich weiss nicht mehr wo, aber ich hab dieser Tage gelesen, dass rund 80Jahre vergehen würden, wenn wir jetzt _wirksame_ Massnahmen ergreifen würden, um die klimatischen Bedingungen in für die Menschheit positiver Weise zu beeinflussen.

Hafu 16.07.2021 19:56

Zitat:

Zitat von LidlRacer (Beitrag 1611627)
...
Man kann nicht alle Häuser in Flussnähe durch wasserdichte Betonbunker ersetzen.
Man kann nicht alle Häuser in Flussnähe abreißen und in sicherer Entfernung wieder aufbauen.
Man kann nicht alle Flüsse so eindämmen, dass sie nicht über die Ufer treten können - zumal das das Problem nur weiter nach unten verlagern würde, wo das Wasser dann schneller ankäme.
...

Man kann tatsächlich gerade gegen Starkregen-Hochwasser sehr viel tun, wenn man es intelligent angeht und Hochwasserschutzmaßnahmen sind günstiger, als die Schäden durch Hochwasser.
Ich wohne ja in einer hochgefährdeten Gemeinde, die zweimal (2002 und 2005) von massivem Hochwasser mit jeweils Millionenschäden schon betroffen war und danach über 10 Jahre lang in vorbeugenden Hochwasserschutz mehrere Millionen Euro investiert hat.
Beide Hochwasser waren als sog. 50-jährige Hochwasser klassifiziert.
Als es 2013 zum nächsten "50-jährigen Hochwasser" durch Starkregen bei sog. Vb-Wetterlage kam, blieb unsere Ortschaft wegen der neu geschaffenen Überflutungswiesen, Ausleitungsbauwerke und Rückhalterechen bei sogar höherer Regenmenge als 2005 Regenmenge komplett verschont von Überflutungen, während im 7km entfernten Nachbarorten Kössen, wo der Hochwasserschutz noch nicht fertig gebaut war, 40 Mio Schaden durch eine nahezu komplette Überflutung des Ortes entstand.
Beim Hochwasserschutz muss man halt sehr individuelle Lösungen suchen und v.a. nicht nur an Dämme denken. Das Wichtigste ist, dass man in Modellierungen nach Stellen sucht, in denen große Wassermengen "zwischengeparkt" werden können, ohne allzu großen Schaden anzurichten.

Bei dem 2005er-Hochwasser verwandelte sich die Straße vor dem damals von uns gemieteten Haus plötzlich in einen reißenden Fluss und es war reines Glück dass unser Keller damals nicht volllief, wie bei manchen Nachbarn.
Als wir dann später ein Haus im selben Ort kauften, habe ich lange die Überflutungs-Luftfotos von 2002 und 2005 studiert, um von vornherein nur solche Häuser in die engere Auswahl zu nehmen, die von den damaligen Überflutungen nicht betroffen waren.
Die Mühe beim Hauskauf (und Mehrkosten für ein hochwassersicheres Haus) hätte ich mir aber vermutlich sparen können, denn durch den fertig gestellten Hochwasserschutz sind selbst die Häuser in unserer Gemeinde die 2002 und 2005 überflutet waren (und die man 2006 für einen Appel und ein Ei hätte erwerben können), seitdem bei Starkregenereignissen (2013 und auch noch einmal 2019 bei ähnlicher Wetterlage und Regenmenge) verschont geblieben.


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