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1500 m Taktik
Kann mir jemand erklären warum Läufer wie Jakob Ingebrigtsen bei seinen Läufen sich anfangs immer ans Ende vom Feld fallen lässt und da sogar manchmal noch einen Abstand über die ersten 100-200 m läfft bevor er mit dem Feld mitläuft?
Er muss dann meistens 1-2 Runden vor Ende sich von hinten nach ganz vorne durcharbeiten, nimmt in Kauf mehr Meter zu Laufen und hat höhere Gefahr zu Stürzen da hier oft heftige Positionskämpüfe im Gange sind und Leute aus der Reihe ausscheren. Natürlich der Erfolg gibt ihm Recht, aber wäre es nicht einfacher sich irgendwo an Position 5-6 einzureihen und dann von dort an die Spitze zu gehen? Was sind die taktischen Optionen die er hat, sollte das Feld frühzeitig außeinander fallen bevor er sich nach vorne gearbeitet hat? Dann müsste er doch wahnsinnig viel Energie liegen lassen beim Versuch die Lücke alleine zu schließen |
interessantes Thema
Niklas Kaul schien mir auf seinen 1500m sehr gleichmässig unterwegs, zunächst am Ende des Feldes, dann immer weiter vorne und schließlich mit großem Vorsprung im Ziel. Die anderen sind wohl eher etwas langsamer geworden gegen Ende. Auf dieser Seite https://results.mun.mev.atos.net/ECM...00-000100-.htm ist zwar die Ausgabe von Zwischenzeiten vorgesehen aber leider nicht gefüllt, so dass ich nicht weiss wie gleichmässig er wirklich unterwegs war. Allerdings gehts es im Rahmen eines Zehnkampfs natürlich 'nur' um die Zeit und bei den Spezialisten 'nur' um den Platz, was die Taktik sicher stark beinflusst. Zu Ingebrigtsen: Zunächst am Ende zu laufen ist mMn zum einen gut um sich aus Rangeleien herauszuhalten bis sich das Feld sortiert hat, zum zweiten ist es psychologisch stark seine Überlegenheit zu demonstrieren "ich hab alles im Blick und kann euch sowieso jederzeit einholen oder am Ende absprinten egal was ihr vorher macht". Drittens ist es wohl auch cool, ihm wird ja auch ein gewisser Hang zur Arroganz nachgesagt. Wenn es bei einem Meeting um eine Rekordprämie ginge würde er sicher anders agieren. |
Ingebrigsen macht das so, weil er es kann.
Arroganz. Er kann es sich aber leisten. |
Niklas Kaul ist mir in dem Zuge auch mit ähnlicher Taktik eingefallen.
Ich könnte mir vorstellen, dass dies auch energetisch/muskulär ganz sinnvoll ist. Sprich erst langsam Tempo aufbauen als voll ins Laktat zu gehen und dann den Körper damit zu überfordern :-(( Das wurde aber sicher schon von der Wissenschaft entsprechend beleuchtet und getestet. Entzieht sich aber meiner Kenntnis :Cheese: |
Mal Arroganz bei Seite.
Ist es also eher eine Taktik von Sprint starken Läufern? Ich hab jetzt kein genaues Videomaterial von Mo Farah vor Augen aber aus der Erinnerung würde ich sagen, dass er auch eher immer am Ende des Feldes gelaufen ist um sich dann in den letzten 2/3 nach vorne zu orientieren und am Ende alle abzusprinten. Also probate Taktik. Wenn das aber so offensichtlich ist, wieso dann nicht von Anfang an richtig Tempo machen oder einen Zwischensprint einbauen um die Lücke nach hinten zu reissen, damit der Sprinter seine "billige" Taktik nicht Laufen kann. |
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wäre interessant zu sehen wenn die stärksten Läufer der Welt dabei sind, also die Afrikaner, ob er sich da auch traut 20-30m hinter der Spitze herzuzockeln, weil wenn die dann vorne auf die Tube drücken dürfte es auch für ihn schwierig werden.
War doch grade WM, wie war das da? |
Bei der WM kamen die ersten 5 aber auch aus Europa, erst dann kamen Afrikaner. Das Rennen gesehen habe ich aber leider nicht.
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Zitat:
Ich meine aber, dass er im Interview sagte, er wollte ein schnelles Rennen haben und habe dann dort auch Tempo gemacht. https://www.youtube.com/watch?v=VzOOcN0Z6pY |
Bei Olympia ist Ingebrigtsen auch langsam gestartet (Drittletzter). Hat sich aber dann schon auf der ersten Runde nach vorne geschoben. :cool:
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5000m alsbald Frontrunner bis zur Ziellinie bei 13:09min Bissl was zum Training und der Familie gibt's hier. Die Mama ist Frisöse, mehr Norwegisch kann ich mir leider nicht herleiten...:cool: |
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Wobei wie ja auch schon gesagt wurde, man muss sich das leisten können. Ein Athlet im Mittelfeld, der kann das nicht machen, weil er nicht mehr vor käme und vielleicht dann sogar noch weiter hinten landet. Ingebrigtsen weiß, dass er offensichtlich alle (meistens) überlaufen kann. |
Was Ingebrigtsen macht, ist nichts anderes, als die Taktik umzusetzen, die bei seinen körperlichen Voraussetzungen die höchste Erfolgsaussicht verspricht. Er hat eine sehr hohe aerobe Kapazität (er kann auch 10.000m sehr gut laufen), eine sehr hohe anaerobe Kapazität und einen guten Schlussspurt.
Die ersten Meter hält er sich aus den Rangeleien heraus und nimmt dafür Umwege in Kauf, um sich dann schnell weit nach vor bis je nach Tempo ganz nach vor zu orientieren. Dann läuft er ein Tempo, das alle sprintstärkeren Läufer in den roten Bereich treibt und damit ihre Endgeschwindigkeit nimmt und zieht in der letzten Runde so an, dass keiner mehr vorbeikommt. Manchmal gibt es dann dennoch einen, der noch vorbeikommt, weil er die nahezu immer gleiche Taktik von Ingebrigtsen perfekt zu seinem eigenen Vorteil nutzen konnte. Über die 5000m muss er schauen, dass das Tempo nicht zu hoch wird, ähnlich wie es Farah gemacht hat und ist dann den Langdistanzlern aufgrund seiner 1500m Fähigkeiten auf der letzten Runde überlegen. Speziell bei Meisterschaftsrennen sind solche Läufer über die längeren Distanzen kaum zu schlagen, weil die Endzeit selten in Weltrekordnähe liegt. |
Ich finde es interessant, dass sich hier einige Nutzer sehr sicher sind, warum er läuft wie er läuft. Ich finde, wer das nicht sicher weiß und das kann keiner von uns, sollte seine Aussagen hier auch entsprechend relativieren und nicht den Eindruck vermitteln mehr zu wissen als der Rest.
Für diejenigen, die sich mit seiner Taktik und !!möglichen!! Hintergründen wirklich auseinandersetzen wollen, empfehle ich den Auslaufen-Podcast, in dem das immer wieder von einem deutschen Spitzenläufer (Maximilian Thorwirth), der natürlich nicht auf Ingebrigtsen-Niveau ist, aber sicher bessere Einblicke geben kann, aufgegriffen wird. Für ihn bleiben übrigens auch Fragen offen ;-) |
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Auch der sehr komplexe Trainingsansatz der Ingebrigtsen-Brüder kommt nebenbei in der Videoserie sehr gut rüber. Mittlerweile hat Jakob sich übrigens von seinem sehr dominanten Vater als Trainer getrennt (nicht unbedingt überraschend für aufmerksame Zuseher der Familien-Soap) |
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Im übrigen muss natürlich nicht alles relativiert werden. Der Unterschied zwischen einem individuellen Fall und einer Evidenz die sich aus vielen Wiederholungen/Versuchen/Beobachtungen ergibt ist doch offensichtlich. Dass eine gut eingestellte Zeitfahrposition schneller ist als eine aufrechte Oberlenkerrennradposition, dass man im Windschatten schneller ist, als im Wind, dass der Nichtsportler mit Training seine Leistung steigern kann sind Beispiele dafür. Man muss dann natürlich mit der unbequemen Wahrheit leben, dass nicht alles schwarz oder weiß ist und man sich bei den Graustufen der Anstrengung der Entscheidung hingeben muss, ob diese eher zur Spekulation oder eher zur Evidenz tendieren. Aussagen über einen individuellen Athleten ohne irgendwelche wissenschaftliche Erkenntnis dazu empfinde ich dann deutlich eher als Spekulation. Anders wäre es, wenn plötzlich viele Athleten anfingen so zu laufen und dies gleichermaßen kommentieren oder beispielsweise mit Datenreihen begründen würden. |
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Womöglich könnte ihn Cheptegei über 5000m schlagen, aber dazu müsste er, um Ingebrigtsen in den roten Bereich zu treiben, selber den Großteil der Strecke von vorne laufen und das is psychologisch enorm schwer, wenn ein sprintstarker Läufer an den Fersen haftet. Blöderweise hat die Leichtathletik zu viele Laufdisziplinen und ein Aufeinandertreffen der Besten wurde dadurch oft verhindert. |
Auch wenn es im Fall Ingebritsen keine Rolle spielen dürfte, bei 25-26km/h (1500m Tempo) merkt man auch im Laufen definitiv einen Windschatten.
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