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Hafu 18.02.2022 16:51

Energiewende
 
Gibt zwar schon einen "Klimawandel- und alle schauen zu dabei"-Thread, der mir aber von der Ausrichtung her, schon wegen des Titels , zu fatalistisch ist und auch zu viel Wertung hat, so dass ich mich dort, obwohl das Thema wichtig und hochspannend ist, nur selten und innerlich widerstrebend zu Wort melde. Ich will ja -wie viele anderen im Forum auch nicht einfach nur zuschauen, sondern durchaus meine eigenen Beiträge leisten, um das Thema zu adressieren und am besten ein Stück in eine bessere Richtung zu drehen.

Deshalb wollte ich zum zukünftigen Umgang mit Energie einen deutlich neutraler betitelten Thread erstellen, zumal nicht nur der Klimwandel uns zur schnellstmöglichen Energiewende zwingt, sondern seit Monaten auch die Preisspirale durch immer teurer werdende fossile Energieträger Handlungszwang aus rein ökonomischen Motiven heraus erzeugt.
Anders als viele Medien suggerieren beruhen die Preissteigerungen bei Strom, Öl und Gas nur zu einem sehr kleinen Teil auf Co2-Abgaben sondern v.a. auch auf politischen Spannungen und Börsenspekulationen.

Nichtsdestoweniger wird aber all das in den nächsten Jahren beeinflussen, wie wir mit Energie im Alltag umgehen.
Im Idealfall werden wir mit Energie zukünftig wesentlich bewusster umgehen, als in den letzten Jahrzehnten, als insbesondere fossile Energieträger derartig billig waren, dass ein wirklich bewussterer und sparsamer Umgang sich wirtschaftlich kaum lohnte.

Ein ganz fetter Eckpfeiler der uns bevorstehenden Energiewende wird der von Habeck geplante massive Ausbau der Windenergie sein. Der von mir sehr geschätzt Podcast "Lage der Nation" hat vor wenigen Wochen mit zwei Sonderfolgen "Raus aus der Flaute: Windkraftausbau in Deutschland" akribisch recherchiert, warum genau der Windkraftausbau in Deutschland in den letzten Jahren nahezu zum Erliegen gekommen ist und an welchen Stellgrößen man ansetzen muss, um den Windkraftausbau wieder in Gang zu bringen. Wer in das Thema sehr detailliert einsteigen will, dem kann ich diese beiden mehrstündigen Podcastfolgen für ruhige Rolleneinheiten oder lange Spaziergänge sehr empfehlen.

Ein anderer Eckpfeiler bei der Energiewende wird sein, die Menschen dazu zu bringen, Strom genau dann zu verbrauchen, wenn genügend davon in den Netzen ist (denn Elektrizität wird nunmal mindestens in den nächsten 20 bis 30 Jahren bis evt. grüner Wasserstoff an Bedeutung gewinnt, die wichtigste Energiequelle überhaupt sein).

Es gibt, wie ich gestern zufällig gelesen habe, schon jetzt bundesweit tätige Stromanbieter, deren Preismodell sich an den stundenweise ändernden Börsenstrompreis anpasst. Und wie ich bei längerer stichpunktartiger Recherche rausgefunden habe, lag an fast jedem Tag des vergangenen Jahres der von AWattar dem Endkunden berechnete Börsenstrompreis zum Teil deutlich unter dem niedrigsten derzeitigen Preis klassischer Elektrizitätswerke bzw. Stromanbieter.

Heute nacht wird Strom sogar mehrere Stunden nahezu umsonst sein (aufgrund des vorhergesagten erneuten Sturms in Deutschland) und in der Vergangenheit hat es sogar Zeiten gegeben, da bekam man als Awattar-Kunde Geld zurück, wenn man mit seiner Wärmepumpe, Heizstab oder Waschmaschine Strom verbraucht hat und damit half die durch ein Überangebot von Strom gestressten Netze zu stabilisieren.

Da der Windkraftanteil absehbar stark zunehmen muss, damit auch in Schwachwindphasen genügend Windstrom zur Verfügung stehen werden solche Phasen mit negativem Strompreis in Zukunft immer häufiger auftreten, so dass Stromanbieter wie Awattar (ähnliche Anbieter sind tibber und Voltego) aus meiner Sicht eine spannende Zukunft mit ihrem Geschäftsmodell haben.

Gerade wenn immer mehr Leute E-Autos in der Garage stehen haben und relativ flexibel sind, wann sie diese genau voll laden, kann man von so einem Tarif massiv profitieren Da z.B. bei AWattar die Höhe des Strompreises schon einen Tag im Voraus bekannt ist und auf eine App geschickt wird, kann man mit geeigneter Software in der Wallbox das Laden demnächst auch von KI übernehmen lassen.

Gibt es hier im Forum schon jemanden, der mit derart flexiblen Preismodellen der o.g. Anbieter praktische Erfahrungen gesammelt hat?

Trimichi 18.02.2022 17:49

Zitat:

Zitat von Hafu (Beitrag 1646691)
Heute nacht wird Strom sogar mehrere Stunden nahezu umsonst sein (aufgrund des vorhergesagten erneuten Sturms in Deutschland) und in der Vergangenheit hat es sogar Zeiten gegeben, da bekam man als Awattar-Kunde Geld zurück, wenn man mit seiner Wärmepumpe, Heizstab oder Waschmaschine Strom verbraucht hat und damit half die durch ein Überangebot von Strom gestressten Netze zu stabilisieren.

Das ist der neuralgische Punkt. Oder? Die Infrastruktur zur Speicherung fehlt. Weil Speicherung geht imho nur über Wasserstoff. Im industriellen Maßstab, Autos ausgeklammert. Autos brauchen, glaube ich, 2,5% des gesamten Bedarfs.

Hier ein Anhaltspunkt in Form einer Graphik, eine Übersicht zu wo wird wieviel Strom verbraucht in Deutschland (Bereiche) anteilsmäßig aus dem Jahre 2020:

https://de.statista.com/statistik/da...n-deutschland/

Superliebes Danke für die Erstellung des Fadens. :Blumen:

Bleierpel 18.02.2022 18:11

Spannendes Thema, HaFu. Der Voltego Link für leider zu einer 404 Seite ;-)

Hafu 18.02.2022 18:13

Liste der Anhänge anzeigen (Anzahl: 1)
Zitat:

Zitat von Trimichi (Beitrag 1646705)
Das ist der neuralgische Punkt. Oder? Die Infrastruktur zur Speicherung fehlt. Weil Speicherung geht imho nur über Wasserstoff. Im industriellen Maßstab, Autos ausgeklammert. Autos brauchen, glaube ich, 2,5% des gesamten Bedarfs.
...

Wenn man den Verbrauch clever steuert (und das gelingt halt nur mit Stromanbietern, die einen genau passenden stündlichen Preis zum jeweiligen Stromangebot liefern), dann muss man meiner Meinung nach überhaupt nicht allzuviel Strom speichern, da man mit Strom als univierseller Enrgiewährung auch ohne den energieverschlingenden Umweg über Wasserstoff enorm viel anfangen kann: Wärme für Warmwasser wird z.B. ganzjährig benötigt und in zigtausend Haushalten läuft derzeit auch im Hochsommer der Gas- oder Ölbrenner ein bis zwei Stunden am Tag, nur um das Brauchwasser zu erhitzen. Das ginge viel effektiver mit Strom. Machen ja auch schon viele Haushalte, nur zahlen die meisten davon noch den Grundpreis von 30c bis 40c/kWh für ihre Warmwasseraufbereitung und nicht den per Strombörse optimierten Preis bei einem Anbieter wie aWattar: Wer z.B. morgen von 10h bis 16h Strom verbraucht bekommt dank des vorhergesagten Sturms sogar den Strom umsonst bzw. teilweise (ab 12h) was ausgezahlt nur dafür dass man Strom verbraucht. Leichter kann man Geld eigentlich nicht verdienen.
Anhang 47273

Die allermeisten Wärmepumpen (und das wird die Wärmequelle der Zukunft für nahezu alle Gebäudeheizungen sein) lassen sich auch undulierend betreiben und dann (auch durch entsprechdende Software automatisiert) besonders viel Wärme produzieren, wenn es gerade Windstromüberschüsse gibt. In dem Fall fungiert gewissermaßen der Estrich der Fußbodenheizung als low-tec-Energiespeicher.
Waschmaschinen und Spülmaschinen kann man auch bewusst dann laufen lassen, wenn es am günstigsten ist.

Hafu 18.02.2022 18:29

Zitat:

Zitat von Bleierpel (Beitrag 1646710)
Spannendes Thema, HaFu. Der Voltego Link für leider zu einer 404 Seite ;-)

Danke für den Hinweis.:Blumen:
Habe die ensprechenden Links korrigiert.

Feanor 18.02.2022 18:41

Leider ist die stationäre Speicherung nicht so im Fokus wie das EV. Das sieht man schon daran, wohin die Fördermillionen aus der Batterieförderung gegangen sind.
Aber alle Speichertechnologien (LiB, Flow Batterien etc.) verzeichnen seit einiger Zeit ein riesen Wachstum. Natürlich noch von niedrigem Niveau. Die bei weitem größten Aktivitäten finden dabei in China und USA statt, die Länder auf die wir immer so gerne schimpfen, wenn es um die Umwelt geht. Deutschland ist da einfach hinterher, deswegen bekommt man davon auch nicht so viel mit. Deutschland ist halt Autoland.

Wasserbüffel 18.02.2022 19:04

Zitat:

Zitat von Hafu (Beitrag 1646691)
Anders als viele Medien suggerieren beruhen die Preissteigerungen bei Strom, Öl und Gas nur zu einem sehr kleinen Teil auf Co2-Abgaben sondern v.a. auch auf politischen Spannungen und Börsenspekulationen.

Nichtsdestoweniger wird aber all das in den nächsten Jahren beeinflussen, wie wir mit Energie im Alltag umgehen.
Im Idealfall werden wir mit Energie zukünftig wesentlich bewusster umgehen, als in den letzten Jahrzehnten, als insbesondere fossile Energieträger derartig billig waren, dass ein wirklich bewussterer und sparsamer Umgang sich wirtschaftlich kaum lohnte.

Das ist leider so korrekt, ein großer Teil der Preissteigerungen am Energiemarkt beruht momentan auf Spekulation und unsicherer Versorgungslage, insbesondere im Gasbereich und sind nicht Folgekosten der Energiewende.

Die angesprochenen lastvariablen Tarife werden in der Zukunft enorm an Bedeutung gewinnen und die "starre" Energieabrechnung mit einem gewählten Tarif und 1x im Jahr Zählerstand ablesen wird es in der Form nicht mehr geben.
Allerdings ist dafür Voraussetzung, das ein intelligenter Zähler verbaut ist der entsprechende Verbräuche zeitscharf zuordnen kann (in der Regel 15 Minuten Raster). Diese sind aber bisher kaum verbaut und es wird noch Jahre dauern bis die großflächig verfügbar sind. Der Einbau erfordert evtl. Änderungen in der Hausinstallation und die Kosten für den Betrieb sind ebenfalls teurer.

Ein vereinfachtes Modell der variablen Abrechnung existiert bereits seit etlichen Jahren mit dem Angebot von Hochtarif/Niedertarif. Das sollte den Verbraucher motivieren möglichst in lastschwachen Zeiten (in der Nacht/Wochenende) Strom zu verbrauchen.

Shangri-La 18.02.2022 19:49

Zitat:

Zitat von Trimichi (Beitrag 1646705)
Das ist der neuralgische Punkt. Oder? Die Infrastruktur zur Speicherung fehlt. Weil Speicherung geht imho nur über Wasserstoff. Im industriellen Maßstab, Autos ausgeklammert. Autos brauchen, glaube ich, 2,5% des gesamten Bedarfs.

Speicherung über Wasserstoff ist sicherlich derzeit im Fokus, es gibt aber auch Diskussionen Amminiak zu verwenden oder auch LOHC‘s an denen gerade massiv geforscht wird oder Energiespeicherung in „Feststoffen“….

Schwarzfahrer 18.02.2022 19:58

Zitat:

Zitat von Wasserbüffel (Beitrag 1646731)
Ein vereinfachtes Modell der variablen Abrechnung existiert bereits seit etlichen Jahren mit dem Angebot von Hochtarif/Niedertarif. Das sollte den Verbraucher motivieren möglichst in lastschwachen Zeiten (in der Nacht/Wochenende) Strom zu verbrauchen.

Das hatten wir in den Neunzigern in unserer Mietwohnung. Die Grundgebühr für den zweiten Stromzähler war doppelt so teuer, wie alles, was wir an Strom hätten sparen können; die Billigtarife fielen auf nachts, wo sich Nachbarn bedankt hätten, wenn wir die Waschmaschine im Schleudergang hätten laufen lassen (und wer hat Lust morgens vor der Arbeit noch Wäsche aufzuhängen...). Es war damals wohl vor allem für die Besitzer von Nachtspeicherheizungen gedacht, da mag es sich gelohnt haben. Wir haben es schnellstmöglich gekündigt, und genossen, selbst zu bestimmen, wann wir was tun. Noch variabler war es übrigens in Rumänien, wo wir die Waschmaschine dann laufen ließen, wenn es überhaupt Strom gab.

Ich sehe also aus meiner Erfahrung keinen Gewinn darin, daß mein Verbrauchsverhalten von zeitvariablen Verfügbarkeit von Strom bestimmt wird. Das wesentliche Sparpotential liegt in meinen Augen darin, ob man überhaupt Strom verbraucht und wie effiziente Geräte man benutzt, nicht darin, wann man es tut.

Ich passe meine Urlaubsfahrt gerne mal an die Stausituation oder an Wetter an, und fahre auch mal einen Tag oder eine Woche früher oder später. Aber Waschmaschine, Kochen u.ä. sind Alltagsnotwendigkeiten, die frei nach Bedarf möglich sein müssen, auch für Geringverdiener.

Hafu 18.02.2022 20:37

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1646743)
...

Irgendwie hatte ich im Hinterkopf, dass du mittlerweile eine PV-Anlage auf dem Dach hast, oder verwechsel ich dich gerade?

Falls ja: machst du dir da keine Gedanken darüber, ob du Waschmaschine, Trockner und Geschirrspülmaschine nicht sinnvollerweise zwischen 11h und 14h laufen lässt, wenn man jenseits der Dunkelmonate stets PV-Überschüsse hat, für die es viel weniger Vergütung gibt als du morgens oder abends für vom Stromanbieter zugekauften Strom zahlen müsstest?

Das Geschäftsmodell von Voltego oder Avatar beruht genau auf dem gleichen Modell, nur dass halt die Geschichte mit den Stromüberschüssen auch auf die Dunkelmonate ausgeweitet wird, in denen es normalerweise keine PV-Überschüsse, wohl aber regelmäßig Windkraftüberschüsse gibt.

Die strikte Orientierung am sehr volatilen, aber aufgrund der Wettervorhersage gut planbaren Börsenstrompreis beinhaltet eine ganz andere Größenordnung an Sparpotenzial als frühere Schwachlasttarife mit günstigem Nachtstrom.

Jeder Mensch ist anders, aber ich kenne viele, die 10 km Umweg fahren für eine Tankstelle, die 3c/l günstiger ist, so dass sie beim Volltanken knapp 2€ sparen (die sie in Wirklichkeit durch den Umweg längst mehr ausgegeben haben). Auf jeden Fall betreiben sehr viele Leute Sparen und Schnäppchenjagd geradezu als Selbstzweck und gewissermaßen als Sport und was bei Treibstoff, Payback-Karten oder auch Supermarktangeboten nachweislich funktioniert, wird IMHO auch bei Strom funktionieren, sofern das Ganze über Apps entsprechend bequem und einfach nutzbar ist.

Trimichi 18.02.2022 20:50

Zitat:

Zitat von Shangri-La (Beitrag 1646739)
Speicherung über Wasserstoff ist sicherlich derzeit im Fokus, es gibt aber auch Diskussionen Amminiak zu verwenden oder auch LOHC‘s an denen gerade massiv geforscht wird oder Energiespeicherung in „Feststoffen“….

Im Unterschied zur Steinzeit hat sich nicht viel verändert. Ob als Affen auf Bäumen oder als homo sapiens mit Smartphone neben dem Laptop: der Ton ist noch der gleiche.

Entweder des vernunftbegabte Tier (der Mensch) nutzt seine Vernunftbegabung - oder bleibt was es ist: vernunftbegabt. Dann allerdings ist zu befürchten, dass wir die Energiewende nicht hinbekommen, die graduellen Unterschiede in Sachen Intelligenz zu unseren nächsten Artverwandten natürlich nicht in Frage gestellt. Toll! An was alles geforscht wird. Und?

Was heißt Forschen übersetzt? Wir wissen nichts? Wir tun unser Bestes? Und vor allem: wir haben keine Lösung? Und letztlich machen wir dann eben so weiter wie bisher? Die Wissenschaft müsste sagen: Leute, es reicht, full stop. Macht man aber nicht. Wozu auch? Wissenschaftlicher sind keine besseren Menschen, wie auch, dass muss man sich ab und zu klarmachen. Oder? Wir forschen, okay, somit müssen wir die Politiker im Umkehrschluss nicht entmachten, indem wir zeigen, dass es so nicht weitergehen kann?

Wo ist denn "die APO einer vernetzten Welt"? Wo ist der Streik der Wissenschaftler? INTERNET? NETWORKING? Fehlanzeige. Vernunftsteuerung obwohl wir die Tools haben? Totaler Fehlschlag? Wie gesagt, ist wie in der Steinzeit, nur mit dem Unterschied, dass wir 7,8 Milliarden Menschen sind und niemand (oder vielleicht eine Hand voll Ökonomen; kein Vergleich zu den Siebzigern) an Null- oder gar Negativwachstum denkt. Ganz im Gegenteil! Leider.

Immerhin: Scholz stellt sich auf die Weltenbühne (White House mit Biden) und lädt die Welt ein an der Energiewende teilzuhaben. Zumindest gibt es noch welche, die daran glauben, dass wir das "Schiff schon schaukeln werden."

So wie du? Und auch ich? Danke nochmalig an Hafu. I want to believe. :Blumen:

Schwarzfahrer 18.02.2022 21:01

Zitat:

Zitat von Hafu (Beitrag 1646748)
Irgendwie hatte ich im Hinterkopf, dass du mittlerweile eine PV-Anlage auf dem Dach hast, oder verwechsel ich dich gerade?

Falls ja: machst du dir da keine Gedanken darüber, ob du Waschmaschine, Trockner und Geschirrspülmaschine nicht sinnvollerweise zwischen 11h und 14h laufen lässt, wenn man jenseits der Dunkelmonate stets PV-Überschüsse hat, für die es viel weniger Vergütung gibt als du morgens oder abends für vom Stromanbieter zugekauften Strom zahlen müsstest?

Nein, mache ich nicht. Waschmaschine läuft, wenn die Trommel voll ist, ich die Wäsche brauche, und Zeit habe, sie aufzuhängen. Spülmaschine läuft, wenn sie voll ist, und ich das saubere Geschirr haben will. Zwischen 11 und 14 h bin ich (ohne Home office) nicht zu Hause, die Wäsche stundenlang in der Maschine liegen lassen macht das Bügeln schwieriger. Da ich mir eine PV-Anlage leisten konnte, bin ich nicht darauf angewiesen, die 15 ct Unterschied pro kWh auszuquetschen; praktische Nutzung der Geräte im Alltag ist mir mehr Wert. Wäre ich auf diese kleinen Beträge angewiesen, hätte ich mir keine PV-Anlage leisten können. Und Wohlstand bedeutet für mich, die technischen Errungenschaften zur Erleichterung des Lebens zu nutzen.
Zitat:

Zitat von Hafu (Beitrag 1646748)
Jeder Mensch ist anders, aber ich kenne viele, die 10 km Umweg fahren für eine Tankstelle, die 3c/l günstiger ist, so dass sie beim Volltanken knapp 2€ sparen (die sie in Wirklichkeit durch den Umweg längst mehr ausgegeben haben).

Ich tanke, wenn die Anzeige auf Reserve geht (alle 800 km); meine Frau hat etwas mehr Überblick und nutzt Apps, um ggf. ein paar Stunden später zu tanken, und damit zu sparen (ich bin zu faul, auf dem Handy rumzutippen); auch tanke ich möglichst nicht auf der Autobahn. Aber mehr als 1 km Umweg für eine volle Tankfüllung mache ich nicht. Ich kaufe auch gerne z.B. bei Wurst die Sonderangebote, weil ich dadurch eine einfachere und engere Auswahl habe, und mir egal ist, ob ich diese Wurst heute oder nächste Woche esse. Aber sparen als Selbstzweck ist nicht mein Ding. Für alles, was mir wichtig ist, gebe ich auch das Geld aus, das ich glücklicherweise habe. Ich achte mehr darauf, mein Konsum auf das wirklich wichtige und notwendige zu beschränken, wenig wegzuwerfen und vieles so lange wie möglich zu benutzen (also eher mehr ausgeben wenn die Qualität oder Komfort mir passend vorkommen). Ist meine Form des Sparens.

Hafu 21.02.2022 09:06

Eine Meldung aus Australien hat am Wochenende aufmerken lassen:

Australien wird das größte seiner Kohlekraftwerke schon 2025 schließen, sieben Jahre früher als es ursprünglich von der projektierten Laufzeit des Kraftwerks her geplant war.

Und der Grund sind nicht etwa Klimaschutzüberlegungen und der Wille, weniger CO2 auszustoßen sondern rein ökonomische Zwänge:
Kohleenergie ist im Vergleich zu erneuerbaren Energien (in Verbindung mit Speichern) einfach zu teuer und Kohlekraftwerke zu unflexibel, so dass ihr Betrieb schon jetzt nicht mehr lohnt.


Die Situation ist in Deutschland genau dieselbe, zumal die in Deutschland geförderte Braunkohle weitaus teurer ist, als die australische Kohle. Allerdings haben es die Betreiber deutscher Kohlekraftwerke ja im sogenannten "Kohlekompromiss" noch unter der großen Koalition aus Union dun SPD geschafft, erstmal noch bis zu 18 Jahre weiter unwirtschaftlichen Strom aus Kohle produzieren zu dürfen (was den Strom absehbar enorm teuer macht) und für den sowieso unausweichlichen Kohleausstieg auch noch 40 Mrd Steuergelder abzugreifen.

DocTom 21.02.2022 09:29

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1646750)
Nein, ... Für alles, was mir wichtig ist, gebe ich auch das Geld aus, das ich glücklicherweise habe. Ich achte mehr darauf, mein Konsum auf das wirklich wichtige und notwendige zu beschränken, wenig wegzuwerfen und vieles so lange wie möglich zu benutzen (also eher mehr ausgeben wenn die Qualität oder Komfort mir passend vorkommen). Ist meine Form des Sparens.

Meine Einstellung wie bei Dir auch,. Und unser Auto zB fährt, und fährt, und fährt (seit 2009). Seit 2005 mit CNG unterwegs.


Zitat:

Zitat von Hafu (Beitrag 1647073)
...
Australien wird das größte seiner Kohlekraftwerke schon 2025 schließen, ...
...und für den sowieso unausweichlichen Kohleausstieg auch noch 40 Mrd Steuergelder abzugreifen.

Das ist der eigentliche Skandal, und Korrekturmöglichkeiten kosten dann obendrauf noch mal mehr Steuergelder.

:-((

Hafu 21.02.2022 16:27

Liste der Anhänge anzeigen (Anzahl: 1)
Deutschland hat in der 7. Woche diesen Jahres erstmals fast den gesamten Strombedarf aus erneuerbaren Energien gedeckt und konnte sogar reichlich überschüssigen Strom (rund 10 GW) nach Frankreich, Polen und Tschechien exportieren.

Anhang 47289

Möglich wurde dies zwar nur durch eine besondere Wettersituation mit drei aufeinanderfolgenden Sturmtiefs, aber die Situation zeigt doch die grundsätzlichen Möglichkeiten auf, die der Erneuerbaren Energiegewinnung innewohnt und wie positiv sie sich auf die Strompreise auswirkt.

Das Ganze war sogar dem Focus eine extra Story wert.

Je schneller der Ausbau von Windkraft und Photovoltaik gelingt, desto häufiger werden wir solche wochen erleben, in denen fossile Kraftwerke auf ein Minimum runtergeregelt oder abgeschalten werden können und Elektrizität an der Strombörse kaum was kostet.

MattF 21.02.2022 17:10

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1646743)

Ich sehe also aus meiner Erfahrung keinen Gewinn darin, daß mein Verbrauchsverhalten von zeitvariablen Verfügbarkeit von Strom bestimmt wird. Das wesentliche Sparpotential liegt in meinen Augen darin, ob man überhaupt Strom verbraucht und wie effiziente Geräte man benutzt, nicht darin, wann man es tut.

1. Wie Hafu schon schrieb, kann man z.b. das Laden des Autos automatisieren.
Man muss sich dazu gar keine Gedanken machen. Man kann auch das Laufen lassen der Wama automatisieren, z.b. in dem man die Wama morgens lädt und als Vorgabe gibt, dass sie durch ist bis man um 17.00 nach Hause kommt. Dann entscheidet die KI wann die Wama oder die Spüma läuft. Wo ist das Problem? Wenn man das schon als Bevormundung ansieht, dann wundert mich allerdings auch nix mehr :Huhu: :liebe053:

2. Ist die Aussage auch nicht richtig. Wenn z.b. der Strompreis negativ ist, werden Windkraftanlagen abgeschaltet, evtl. auch Großsolaranlagen vom Netz genommen, es wird also Strom nicht erzeugt obwohl es nicht mal was kosten würde, ihn in dem Moment zu erzeugen, der nützliche Dinge machen könnte.

Siebenschwein 21.02.2022 18:31

Zum Thema negative Energiepreise wage ich einzuwerfen, dass sobald eine intelligente Verbrauchssteuerung oder Ladesteuerung für BEVs in signifikantem Ausmass installiert ist, diese negativen Preise kaum noch auftreten werden.
Was aber auch ok ist- denn die „intelligente kWh“ wird immer günstiger sein als die normale.

TRIPI 22.02.2022 13:06

Ich bin nicht vom Fach, will aber aus aktuellem Anlass(NS2 ist Game Over) einwerfen, dass mir vor einiger Zeit jemand der in dem Bereich arbeitet erzählt hat, dass die Infrastruktur für Wasserstoff quasi schon da ist. Man kann wohl einfach das Gasleitungsnetz nutzen. Das könnte nun ja sehr interessant werden, gerade auch zum Thema Zwischenspeicherung von Energie durch Wasserstoff, bei Windkraft zum Beispiel.

Siebenschwein 22.02.2022 13:16

Zitat:

Zitat von TRIPI (Beitrag 1647354)
Ich bin nicht vom Fach, will aber aus aktuellem Anlass(NS2 ist Game Over) einwerfen, dass mir vor einiger Zeit jemand der in dem Bereich arbeitet erzählt hat, dass die Infrastruktur für Wasserstoff quasi schon da ist. Man kann wohl einfach das Gasleitungsnetz nutzen. Das könnte nun ja sehr interessant werden, gerade auch zum Thema Zwischenspeicherung von Energie durch Wasserstoff, bei Windkraft zum Beispiel.

Naja... im Prinzip ja, aber.
So einfach ist das nicht. Du kannst mit bestehender Infrastruktur entweder Erdgas (mit geringer Beimischung H2) transportieren. Oder Du stellst auf ein anderes Gas um - z.B. reiner Wasserstoff oder 50/50 oder was immer Du willst. Du hast dann das Problem, dass jeder Verbraucher im einfachsten Fall Düsen wechseln muss. Und zwar mehr oder weniger von einem Tag auf den anderen. Und Du musst die Eigenschaften in einem engen Bereich festlegen, d.h. immer das gleiche Verhältnis Erdgas zu Wasserstoff sicherstellen. Es gibt wohl auch Konzepte, dass man da wilde Mischungen transportiert und dann den Wasserstoff wieder abtrennt... aber diese Anlagen existieren auch noch nicht.
Also auf dem Papier geht vieles... in der Realität ist es komplexer.

TRIPI 22.02.2022 13:18

Zitat:

Zitat von Siebenschwein (Beitrag 1647360)
Naja... im Prinzip ja, aber.
So einfach ist das nicht. Du kannst mit bestehender Infrastruktur entweder Erdgas (mit geringer Beimischung H2) transportieren. Oder Du stellst auf ein anderes Gas um - z.B. reiner Wasserstoff oder 50/50 oder was immer Du willst. Du hast dann das Problem, dass jeder Verbraucher im einfachsten Fall Düsen wechseln muss. Und zwar mehr oder weniger von einem Tag auf den anderen. Und Du musst die Eigenschaften in einem engen Bereich festlegen, d.h. immer das gleiche Verhältnis Erdgas zu Wasserstoff sicherstellen. Es gibt wohl auch Konzepte, dass man da wilde Mischungen transportiert und dann den Wasserstoff wieder abtrennt... aber diese Anlagen existieren auch noch nicht.
Also auf dem Papier geht vieles... in der Realität ist es komplexer.

Wie gesagt, stecke da nicht drin. Hoffe aber dass Hafu recht hat und die aktuelle Situation wenigstens da positive Impulse liefert.

Siebenschwein 22.02.2022 13:27

Zitat:

Zitat von TRIPI (Beitrag 1647361)
Wie gesagt, stecke da nicht drin. Hoffe aber dass Hafu recht hat und die aktuelle Situation wenigstens da positive Impulse liefert.

Ja, das wäre zu hoffen. Und da wir ja sowieso vom fossilen Gas weg wollen, können wir zumindest Teile des Netzes in Zukunft für erneuerbaren Wasserstoff nutzen.

MattF 22.02.2022 13:38

Zitat:

Zitat von TRIPI (Beitrag 1647354)
Das könnte nun ja sehr interessant werden, gerade auch zum Thema Zwischenspeicherung von Energie durch Wasserstoff, bei Windkraft zum Beispiel.

Aber nicht aktuell Morgen.

Das dauert wenn man jetzt ein Programm auflegen würde, min. 5 Jahre, eher 10. bis das einigermassen anläuft..


Das Problem der Energiewende wird auch werden, dass man 30 Jahre vertrödelt hat und nun alles auf einmal will, in einer Zeit unterbrochener Lieferketten und allgem. schlechter Verfügbarkeit von Fachkräften, sollen 1000e Windkraftanlagen, 100.000e Solaranlagen, Anlagegestellen für flüssiges Erdgas usw usw gebaut werden.

Selbst mit noch so viel Geld, geht das rein praktisch schon gar nicht.

DocTom 22.02.2022 16:33

Zitat:

Zitat von MattF (Beitrag 1647364)
Aber nicht aktuell Morgen.
...
Selbst mit noch so viel Geld, geht das rein praktisch schon gar nicht.

eine leider sehr wahre Analyse von Dir!:Blumen:

:Danke:
T.

tridinski 23.02.2022 10:48

geht nicht gibts nicht, einfach mal machen
ein wichtiger Beschleunigungsfaktor kommt über den Preis, fossil ist schon jetzt teurer als erneuerbar. Putin beschleunigt das noch. Klimanobelpreis an Putin! Sollten die Stromversorger bitte aber auch schnellstens in ihren Preismodellen so weitergeben an die Kunden

Steigende Öl und Gaspreise stellten eine erhebliche wirtschaftliche Belastung dar, könnten aber auch ein Treiber für die Energiewende sein. Nur durch den konsequenten Ausbau der Erneuerbaren, Sparen und forcierte Effizienzmaßnahmen im Industriebereich werde es gelingen, die Kosten zu dämmen. »Erneuerbare Energien wirken preissenkend«, sagte Kemfert. »Investitionen in die Energiewende mit mehr erneuerbaren Energien, mehr Elektromobilität auf Straße und Schiene, bessere Gebäudesanierung und eine dekarbonisierte Industrie schaffen enorme wirtschaftliche Chancen, Wertschöpfung und Arbeitsplätze.

Um das dann auch in die Praxis umzusetzen muss man halt mal größer Denken, Gesetze auf Bundesebene erlassen, meinetwegen Klimanotstandsgesetz oder wie auch immer der Name sein könnte. Oder bei den Stromtrassen die Kabel unterirdisch verlegen statt oberirdisch wenn das bei den Protesten die Kernforderung erfüllt, auch wenns das doppelte/dreifache kostet. Bei Bankenkrise oder Corona waren die Mrd ja auch plötzlich da, die vorher nicht da waren.

Hafu 23.02.2022 11:06

Zitat:

Zitat von MattF (Beitrag 1647364)
...
Selbst mit noch so viel Geld, geht das rein praktisch schon gar nicht.

Ich empfehle nochmal die beiden Podcast-Folgen Lage der Nation zur detaillierten Recherche, woran in den letzten Jahren der Ausbau der Windkraft in Deutschland trotz zeitweise Technologieführerschaft von Deutschland eingebremst wurde.

Die Stromgestehungskosten für Windkraft liegen aktuell bei 3,5c/kWh offshore und 8c/ kwH onshore. (unter Berücksichtigung einer 20-jährigen Laufzeit des Windrades; tatsächlich halten Windräder heutzutage eher 30 Jahre lang und würden nach Abschreibung ihren Strom nahezu kostenlos produzieren)
Das ist im Vergleich zu jedem Kernkraftwerk, Kohlekraftwerk oder Gaskraftwerk derartig günstig, dass sich das Betreiben eines Windkraftparks problemlos auch ohne jede Subvention rechnet.
Das kostet den Betreiber kein Geld, sondern bringt ihm schlicht und ergreifend Rendite, indem er den produzierten Strom über die Strombörse verkauft.

Und es ist egal, ob der Betreiber eine Bürgergenossenschaft oder ein Vermarkter von Ökostrom ist.
Das einzige, was die Politik und die Gesellschaft leisten müssen, ist ein paar Standorte in Deutschland auszuweisen, wo es erlaubt ist Windräder aufzustellen.
Geld kostet das keins, aber natürlich ein wenig Mühe, Überzeugungskraft für die Menschen, denen Windräder nicht gefallen und das Schaffen gesetzlicher Rahmenbedingungen.

In Deutschland ist es möglich tausend Jahre alte Wälder und selbst ganze Dörfer für Braunkohletagebau abzuholzen bzw. abzureißen. Das Ausweisen von potenziell 2% der Landesfläche für Windräder scheint mir ein weitaus kleineres Übel zu sein.

Nepumuk 23.02.2022 11:08

Zitat:

Zitat von MattF (Beitrag 1647364)
Das Problem der Energiewende wird auch werden, dass man 30 Jahre vertrödelt hat und nun alles auf einmal will, in einer Zeit unterbrochener Lieferketten und allgem. schlechter Verfügbarkeit von Fachkräften, sollen 1000e Windkraftanlagen, 100.000e Solaranlagen, Anlagegestellen für flüssiges Erdgas usw usw gebaut werden.

Selbst mit noch so viel Geld, geht das rein praktisch schon gar nicht.

Sicher nicht in einem Jahr, aber wir reden doch auch eher über 20 Jahre. Da wird schon einiges gehen, wenn wir konsequent dran bleiben.

Schwarzfahrer 23.02.2022 11:22

Zitat:

Zitat von Hafu (Beitrag 1647491)
Die Stromgestehungskosten für Windkraft liegen aktuell bei 3,5c/kWh offshore und 8c/ kwH onshore. (unter Berücksichtigung einer 20-jährigen Laufzeit des Windrades; tatsächlich halten Windräder heutzutage eher 30 Jahre lang und würden nach Abschreibung ihren Strom nahezu kostenlos produzieren)
Das ist im Vergleich zu jedem Kernkraftwerk, Kohlekraftwerk oder Gaskraftwerk derartig günstig, dass sich das Betreiben eines Windkraftparks problemlos auch ohne jede Subvention rechnet.
Das kostet den Betreiber kein Geld, sondern bringt ihm schlicht und ergreifend Rendite, indem er den produzierten Strom über die Strombörse verkauft.

Und es ist egal, ob der Betreiber eine Bürgergenossenschaft oder ein Vermarkter von Ökostrom ist.
Das einzige, was die Politik und die Gesellschaft leisten müssen, ist ein paar Standorte in Deutschland auszuweisen, wo es erlaubt ist Windräder aufzustellen.

Na ja, die Rechnung sollte schon noch berücksichtigen, daß die Windräder noch z.B. Lösungen zur Netzfrequenzstabilisierung brauchen, sowie ein Speichersystem, um die Wind-Fluktuationen auszugleichen. Die gibt es auch nicht umsonst, soweit überhaupt.
Zitat:

Zitat von Hafu (Beitrag 1647491)
In Deutschland ist es möglich tausend Jahre alte Wälder und selbst ganze Dörfer für Braunkohletagebau abzuholzen bzw. abzureißen. Das Ausweisen von potenziell 2% der Landesfläche für Windräder scheint mir ein weitaus kleineres Übel zu sein.

Wälder werden auch durch Windkraft nicht unwesentlich beeinträchtigtIst eine Straße zur Windmühle im Wald ökologisch akzeptabler, als eine Umgehungsstraße oder Autobahnabschnitt, die ganzjährig Staus vermeidet?

Siebenschwein 23.02.2022 11:26

Zitat:

Zitat von Hafu (Beitrag 1647491)
Ich empfehle nochmal die beiden
Die Stromgestehungskosten für Windkraft liegen aktuell bei 3,5c/kWh offshore und 8c/ kwH onshore.

Das ist, wenn schon, gerade anders herum. Die Kosten sind natürlich nicht unabhängig vom Standort und gerade on-shore hat viele der besten Standorte schon "verbraten". Damit und anderen Faktoren haben wir immer eine recht breite Spanne bei den Gestehungskosten. Nichtsdestotrotz können wir festhalten, dass Windkraft seit etwa drei Jahren schon ohne Subventionen auskommen kann, speziell on shore. Off shore ist wohl der erste Windpark, der subventionsfrei läuft, gerade in Betrieb genommen worden.
Es gibt übrigens mittlerweile Stimmen, die davon ausgehen, dass die Energiewende sogar Einsparungen bringt.
" If non-energy sources of carbon emissions such as agriculture are brought under control, our analysis indicates that a rapid green energy transition would likely generate considerable economic savings while also meeting the 1.5 degrees Paris Agreement target."
Way, R., Ives, M., Mealy, P. & Farmer, J.D. (2021). 'Empirically grounded technology forecasts and the energy transition'. INET Oxford Working Paper No. 2021-01.

MattF 23.02.2022 11:36

Zitat:

Zitat von Hafu (Beitrag 1647491)
Ich empfehle nochmal die beiden .....


Du hast mich missverstanden. Meine Aussage war, dass es nicht geht, weil die Baukapazitäten, die Mitarbeiter, die notwendigen Bauteile usw usw zumindest aktuell fehlen, insbesondere wenn man bedenkt, dass ja auch noch div, andere Sachen gebaut werden sollen, wie 400.000 Wohnungen/Jahr, neue Straßen/ Brücken und Schienenstrecken usw. usw..

Dass es sinnvoll ist, hab ich nicht in Abrede gestellt.

Wasserbüffel 23.02.2022 11:39

Zitat:

Zitat von Hafu (Beitrag 1647491)
Das einzige, was die Politik und die Gesellschaft leisten müssen, ist ein paar Standorte in Deutschland auszuweisen, wo es erlaubt ist Windräder aufzustellen.
Geld kostet das keins, aber natürlich ein wenig Mühe, Überzeugungskraft für die Menschen, denen Windräder nicht gefallen und das Schaffen gesetzlicher Rahmenbedingungen.

Nicht vergessen sollte man in dem Zusammenhang, das ein ein entsprechend nutzbares Übertragungsnetz/Verteilnetz vorhanden sein muss um die erzeugten Strommengen überhaupt an die Letztverbraucher liefern zu können. Dieser Netzausbau ist ebenfalls sehr kostenintensiv.

MattF 23.02.2022 11:42

Zitat:

Zitat von Nepumuk (Beitrag 1647492)
Sicher nicht in einem Jahr, aber wir reden doch auch eher über 20 Jahre. Da wird schon einiges gehen, wenn wir konsequent dran bleiben.

Klar, nur wir hötten vor 30 Jahren damit anfangen müssen und haben es vor 30 Jahren schon gewusst und vieles wäre gar nicht nötig, hätte man z.b. konsequent auf energiesparen gesetzt. Würde Heute ein Fahrzeug, was 2 Personen befördert mit 1-2 l / 100 km fahren, hätten wir viele Probleme gar nicht und das ist möglich und hätte man auch vor 30 Jahren schon angehen können. Hat man forschungsseitig ja aber halt nicht praktisch umgesetzt.

Dazu konsequentes Energiesparen im Gebäudebereich und der Industrie, Kurzstrecken nur mit Rad oder ÖPNV.... und wir wären wahrscheinlich heute bei 3-4 to / Einwohner CO2 oder noch drunter und unabhängig von Putins Gas.

tridinski 23.02.2022 11:47

Zitat:

Zitat von MattF (Beitrag 1647501)
Würde Heute ein Fahrzeug, was 2 Personen befördert mit 1-2 l / 100 km fahren, hätten wir viele Probleme gar nicht und das ist möglich und hätte man auch vor 30 Jahren schon angehen können. Hat man forschungsseitig ja aber halt nicht praktisch umgesetzt.

Dafür vielen Dank an die Autolobby und die CSU-Verkehrsministerriege. Wobei der FDP-Heini da jetzt ja nahtlos anschließt ...

Hafu 23.02.2022 11:53

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1647496)
Na ja, die Rechnung sollte schon noch berücksichtigen, daß die Windräder noch z.B. Lösungen zur Netzfrequenzstabilisierung brauchen, sowie ein Speichersystem, um die Wind-Fluktuationen auszugleichen. Die gibt es auch nicht umsonst, soweit überhaupt.

Netzfrequenzstabilisierung macht man z.B. mit Verbrauchssteuerung. Deshalb werden seit zwei Jahren sukzessive alle Haushalte in Deutschland auf smarte Stromzähler umgerüstet und wurden z.B. zum Laden von E-Autos auch bewusst nur smarte (also ggf. auch vom Netzbereiber steuerbare) Wallboxen gefördert.
Mir kommt die Diskussion irgendwie bekannt vor. Kann es sein, dass wir das Thema erst vor wenigen Tagen erörtert haben?

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1647496)
Wälder werden auch durch Windkraft nicht unwesentlich beeinträchtigtIst eine Straße zur Windmühle im Wald ökologisch akzeptabler, als eine Umgehungsstraße oder Autobahnabschnitt, die ganzjährig Staus vermeidet?

Wälder werden durch Windkraft (IMHO) sehr unwesentlich beeinträchtigt. Dass man extra Straßen bauen muss, nur um Windräder zu bauen ist ein Mythos. In Naturschutzgebieten darf man keine Windräder bauen und in bewirtschafteten Staatswäldern existiert ohnehin ein enges Netz an befestigten Forststraßen, damit sich das schwere Gerät, das zur modernen Waldbewirtschaftung nötig ist und die großen Holztransporter fortbewegen können. Da muss -außer vielleicht im Einzelfall für die letzten wenigen hundert Meter bis zum genehmigten Standort- nichts neu gebaut werden.

Ohne Windkraftausbau gäbe es viele Wälder in 20 bis 30 Jahren halt nicht mehr. Diese Alternative sollten sich Vogelschützer und Waldliebhaber halt gelegentlich vor Augen führen, denn der Klimawandel ist augenblicklich die größte Bedrohung für existierende Wälder.

Schwarzfahrer 23.02.2022 12:59

Zitat:

Zitat von Hafu (Beitrag 1647503)
Netzfrequenzstabilisierung macht man z.B. mit Verbrauchssteuerung.

Das kann ein kleiner Beitrag sein, aber wohl kaum ausreichend, um die +/- 0,2 Hz hinzubekommen - außer wir akzeptieren völlige Unkalkulierbarkeit der privaten und industriellen Stromversorgung (dann wird z.B. plötzlich, weil der Wind nachlässt, eben die laufende Waschmaschine angehalten - immer noch besser, als die Aluminiumhütte abzuschalten).
Zitat:

Zitat von Hafu (Beitrag 1647503)
Wälder werden durch Windkraft (IMHO) sehr unwesentlich beeinträchtigt. ... Da muss -außer vielleicht im Einzelfall für die letzten wenigen hundert Meter bis zum genehmigten Standort- nichts neu gebaut werden.

Addiere mal die einzelnen "wenige 100 m" als Fläche zusammen...abgesehen von der so geförderten kleinteiligen Zerstückelung von zusammenhängenden Waldgebieten.
Zitat:

Zitat von Hafu (Beitrag 1647503)
Ohne Windkraftausbau gäbe es viele Wälder in 20 bis 30 Jahren halt nicht mehr. Diese Alternative sollten sich Vogelschützer und Waldliebhaber halt gelegentlich vor Augen führen, denn der Klimawandel ist augenblicklich die größte Bedrohung für existierende Wälder.

interessant dann, daß in den letzten 30 Jahren der Waldbestand weltweit bisher trotz Klimawandel um 7 % zugenommen hat. Deine Prognose ist unbegründet alarmistisch. Kann sein, daß in den Wäldern nicht die gleichen Baumarten stehen werden, aber Wälder werden seit Tausenden von Jahren überwiegend durch Rodung vernichtet, und sie profitieren bisher offenbar vom Klimawandel.

hero 23.02.2022 13:21

hab ich irgend wie anders in Erinnerung,

hier steht das der Waldbestand abnimmt.

Da steht auch das gerodete Urwaldgebiete ökologisch viel wertvoller sind als die aufgeforsteten Gebiete. Zitat aus dem Bericht: Ein großer Teil der weltweiten Waldzuwächse beruht auf der Zunahme von Waldplantagen

MattF 23.02.2022 13:24

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1647515)
Addiere mal die einzelnen "wenige 100 m" als Fläche zusammen...abgesehen von der so geförderten kleinteiligen Zerstückelung von zusammenhängenden Waldgebieten.

Die breiten Straßen für die Tieflader und Krane können nach der Inbetriebnahme zurück gebaut werden. Da wird nix zerstückelt oder zugeflastert und wächst wieder zu, bis auf kleinere Wartungsstraßen.

Im übrigen weiß ich, dass z.b. bei Mainz, bei Juwi die Bauern darauf bestanden haben, dass die breiten Wege bleiben und genau nicht zurück gebaut werden. Es gibt halt sehr unterschiedliche Interessen.

twsued 23.02.2022 13:37

Zitat:

Zitat von Hafu (Beitrag 1647491)

Die Stromgestehungskosten für Windkraft liegen aktuell bei 3,5c/kWh offshore und 8c/ kwH onshore. (unter Berücksichtigung einer 20-jährigen Laufzeit des Windrades; tatsächlich halten Windräder heutzutage eher 30 Jahre lang und würden nach Abschreibung ihren Strom nahezu kostenlos produzieren)
Das ist im Vergleich zu jedem Kernkraftwerk, Kohlekraftwerk oder Gaskraftwerk derartig günstig, dass sich das Betreiben eines Windkraftparks problemlos auch ohne jede Subvention rechnet.
Das kostet den Betreiber kein Geld, sondern bringt ihm schlicht und ergreifend Rendite, indem er den produzierten Strom über die Strombörse verkauft.

Also ist so ein Windrad gleich 100% Profit?
Warum springen da nicht mehr auf diesen Zug auf.

Schwarzfahrer 23.02.2022 14:02

Zitat:

Zitat von hero (Beitrag 1647518)
hab ich irgend wie anders in Erinnerung,

hier steht das der Waldbestand abnimmt.

Ja, die Berichte sind widersprüchlich; ich vermute, daß jeder aus den Meßdaten das herausfiltert, das seine Position unterstützt, und den Rest jeweils wegläßt. Da aber Pflanzen grundsätzlich von steigenden CO2-Gehalten profitieren, ist es für mich plausibel, daß Wälder wachsen, solange Rodung es nicht überkompensiert.
Zitat:

Zitat von hero (Beitrag 1647518)
Ein großer Teil der weltweiten Waldzuwächse beruht auf der Zunahme von Waldplantagen

Wenn das so ist, wäre es ein Beleg, daß nicht CO2-Reduktion allein, sondern aktive Gestaltung geeignet ist, menschliche Zerstörung und ggf. auch Klimawandel effektiv zu kompensieren.

MattF 23.02.2022 14:04

Zitat:

Zitat von twsued (Beitrag 1647521)
Also ist so ein Windrad gleich 100% Profit?
Warum springen da nicht mehr auf diesen Zug auf.

Es gibt zuwenig ausgewiesene Flächen und die Genehmigungen dauern zu lange.

Es würde wenn alles einfach wäre und es nur nach Rendite ginge, bei weitem mehr gebaut.

Hafu 23.02.2022 15:50

Zitat:

Zitat von twsued (Beitrag 1647521)
Also ist so ein Windrad gleich 100% Profit?
Warum springen da nicht mehr auf diesen Zug auf.

Es stehen Investoren Schlange, da es bei den derzeitigen Strompreisen (und erst recht bei den Öl- und Gaspreisen für fossil betriebene Kraftwerke und der sonstigen Verzinsung für Kapital) fast eine Lizenz zum Gelddrucken ist.

Allerdings dauert die Genehmigung eine Windparks, von dem Augenblick an da alle erforderlichen Unterlagen einreichungsfähig sind, derzeit im Schnitt 6 Jahre (insgesamt inklusive Projektierung und Gutachtenbauftragung und -Erstellung sogar i.d.R 10 Jahre) und oft drohen dann noch Verzögerungen durch Klagen von einigen wenigen Verbänden (insbesondere von NABU, der fast nichts anderes macht, als systematisch Windkraftprojekte zu beklagen). Solche Klagen verursachen dann weitere, oft jahrelange Verzögerungen und führen dazu, dass z.B. neue Vogelschutzgutachten erstellt werden müssen.

Und wenn nur ein einziger schützenswerter Raubvogel im Umkreis von einigen hundert Meter um ein geplantes Windrad ein einziges malgesichtet wurde, kann dies das Aus für diesen Standort bedeuten, da bei derzeitiger Rechtslage individueller Vogelschutz gleichberechtigt dem Interesse eines Investors ist, ein Windrad an einem genehmigungsfähigen Standort zu errichten.

Für den Ausbau der Windkraft gibt es aktuell kein sog. "öffentliches Interesse" wie z.B. für den Braunkohletagebau oder den Bau von Autobahnen, für den juristisch ohne Probleme Enteignungen möglich sind und bei denen Naturschutz in juristischen Stretfällen nur nachrangig sind. Habeck will das demnächst ändern, aber dafür müssen komplett Berwaltungsabläufe neu definiert werden und außerdem die Genehmigungsbehörden massiv aufgestockt werden, genauso wie die Verwaltungsgerichte, die jetzt schon von Klagen personell überfordert sind, so dass jedes Verfahren Jahre dauert.


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