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Hafu 30.06.2021 20:28

PTO-Ranking
 
Ich eröffne aus aktuellem Anlass mal 'nen Thread zu einem Thema, das in den letzten zwei Jahren immer wichtiger für Profitriathleten wurde.

Die von der PTO (resp. Thorsten Radde) erstellte Weltrangliste im Triathlon, von der mittlerweile das Einkommen von Profitriathleten stark abhängt, weil sich Sponsoren daran orientieren, weil eine vordere Plazierung im Ranking eine Teilnahme am Collins-Cup ermöglicht, wo selbst der schlechteste Athlet noch ein Preisgeld von 20 000 USD nur für die Teilnahme bekommen würde und weil am Ende vom Jahr von der PTO je nach Weltranglistenposition Prämien ausgezahlt werden.

Kurz zum Modus des PTO-Rankings: Jedes Profirennen wird nach einem Punktesystem bewertet, aktuell wird für 2021 ein Durchschnittswert aus den beiden besten Rennen erstellt, was der wegen der Pandemie reduzierten Anzahl an Profirennen Rechnung trägt. In anderen Jahren kann man maximal 5 Rennen einbringen, aus denen dann wiederum ein Durchschnittswert erstellt wird.
Ein paar Details des Rankingsystems werden hier erklärt.

Heute wurden die Punkte für das Europameisterschaftsrennen in Walchsee veröffentlicht und eigentlich hatte ich erwartet, dass Frederic für seinen neuen Streckenrekord am Walchsee und den überzeugenden Sieg ( 5 min Vorsprung vor dem Drittplazierten Bart Aernouts) der immerhin in Hawaii schon auf dem Podium stand eine Punktzahl im hohen 90er-Bereich bekommen würde, was ihm ungemein geholfen hätte, sich in der Rangliste in den Qualifikationsbereich für Samorin zu verbessern.

Tatsächlich wurde das exzellente Meisterschaftsrennen aber gerade mal mit läppischen 88 Punkten bewertet. Zum Vergleich: Lionel Sanders hat für den Sieg in St. George 102 Punkte erhalten und selbst die sechst- und siebtplazierten beiden Deutschen Flo Angert und Andi Dreitz haben mit 5 Minuten Rückstand auf Sieger Sanders bei diesem Rennen noch 89 Punkte erhalten, so dass sie mit dieser eher mäßigen Leistung in St.George vor Frederic in der Rangliste bleiben.

Auch für die Leistung von St.Pölten vor 3 Wochen (ebenfalls mit Streckenrekord und etlichen Minuten Vorsprung) gab es für die PTO-Rangliste gerade mal 93 Punkte.

Ich bin bei dem Thema natürlich alles andere als objektiv, aber wegen der Ungereimtheiten des Ranglistensystems zählt Frederic nicht mal zum erweiterten Kandidatenkreis für Samorin, die um eine WildCard kämpfen, während z.B. ein Athlet wie Joe Skipper, der auf der Mitteldistanz mindestens 10 Minuten langsamer als Frederic ist, die automatische Qualifikation geschafft hat. Selbst ein Bart Aernouts liegt dank einer gigantischen Punkteausbeute beim IM Tulsa unerreichbar weit vor Frederic in der Rangliste, der nicht mal zu den besten 12 Europäern im Jahr 2021 gewertet wird.

Natürlich ist es alles andere als trivial, Rennen mit unterschiedlichem Streckenprofil, auf unterschiedlichen Kontinenten und ganz anderen Wetterbedingungen miteinander zu vergleichen, aber angesichts der Konsequenzen die sich aus der Rangliste für die betroffenen Athleten ergeben, sollte das meiner Meinung nach schon etwas transparenter und nachvollziehbarer passieren.

Stefan 30.06.2021 20:47

HaFu,
schreibe doch den Radde an. Wenn er kein Feedback wollte, dann würde er nicht "I’d love to hear how you think I can improve my analysis and predictions – please send me an email!" schreiben.
Stefan

dr_big 30.06.2021 21:14

Du hast ja das Prinzip verlinkt: irgendein schlauer Kopf berechnet für jedes Rennen eine Ideale Zeit, die der Top-Athlet mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit erreichen kann. Diese wird dann noch an die Tagesbedingungen angepasst "Adjusted Ideal Time". Wenn der Sieger diese AIT erreicht, dann bekommt er 100 Punkte, ist er langsamer gibt es Punktabzug. Ausgangsbasis ist einfach immer die berechnete Ideal Time. Wer das auf welche Art und Weise berechnet ist scheinbar ein Geheimnis, genau dadurch entstehen aber die unterschiedlichen Punktewerte bei den Siegern.

JeLü 30.06.2021 21:36

Ich möchte mich eigentlich ungern mit dystopischen Aspekten des Triathlons beschäftigen, daher fasse ich mich kurz. Die Idee eine Weltrangliste aufgrund
einer opaken "propietary formula" zu vergeben ist schon an sich lächerlich.
Mindestens jedoch darf eine solche Formel nicht in wesentlichen Aspekten geheim sein.
Das mag Thorsten Radde auch gern schreiben, wer möge, es ist aber auch
reichlich offensichtlich.
Meiner Meinung nach braucht es überhaupt keine Weltrangliste. Collinscupteilnehmer
sollten von Expert:innen oder von einem jeweiligen Teamkapitän ausgewählt werden.

zahnkranz 30.06.2021 21:51

Egal ob Jury, Kapitän, Platzierung, statistisches Modell: es wird immer Fälle geben, in denen sich die Sportler nicht fair behandelt fühlen. Ist im Büro-Job nicht anders. Egal welches Beurteilung- bzw. Bezahlungsmodell herangezogen wird, irgendjemand wird immer aufschreien.

zahnkranz 30.06.2021 22:33

In der Beschreibung steht "to determine the theoretical Ideal Time that the top ranked athlete would likely achieve." Das heisst ja, es wird geschätzt (nach welchem Modell auch immer) welche Zeit Jan Frodeno erreichen könnte. Hinzu kommt ein wetterbedingter Korrekturfaktor. Für die Punkte ist also lediglich relevant, wie gut ein Athlet im Vergleich zu dieser Zeit abschneidet. Dass ein Bart Aernouts Dritter wird mit 5min Rückstand, ist völlig irrelevant. Es ist auch völlig irrelevant ob Frederic gewonnen hat. Mit einem zehnten Platz und dieser Zielzeit hätte es die gleichen Punkte gegeben.

Wird diese 'theoretical Ideal Time' vor dem Rennen veröffentlicht, so dass man eine Orientierung hat, wohlwissend dass ein Korrekturfaktor hinzukommt?

Hafu 30.06.2021 23:07

Zitat:

Zitat von Stefan (Beitrag 1609000)
HaFu,
schreibe doch den Radde an. Wenn er kein Feedback wollte, dann würde er nicht "I’d love to hear how you think I can improve my analysis and predictions – please send me an email!" schreiben.
Stefan

Ich hatte mit der Eröffnung dieses Threads durchaus im Hintergrund, dass Radde, den ich grundsätzlich sehr schätze, hier evt. mitliest und vielleicht auch ein paar Dinge näher erklärt, die zu verstehen ich mich im Augenblick schwer tue.

Grunsätzlich würde ich mich als Datennerd einstufen, der liebend gerne Ergebnislisten wälzt und der sich auch oft auf Trirating.com herumtreibt mit den dortigen Seedings und Rennanalysen.

Vielleicht schaffen wir es hier auch innerhalb des Forums ein paar Gedanken untereinander auszutauschen, wie man mehr Transparenz und eine besser nachvollziehbare Vergleichbarkeit in das System bringen kann

Der Grundgedanken des Ratings, dass eine weltmeisterliche Leistung mit 100 Punkten bewertet werden soll (und entsprechend langsamere Leistungen dementsprechend mit weniger Punkten) macht ja Sinn. Der Teufel steckt aber im Detail. Für den Ironman in Tulsa bekamm z.B. Patrick Lange 109 Punkte, was übersetzt bedeutet, dass eine Frodeno in Weltmeisterschaftsform in Tulsa um mehrere Minuten gegen Lange das Nachsehen gehabt hätte und etwa zeitgleich mit Jan van Berkel, nämlich mit einer 100-Punkte-Leistung ins Ziel gekommen wäre.
Das ist doch (auch als virtuell konstruiertes Beispiel) ein eher sehr unwahrscheinliches Szenario.

Ein anderes Beispiel: Thomas Steger hat für Challenge Riccione 88 Punkte bekommen, für die rein sportlich betrachtet höher zu bewertende Leistung am Walchsee (immerhin offizielle Europameisterschaft und damit für die meisten gemeldeten Profis ein A-Rennen) aber nur 80 Punkte, obwohl der Halbmarathon am Walchsee wegen Höhenmetern und Schotterabschnitten deutlich schwerer/ ist als in Riccione (und Steger trotzdem nachezu genauso schnell zu Fuß war) und das Schwimmen bei Steger 2 Minuten schneller war.

Auch für Steger ist die Qualifikation für Team Europe trotz exzellenter Leistungen in 2021 (immerhin hat er zweimal Sebi Kienle geschlagen) aufgrund der Rangliste faktisch nicht mehr möglich.

Tendenziell werden die Rennen in Australien und Neuseeland, die pandemiebedingt ohne internationale Konkurrenz ausgetragen werden seit Monaten extrem hoch bepunktet, was im Ergebnis dazu führt, dass eine Teresa Adam mittlerweile die Ironman-Weltmeisterin Anne Haug überholt hat und dementsprechend am Jahresende eine extrem hohe Endprämie zu erwarten hat, während z.B. eine Immogen Symmonds, die in St.Pölten nur um Sekunden gegen Haug verloren hatte, gerade mal auf Rang 23 geführt wird.

mumuku 01.07.2021 08:56

Wird denn eine Langdistanz anders bewertet wie eine Mitteldistanz? Mir scheint, dass man mit einigen Siegen bzw. Podestplatzierungen bei Mitteldistanzen mehr Punkte sammeln kann. Sam Long hat für sein letzten Sieg bei einer Langdistanz nur 92 Punkte bekommen. Frefu hat in St. Pölten 93 Punkte bekommen. Empfinde ich irgendwie nicht plausibel.

Hervorzuheben ist aber, dass es toll ist, dass sich da jemand einen Kopf macht um die Leistungen irgendwie zu vergleichen.

dr_big 01.07.2021 09:12

Zitat:

Zitat von mumuku (Beitrag 1609063)
Wird denn eine Langdistanz anders bewertet wie eine Mitteldistanz? Mir scheint, dass man mit einigen Siegen bzw. Podestplatzierungen bei Mitteldistanzen mehr Punkte sammeln kann. Sam Long hat für sein letzten Sieg bei einer Langdistanz nur 92 Punkte bekommen. Frefu hat in St. Pölten 93 Punkte bekommen. Empfinde ich irgendwie nicht plausibel.

Hervorzuheben ist aber, dass es toll ist, dass sich da jemand einen Kopf macht um die Leistungen irgendwie zu vergleichen.

Nein, es dreht sich alles um die Ideal Time. Wird diese optimistisch gut geschätzt, dann sind die Teilnehmer gegenüber der Ideal Time langsamer und es gibt weniger Punkte. Wird die Ideal Time schlechter eingeschätzt, dann sind die Teilnehmer schneller und es gibt mehr Punkte. Über die Ideal Time kann PTO quasi bestimmen, wieviele Punkte ein Sieger in einem Rennen bekommt. Damit ist das kein objektives Kritierium mehr, sondern kann willkürlich manipuliert werden.

Feanor 01.07.2021 10:31

Dieses Messen an einem theoretischen Optimum gibt es doch nirgendwo sonst bei einer Rangliste. Da gibt es Punkte für bestimmte Wettbewerbe (vorher festgelegt) und diese evtl. noch adjustiert durch die Stärke des Teilnehmerfelds (z.B. deren Platzierungen in der Rangliste).
Für so etwas muss es allerdings einen recht fixen Plan/Ranking von Veranstaltungen ("Majors", EM, WM, Worldcup etc.) geben und eine schon funktionierende Rangliste. Beides sehe ich aktuell im Triathlon nicht. Sollen denn Ironman-Rennen mehr Punkte bringen als Challenge-Rennen? Und die ITU-Langdistanz WM/EM?
Also rechnet jetzt jemand im stillen Kämmerchen irgendetwas rum. Und wenn es nicht mit Geld verbunden wäre, würde das auch keinen Interessieren (außer uns Zahlenfreaks)

JeLü 01.07.2021 10:43

Das PTO Ranking System hat diverse Probleme. Zuerst Legitimationsprobleme: Eine so genannte Professional Triathles Organisation, dem Namen nach so etwas wie eine Gewerkschaft sollte vielleicht den Athleten ein Mitspracherecht einräumen, wie die "Weltrangliste" zustande kommt. Des weiteren werden Weltranglisten gemeinhin auch so konzipiert, dass Sie für Fans auf nachvollziehbare Art zustande kommen.
Dann konzeptuelle Probleme: Einen designierten Top-Athleten zu bestimmen auf dessen Leistungsgrundlage eine Zeit bestimmt wird und die Punkte in Abhängigkeit der Zielzeiten zu bestimmen, schafft Probleme. Zum einen kann der Top-Athlet Schwächen haben. So ist ein Jan Frodeno auf Kursen bei denen es mehr auf Watt/kg ankommt schwächer. Athleten, die eine besonders gute Watt/kg Relation haben, haben es demnach auf bestimmten Kursen leichter auf eine gute Punktzahl zu kommen.
Die Endzeit von Athleten wird auch über die gefahrene Radzeit bestimmt. Mehr Überbiker in einem Rennen machen die Radzeiten für alle schneller. Rennen mit 10m Regel sorgen für geringere Abstände zur "theoretical ideal time". Ebenfalls würde Zusammenarbeit von Athleten (Erdinger-train) belohnt. Taktisches Verhalten, um Rennen zu gewinnen, wird bestraft.
Dann philosophische Probleme: Sportler treten an, um zu gewinnen. Dieser Aspekt, einen anderen Athleten, im direkten Wettbewerb zu schlagen, wird nicht berücksichtigt. Siege werden nicht mit zusätzlichen Punkten belohnt.
Technische Probleme: Die Bedingungen, die einen Kurs an einem Tag schneller oder langsamer machen, sind vielfältig. Dazu zählt nicht nur das Wetter (Hitze/Wind/Bodennässe), sondern z.B. auch wie viele Age-Grouper zu überholen sind wie die Streckenbeschaffenheit ist (wurde extra neuer Asphalt gelegt etc.). Es ist sehr schwierig, all dies on the fly zu adjustieren, wie es der PTO vorschwebt. Wie Hafu in seinen Beispielen verdeutlicht, scheitert das ranking system der PTO krachend an jedem "smell test".
Und aufgrund der mangelnden Transparenz ist nicht schnell zu ergründen, ob das an einer Fehleinschätzung der Ideal time, einer falschen Adjustierung, einer mangelnden Berücksichtigung der Renndynamik (Radgruppen) oder an sonstigen Faktoren lag. Ich lehne wie schon geschrieben, dass ganze System auch aus moralisch-philosophischen Gründen ab. Aber auch wenn man diese nicht teilt, ist ganz klar, dass das System in der jetzigen Form völlig unhaltbar ist.

JeLü 01.07.2021 10:49

Zitat:

Zitat von Feanor (Beitrag 1609087)
Dieses Messen an einem theoretischen Optimum gibt es doch nirgendwo sonst bei einer Rangliste. Da gibt es Punkte für bestimmte Wettbewerbe (vorher festgelegt) und diese evtl. noch adjustiert durch die Stärke des Teilnehmerfelds (z.B. deren Platzierungen in der Rangliste).
Für so etwas muss es allerdings einen recht fixen Plan/Ranking von Veranstaltungen ("Majors", EM, WM, Worldcup etc.) geben und eine schon funktionierende Rangliste. Beides sehe ich aktuell im Triathlon nicht. Sollen denn Ironman-Rennen mehr Punkte bringen als Challenge-Rennen? Und die ITU-Langdistanz WM/EM?
)

Ganz genau das ist ja das Problem. Der angegebene Grund, keine Rennserie bevorteilen zu wollen, generiert die Unmöglichkeit, einer einfachen und nachvollziehbaren Weltrangliste. Zudem würde eine Rangliste in Abhängigkeit von gewonnenem Preisgeld zweifelhafte Wettbewerbe wie Bahrain stärken oder Oligarchen/Autokraten zur Schaffung neuer Wettbewerbe animieren.
Andere Weltranglisten sind entweder einfache Funktionen von Siegen oder Funktionen von Siegen in Abhängigkeit von der Stärke der Konkurrenz oder Funktionen von Preisgeldern.

rookie2003 01.07.2021 11:01

Ich hab's ja früher schon mal angemerkt und unabhängig von Frederic.

Finde die Rangliste ein Marketinginstrument der PTO mit teilweise sehr subjektiver Kriterien.

Bei einigen Einschätzungen würde ich den Personen, die das Ranking beeinflussen bzw. die Kriterien aufstellen, eingeschränkte Fachkompetenz bescheinigen.
Ich kennen den fachlichen Hintergrund dieser Personen nicht, vermute aber, dass vor allem bei Rennvorhersagen ev. zuviel Statistik und weniger (aktuelle) sportliche Form bzw. Weiterentwicklung eine Rolle spielen.

Das ist zT ok, da es ein Ranking einer privat finanzierten Organisation ist, teile aber die Gedanken von hafu, da es viele Personen in Szene und Industrie gibt, die diese RL für bare Münze nehmen.

dr_big 01.07.2021 11:10

Man könnte es ja recht einfach transparent gestalten, indem man z.B. den Mittelwert der Siegerzeiten aus den letzten 5 Jahren nimmt. Das gibt zwar keine Ideal Time, da eben auch jahresspezifische Eigenheiten wie Wetter, Teilnehmer, etc. eingehen, dafür gibt es aber einen transparenten Bezugswert der auch nicht manipuliert werden kann.

Hafu 01.07.2021 13:07

Zitat:

Zitat von dr_big (Beitrag 1609097)
Man könnte es ja recht einfach transparent gestalten, indem man z.B. den Mittelwert der Siegerzeiten aus den letzten 5 Jahren nimmt. Das gibt zwar keine Ideal Time, da eben auch jahresspezifische Eigenheiten wie Wetter, Teilnehmer, etc. eingehen, dafür gibt es aber einen transparenten Bezugswert der auch nicht manipuliert werden kann.

Das wäre z.b. ein sinnvolles zusätzliches Kriterium. Bei Profirennen, die es schon ausreichend lange gibt, spricht ein neuer Streckenrekord in der Regel schon dafür, dass die Leistung des Siegers hoch zu bepunkten ist.


Passend zum Thema


Zitat:

Zitat von Reece Barclay
...Hey @protriorg please could you explain how you workout these AIT? Course record in all three disciplines and yet somehow the ideal time is a minute faster? If we pro’s don’t understand the system how do you expect the fans to?

Offen gesagt finde ich die 97 Punkte, die Barclay für den überzeugenden Siege in Elsinore erhalten hat, im Kontext vieler anderer Bewertungen im Männerbereich akzeptabel, aber das Kernproblem, das Reece anspricht ist absolut nachvollziehbar:
nämlich die fehlende Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Bewertungen.

Es hängt einfach zu viel ab von den vergebenen Punkten, so dass man zusätzlich zum starren Blick auf die Endzeit bei der Punktevergabe z.b. die Stärke der Konkurrenz und ob es sich um ein A-Rennen (z.b. Kontinentalmeisterschaft) oder irgendein Vorbereitungsrennen handelt mitberücksichtigen sollte.

zahnkranz 01.07.2021 13:31

Wenn ich die Ergebnisse der letzten Jahre auf triathlon.org so durchsehe, so frage ich mich, ob die Kontinentalmeisterschaften tatsächlich A-Rennen sind. Hier paar Beispiele:

2019 Almere-Amsterdam ETU Challenge Long Distance Triathlon European Championships
Men:
1 Matt Trautman
2 Kristian Høgenhaug
3 Tomas Renc

Women:
1 Yvonne Van Vlerken
2 Lina-Kristin Schink
3 Sarissa De Vries

2019 Târgu Mures ETU Middle Distance Triathlon European Championships
Men:
1 Andrey Bryukhankov
2 Filipe Azevedo
3 Domen Dornik

Women:
1 Katrina Rye
2 Ewa Bugdol
3 Liliya Baranovska

2018 Madrid ETU Challenge Long Distance Triathlon European Championships
Men:
1 Timothy Van Houtem
2 Pablo Dapena Gonzalez
3 Morten Brammer Olesen

Women:
1 Laura Siddall
2 Alexandra Tondeur
3 Lisa Roberts

Das sind die besten Triathleten die Europa zu bieten hat? Bei den Frauen hätte oft ein einfaches finishen für eine Top10-Platzierung gereicht.

Die Athleten sollten sich auf eine Europameisterschaft einigen, die Creme de la Creme auflaufen, und dann ein entsprechendes Feuerwerk abbrennen. Würde auch zu entsprechender Aufmerksamkeit führen. So ist das zwar eine Europameisterschaft, aber wenn ich im Freundeskreis frage, wer denn die derzeitigen Europameister sind, werden die Schultern gezuckt.

quick-nick 01.07.2021 13:58

Zitat:

Zitat von zahnkranz (Beitrag 1609138)
Wenn ich die Ergebnisse der letzten Jahre auf triathlon.org so durchsehe, so frage ich mich, ob die Kontinentalmeisterschaften tatsächlich A-Rennen sind. Hier paar Beispiele:

2019 Almere-Amsterdam ETU Challenge Long Distance Triathlon European Championships
Men:
1 Matt Trautman
2 Kristian Høgenhaug
3 Tomas Renc

Women:
1 Yvonne Van Vlerken
2 Lina-Kristin Schink
3 Sarissa De Vries

2019 Târgu Mures ETU Middle Distance Triathlon European Championships
Men:
1 Andrey Bryukhankov
2 Filipe Azevedo
3 Domen Dornik

Women:
1 Katrina Rye
2 Ewa Bugdol
3 Liliya Baranovska

2018 Madrid ETU Challenge Long Distance Triathlon European Championships
Men:
1 Timothy Van Houtem
2 Pablo Dapena Gonzalez
3 Morten Brammer Olesen

Women:
1 Laura Siddall
2 Alexandra Tondeur
3 Lisa Roberts

Das sind die besten Triathleten die Europa zu bieten hat? Bei den Frauen hätte oft ein einfaches finishen für eine Top10-Platzierung gereicht.

Die Athleten sollten sich auf eine Europameisterschaft einigen, die Creme de la Creme auflaufen, und dann ein entsprechendes Feuerwerk abbrennen. Würde auch zu entsprechender Aufmerksamkeit führen. So ist das zwar eine Europameisterschaft, aber wenn ich im Freundeskreis frage, wer denn die derzeitigen Europameister sind, werden die Schultern gezuckt.

Sehe ich ähnlich. Der Stellenwert (und damit auch meist die Startfelder) der EM weicht halt nicht wirklich signifikant von einem normal besetzten Feld ab.

Aber verstehe den Wunsch nach mehr Transparenz total. Und die Stärke der Felder sollten dann ebenfalls einen Einfluss haben, "ideal time" hin oder her.

spanky2.0 01.07.2021 14:09

Zitat:

Zitat von zahnkranz (Beitrag 1609138)
So ist das zwar eine Europameisterschaft, aber wenn ich im Freundeskreis frage, wer denn die derzeitigen Europameister sind, werden die Schultern gezuckt.

Ja, das liegt vielleicht auch daran, dass neben der ETU auch noch Challenge (in Samorin) und Ironman (in Elsinore) eine 'Europameisterschaft' auf der Mitteldistanz veranstalten. Alle Sieger nennen sich danach Europameister.
Mal abgesehen von uns Nerds, blickt doch da kein 'Otto-Normal-Zuschauer' durch.

Helmut S 01.07.2021 14:22

Ich kenne mich mit Rankingsystemen quer über Sportarten nur begrenzt aus. Die Endzeit als Kriterium beim Profitriathlon mit ins Kalkül zu nehmen halte ich für sehr fragwürdig. M.E. geht es im Profitriathlon darum wer gewinnt. Und die Frage: Wer gewinnt gegen wen.

Bei einem 20 TN Profifeld gewinnt der 1. Platzierte gegen Platz 2-20 und verliert gegen niemanden. Platz 10 gewinnt gegen Platz 11-20 und verliert gegen Platz 1-10. Platz 20 verliert gegen 1-19 und gewinnt gegen niemanden.

Wenn man jedem Athleten eine Rankingzahl zur Einstufung verpasst, kann man ein System entwickeln, bei dem man
  • Punkte dazu bekommt, wenn man gegen einen nicht wesentlich schwächer oder besser eingestuften Athleten gewinnt.
  • Punkte abgezogen bekommt, wenn man gegen einen nur unwesentlich stärker oder schwächer eingestuften Athleten verliert.
  • keine Punkte bekommt, wenn man gegen einen deutlich schwächer eingestuften Athleten gewinnt
  • keine Punkte abgezogen bekommt, wenn man gegen einen deutlich stärker eingestuften Athleten verliert.
So kann man für jeden Sportler bei jedem Wettkampf einen gewinnt/verliert Saldo bilden und es gibt sofort ein neues Ranking nach jedem Wettkampf.

Solch ein System hat man z.B. beim Tischtennis eingeführt (TTR System) und es hat sich unglaublich gut bewährt. Es gilt nicht nur für Einzelwettkämpfe, sondern auch für Mannschaftswettkämpfe, wo man im Rahmen eines WKs gegen mehrere Gegner antritt. Natürlich nicht gleichzeitig, sondern nacheinander. Beim Triathlon würde man gleichzeitig gegen mehrere Gegner antreten. Fans, Sportler und Betreuer können mit Apps "Was wäre wenn?" Analysen machen und sofort sehen was in der Rangliste bei Sieg oder Niederlage passiert.

Der TTR Wert ist nicht ganz so einfach zu berechnen wie es vielleicht klingt. Evtl. interessiert es ja jemanden: Hier ist ein PDF verlinkt zur Berechnung des TTR-Wertes.

Natürlich ist hier nicht berücksichtigt ob du den Gegner mit 3x 11:0 von der Platte geschossen hast oder ob du in der Verlängerung des 5. Satzes mit Glück und einem Netzrolle die Oberhand behalten hast. Im Triathlon wäre die Endzeit nicht berücksichtigt. Aber spielt das eine Rolle?

Frage: Wie erkennt man den besten Triathleten der Welt? Antwort: Er gewinnt meistens.

:Blumen:

EDITH sagt noch: Das ELO System im Schach ist ähnlich.

Hafu 01.07.2021 14:30

Zitat:

Zitat von quick-nick (Beitrag 1609141)
Sehe ich ähnlich. Der Stellenwert (und damit auch meist die Startfelder) der EM weicht halt nicht wirklich signifikant von einem normal besetzten Feld ab.

Langdistanz und Mitteldistanz in einen Topf zu schmeißen macht keinen Sinn.

Die Langdistanz-WM findet in normalen (Nicht-Pandemie-) Jahren in Kona statt. Punkt.

Die ETU-longdistance-WM und Longdistance-EM fristen seit 20 Jahren ein Schattendasein (und waren von mir mit A-Rennen natürlich auch nicht gemeint).

Dass die Profistarterfelder bei der derzeit niedrigen Renndichte egal ob ein Wettkampf in St.Pölten, am Walchsee oder in Elsinore stattfindet, nichts zu wünschen übrig lassen sollte an dieser Stelle überflüssig sein zu erwähnen.

Die AIT für St.Pölten war in den Vorjahren immer bei 3:46-3:44. Dann hat der Sieger 2021 (etwas überraschend) eine 3:44, müsste also im Bereich von 100 Punkten landen und drei Wochen nach dem Rennen wird die 2021er IAT auf 3:42 heraufgesetzt.

Ähnliches ist für Challenge Walchsee festzustellen: 2019 war die AIT für Walchsee 3:46. 2021 ist die radstrecke wegen Baustelle leicht verkürzt was bei den Geschwindigkeiten im Profifeld maximal 5 Minuten ausmacht, die IAT ist aber ganze 9 Minuten schneller (und auch das erst nach Zieleinlauf festgelegt).

dr_big 01.07.2021 14:45

Genau das ist ja meine Kritik. Die PTO schreibt auf der Homepage:

"The PTO World Rankings™ System is an objective system to identify the finest triathletes in the world who are best qualified to represent their team in The Collins Cup. Click here for PTO World Rankings™ protocol."

Das ist meiner Meinung nach falsch, da die AIT aus meiner Sicht nicht nach objektiven Kriterien festgelegt wird. Hier hat sich PTO die Möglichkeit geschaffen, das Ranking nach eigener Willkür zu bestimmen. Der Link auf der PTO Seite zu dem Ranking Protocol funktioniert auch nicht.

quick-nick 01.07.2021 14:46

Zitat:

Zitat von Hafu (Beitrag 1609149)
Langdistanz und Mitteldistanz in einen Topf zu schmeißen macht keinen Sinn.

So war es auch nicht gemeint, sorry wenn ich mich da falsch ausgedrückt habe. Mir ging es in beiden Fällen um die MD.

Rein von den Startfeldern war St. George aber schon deutlich besser besetzt, EM hin oder her. Aber gebe dir Recht, dass Fred (und sicher auch Thomas Steger) im direkten Vergleich zu St. George sicher 90+ Punkte hätten bekommen sollen (und nicht 87 bzw. 81)

https://protriathletes.org/race/chal...e/2021/results

https://protriathletes.org/race/im-7...e/2021/results

zahnkranz 01.07.2021 15:01

Allein an der Diskussion hier sieht man, wie schwierig die Thematik ist. Ich nehme an, dass es bei der PTO eine Art Hauptversammlung geben wird, dann ist das ein Punkt für die Tagesordnung. Das ist doch wie mit der Hawaii-Quali: geht es nach Platzierung, gehen Athleten, die ein starkes Rennen geliefert haben aber nicht auf den Spitzenplätzen gelandet sind, leer aus. Das Punktesystem hat hat auch nicht jedem geschmeckt. Jedes Ranking-System hat seine Tücken. Was ich sehr gut nachvollziehen kann, ist der Ruf nach Transparenz. Je nachdem wie das Modell gestrickt ist, wird eine komplette Offenlegung mehr fragende Blicke erzeugen als Fragen beantworten, einfach weil statistische Modelle für nicht-Mathematiker meist nicht greifbar sind.

läuVer 01.07.2021 15:01

Zitat:

Zitat von Helmut S (Beitrag 1609145)
Ich kenne mich mit Rankingsystemen quer über Sportarten nur begrenzt aus. Die Endzeit als Kriterium beim Profitriathlon mit ins Kalkül zu nehmen halte ich für sehr fragwürdig. M.E. geht es im Profitriathlon darum wer gewinnt. Und die Frage: Wer gewinnt gegen wen.

Bei einem 20 TN Profifeld gewinnt der 1. Platzierte gegen Platz 2-20 und verliert gegen niemanden. Platz 10 gewinnt gegen Platz 11-20 und verliert gegen Platz 1-10. Platz 20 verliert gegen 1-19 und gewinnt gegen niemanden.

Wenn man jedem Athleten eine Rankingzahl zur Einstufung verpasst, kann man ein System entwickeln, bei dem man
  • Punkte dazu bekommt, wenn man gegen einen nicht wesentlich schwächer oder besser eingestuften Athleten gewinnt.
  • Punkte abgezogen bekommt, wenn man gegen einen nur unwesentlich stärker oder schwächer eingestuften Athleten verliert.
  • keine Punkte bekommt, wenn man gegen einen deutlich schwächer eingestuften Athleten gewinnt
  • keine Punkte abgezogen bekommt, wenn man gegen einen deutlich stärker eingestuften Athleten verliert.
So kann man für jeden Sportler bei jedem Wettkampf einen gewinnt/verliert Saldo bilden und es gibt sofort ein neues Ranking nach jedem Wettkampf.

Solch ein System hat man z.B. beim Tischtennis eingeführt (TTR System) und es hat sich unglaublich gut bewährt. Es gilt nicht nur für Einzelwettkämpfe, sondern auch für Mannschaftswettkämpfe, wo man im Rahmen eines WKs gegen mehrere Gegner antritt. Natürlich nicht gleichzeitig, sondern nacheinander. Beim Triathlon würde man gleichzeitig gegen mehrere Gegner antreten. Fans, Sportler und Betreuer können mit Apps "Was wäre wenn?" Analysen machen und sofort sehen was in der Rangliste bei Sieg oder Niederlage passiert.

Der TTR Wert ist nicht ganz so einfach zu berechnen wie es vielleicht klingt. Evtl. interessiert es ja jemanden: Hier ist ein PDF verlinkt zur Berechnung des TTR-Wertes.

Natürlich ist hier nicht berücksichtigt ob du den Gegner mit 3x 11:0 von der Platte geschossen hast oder ob du in der Verlängerung des 5. Satzes mit Glück und einem Netzrolle die Oberhand behalten hast. Im Triathlon wäre die Endzeit nicht berücksichtigt. Aber spielt das eine Rolle?

Frage: Wie erkennt man den besten Triathleten der Welt? Antwort: Er gewinnt meistens.

:Blumen:

EDITH sagt noch: Das ELO System im Schach ist ähnlich.

So ähnlich sehe ich es auch. Eine Frage ist aber natürlich, wie geht man mit einzelnen schlechten Tagen um, z.B. hat Sanders jetzt in Coeur d'Alene 10 direkte 1:1-Duelle verloren und würde in einem solchen System sehr viele Punkte einbüßen.
Wiederholte gute Leistungen sollten mehr gewichtet werden als einzelne schlechte Tage.

Meine Idee für ein relativ simples und faires Ranking wäre deshalb Folgendes:
Wer häufig besserplatzierte Athleten schlägt, ist offensichtlich zu schlecht eingeordnet. Deshalb wird jedem Athleten eine Zahl zugeordnet, wie häufig er besserplatzierte Athleten geschlagen hat (in einem bestimmten Zeitraum, z.B. die letzten 12 oder 24 Monate). Das Ranking wird dann immer so angepasst, dass diese Zahl minimiert wird. Wenn zwei oder mehrere Athleten sich gleichoft gegenseitig schlagen, zählt der Zeitabstand. Wenn zwei im Ranking benachbarte Athleten im definierten Zeitraum nie gegeneinander angetreten sind, zählt die bessere Platzierung bei (Welt-)Meisterschaftsrennen.

Wenn ich mal in nächster Zeit zu viel Freizeit habe, werde ich so ein Ranking mal implementieren und veröffentlichen.

Helmut S 01.07.2021 15:18

Zitat:

Zitat von läuVer (Beitrag 1609158)
So ähnlich sehe ich es auch. Eine Frage ist aber natürlich, wie geht man mit einzelnen schlechten Tagen um, z.B. hat Sanders jetzt in Coeur d'Alene 10 direkte 1:1-Duelle verloren und würde in einem solchen System sehr viele Punkte einbüßen.

Das stimmt. Darauf muss man im Detail achten. Beim Triathlon ist das auch noch wichtiger darauf zu achten als zB beim Tischtennis. Soviele LD Wettkämpfe hat man nicht. Tischtennis findet jede Woche in der Liga statt und man hat Gelegenheit was "auszubügeln". Immerhin hat Lionel ja auch gegen Platz 12-20 gewonnen, dass kompensiert auch etwas.

Und evtl. kann man das ja auch so sehen: Wenn du halt nen Quali WK hast, den du gewinnst, und dann in Kona schlecht bist wegen Verletzung (Frodo 2017) dann sollten vielleicht auch mal andere Athleten vorne sein in der Liste. Nächstes Jahr sieht es wieder anders aus. Nur wenn du eh so ne Erfolgsliste hast wie der Frodo, ist es vielleicht auch nicht so schlimm, wenn du mal ein Jahr hast wie Frodo 2017.

Das System, dass ich vom Tischtennis her kenne ist allerdings nicht soooo extrem sensibel wie man vermuten könnte und durchaus ausreichend stabil. Im Endeffekt ist da nicht sooo viel an Schwankung.

Wäre schön, wenn du mal so ein einfaches System skizzieren könntest. Ich finde das aktuelle PTO System auch schlecht und überhaupt nicht verständlich. Und HaFu hat recht: Da hängt viel davon ab - es geht ggf um signifikant Geld.

:Blumen:

Hafu 01.07.2021 15:51

Zitat:

Zitat von quick-nick (Beitrag 1609153)
...
Rein von den Startfeldern war St. George aber schon deutlich besser besetzt...

Das Starterfeld sollte (IMHO) durchaus für die Punktezahl eine Rolle spielen, weil es eine bessere Vergleichbarkeit von Zeiten zulässt, tut es aber bislang noch nicht.

Rudy van Berg war mit seiner Gesamt-Leistung in St.George ausgesprochen unzufrieden, hat für seinen 4. Platz (Halbmarathon 1:16) mit 3 Minuten Rückstand auf den Sieger Sanders immer noch überragende 95 Punkte erhalten. Für dieselbe Punktzahl hätte er in Gran Canaria, Riccione oder St. pölten nicht nur gewinnen sondern mehrere Minuten Vorsprung auf den dortigen Sieger herausfahren und herauslaufen müssen.

Jetzt am WE in Elsinore hat er ein überzeugendes Rennen abgeliefert, mit dem er auch selbst hochgradig zufrieden war, bekommt dafür aber nur läppische 85 Punkte, für die er in St. George auch ruhig noch ein paar Minuten langsamer hätte machen können.

Die Athleten selbst haben meist ein gutes Gespür dafür, was ihre Leistung eigentlich wert ist. Natürlich kann man Punkte, von denen viel abhängt nicht mal eben nach Selbsteinschätzung vergeben, aber es zeigt doch deutlich, dass das Ranking verbesserungsbedürftig ist.

Tendenziell werden Rennen in den USA mit rund 10 Punkten mehr bewertet als Rennen in Europa (Coeur d'Alene ist die Ausnahme von dieser Regel), selbst wenn großteils dieselben Leute an der Startlinie stehen und der IM Tulsa wurde z.B. derartig hoch bewertet, dass die Langdistanzspezialisten Lange und Skipper, die beide noch kein (bzw. bei Lange kaum ein) hochklassiges Mitteldistanzrennen gewonnen haben, direkt für das Team Europe im Rahmen des Collins-Cup qualifiziert sind, ohne dass sie in den letzten zwei Jahren bei einem 70.3-Rennen mal das Podium erreicht haben.
Team Europe, das eigentlich hoch qualifiziert in die Auseinandersetzung mit den USA und Team International gehen müsste, wird da alleine durch den Qualimodus (IMHO) gravierend geschwächt. Aber vielleicht ist das auch erwünscht.

Hafu 01.07.2021 16:06

Zitat:

Zitat von Helmut S (Beitrag 1609145)
... M.E. geht es im Profitriathlon darum wer gewinnt. Und die Frage: Wer gewinnt gegen wen.

Bei einem 20 TN Profifeld gewinnt der 1. Platzierte gegen Platz 2-20 und verliert gegen niemanden. Platz 10 gewinnt gegen Platz 11-20 und verliert gegen Platz 1-10. Platz 20 verliert gegen 1-19 und gewinnt gegen niemanden.

Wenn man jedem Athleten eine Rankingzahl zur Einstufung verpasst, kann man ein System entwickeln, bei dem man
  • Punkte dazu bekommt, wenn man gegen einen nicht wesentlich schwächer oder besser eingestuften Athleten gewinnt.
  • Punkte abgezogen bekommt, wenn man gegen einen nur unwesentlich stärker oder schwächer eingestuften Athleten verliert.
  • keine Punkte bekommt, wenn man gegen einen deutlich schwächer eingestuften Athleten gewinnt
  • keine Punkte abgezogen bekommt, wenn man gegen einen deutlich stärker eingestuften Athleten verliert.
So kann man für jeden Sportler bei jedem Wettkampf einen gewinnt/verliert Saldo bilden und es gibt sofort ein neues Ranking nach jedem Wettkampf.

Solch ein System hat man z.B. beim Tischtennis eingeführt (TTR System) und es hat sich unglaublich gut bewährt. Es gilt nicht nur für Einzelwettkämpfe, sondern auch für Mannschaftswettkämpfe, wo man im Rahmen eines WKs gegen mehrere Gegner antritt. Natürlich nicht gleichzeitig, sondern nacheinander. Beim Triathlon würde man gleichzeitig gegen mehrere Gegner antreten. Fans, Sportler und Betreuer können mit Apps "Was wäre wenn?" Analysen machen und sofort sehen was in der Rangliste bei Sieg oder Niederlage passiert.

Der TTR Wert ist nicht ganz so einfach zu berechnen wie es vielleicht klingt. Evtl. interessiert es ja jemanden: Hier ist ein PDF verlinkt zur Berechnung des TTR-Wertes.

Natürlich ist hier nicht berücksichtigt ob du den Gegner mit 3x 11:0 von der Platte geschossen hast oder ob du in der Verlängerung des 5. Satzes mit Glück und einem Netzrolle die Oberhand behalten hast. Im Triathlon wäre die Endzeit nicht berücksichtigt. Aber spielt das eine Rolle?

Frage: Wie erkennt man den besten Triathleten der Welt? Antwort: Er gewinnt meistens.

:Blumen:

EDITH sagt noch: Das ELO System im Schach ist ähnlich.

Danke für den Beitrag, Helmut S:Blumen:

Für solche Ideen habe ich den Thread eigentlich auch v.a. eröffnet, weil ich gesehen habe, dass das aktuelle System erkennbare Schwächen und Ungerechtigkeiten hat, mir andererseits aber auch auf die Schnelle keine praktikablen Alternativen eingefallen sind.

Das System aus dem Tischtennis könnte man u.U. ja auch mit Raddes statistischem Ansatz kombinieren und außerdem sowas wie eine begrenzte Anzahl an Streichergebnissen für komplett gebrauchte Tage einführen.

Andererseits würde ein System wie von Helmut S beschrieben auch dazu führen, dass es sich für Profis lohnt, auch noch um Rang 12 oder 15 zu fighten, was ja für Zuschauer auch einen Benefit gegenüber leichtfertigen DNFs hat.

Und wenn man schon am IAT festhält sollte diese im Vorfeld transparent veröffentlicht werden, damit die Profis ggf. auch ihre Wettkampfplanung an den ungefähr zu erwartenden Punkten ausrichten können.

zahnkranz 01.07.2021 17:43

Deswegen hatte ich gefragt, ob die Zeit vorab als grobe Orientierung veröffentlicht wird. Mit einem bequemen Vorsprung nimmt der Führende auch gerne etwas Tempo raus. Für die Rangliste ist das aber katastrophal, denn die erwartet Vollgas bis zum Schluss. Das betrifft natürlich auch die Teilnehmer auf den hinteren Plätzen.

leiti 01.07.2021 20:36

Warum sollte das Starterfeld eine Rolle spielen? Je mehr Bewerbe desto mehr würde dies die Punkte verwässern. Jeder kann bei jedem Bewerb grundsätzlich am Start stehen und sich der Konkurrenz stellen. Die Diskussion zeigt eher, dass es ZU VIELE Profibewerbe im Triathlon über die Mittel- und Langdistanz gibt.


In anderen Sportarten ist es auch mehr oder weniger auf ein Punktesystem zurückzuführen (World Triathlon, Formel 1, Skifahren, Biathlon ...) und im Regelfall findet sich am Ende der Saison immer der stärkste Athlet an erster Stelle.

Feanor 01.07.2021 21:21

Zitat:

Zitat von leiti (Beitrag 1609207)
In anderen Sportarten ist es auch mehr oder weniger auf ein Punktesystem zurückzuführen (World Triathlon, Formel 1, Skifahren, Biathlon ...) und im Regelfall findet sich am Ende der Saison immer der stärkste Athlet an erster Stelle.

Da sind aber auch in jedem Rennen (fast) die gleichen Teilnehmer unterwegs und das ist keine Weltrangliste, sondern Weltcup o.ä. Das dürfte bei LD und MD nicht funktionieren. Mir fällt jetzt aber auch keine andere Sportart ein, bei der es ähnlich wäre, daß die Protagonisten nur so wenige Rennen/Wettbewerbe bestreiten. Pferderennen vielleicht noch :Cheese:

Bety 02.07.2021 07:50

Ich wäre für ein ganz simples System. Es wird vorher bekannt gegeben, bei welchem Rennen es wie viele Punkte gibt für welchen Platz. Zeiten würde ich außen vor lassen die sind zu sehr beeinflusst durch die äußeren Umstände. Dementsprechend werden sich dann die Profis welche Punkte sammeln möchten bei den entsprechenden Rennen zeigen. Ist ja ähnlich mit der Ironman-Quali, hier wird ja auch geschaut wo habe ich am ehesten die Chance mich zu qualifizieren. Durch das vorher bekannt geben ist es sehr transparent und nachvollziehbar und es kann auch nicht sein, dass es für eine US-MD mehr Punkte gibt als für eine in Europa.

Matthias75 02.07.2021 08:15

Zitat:

Zitat von Bety (Beitrag 1609238)
Ich wäre für ein ganz simples System. Es wird vorher bekannt gegeben, bei welchem Rennen es wie viele Punkte gibt für welchen Platz. Zeiten würde ich außen vor lassen die sind zu sehr beeinflusst durch die äußeren Umstände. Dementsprechend werden sich dann die Profis welche Punkte sammeln möchten bei den entsprechenden Rennen zeigen. Ist ja ähnlich mit der Ironman-Quali, hier wird ja auch geschaut wo habe ich am ehesten die Chance mich zu qualifizieren. Durch das vorher bekannt geben ist es sehr transparent und nachvollziehbar und es kann auch nicht sein, dass es für eine US-MD mehr Punkte gibt als für eine in Europa.

Die Orientierung an Zeiten ist schon nicht so falsch. Die platzierten Athleten bekommen immer die Punktzahl für die jeweilige Platzierung, egal wie knapp die Entscheidung war. Vor allem bei knappen Entscheidungen ein klarer Nachteil.

Ein zeitbasiertes Ranking bildet das viel besser ab. Der knapp Zweiplatzierte, der mit Sekundenabstand verloren hat würde eine annähernd so hohe Punktzahl bekommen, was im Ranking seine Leistungsstärke besser abbilden würde, wie eine Punktzahl für die Platzierung.

Fraglich ist eben welche Bezugszeit man nimmt.

M.

widi_24 02.07.2021 09:02

Zitat:

Zitat von Matthias75 (Beitrag 1609245)
Fraglich ist eben welche Bezugszeit man nimmt.

Siegerzeit = 100 Punkte

Restliche Platzierung im Verhältnis zur Siegerzeit. Beispiel:

1. Rang mit Zeit 08:00h = 100 Punkte
2. Rang mit Zeit 08:15h = 96.875 Punkte (3.125% langsamer als 1. Rang)
3. Rang mit Zeit 09:00h = 87.5 Punkte (12.5% langsamer als 1. Rang)

Klar hat man hiermit den Nachteil, dass Athleten in schwächer besetzten Rennen mehr Punkte holen können. Es steht aber jedem Athleten auch frei, seine Rennplanung hinsichtlich Punktemaximierung zu gestalten.

Will man Rennen unterschiedlich gewichten, so kann man bspw. die zu holende Maximalpunktzahl für Rang 1 unterschiedlich ansetzen. So könnte bspw. Hawaii und Kontinentalmeisterschaften 100 Punkte geben, während andere Rennen bei 90 Punkten oder so gedeckelt sind, sozusagen als Korrekturfaktor/Steuermechanismus.

Alteisen 02.07.2021 09:09

Man könnte ja auch eine Kombination aus Zeit und Platzierung machen:
1. Vorab definierte Punkte für die Platzierung (der Sieg muss etwas zählen - der Sieger kann sich ja nicht selbst um angemessen Konkurrenz für das Rennen kümmern)
2. Mögliche Zusatzpunkte für die absolute Zeit verglichen mit dem Durchschnitt der letzen X Jahre
3. Mögliche Zusatzpunkte für den prozentualen Abstand zum Sieger (darf natürlich nicht größer sein als die Punktedifferenz aus der Gesamtplatzierung)

Das wäre transparent, würde für eine gute Gesamtplatzierung wenigstens eine planbare Punktezahl garantieren und würde gute zeitliche Leistungen basierend auf den Bedingungen am Wettkampftag als auch bezogen auf die Strecke gerecht werden

Bety 02.07.2021 09:41

Ich persönlich finde die Zeiten nicht so wichtig. Es ist ja auch egal ob man Silber mit 3 sec oder 3 min Abstand gewinnt und es verkompliziert die Sache gleich wieder.

Hafu 02.07.2021 10:24

Die Verbesserungswünsche gehen alle in dieselbe vernünftige Richtung, nämlich dass man für das Ranking ein System findet, das einfach mehr Faktoren berücksichtigt, als das bisherige rein an der indivual adjustet time orientierte system. Wir sind uns also im Wesentlichen einig, dass sich für die Zukunft etwas änderen sollte, wenn man die Rangliste weiter ernst nehmen soll und daraus wichtige Qualifikationsentscheidungen und Prämienausschüttungen koppelt.

Was ich aber bereits heute konkret sehr gerne wissen würde.

Warum wurden zwischen 2019 und 2021 die AIT bei verschiedenen (v.a. europäischen) Rennen gravierend heraufgesetzt, während bei US-amerikanischen Rennen die IATs im selben Zeitraum identisch blieben oder sogar (wie beim IM 70.3 Texas) herabgesetzt wurden?


Beispiel St.George:
AIT 2019 3h43min46s --> AIT 2021 3h43min36s, d.h. AIT blieb im 2-Jahreszeitraum unverändert.

Beispiel Challenge St. Pölten:
AIT 2019 3h44min11s --> AIT 2021 3h42min37s (AIT wurde im ZweiJahreszeitraum trotz unveränderter Strecken um fast zwei Minuten schneller angesetzt)

(Thomas Steger und Franz Löschke, die beide 2019 und 2021 am Start waren benötigten für das Schwimmen 2021 sogar 2min länger, so dass zu vermuten ist, dass die Schwimmstrecke 2021 länger war als 2019 oder die Zeiten wegen der kalten Wassertemeraturen langsamer waren. Die AIT hätte also in St.Pölten eher heraufgesetzt werden müssen).

Beispiel Challenge Walchsee
AIT (2019): 03:46:21 --> AIT (2021) 03:32:46
Die AIT wurde also um 14 Minuten schneller angesetzt, obwohl die Strecke abgesehen von einer Streckenverkürzung um 3km, für die Profis 5 Minuten benötigen unverändert geblieben ist und die Wetterbedingungen ebenfalls vergleichbar waren. Nachvollziehbar wäre eine AIT-Anpassung um fünf bis sechs Minuten gewesen, nicht aber um 14 Minuten.

kullerich 02.07.2021 10:27

Zitat:

Zitat von Matthias75 (Beitrag 1609245)
Die Orientierung an Zeiten ist schon nicht so falsch. Die platzierten Athleten bekommen immer die Punktzahl für die jeweilige Platzierung, egal wie knapp die Entscheidung war. Vor allem bei knappen Entscheidungen ein klarer Nachteil.

Ein zeitbasiertes Ranking bildet das viel besser ab. Der knapp Zweiplatzierte, der mit Sekundenabstand verloren hat würde eine annähernd so hohe Punktzahl bekommen, was im Ranking seine Leistungsstärke besser abbilden würde, wie eine Punktzahl für die Platzierung.

Fraglich ist eben welche Bezugszeit man nimmt.

M.

Jede Orientierung an Zeiten hat halt das Problem der notorisch ungenauen Streckenmessungen im Triathlon, oder?

dr_big 02.07.2021 10:28

Liegt es nicht auch an den Sportlern, die nötige Transparenz einzufordern oder ggf das Spiel nicht mitzumachen?

Matthias75 02.07.2021 10:44

Zitat:

Zitat von kullerich (Beitrag 1609291)
Jede Orientierung an Zeiten hat halt das Problem der notorisch ungenauen Streckenmessungen im Triathlon, oder?

Das ist klar. Dazu kommen noch z.B. die klimatischen Bedingungen am Renntag. Wenn ich eine Lösungsvorschlag hätte, würde ich ihn zur Diskussion stellen.

Mir ging es lediglich darum, dass es aus meiner Sicht schwierig ist, mit einem reinen Punkte-Ranking die Leistungsstärke darzustellen. Wenn ich diese in einem Ranking darstellen will, macht es aus meiner Sicht schon Sinn, in irgendeiner Weise zu berücksichtigen, ob der Athlet 3sek oder 3min Rückstand auf den Sieger hat.

Mal extrem gedacht:

Beim Rennen A kommen 5 Athleten innerhalb von Sekunden ins Ziel. Der Fünftplatzierte bekommen relativ wenig Punkte, obwohl er leistungsmäßig nur unwesentlich schwächer war als der Sieger.

Beim Rennen B ist der Sieger ähnlich stark wie der Sieger von Rennen A, der Zweitplatzierte hat aber mehrere Minuten Rückstand. Trotzdem bekommt er dafür mehr Punkte als der fünftplatzierte des Rennens A und liegt somit im Ranking vor diesem.

M.

rookie2003 02.07.2021 11:31

Zitat:

Zitat von dr_big (Beitrag 1609293)
Liegt es nicht auch an den Sportlern, die nötige Transparenz einzufordern oder ggf das Spiel nicht mitzumachen?

Einigen Sportler ist dieses Ranking schlichtweg egal, weil sie auf das Geld und oder die einhergehende PR nicht angewiesen sind.

Vielen Sportlern nützt es ja selbst jetzt (primär finanziell), obwohl die Kriterien nur subjektiv sind.
Dies natürlich im Vergleich zur Zeit bevor die RL eingeführt wurde.
Bei einigen ist die "Benachteiligung" aus ihrer persönlichen Sicht verständlich.
Ich weiß, dass einige auch schon mit Herrn Radde Kontakt aufgenommen haben, um mehr über das Ranking bzw. das Zustandekommen zu erfahren. Ob er der richtige bzw. primäre Entscheidungsträger ist, kann ich nicht beurteilen.

Ich habe den Eindruck, dass die Rangliste zu sehr auf Statistik und/oder Mathematik basiert und weniger auf fachlicher Triathlonkompetenz. Es ist klar, dass es das auch braucht.
Dies mein persönlicher Eindruck aus den teilweise kuriosen Listings der letzen 1,5 Jahren. Wenn es anders sein sollte, lasse ich mich gerne eines Besseren belehren.

Grundsätzlich finde ich das Statistiktool mit Vergleichsmöglichkeiten und Übersichten extrem wertvoll. So etwas hat es in dieser Form bisher nicht gegeben.


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