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zappa 26.09.2016 22:31

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1258686)
Danke für Eure Antworten. Ich finde Eure Gleichgültigkeit bezüglich der Frage, ob religiöse Überzeugungen wahr sind oder nicht, einigermaßen entwaffnend. Für mich ist genau das der entscheidende Punkt, auf den es vor allem ankommt.

Um einer Emotion Ausdruck zu verleihen: Die aus meiner Sicht unglaublich verlogene Kaste der Kleriker macht mich mitunter regelrecht wütend. Nicht nur aus Gründen der Wahrheitsliebe, sondern vor allem aufgrund dessen, was sie den Menschen damit antut: Ihr paranoides System kleinlicher Sünden, ihre menschenfeindliche Sexualmoral, die fatale Polarisierung zwischen Gut und Böse, die zur Tugend erhobene Ignoranz. Es kommt mir falsch vor, demgegenüber achselzuckend tolerant zu sein (ohne es in Deinem Fall, zappa, wirklich zu sein: Gäbe es eine politische Partei, welche die zentralen Anliegen der Kirchen umzusetzen trachtete, würden wir uns wohl gemeinsam dagegen zur Wehr setzen).

Deswegen habe ich heute keine Entgegnungen auf Eure Postings. Ich muss erst darüber nachdenken.

Nachdenklich: Arne :Blumen:

Und da sind wir scheinbar tatsächlich auf 2 Planeten: ich versuche eben auch die durchaus positiven, pragmatischen, reflektierten und entspannten Vertreter der Religion, die es gerade in unserem Kontext gibt, zu sehen und das nicht gleichzeitig als " das würden die auch tun, weil es der Humanismus gebietet" abzuwerten. Ebenso gleichzeitig habe ich den Von Dir vehement und eben sehr absolut vorgetragenen Schattenseiten zugestimmt: da gibt es grausliche Sachen, die ich auch nicht gut finde.

In meinem "Circle of influence" werde ich dabei sogar hin und wieder aktiv und mische mich bei kritischen Punkten ein. Selten, aber immerhin. Bei Deiner hohen Energie würde ich das auch bei Dir als naheliegend sehen.

Jörn 26.09.2016 22:33

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Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1258686)
Ihr paranoides System kleinlicher Sünden, ihre menschenfeindliche Sexualmoral, die fatale Polarisierung zwischen Gut und Böse, die zur Tugend erhobene Ignoranz.

In diese Liste passt auch das Anhäufen unermesslicher Reichtümer unter dem Vorwand, für das Wohl der Armen einzutreten.

MattF 27.09.2016 11:36

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1258686)

Um einer Emotion Ausdruck zu verleihen: Die aus meiner Sicht unglaublich verlogene Kaste der Kleriker macht mich mitunter regelrecht wütend. Nicht nur aus Gründen der Wahrheitsliebe, sondern vor allem aufgrund dessen, was sie den Menschen damit antut: Ihr paranoides System kleinlicher Sünden, ihre menschenfeindliche Sexualmoral, die fatale Polarisierung zwischen Gut und Böse, die zur Tugend erhobene Ignoranz.

Ich kenne Kleriker oder auch Ordensfrauen z.b., die sehr nett und aufgeschlossen sind und in dein Raster komplett nicht rein passen.

Was ist denn deine Konsequenz? Willst du Religionen verbieten weil sie eine "unglaublich verlogene Kaste" sind?

Ich betrachte den Menschen und seine Taten, und nicht ob er ein Vertreter des Katholiszismus oder der des Islam oder des Judentums oder sonst einer Religion ist.

MfG
Matthias

keko# 27.09.2016 11:43

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1258686)
..
Um einer Emotion Ausdruck zu verleihen: Die aus meiner Sicht unglaublich verlogene Kaste der Kleriker macht mich mitunter regelrecht wütend. Nicht nur aus Gründen der Wahrheitsliebe, sondern vor allem aufgrund dessen, was sie den Menschen damit antut: Ihr paranoides System kleinlicher Sünden, ihre menschenfeindliche Sexualmoral, die fatale Polarisierung zwischen Gut und Böse, die zur Tugend erhobene Ignoranz.

...

Nachdenklich: Arne :Blumen:

Eine ziemliche Verallgemeinerung. Das macht mich auch nachdenklich. :confused:

Jörn 27.09.2016 11:55

Zitat:

Zitat von MattF (Beitrag 1258802)
Ich kenne Kleriker oder auch Ordensfrauen z.b., die sehr nett und aufgeschlossen sind und in dein Raster komplett nicht rein passen.

Ich kenne Nonnen, die vielleicht wunderbare Mütter und Ehefrauen geworden wären, wenn man sie nicht angelogen und reingelegt hätte. Sie arbeiten stattdessen als billigste Arbeitskräfte für irgendeinen lächerlichen Orden.

Falls sie den Schwindel je erkennen, stehen sie ohne Ausbildung und Perspektive da, was sie dazu zwingt, der Frau Oberin bis an ihr Lebensende unbedingten Gehorsam zu leisten.

Ich habe auch schon davon gehört, dass Nonnen regelmäßig in Schulen "unterrichten", wo sie nichts anderes tun, als die Kinder anzulügen.

Niemand will Religionen verbieten. Aber gegen Scharlatanerie und Betrug sollte man die Stimme erheben.

Klugschnacker 27.09.2016 12:20

Zitat:

Zitat von keko# (Beitrag 1258804)
Eine ziemliche Verallgemeinerung. Das macht mich auch nachdenklich. :confused:

Das stimmt, und sie wird natürlich dem Einzelfall nicht gerecht. Es handelt sich um eine bewusste Pauschalisierung, die auf das gesamte Bild zielt, und nicht auf den einzelnen Farbtupfer. Mir geht es generell nicht um die Gläubigen, sondern um den Glauben.
:Blumen:

keko# 27.09.2016 12:22

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1258806)
Ich kenne Nonnen, die vielleicht wunderbare Mütter und Ehefrauen geworden wären, wenn man sie nicht angelogen und reingelegt hätte. Sie arbeiten stattdessen als billigste Arbeitskräfte für irgendeinen lächerlichen Orden.

Falls sie den Schwindel je erkennen, stehen sie ohne Ausbildung und Perspektive da, was sie dazu zwingt, der Frau Oberin bis an ihr Lebensende unbedingten Gehorsam zu leisten.

Ich habe auch schon davon gehört, dass Nonnen regelmäßig in Schulen "unterrichten", wo sie nichts anderes tun, als die Kinder anzulügen.

Niemand will Religionen verbieten. Aber gegen Scharlatanerie und Betrug sollte man die Stimme erheben.

Sehr löblich! Hoffentlich siehst du das an anderer Stelle ausserhalb der Religion ebenso. :Blumen:

Rälph 27.09.2016 17:31

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1258686)
Die aus meiner Sicht unglaublich verlogene Kaste der Kleriker macht mich mitunter regelrecht wütend. Nicht nur aus Gründen der Wahrheitsliebe, sondern vor allem aufgrund dessen, was sie den Menschen damit antut: Ihr paranoides System kleinlicher Sünden, ihre menschenfeindliche Sexualmoral, die fatale Polarisierung zwischen Gut und Böse, die zur Tugend erhobene Ignoranz.

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1258695)
In diese Liste passt auch das Anhäufen unermesslicher Reichtümer unter dem Vorwand, für das Wohl der Armen einzutreten.

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1258806)
Ich kenne Nonnen, die vielleicht wunderbare Mütter und Ehefrauen geworden wären, wenn man sie nicht angelogen und reingelegt hätte.

Meine Fresse Jungs, heult halt noch ne Runde...:Weinen:

Ihr müsst werder in ein Kloster eintreten, noch euch am Sündenkatalog der Kirche messen lassen. Ihr könnt lustig und wild durch die Gegend vögeln:bussi: und auch sonst fast alles machen, was ihr wollt.
Ihr lebt in Deutschland im Jahr 2016; entspannt euch!!!:Blumen:

schoppenhauer 27.09.2016 17:57

Zitat:

Zitat von Rälph (Beitrag 1258933)
Ihr könnt lustig und wild durch die Gegend vögeln:bussi: und auch sonst fast alles machen, was ihr wollt.

Ich hab die Tage mit einem richtig guten Jugend-Freund zusammengesessen, ein paar Gläschen genommen, und das bisherige Leben resümiert. Alles ok soweit, wir waren uns allerdings einig, in jungen Jahren einfach nicht genug 'durch die Gegend gevögelt' zu haben.

Nun ist zu spät. :(

tandem65 27.09.2016 18:01

Zitat:

Zitat von schoppenhauer (Beitrag 1258940)
Nun ist zu spät. :(

Damit hätten wir dann ja Arnes Problem benannt. ;) :Lachanfall:

zappa 27.09.2016 18:02

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1258806)
Ich kenne Nonnen, die vielleicht wunderbare Mütter und Ehefrauen geworden wären, wenn man sie nicht angelogen und reingelegt hätte. Sie arbeiten stattdessen als billigste Arbeitskräfte für irgendeinen lächerlichen Orden.

Falls sie den Schwindel je erkennen, stehen sie ohne Ausbildung und Perspektive da, was sie dazu zwingt, der Frau Oberin bis an ihr Lebensende unbedingten Gehorsam zu leisten.

Ich habe auch schon davon gehört, dass Nonnen regelmäßig in Schulen "unterrichten", wo sie nichts anderes tun, als die Kinder anzulügen.

Niemand will Religionen verbieten. Aber gegen Scharlatanerie und Betrug sollte man die Stimme erheben.

Jetzt kennst Du also auch die individuellen Motive , Nonne zu werden. Respekt!

Diese Menschen haben, zumindest in unserem Kulturkreis, eine freie Entscheidung getroffen, die sie auch jederzeit wieder ändern können. Wie bei jeder Entscheidung trägt der Entscheider auch die Konsequenzen seines Handelns.

Du kannst Dir das vielleicht nicht vorstellen, aber es mag Menschen geben, die machen das gerne!

Ich habe vor ein paar Jahren beruflich mit den Salesianern in Benediktbeuern zusammengearbeitet. Bis zu dem Zeitpunkt wusste ich nicht mal, das es diesen Orden gibt. Da habe ich ganz unterschiedliche Menschen kennengelernt. Glückliche, Unglückliche, Nette, Krätzige, Interessierte, Gelangweilte, ... Wie im richtigen Leben.

Und stell Dir vor: Da gab es auch genug Beispiele von Menschen die aus dem Orden ausgetreten sind und die nicht in der Gosse geendet sind.

Oder bei den Benediktinern: Schau Dir mal an, was aus dem früheren Cellerar Pater Anselm Bilgri geworden ist: https://anselm-bilgri.de/

Deine abwertende Simplifizierung ist also weder inhaltlich, noch in ihrer Vehemenz gerechtfertigt

Rälph 27.09.2016 18:14

Zitat:

Zitat von schoppenhauer (Beitrag 1258940)
Nun ist zu spät. :(


Es ist nie zu spät!

Klugschnacker 27.09.2016 18:36

Ein kleiner Exkurs:

Als die Europäer Amerika eroberten, ging es wirtschaftlich vor allem um das Erschließen von Gold und Silberminen, sowie Tabak-, Baumwoll- und Zuckerrohrplantagen. Deren Erzeugnisse machten die neu gewonnenen Kolonien lukrativ. Besonders wichtig waren die Zuckerrohrplantagen.

Im Mittelalter gab es so gut wie keinen Zucker in Europa. Erst durch die Zuckerrohrplantagen kam Zucker in immer größeren Mengen nach Europa. Kuchen, Plätzchen, Schokolade, Kaffee und Tee erlebten einen beispiellosen Boom. Dies war allerdings nur möglich, weil das Zuckkerrohr durch Sklavenarbeit angebaut und geerntet werden konnte. Sklaven aus Afrika waren billig, außerdem konnten sie aus genetischen Gründen der Malaria auf den Zuckerrohrplantagen widerstehen. Ohne Sklaven, also mit normaler Lohnarbeit, wäre Zucker viel zu teuer für die europäischen Abnehmer gewesen, schließlich ging es ja nur um ein entbehrliches Luxusgut.

Zwischen dem 16. und dem 19 Jahrhundert wurden 10 Millionen Afrikaner als Sklaven nach Amerika verschleppt. Rund 70% davon arbeiteten auf Zuckerrohrplantagen. Die meisten davon starben bei der Arbeit, etliche aber bereits beim Transport in den Sklavenschiffen. Bild: Belegplan eines Sklavenschiffes.



Finanziert wurde dieses Geschäft rein privatwirtschaftlich: Private Sklavenhandelsunternehmen verkauften Aktien an den Börsen von Amsterdam, Paris und London. Wohlsituierte Bürger, die eine rentable Geldanlage suchten, erwarben diese Aktien. Mit diesem Geld kauften die Unternehmer Schiffe, fuhren nach Afrika, fingen Menschen ein, verschleppten sie als Sklaven nach Amerika, nahmen von dort Zucker, Tabak und Baumwolle nach Europa mit, verkauften diese und fuhren mit den Gewinnen wieder nach Afrika, um neue Menschen einzufangen.

Im 18. Jahrhundert erzielten diese Aktien eine Rendite von 6%, was ein sehr guter Ertrag ist. Waren die Aktionäre schlechte Menschen? Nein, sie waren ordentliche Bürger und bemühte Familienväter. Hatten sie einen Hass auf die Menschen Afrikas? Keineswegs! Der transatlantische Sklavenhandel hatte seine Ursache nicht im Hass gegen Afrikaner. Die Anleger, Börsenhändler, Plantagenbesitzer und Unternehmer verschwendeten kaum einen Gedanken an sie. Die Millionen Menschen wurden nicht aus Hass, sondern aus Gleichgültigkeit getötet.

In dieser Geschichte, die natürlich skizzenhaft und verkürzt ist, geht es mir um den letzten Satz. Er ist nicht nur das moralische Fazit des transatlantischen Sklavenhandels. Wo immer Unrecht in großem Ausmaß anzutreffen ist, gibt es einige wenige, die es verüben, und eine große Zahl, die es mit ihrer Gleichgültigkeit ermöglichen.

Auch heute ist nicht der Hass einiger Weniger das Problem, sondern die Gleichgültigkeit der Vielen. Ob es um das Schicksal der Menschen in der Stadt Aleppo, um die Chancen der so genannten Dritten Welt geht, oder um unsere relaxte Zuschauerschaft bei der Diskriminierung vieler Menschen durch religiöse Vorstellungen, oder bei den Zuständen in der Massentierhaltung: Überall ist die Gleichgültigkeit und nicht der Hass oder das Profitstreben der gefährlichere Täter. Ich bin keineswegs besser als jeder Einzelne von Euch, doch mir scheint folgendes offensichtlich zu sein: Auf Toleranz, die schöne Schwester der Gleichgültigkeit, muss man sich nicht immer etwas einbilden.

Grüße: Arne

zappa 27.09.2016 18:50

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1258952)
In dieser Geschichte, die natürlich skizzenhaft und verkürzt ist, geht es mir um den letzten Satz. Er ist nicht nur das moralische Fazit des transatlantischen Sklavenhandels. Wo immer Unrecht in großem Ausmaß anzutreffen ist, gibt es einige wenige, die es verüben, und eine große Zahl, die es mit ihrer Gleichgültigkeit ermöglichen.

Auch heute ist nicht der Hass einiger Weniger das Problem, sondern die Gleichgültigkeit der Vielen. Ob es um das Schicksal der Menschen in der Stadt Aleppo, um die Chancen der so genannten Dritten Welt geht, oder um unsere relaxte Zuschauerschaft bei der Diskriminierung vieler Menschen durch religiöse Vorstellungen, oder bei den Zuständen in der Massentierhaltung: Überall ist die Gleichgültigkeit und nicht der Hass oder das Profitstreben der gefährlichere Täter. Ich bin keineswegs besser als jeder Einzelne von Euch, doch mir scheint folgendes offensichtlich zu sein: Auf Toleranz, die schöne Schwester der Gleichgültigkeit, muss man sich nicht immer etwas einbilden.

Grüße: Arne

Dann frage ich Dich, wie schon vor einigen Posts (auf den habe ich keine Antwort bekommen): Wo hast Du KONKRET gegen die von Dir als ziemlich furchtbar geschilderten Missetaten der religiösen Vertreter GEHANDELT? Durch Deine virtuosen Schilderungen in diesem Forum hast Du zwar ein Ventil für Deine Nicht-Gleichgültigkeits-Energie, aber dadurch wird sich die Realität nicht maßgeblich ändern.

Klugschnacker 27.09.2016 18:59

Zitat:

Zitat von zappa (Beitrag 1258955)
Dann frage ich Dich, wie schon vor einigen Posts (auf den habe ich keine Antwort bekommen): Wo hast Du KONKRET gegen die von Dir als ziemlich furchtbar geschilderten Missetaten der religiösen Vertreter GEHANDELT? Durch Deine virtuosen Schilderungen in diesem Forum hast Du zwar ein Ventil für Deine Nicht-Gleichgültigkeits-Energie, aber dadurch wird sich die Realität nicht maßgeblich ändern.

Ich habe Dir nicht geantwortet, weil es Dich nichts angeht. :)

zappa 27.09.2016 19:10

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1258958)
Ich habe Dir nicht geantwortet, weil es Dich nichts angeht. :)

Dann sprichst Du mit Deinen Appellen eher zu Dir selbst, als zu uns :-) Nix für ungut!

qbz 27.09.2016 19:50

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1258952)
..
Finanziert wurde dieses Geschäft rein privatwirtschaftlich: Private Sklavenhandelsunternehmen verkauften Aktien an den Börsen von Amsterdam, Paris und London. Wohlsituierte Bürger, die eine rentable Geldanlage suchten, erwarben diese Aktien. Mit diesem Geld kauften die Unternehmer Schiffe, fuhren nach Afrika, fingen Menschen ein, verschleppten sie als Sklaven nach Amerika, nahmen von dort Zucker, Tabak und Baumwolle nach Europa mit, verkauften diese und fuhren mit den Gewinnen wieder nach Afrika, um neue Menschen einzufangen.

Im 18. Jahrhundert erzielten diese Aktien eine Rendite von 6%, was ein sehr guter Ertrag ist. Waren die Aktionäre schlechte Menschen? Nein, sie waren ordentliche Bürger und bemühte Familienväter. Hatten sie einen Hass auf die Menschen Afrikas? Keineswegs! Der transatlantische Sklavenhandel hatte seine Ursache nicht im Hass gegen Afrikaner. Die Anleger, Börsenhändler, Plantagenbesitzer und Unternehmer verschwendeten kaum einen Gedanken an sie. Die Millionen Menschen wurden nicht aus Hass, sondern aus Gleichgültigkeit getötet.

In dieser Geschichte, die natürlich skizzenhaft und verkürzt ist, geht es mir um den letzten Satz. Er ist nicht nur das moralische Fazit des transatlantischen Sklavenhandels. Wo immer Unrecht in großem Ausmaß anzutreffen ist, gibt es einige wenige, die es verüben, und eine große Zahl, die es mit ihrer Gleichgültigkeit ermöglichen.

Ich würde daraus eher die Schlussfolgerung ziehen, dass Menschen das "Fressen" (billiger Zucker) und der Profit näher stehen als die Moral. (Brecht, Mutter Courage und ihre Kinder). Erheben sich nicht die Unterdrückten selbst, geht die Unterdrückung in der Regel weiter. "Befreiung" durch Stellvertreter scheitert meistens.

zappa 27.09.2016 20:08

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1258972)
Ich würde daraus eher die Schlussfolgerung ziehen, dass Menschen das "Fressen" (Zucker) und der Profit näher steht als die Moral. (Brecht, Mutter Courage und ihre Kinder). Erheben sich nicht die Unterdrückten selbst, geht die Unterdrückung in der Regel weiter. "Befreiung" durch Stellvertreter scheitert meistens.

Da stimme ich Dir weitgehend zu, erst das Fressen, dann die Moral. Und ich schätze auch Deine geschichtlich sehr fundierten Beiträge insgesamt.

Ich glaube aber auch, dass wir hier in unseren westlichen, reifen Industriekulturen inmitten von einem Paradigmenwechsel leben: Nicht mehr "das Kapital" (für die industrielle Produktion DIE entscheidende Ressource) ist der entscheidende Produktionsfaktor, sondern "das Wissen". Bell hat das als erster Ende der 60er beschrieben. Und hier braucht es keine "Befreiung" aus asymmetrisch verteilten Ressourcen mehr.

In diesem Zusammenhang gibt es, wenn Du beispielsweise einmal bei Graves "Spiral Dynamics" nachliest, Wertestrukturen, die erst nach Moral und dann nach dem Fressen fragen. Daraus entstehen sogar profitable Geschäftsmodelle in denen das Dilemma aus "Fressen" und "Moral" zwar nicht ganz, aber doch weitgehend aufgelöst wird.

Klugschnacker 27.09.2016 20:25

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1258972)
Ich würde daraus eher die Schlussfolgerung ziehen, dass Menschen das "Fressen" (billiger Zucker) und der Profit näher stehen als die Moral.

Kann sein, aber meine möglicherweise falsche Überzeugung ist, dass Du (oder Brecht) an dieser Stelle die Menschen etwas überschätzt. Denn eine moralische Abwägung, aus der dann das Fressen als Sieger hervorginge, findet oft gar nicht statt. Das ist ja das Bequeme an der Ignoranz, dass man nichts abzuwägen hat.

Der Familienvater, der Aktien für den Zuckerhandel gekauft hat, erwog nicht die damit verbundenen Konsequenzen für die Menschen Afrikas. Der ganz normale, nationalsozialistisch wählende Spießbürger wog nicht ab zwischen seinen vielleicht unklaren nationalistischen Überzeugungen und den Konsequenzen für die Menschen Polens. Und so weiter. Man überschätzt die Menschen aus meiner Sicht ein wenig, wenn man ihnen ein bewusstes moralisches Abwägen unterstellt. Es ist eher die Ausnahme als die Regel. Das meiste Unrecht geschieht aus ganz banaler Gleichgültigkeit.

qbz 27.09.2016 21:23

Zitat:

Zitat von zappa (Beitrag 1258974)
Da stimme ich Dir weitgehend zu, erst das Fressen, dann die Moral. Und ich schätze auch Deine geschichtlich sehr fundierten Beiträge insgesamt.

Ich glaube aber auch, dass wir hier in unseren westlichen, reifen Industriekulturen inmitten von einem Paradigmenwechsel leben: Nicht mehr "das Kapital" (für die industrielle Produktion DIE entscheidende Ressource) ist der entscheidende Produktionsfaktor, sondern "das Wissen". Bell hat das als erster Ende der 60er beschrieben. Und hier braucht es keine "Befreiung" aus asymmetrisch verteilten Ressourcen mehr.

Das Wissen allein nützt IMHO wenig, wenn es wegen der Patente nicht weltweit frei verfügbar, vor allem für die Entwicklungsländer (vgl. Pharmadiskussion) für die Herstellung von Produkten / Produktionsmitteln verwendet werden kann und der privaten Aneignung unterliegt. Ein wirksamer Paradigmenwechsel erfordert die Änderung der Urheberrechte analog der GNU_General_Public_License. Bei der Diskussion über die Gesetze des Urheberrechtes konnte man einen Eindruck gewinnen, wer bestimmt!

Natürlich sehe und schätze ich auch die "Gegenbewegungen" wie die der Open Source.
Die von einem Freund und mir programmierte Klientenverwaltungssoftware für Familienberatungsstellen - EBKuS, die in Berlin und anderswo in Beratungsstellen seit 1998 eingesetzt wird, steht z.B. unter der GNU-Licence. (Absolute Ausnahme bei dieser Art von Anwendungen. Dass wir damit ausser Schulung nichts verdienen und das Ding nicht über Lizenzen wie üblich verkaufen aufgrund von Gebrauchswertgründen, verstehen die meisten übrigens nicht.)

Zitat:

Zitat von zappa (Beitrag 1258974)
In diesem Zusammenhang gibt es, wenn Du beispielsweise einmal bei Graves "Spiral Dynamics" nachliest, Wertestrukturen, die erst nach Moral und dann nach dem Fressen fragen. Daraus entstehen sogar profitable Geschäftsmodelle in denen das Dilemma aus "Fressen" und "Moral" zwar nicht ganz, aber doch weitgehend aufgelöst wird.

Solche Modelle finden immer meine Unterstützung und interessieren mich, aber ich glaube nicht, dass sie sich allgemein durchsetzen, weil sie sich im Rahmen des Kap. bewegen müssen und an dessen "Gesetzen" gemessen werden.

Klugschnacker 27.09.2016 21:50

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1258985)
Solche Modelle finden immer meine Unterstützung und interessieren mich, aber ich glaube nicht, dass sie sich allgemein durchsetzen weil sie sich im Rahmen des Kap. bewegen müssen und an dessen "Gesetzen" gemessen werden.

Ich vermute, das hast Du Dir nicht näher angesehen? Clare Graves und sein Co-Autor Ken Wilber wurden zwar in der Esoterik-Szene sowie auf Websites wie Jesus.de besprochen, werden aber von der akademischen Psychologie praktisch ignoriert.

Einen Überblick gibt es hier, auf Wikipedia und auf etlichen Jesus- und Evangelikalen-Blogs.
:Blumen:

Hier ein Bild der Integral European Conference 2016

qbz 27.09.2016 22:16

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1258993)
Ich vermute, das hast Du Dir nicht näher angesehen?

Stimmt. :Lachen2: Ich dachte, zappa führt so etwas wie Fair Trade Handel, alternative Modelle in der Ökologie, bei der Normierung von Produkten, Genossenschaften usf. an.

zappa 27.09.2016 22:31

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1258993)
Ich vermute, das hast Du Dir nicht näher angesehen? Clare Graves und sein Co-Autor Ken Wilber wurden zwar in der Esoterik-Szene sowie auf Websites wie Jesus.de besprochen, werden aber von der akademischen Psychologie praktisch ignoriert.

Einen Überblick gibt es hier, auf Wikipedia und auf etlichen Jesus- und Evangelikalen-Blogs.
:Blumen:

Hier ein Bild der Integral European Conference 2016

War ja irgendwie erwartbar, dass Du Dich auf die Rezeption der Theorie von Graves in der Esoterik Szene fokussierst. Zusammen mit dem aufmerksamkeitsstarken Bild - und fertig ist die Einordnung.

Graves wird sehr wohl seriös in akademischen und nicht-esoterischen Zusammenhängen diskutiert. Ist ein Blick auf die Welt der Werte und Wertestrukturen und kann vor allem Kulturentwicklung nachvollziehbar darstellen.

Ich vermute, Du hast kurz gegoogelt, das für Dich notwendige gefunden, ohne wirklich Inhalte gelesen zu haben. Musst Du auch nicht.

Klugschnacker 27.09.2016 23:08

Einen Gedanken wollte ich noch an neos Adresse loswerden. neo, bitte verstehe ihn nicht als Provokation oder Affront, sondern als kritische Würdigung Deiner Gedanken, die Du hier beisteuerst. Es ist auch keine große Sache.

In der vorwissenschaftlichen Zeit gab es jede Menge Quacksalber, Sterndeuter, Wünschelrutengeher, Wiedergänger, Seher, Propheten, Zauberer, Heilsversprecher, Endzeitverkünder und so weiter. Gelehrte versuchten, aus Quecksilber Gold herzustellen, oder den Schadzauber von Hexen zu erkennen. Es gab etliche Religionen und darin die skurrilsten Götter, Mythen und Bräuche.

Fast alle von ihnen sind im Zuge der Aufklärung untergegangen. Indem die Menschen die tatsächlichen Zusammenhänge in der Natur erkannten, starben okkulte Vorstellungen zwangsläufig aus. Niemand opfert mehr seine beste Ziege in der Hoffnung auf gutes Erntewetter, seit es die Meteorologie gibt.

Übrig blieben in diesem Prozess nur diejenigen Anschauungen, die sich jeder Überprüfbarkeit entzogen. Gibt es unsichtbare Geister oder Götter, die in die Welt nicht eingreifen? Gibt es heilige Wesen, die sich nur jenen offenbaren, die an sie glauben? Solche Anschauungen haben bis in die wissenschaftliche Zeit überlebt – nicht weil sie richtiger gewesen wären als die anderen okkulten Anschauungen, sondern weil sie sich jeder Überprüfbarkeit entzogen. Teilweise haben sie auch keinerlei Inhalt.

Kann es einen verwundern, dass wir heute ausschließlich religiöse Vorstellungen haben, die sich jeder Überprüfbarkeit entziehen? Mir scheint es kein Zufall zu sein, sondern eine logische Folge der fortschreitenden Erkenntnis in den Wissenschaften. Unsere heutigen Religionen sind die zwangsläufigen Überlebenden einer Zeit, in er die Menschen fast nichts über die Welt wussten und wissen konnten. Du sitzt jetzt da und denkst über einen Gott nach, der sich jeder Nachweisbarkeit entzieht (no offense).

Auf die Wahrscheinlichkeit unserer Religionen, wahr zu sein oder einen wahren Kern zu enthalten, wirft das kein gutes Licht. Denn bevor es die Wissenschaft gab, und mit ihr das Kriterium der Vernunft, war jede der vorwissenschaftlichen Anschauungen ungefähr gleich wahrscheinlich. Die Wahrscheinlichkeit für eine einzelne Anschauung, wahr zu sein, war entsprechend gering. Das hat sich nicht geändert.

Was denkst Du darüber?
:Blumen:

zappa 27.09.2016 23:19

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1258998)
Stimmt. :Lachen2: Ich dachte, zappa führt so etwas wie Fair Trade Handel, alternative Modelle in der Ökologie, bei der Normierung von Produkten, Genossenschaften usf. an.

Ja, Fair Trade ist so ein "Geschäftsmodell", wobei das ja "nur" das Label ist.

Die Zertifizierungsorganisation dahinter ist Flocert. Und hier kann ich Dir versichern, dass das eine Organisation ist mit Menschen, die Moral vor das Fressen stellen und gleichzeitig ordentlich Geld damit verdienen. Wir arbeiten seit 3 Jahren für sie. Entlang der Graves Ebenen kann man sie auf grün und gelb verorten, keiner den ich bislang dort kennengelernt habe ist dabei Esoterik verdächtig :-)

Klugschnacker 27.09.2016 23:20

Zitat:

Zitat von zappa (Beitrag 1259000)
Ich vermute, Du hast kurz gegoogelt, das für Dich notwendige gefunden, ohne wirklich Inhalte gelesen zu haben. Musst Du auch nicht.

Was soll ich sagen, zappa? Wenn ich jetzt inhaltlich argumentiere, wirst Du dagegen halten. Wenn ich hingegen sage, es habe sich mir offenbart, dass Graves ein wenig die Fantasie durchging, wirst Du es einfach respektieren.

Ich entscheide mich daher … äh … für die Offenbarung. Ein Vögelchen badete auf meiner Terrasse und flüsterte es mir zu. So war’s. Es sagte, der Graves wollte Dich auf den Arm nehmen, und es hätte prima geklappt.
:Lachen2:

(Wenn wir mal ein paar Bierchen zischen in München, geht Dein Bierdeckel auf mich)
:Blumen:

zappa 27.09.2016 23:27

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1259009)
Was soll ich sagen, zappa? Wenn ich jetzt inhaltlich argumentiere, wirst Du dagegen halten. Wenn ich hingegen sage, es habe sich mir offenbart, dass Graves ein wenig die Fantasie durchging, wirst Du es einfach respektieren.

Ich entscheide mich daher … äh … für die Offenbarung. Ein Vögelchen badete auf meiner Terrasse und flüsterte es mir zu. So war’s. Er sagte, der Graves wollte Dich auf den Arm nehmen, und es hätte prima geklappt.
:Lachen2:

(Wenn wir mal ein paar Bierchen zischen in München, geht Dein Bierdeckel auf mich)
:Blumen:

Nun ja, wenn gelb und insbesondere türkis im Modell nicht vorkommen würden, hätte die Esoterik Szene kein Interesse und es würde auch Dich nicht abschrecken :-)

Und ich muss das auch nicht rechtfertigen.

Bier? Nur Flocert zertifiziert :-)

Klugschnacker 27.09.2016 23:45

Zitat:

Zitat von zappa (Beitrag 1259010)
Bier? Nur Flocert zertifiziert :-)

Kein Problem, ich kaufe ohnehin bei meinen alltäglichen Besorgungen bevorzugt Fair-Trade-Produkte. Ich würde von Dir gerne mehr darüber lernen, allerdings in einem eigenen Thread.

Zitat:

Zitat von zappa (Beitrag 1259010)
Nun ja, wenn gelb und insbesondere türkis im Modell nicht vorkommen würden, hätte die Esoterik Szene kein Interesse und es würde auch Dich nicht abschrecken :-)

Mag sein. Vielleicht hast Du recht. Aber als Ingenieur, Physiker oder allgemein als Naturwissenschaftler entwickelt man mit der Zeit ein feines Näschen. Es wittert sofort alle Arten von Perpetuum Mobiles, Symmetriebrüche oder logische Auffälligkeiten. Unsichere Voraussetzungen erzeugen ebenfalls einen typischen Geruch, genauso wie allzu kühne Schlussfolgerungen. Damit will ich keinesfalls sagen, dass ich alles wüsste, denn ich weiß natürlich fast nichts! Es ist eher eine Art Berufskrankheit oder ein Virus, das mich befallen hat, und das gelegentlich an der internen Bimmel rüttelt, wenn ich einen Bullshit vor mir habe. Immer wieder täusche ich mich auch, das sind dann die schönsten Momente. In der Esoterik leider selten.
:Blumen: :Lachen2:

Jörn 28.09.2016 01:45

Zitat:

Zitat von zappa (Beitrag 1258942)
Diese Menschen haben, zumindest in unserem Kulturkreis, eine freie Entscheidung getroffen, die sie auch jederzeit wieder ändern können. Wie bei jeder Entscheidung trägt der Entscheider auch die Konsequenzen seines Handelns.

Du kannst Dir das vielleicht nicht vorstellen, aber es mag Menschen geben, die machen das gerne!

Das bestreite ich. Ich bestreite, dass Menschen das gerne machen.

Ich behaupte stattdessen, dass es sich hier um einen Handel handelt. Die Nonne bewahrt ihre Jungfräulichkeit für den Herrn Jesus und begibt sich in eine Art von Sklaverei, weil man ihr eingeredet hat, dass sich das später (etwa im Jenseits) auszahlen würde.

Ohne diesen Handel wäre die Nonne überhaupt nicht auf die Idee gekommen, ein derart absurdes Leben zu führen. Ansonsten würden wir ja klosterähnliche Einrichtungen auch abseits der Religionen finden, mit der simplen Begründung, dass es Menschen gibt, "die das gerne machen."

Wenn der Handel ein Schwindel ist, dann geht es um simplen Betrug. Die Nonne wäre in diesem Fall ein Opfer, und den Tätern sollte man das Handwerk legen, genau wie bei jedem anderen Betrug.

Ist es nicht erstaunlich, dass wir hier exakt das Muster eines Betrugs vorfinden? Der Betrüger erhält seinen Anteil sofort (in Form der Arbeitsleistung der Nonne, meist auch in Form des Erbteils der Nonne). Das Opfer wird jedoch mit ein paar Sprüchen abgespeist.

Warum gibt es auf der ganzen Welt keine einzige Konstellation, die umgekehrt funktioniert? Sodass die Gläubigen ihren Teil sofort bekommen, und die Pfaffen und Klöster bekommen ihren Teil irgendwann im Jenseits? Aber das ist den Herrschaften vermutlich zu unsicher und zu wenig lukrativ. (Und sie sind nicht töricht genug, sich auf einen solchen Handel einzulassen.)

Selbst für bibelgläubige Christen gibt es nicht einen Funken eines Hinweises darauf, dass die Klöster in der Lage sind, ihren Teil des Handels einzulösen -- und sie sind auch in keiner Weise autorisiert, im Namen des "Schöpfers" irgendeinen Handel zu tätigen.

Ich wende mich nicht gegen die Gläubigen. Jeder kann glauben, was er will. Aber hier geht's um Betrug, und es ist keine Kleinigkeit.

keko# 28.09.2016 07:27

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1258952)
Ein kleiner Exkurs:

Als die Europäer Amerika eroberten, ging es wirtschaftlich vor allem um das Erschließen von Gold und Silberminen, sowie Tabak-, Baumwoll- und Zuckerrohrplantagen. Deren Erzeugnisse machten die neu gewonnenen Kolonien lukrativ. Besonders wichtig waren die Zuckerrohrplantagen.

Im Mittelalter gab es so gut wie keinen Zucker in Europa. Erst durch die Zuckerrohrplantagen kam Zucker in immer größeren Mengen nach Europa. Kuchen, Plätzchen, Schokolade, Kaffee und Tee erlebten einen beispiellosen Boom. Dies war allerdings nur möglich, weil das Zuckkerrohr durch Sklavenarbeit angebaut und geerntet werden konnte. Sklaven aus Afrika waren billig, außerdem konnten sie aus genetischen Gründen der Malaria auf den Zuckerrohrplantagen widerstehen. Ohne Sklaven, also mit normaler Lohnarbeit, wäre Zucker viel zu teuer für die europäischen Abnehmer gewesen, schließlich ging es ja nur um ein entbehrliches Luxusgut.

Zwischen dem 16. und dem 19 Jahrhundert wurden 10 Millionen Afrikaner als Sklaven nach Amerika verschleppt. Rund 70% davon arbeiteten auf Zuckerrohrplantagen. Die meisten davon starben bei der Arbeit, etliche aber bereits beim Transport in den Sklavenschiffen. Bild: Belegplan eines Sklavenschiffes.



Finanziert wurde dieses Geschäft rein privatwirtschaftlich: Private Sklavenhandelsunternehmen verkauften Aktien an den Börsen von Amsterdam, Paris und London. Wohlsituierte Bürger, die eine rentable Geldanlage suchten, erwarben diese Aktien. Mit diesem Geld kauften die Unternehmer Schiffe, fuhren nach Afrika, fingen Menschen ein, verschleppten sie als Sklaven nach Amerika, nahmen von dort Zucker, Tabak und Baumwolle nach Europa mit, verkauften diese und fuhren mit den Gewinnen wieder nach Afrika, um neue Menschen einzufangen.

Im 18. Jahrhundert erzielten diese Aktien eine Rendite von 6%, was ein sehr guter Ertrag ist. Waren die Aktionäre schlechte Menschen? Nein, sie waren ordentliche Bürger und bemühte Familienväter. Hatten sie einen Hass auf die Menschen Afrikas? Keineswegs! Der transatlantische Sklavenhandel hatte seine Ursache nicht im Hass gegen Afrikaner. Die Anleger, Börsenhändler, Plantagenbesitzer und Unternehmer verschwendeten kaum einen Gedanken an sie. Die Millionen Menschen wurden nicht aus Hass, sondern aus Gleichgültigkeit getötet.

In dieser Geschichte, die natürlich skizzenhaft und verkürzt ist, geht es mir um den letzten Satz. Er ist nicht nur das moralische Fazit des transatlantischen Sklavenhandels. Wo immer Unrecht in großem Ausmaß anzutreffen ist, gibt es einige wenige, die es verüben, und eine große Zahl, die es mit ihrer Gleichgültigkeit ermöglichen.

Auch heute ist nicht der Hass einiger Weniger das Problem, sondern die Gleichgültigkeit der Vielen. Ob es um das Schicksal der Menschen in der Stadt Aleppo, um die Chancen der so genannten Dritten Welt geht, oder um unsere relaxte Zuschauerschaft bei der Diskriminierung vieler Menschen durch religiöse Vorstellungen, oder bei den Zuständen in der Massentierhaltung: Überall ist die Gleichgültigkeit und nicht der Hass oder das Profitstreben der gefährlichere Täter. Ich bin keineswegs besser als jeder Einzelne von Euch, doch mir scheint folgendes offensichtlich zu sein: Auf Toleranz, die schöne Schwester der Gleichgültigkeit, muss man sich nicht immer etwas einbilden.

Grüße: Arne

Jetzt machst du aber ein sehr großes Faß auf. Ich sprach bezüglich Religionen niemals von Gleichgültigkeit, sondern dass man Religion oder Glauben tolerieren soll. Und ist es für mich offen, ob man alle Wahrheit in den Naturwissenschaften finden wird. Ich kann also zwischen Toleranz und Gleichgültigkeit trennen, bzw. versuche es zumindest.

Bernd S. 28.09.2016 07:30

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1259020)
Das bestreite ich. Ich bestreite, dass Menschen das gerne machen....

Selbst für bibelgläubige Christen gibt es nicht einen Funken eines Hinweises darauf, dass die Klöster in der Lage sind, ihren Teil des Handels einzulösen -- und sie sind auch in keiner Weise autorisiert, im Namen des "Schöpfers" irgendeinen Handel zu tätigen.

Ich wende mich nicht gegen die Gläubigen. Jeder kann glauben, was er will. Aber hier geht's um Betrug, und es ist keine Kleinigkeit.

Jörn, bist Du Arnes Zwilling?

keko# 28.09.2016 07:41

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1259020)

Wenn der Handel ein Schwindel ist, dann geht es um simplen Betrug. Die Nonne wäre in diesem Fall ein Opfer, und den Tätern sollte man das Handwerk legen, genau wie bei jedem anderen Betrug.

Wen willst du bestrafen und wie? Religionen verbieten?

keko# 28.09.2016 08:05

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1259038)

Die bereits aufgestellten Behauptungen der Religionen halten keiner Überprüfung stand, und das ist der Grund, warum man sie verwerfen sollte. Denn sonst lebt man im Widerspruch zu eindeutig nachweisbaren Tatsachen. Dies wiederum würde ich jederzeit tolerieren -- sofern nicht behauptet wird, der Widerspruch würde nicht existieren.

:Blumen:

Kannst du doch für dich machen. Wo tangentiert dich denn Religion noch im Leben? Wenn du mal Kirchenglocke läuten hörst? Oder stört dich das "C" in der CDU?

Jörn 28.09.2016 08:13

Zitat:

Zitat von keko# (Beitrag 1259035)
Wen willst du bestrafen und wie? Religionen verbieten?

Das ist eine schwierige Frage, auf die ich noch keine endgültige Antwort habe. Meine vorläufige Lösung ist, dass man zumindest Kritik äußern und Aufklärung betreiben sollte.

Es ist immer noch ein Tabu, Religionen und ihre "Würdenträger" zu kritisieren. Es gilt als unhöflich. In der massenmedialen Öffentlichkeit findet es so gut wie nicht statt.

Nach meiner Erfahrung wissen die meisten frommen Leute nicht, was in der Bibel steht, und auch nicht, was die Wissenschaft dazu sagen kann. Sie wisse nicht, was ein Beweis ist. Sie wissen stattdessen, welche Lieder man in der Kirche singt.

Mehr Wissen (sowohl über Religion als auch über Wissenschaft) würde meiner Meinung nach automatisch zu einer besseren, menschlicheren und friedlichen Gesellschaft führen.

:Blumen:

KalleMalle 28.09.2016 08:14

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1259020)
Ansonsten würden wir ja klosterähnliche Einrichtungen auch abseits der Religionen finden, mit der simplen Begründung, dass es Menschen gibt, "die das gerne machen."

Mit klosterähnlichen Einrichtungen: meinst Du da so Organisationen, die große Häuser haben in denen unschuldige Menschen mehr oder weniger gefangen gehalten werden um dort – für eine vergleichsweise geringe Gegenleistung - zu arbeiten und damit den Profit der Organisation ins Unermessliche zu steigern?


zappa 28.09.2016 08:14

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1259020)
Ich wende mich nicht gegen die Gläubigen. Jeder kann glauben, was er will. Aber hier geht's um Betrug, und es ist keine Kleinigkeit.

Na dann geh mal gegen diesen offensichtlichen Betrug vor. Ich denke jede Polizeidienststelle freut sich über Arbeit.

zappa 28.09.2016 08:18

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1259047)

Es ist immer noch ein Tabu, Religionen und ihre "Würdenträger" zu kritisieren. Es gilt als unhöflich. In der massenmedialen Öffentlichkeit findet es so gut wie nicht statt.

Du meinst wahrscheinlich z.B. die fehlende (aber berechtigte) öffentliche Demontage des Bischofs von Limburg durch den Spiegel und Bild?

keko# 28.09.2016 08:22

Zitat:

Zitat von KalleMalle (Beitrag 1259049)
Mit klosterähnlichen Einrichtungen: meinst Du da so Organisationen, die große Häuser haben in denen unschuldige Menschen mehr oder weniger gefangen gehalten werden um dort – für eine vergleichsweise geringe Gegenleistung - zu arbeiten und damit den Profit der Organisation ins Unermessliche zu steigern?


Jetzt hör aber auf!!! Der Kapitalismus ist doch keine Lüge! Darauf baut unser ganzes Selbstverständnis auf. :Cheese:

Jörn 28.09.2016 08:24

Zitat:

Zitat von keko# (Beitrag 1259042)
Wo tangentiert dich denn Religion noch im Leben? Wenn du mal Kirchenglocke läuten hörst? Oder stört dich das "C" in der CDU?

- Die vielen Kriege auf der Welt sind heutzutage ganz überwiegend Religionskriege. Das tangiert mich, weil ich an die Opfer denke, und weil uns das Flüchtlingsproblem in Europa tangiert.

- Anders als früher sind religiöse Leute mittlerweile in der Lage, ganze Länder auszulöschen -- was einige arabischen Länder auch unumwunden als ihr Ziel angeben. Das stört mich.

- Die wichtigen gesellschaftlichen Probleme, an denen wir uns völlig unnötig abmühen, sind Teil einer religiösen Debatte: wer darf wen heiraten; erlauben wir Stammzellenforschung, um Krebs und Alzheimer zu besiegen; erlösen wir unheilbare Kranke von ihrem Leid, wenn sie dies wollen.

- Mich stört auch, dass ich mit meinen Steuern die Gehälter und Renten des Klerus bezahle, der mich seinerseits als Heiden in die Hölle wünscht. Renten von 10.000 oder 20.000 Euro pro Monat sind für einen bischöflichen Greis normal, und ich sehe nicht ein, warum das richtig sein soll. Ich bezahle das, obwohl ich aus der Kirche ausgetreten bin.

- Die deutschen Kirchen äußern sich zu den Rechten der Frauen in einer Weise, die ich skandalös finde.

- Mich stört, dass Kinder im Religionsunterricht angelogen werden, und ihnen eine Weltsicht eingetrichtert wird, die schädlich und falsch ist.

Ich kann diese Liste sicherlich fortführen, aber das sind ein paar schöne Punkte.

Jörn 28.09.2016 08:27

Zitat:

Zitat von zappa (Beitrag 1259051)
Du meinst wahrscheinlich z.B. die fehlende (aber berechtigte) öffentliche Demontage des Bischofs von Limburg durch den Spiegel und Bild?

Demontiert wurde eine gewisse Prasserei -- die aber in jeder anderen Kirche rund um den Globus völlig selbstverständlich ist.

Demontiert wurde nicht, welchen Unsinn der Bischof (und alle seine Vorgänger, und seine Nachfolger) von sich geben. Das ist ein Tabu, und das ist nicht akzeptabel.


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