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the grip 29.09.2013 11:26

Franz Hodjak:
 
Mythos

Ich musste kotzen, also
lief ich in die nächste
öffentliche Toilette, doch
als ich sah, was für
Ideologien sich an den Wänden
trafen, ist mir das Kotzen
vergangen. Ich
tat es draußen, an einen
Baum gelehnt. Du Schwein,
sagte eine ganz ganz feine
Dame, wir haben ja
öffentliche Toiletten, weißt du
das nicht?

the grip 29.09.2013 21:20

Ringelnatz:
 
Der sächsische Dialekt

Wenn man den sächsischen Dialekt
Ein bisschen dehnt und ein bisschen streckt
Und spricht ihn noch ein bisschen tran’ger;
Dann hält ein jeder für einen Spanier!

the grip 01.10.2013 11:18

Wilhelm Busch:
 
Wenn alles sitzen bliebe,
Was wir in Haß und Liebe
So voneinander schwatzen;
Wenn Lügen Haare wären,
Wir wären rauh wie Bären
Und hätten keine Glatzen.

the grip 03.10.2013 10:44

Erich Fried:
 
Zwischenspiel

Und wenn mein Zeigefinger
schon nass ist von dir
mir noch Zeit nehmen
und mit seiner Kuppe
auf deinen Bauch
ein Herz malen
so dass dein Nabel
mitten im Herzen die Stelle ist
wo angeblich Amors Pfeil
das Herz durchbohrt hat
und dann erst
wenn du erraten hast
dass es ein Herz war
was ich auf dich gezeichnet habe.

the grip 06.10.2013 10:18

Ludwig Thoma:
 
Lehrhaftes Gedicht

Adolf war der Sprosse guter Leute,
Ehelichen Ursprungs, legitim;
Anders Jakob, denn sein Vater scheute
Sich und sagt', er wäre nicht von ihm.

»Süßes Wunder« hieß der Eltern Liebe
Unsern Adolf, der »von Gott gesandt«;
»Die unsel'ge Frucht verbotner Triebe«
Wurde Jakob meistenteils genannt.

Adolf konnte man den Freunden zeigen;
Man entdeckt' an ihm des Vaters Art.
Über Jakob herrschte tiefes Schweigen,
Von ihm sprechen galt als wenig zart.

Dieser Unterschied verblieb im Leben;
Adolfs Laufbahn war solid und leicht.
Zwar Talent war ihm nicht viel gegeben,
Für den Staatsdienst hat es doch gereicht.

Jakob war, so wie er einst geboren,
Stets der Tante Minna ihr Malör.
Feine Kreise gaben ihn verloren,
Und er wurde später Redakteur.

the grip 08.10.2013 10:44

Heinrich Heine:
 
Ich glaub nicht an den Himmel,
Wovon das Pfäfflein spricht;
Ich glaub nur an dein Auge,
Das ist mein Himmelslicht.

Ich glaub nicht an den Herrgott,
Wovon das Pfäfflein spricht;
Ich glaub nur an dein Herze,
’nen andern Gott hab ich nicht.

Ich glaub nicht an den Bösen,
An Höll und Höllenschmerz;
Ich glaub nur an dein Auge,
Und an dein böses Herz.

the grip 10.10.2013 10:18

Wilhelm Busch:
 
Reue

Die Tugend will nicht immer passen,
Im ganzen läßt sie etwas kalt,
Und daß man eine unterlassen,
Vergißt man bald.

Doch schmerzlich denkt manch alter Knaster,
Der von vergangnen Zeiten träumt,
An die Gelegenheit zum Laster,
Die er versäumt.

the grip 15.10.2013 08:36

Joachim Ringelnatz:
 
Bumerang

War einmal ein Bumerang;
War ein weniges zu lang.
Bumerang flog ein Stück,
Aber kam nicht mehr zurück.
Publikum – noch stundenlang –
Wartete auf Bumerang.

Ringelnatz bringt mit seinem wundervollen Sprachwitz und dem unnachahmlichen Sinn für Un- und Tiefsinn den Deutschen einen neuen Humor bei. Sehnsüchtig wünscht sich Die Zeit: „Ach, triebe er doch noch seinen


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