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Helmut S 19.05.2020 15:40

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1533461)
Der Vergleich ist in sofern nicht sehr passend, als bei Tuberkulose es um Maßnahmen den speziellen infizierten Patienten betreffend geht, damit er möglichst wenige anstecken kann. Im Falle von Corona werden zichfach mehr gesunde, nicht-infizierte, also für jeden ungefährliche und selbst auch wenig gefährdete Personen in ihren Möglichkeiten eingeschränkt, als es tatsächlich infizierte und gefährdete Menschen gibt.

Das ist korrekt. So rum halte ich es für schwierig die Verfassungskonformität der Maßnahmen zu begründen.

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1533467)
Passender als der Abschuss eines Flugzeuges allemal. :-)

Ich denke du hast nicht verstanden, dass es mir um das Argumentationsschema für einen Eingriff in Grundrechte geht. Um dieses Argumentationsschema intellektuell zu durchdringen, ist jedes Lehrbeispiel gut. Vor allem eines, welches das BVerfG genau so durchgezogen hat. Wenn du magst nimm auch die Gurtpflicht. Auch sehr lehrreich. Es gibt aber auch zich andere.

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1533467)
[...] Dabei muss natürlich die Verhältnismässigkeit abgewogen werden.

Du schreibst das so lapidar dahin. Aber das ist doch genau das Problem.

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1533469)
Allerdings. Zumal es beim Flugzeugbeispiel es darum geht, wenige zu gefährden bzw. töten, um viele zu retten, bei Corona werden viele/alle stark beeinträchtigt, um einen geringen gefährdeten Anteil zu retten.

Auch hier: Holla the forrest fairy ;)

Das Flugzeugbeispiel war kein kein Beispiel in dem von dir vermuteten Sinne. Es war und ist ein Beispiel dafür, wie das BVerfG argumentiert, dass der Staat eben NICHT in das Grundrecht auf Leben eingreifen darf.

Es zeigt, dass es beide Ergebnisse der Grundrechtsabwägung gegenüber dem Grundrecht auf Leben gibt. Zum einen das Beispiel mit dem finalen Rettungsschuß (Eingriff ok) und das Beispiel mit dem Abschuß des Flugzeuges (Eingriff nicht ok). Es gibt also verschiedene Situationen und es kommt darauf an. Es ist also beileibe nicht so, wie qbz uns glauben machen will, dass das Recht auf Leben per se eine Rechtfertigung für allerlei Maßnahmen darstellt. Hier irrt er. Und schon gar nicht ist es ein belastbarer juristischer Grund, weil "es weiter vorne steht". :Lachen2:

Wer also versucht über das Recht auf Leben zu argumentieren, der muss darlegen, dass hier der Grundrechtseingriff in die persönliche Freiheit einer ganzen Bevölkerung in Ordnung ist. Es reicht nicht nur über Grundrechtseingriffe bei einer einzeln Person zu argumentieren und dies dann über die Bevölkerung zu "stülpen".

Um diesem Dilemma aus dem Weg zu gehen, ist ggf. das Beispiel mit dem Luftsicherheitsgesetz interessant. Hier ist die Argumentation der Richter über die Würde und nicht über das Recht auf Leben. Kreigt man also eine ähnliche Argumentation hin, hat man die Probleme mit der Grundrechtsabwägung vom Hals.

Das Beispiel mit dem Luftsicherheitsgesetz ist übrigens noch aus einem weiteren Grund spannend: Es zeigt - nicht besonders intuitiv - dass Menschenleben nicht gegeneinander aufzuwiegen sind. Auch nicht 120 gegen 60.000. Und auch nicht aus anderen Gründen. Stichwort: Triage. Evtl. ist auch das ein Argumentationsweg? :Blumen:

Seyan 19.05.2020 15:43

Zitat:

Zitat von Helmut S (Beitrag 1533507)
Das Beispiel mit dem Luftsicherheitsgesetz ist übrigens noch aus einem weiteren Grund spannend: Es zeigt - nicht besonders intuitiv - dass Menschenleben nicht gegeneinander aufzuwiegen sind. Auch nicht 120 gegen 60.000. Und auch nicht aus anderen Gründen. Stichwort: Triage. Evtl. ist auch das ein Argumentationsweg? :Blumen:

Doch, sind sie. Soll ich dir sagen, wo das immer wieder passiert?
Bei der Vergabe von Spenderorganen. Es gibt zuwenige, der Bedarf wird nicht gedeckt. Also muss man eine Entscheidung fällen, wer es bekommt. Und da wird nicht lustig gewürfelt, sondern auch nach Erfolgsaussichten entschieden.

https://www.organspende-info.de/orga...lantation.html

Mag vielen in der aktuellen Situation nicht gefallen, aber das, was man Triage nennt, ist Alltag. Nur nicht so medial wie bei Corona aktuell.

LidlRacer 19.05.2020 16:10

Zitat:

Zitat von Trimichi (Beitrag 1520714)
Erschreckende Parallelen zu Corona - Profiteure der Angst, ARTE Doku 2009
https://www.youtube.com/watch?v=ZJfCdyT5f7U

I.d.R. würde ich annehmen, dass Arte-Dokus recht hohe Qualität haben.

Im heutigen Podcast Nr. 42 zerlegt Prof. Drosten diese jedoch weitgehend, und erklärt vieles zur Schweinegrippe, was heutzutage oft falsch dargestellt und falsch auf Covid-19 übertragen wird.
https://www.ndr.de/nachrichten/info/...dio684806.html

Bleierpel 19.05.2020 16:28

Zitat:

Zitat von LidlRacer (Beitrag 1533514)
I....

@Lidl: dein Postfach ist voll...

LidlRacer 19.05.2020 16:38

Zitat:

Zitat von Bleierpel (Beitrag 1533520)
@Lidl: dein Postfach ist voll...

Das ist immer voll.
Kannstes nicht hier schreiben?

mum 19.05.2020 18:35

Zitat:

Zitat von Trimichi (Beitrag 1533327)
Ist nur meine Meinung.

Es handelt sich um eine leichte Erkältung, wie die Zahlen des RKI beweisen! In dem Fall, dass niedrigere Mortalitäten gefährlicher sind? Erklär's mir bitte, ich bin dumm. Und benötige Nachhilfe. 8123 > 25100. Ich vesteh's einfach nicht. Sorry!

M. :Blumen:

Ein Arbeitskollege hatte es - nur "diese leichte Erkältung" (wie Du es nennst) - 50 Jahre alt - gesund. Zwei Wochen Spital mit Beatmung. Er leidet heute noch unter Kurzatmigkeit. Er hofft, dass er sich 100% erholt. Keine Risikogruppe.

Ein Kunde von einem Geschäftspartner von mir. Nach einer Woche wieder gut - Dann Hammer - Ueberschiessen des Immunsystems - Bei der Autopsie war fast keine Lunge mehr da - Die weissen Blutkörperchen haben das gesunde Gewebe zerstoert. Nach 24 Stunden war er Tod. Alter 60 - Keine Risikogruppe.

Klar - wie eine leichte Erkältung......


Du scheinst mir nicht dumm zu sein. Deine Aussage ist es aber.

Peace

qbz 19.05.2020 18:37

Zitat:

Zitat von Helmut S (Beitrag 1533499)
Holla the forrest fairy :Cheese:

1. Du sprachst von Grundrechten und deren Gewicht untereinander und hast das mit der Position im Grundgesetz vor anderen argumentiert. Ich habe dir erklärt, warum du damit mMn zu kurz springst, vor allem weil du unvollständig zitiert hast und es im Kern der Debatte über die Grundrechte eben genau um die Abwägung der Rechtsgüter Leben und Freiheit geht - und letzteres lässt du aber einfach weg. ;)

Nein, liess ich nicht weg, siehe mein Verweis auf Massnahmen gegenüber einzelnen Infizierten wie z.B. Quarantäne, welche das Freiheitsrecht einschränkt.

Zitat:

Zitat von Helmut S (Beitrag 1533499)
2. Wie du behaupten kannst, dass es sich bei meinem Beispiel um ein abstraktes Beispiel handelt, ist mir völlig schleierhaft. :Gruebeln:

a) Ich vertrat die Auffassung, dass - wenn du überhaupt über Grundrechte argumentieren möchtest - es aus besagten Gründen auf die Menschenwürde reduzieren müsstest. Eine Verkürzung so wie du das getan hast auf das Grundrecht auf Leben reicht m.E. nicht in jedem Fall, da der Staat berechtigt ist in dieses Grundrecht einzugreifen. So ein Rechtsgrund könnte ja auch hier bei COVID-19 vorliegen? Hast du das geprüft? Ich habe dir zwei Beispiele genannt bei denen der Staat eben in diese Grundrechte eingreift. Unter anderem den finalen Rettungsschuß als Eingriff in das Recht auf Leben. Warum soll er es also nicht auch bei COVID-19 tun? Hier müsstest du begründen.

Abstrakt, weil es eben das Infektionsschutzgesetz nicht konkret in die Argumentation einbezieht.

Zitat:

Zitat von Helmut S (Beitrag 1533499)
Zunächst: Nur weil noch kein Urteil zur Verfassungskonformität eines Gesetzes ergangen ist, bedeutet es nicht, dass es verfassungskonform ist. Und das jedes Gesetz auf Verfassungskonformität geprüft wird ist ja wohl mehr als naiv. Warum sonst hätte in der Vergangenheit das BVerfG regelmäßig Gesetzesvorhaben gekippt, NACHDEM(!) sie längst in Kraft getreten sind? Jüngst fällt mir das Sterbehilfegesetz und der §217 im StGB.

Ausserdem: So viele Änderungen am Infektionsschutzgesetz, die Maßnahmen erst ermöglichten sind gar nicht vorgenommen worden. Meines Wissens nach genaugenommen keine Einzige. Verwechselst du da was mit Länderebene? Oder mit Verordnungen? Es gab eine Verordnung zur Meldepflicht basierend auf IfSG und es gab Anordnungen auf Basis von IfSG. Aber eine Gesetzesänderung? Die noch dazu auf Verfassungskonformität geprüft worden wäre?

Im März 2020 wurde eine Novelle des Infektionsschutzgesetzes beschlossen, die einige verfassungsrechtlich problematische Artikel enthält, speziell die Ermächtigungen des Gesundheitsministers und der Bundesregierung, wie der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages detailliert anmerkte. Er verfasste zu diversen Aspekten juristische Stellungnahmen und markiert jeweils sehr deutlich die verfassungsrechtlich problematischen. Siehe die Liste der Analysen

Zum bisherigen Gesetz (nicht der Novelle):

"In der Literatur wird die Verfassungsmäßigkeit der Generalklausel in § 28 Absatz 1 Satz 1 IfSG vereinzelt hinterfragt. Der Begriff der notwendigen Schutzmaßnahmen genüge nicht den Anforderungen des Grundsatzes der Normenklarheit und Normenbestimmtheit, der aus dem in Artikel 20 Absatz 3 GG verankerten Rechtsstaatsprinzip abgeleitet wird. Dies folge daraus, dass kaum Rechtsprechung zur Thematik vorhanden sei und eine Beschränkung der Maßnahmen auf der Grundlage der Generalklausel nicht durch eine Auslegung denkbar sei,mit der Folge, dass die konkreten Entscheidungen im alleinigen Ermessen der Behörde lägen. Eine gerichtliche Kontrolle beschränke sich daher auf die Prüfung der Verhältnismäßigkeit, in welcher die Grundrechtspositionen gegeneinander abzuwägen seien."
Das Infektionsschutzgesetz als Rechtsgrundlage für die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten, S. 14

Und der § 28, Abs. 1 lautet:

"Werden Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt oder ergibt sich, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, so trifft die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen, insbesondere die in den §§29 bis 31 genannten, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist. Unter den Voraussetzungen von Satz 1 kann die zuständige Behörde Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen einer größeren Anzahl von Menschen beschränken oder verbieten und Badeanstalten oder in § 33 genannte Gemeinschaftseinrichtungen oder Teile davon schließen; sie kann auch Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte nicht zu betreten, bis die notwendigen Schutzmaßnahmen durchgeführt worden sind. Die Grundrechte der Freiheit der Person (Artikel 2 Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz), der Versammlungsfreiheit (Artikel 8 Grundgesetz) und der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Abs.1 Grundgesetz) werden insoweit eingeschränkt."

D.h. es kann natürlich durchaus sein, dass in Zukunft das Bundesverfassungsgericht aufgerufen ist, zu diesem Gesetz Beschlüsse zu fassen. Bis dahin besitzt es Gültigkeit. ;) Als Nicht-Jurist möchte ich jetzt nicht weiter darüber disputieren, ob und wie sich das Infektionsschutzgesetz von Art. 1 oder Art. 2 ableitet, Das mögen die Verfassungsspezialisten klären, ich äusserte nur meine Laiensicht.

Vicky 19.05.2020 19:24

@qzb ja vermutlich wird sich das BVerfG mit der Thematik noch einige Male beschäftigen. Ich bin sehr gespannt, was dabei heraus kommt.

Für die nächste Pandemie sind wir ja dann gewappnet. ;)


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