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Zitat von captainbeefheart
(Beitrag 1311969)
Danke für deine Erfahrung, klingt nachvollziehbar. In der Literatur habe ich nicht auf Anhieb was dazu gefunden. Hast Du dazu einen Literaturhinweis?
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Du weisst ja, wieviel anerkannte Perspektiven gerade in der Psychotherapie vorherrschen. Deswegen beschränken sich die modernen Diagnosesysteme zu Recht auf rein deskriptive Klassifikationen als kleinster Nenner. Es bleibt dann dem therapeutischen Handwerk / Kunst überlassen, im Einzelfall zusammen mit den jugendlichen Patienten und Eltern von der gesicherten Diagnose auf mögliche Ursachen zu schliessen und zu mehr psychischer Gesundheit zu verhelfen.
Konkret würde sich die Psychoanalyse z.B. mehr mit der Rolle des zu starken Über-Ichs, zu schwachen Ichś und der Rolle von Schuldgefühlen sowie der übermässigen Triebunterdrückung bei den Auswirkungen religiöser Erziehung beschäftigen (Freud behandelt ausführlichst die Auswirkungen religiöser Erziehung auf die Psyche. Die klassische weibliche Hysterie von Freud mit Pseudolähmung findet man übrigens nur noch in islamisch geprägten Regionen , bei uns sehr selten wegen der sex. Freizügigkeit). Die Familientherapie wiederum sieht bei streng religiösen Familien geschlossene Familiensysteme vorliegen, die es gilt, in welche mit mehr Offenheit für die Umwelt zu ändern. Die Verhaltenstherapeuten trainieren eher mit den Kindern / Jugendlichen anhand konkreter Ziele und bemühen sich, dass die Eltern die Therapie der Kinder nicht abbrechen. Usf.
Zitat:
Zitat von captainbeefheart
(Beitrag 1311969)
Nachdem Du vom Fach bist: Ist das monokausal auf diese Themen zurückzuführen, oder ist die streng religiöse Prägung nicht ein Symptom einer insgesamt strengen Erziehung? Soweit ich weiß sind z.B. Depressionserkrankungen überwiegend multi-kausal.
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Man kann, wie Du schreibst, affektive Störungen, zu denen reaktive Depressionen gehören, nie mechanisch-deterministisch ausschliessslich einzelnen Ursachen zuordnen, oft aber bestimmten Auslösern (Tod der Oma, Verbot einer ersten Jugendliebe usf.)
In meinen Augen besteht schon ein wesentlicher Unterschied, ob Eltern streng-autoritär erziehen (Motto: "Die ChefIn bestimmt alles) oder ob diese Haltung zusätzlich in einem religiösen Gedankensystem verankert ist, was Kinder / Jugendliche teilweise schon verinnerlicht haben (mit Selbstbestrafungstendenzen z.B.). Im ersten Fall macht Widerstand weniger Schuldgefühle und die Entwicklung einer eigenen Identität fällt leichter wie im zweiten.
Dieser Artikel aus dem Ärzteblatt passt vielleicht zu dem Thema: Psychotherapie-mit-religioesen-Fundamentalisten-Religion-als-Huerde-und-Chance
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