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neo 19.09.2016 22:09

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1256936)
Du verkennst meiner Meinung nach die Wurzeln der Moral, wenn Du sie im Himmel suchst.
:Blumen:

Ich bezweifle, daß die Moral Wurzeln hat, sonst könnte der Mensch sie nicht so schnell abstreifen.
Es gibt vorgegebene Werte die vermittelt werden. Diese Werte wurden einmal als solche in einem Willkürakt (jede Gesetzgebung ist ein Willkürakt) als Norm gesetzt. Die Werte, die sich "durchgesetzt" haben, sprich weiterhin tradiert werden, sind die Werte, deren Überschreitung nach wie vor mit Sanktionen geahndet werden. Das ist der einzige Grund, warum sie sich halten. Ansonsten wären bestimmte ehemalige Straftatbestände wie Republikflucht, der berüchtigte § 175 StGB, Ehebruch usw. ja auch nie verschwunden und hätten auch immer schon bestanden. Das schlechte Gewissen besteht meist nur in der Angst vor dem Richter ;)
Der Willkürakt und die Sanktionen schließen nicht aus, daß sich einige Normen als sinnvoll erwiesen haben ...

Klugschnacker 19.09.2016 22:09

Zitat:

Zitat von neo (Beitrag 1256938)
Auf den Nachweis warte ich inzwischen seit Stunden ;) Und wie schon einmal angemerkt: Kreativität und Intelligenz sind kognitive Fähigkeiten :Cheese: Die Natur ist kein Wesen mit kognitiven Fähigkeiten ... bisher sehe ich nur, wie Du pädagogisch-didaktische Metaphern und Gleichnisse projizierst.

Ich hatte eingangs das Beispiel mit der Raupe erwähnt. Nehmen wir ein anderes, zum Beispiel einen Pferdehuf.

Ein Pferdehuf ist ein Abbild der Eigenschaften des Erdbodens, seiner Rauhigkeit und Tragkraft, ferner der Schwerkraft, sowie dynamischer und biologischer Eigenheiten wie Materialabrieb, Nutzungshäufigkeit und so weiter.

Nur ein sehr intelligenter Mensch mit umfangreichem Wissen und viel Kreativität könnte, wenn überhaupt, einen brauchbaren Pferdehuf herstellen. Die Natur kann es, aber wir sind nicht immer bereit, das als Akt von Intelligenz und Kreativität zu sehen.

Dabei steht die Kreativität außer Frage. Die Natur hat weit mehr verschiedene Lösungen durchprobiert, als wir uns überhaupt vorstellen können. Und wie intelligent (kenntnisreich) der Huf konstruiert ist, auf wie viele Gegebenheiten er Rücksicht nimmt (er kann beispielsweise mitwachsen), erkennen wir erst, wenn wir mit unseren stümperhaften Nachbauten scheitern.

Wir sind es nicht gewohnt, diese Vorgänge, sofern sie außerhalb von Gehirnen stattfinden, als Kreativität und Intelligenz anzuerkennen. Dabei sind unsere eigenen Gehirne ein Erzeugnis genau davon: Von der Natur. In typisch menschlicher Bescheidenheit bilden wir uns trotzdem ein, wir hätten die Kreativität und das Finden von Lösungen ("Intelligenz") selbst erfunden.

Du sagst, ich schleiche mich durch eine geschickte Neudefinition von Intelligenz und Kreativität davon. Dem halte ich entgegen, Deine Grenzziehung, mit der beides nur in Gehirnen geschehen könne, sei willkürlich.
:Blumen:

neo 19.09.2016 22:19

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1256957)
Ich hatte eingangs das Beispiel mit der Raupe erwähnt. Nehmen wir ein anderes, zum Beispiel einen Pferdehuf.

Ein Pferdehuf ist ein Abbild der Eigenschaften des Erdbodens, seiner Rauhigkeit und Tragkraft, ferner der Schwerkraft, sowie dynamischer und biologischer Eigenheiten wie Materialabrieb, Nutzungshäufigkeit und so weiter.

Nur ein sehr intelligenter Mensch mit umfangreichem Wissen und viel Kreativität könnte, wenn überhaupt, einen brauchbaren Pferdehuf herstellen. Die Natur kann es, aber wir sind nicht immer bereit, das als Akt von Intelligenz und Kreativität zu sehen.

Dabei steht die Kreativität außer Frage. Die Natur hat weit mehr verschiedene Lösungen durchprobiert, als wir uns überhaupt vorstellen können. Und wie intelligent (kenntnisreich) der Huf konstruiert ist, auf wie viele Gegebenheiten er Rücksicht nimmt (er kann beispielsweise mitwachsen), erkennen wir erst, wenn wir mit unseren stümperhaften Nachbauten scheitern.

Wir sind es nicht gewohnt, diese Vorgänge, sofern sie außerhalb von Gehirnen stattfinden, als Kreativität und Intelligenz anzuerkennen. Dabei sind unsere eigenen Gehirne ein Erzeugnis genau davon: Von der Natur. In typisch menschlicher Bescheidenheit bilden wir uns trotzdem ein, wir hätten die Kreativität und das Finden von Lösungen ("Intelligenz") selbst erfunden.

Du sagst, ich schleiche mich durch eine geschickte Neudefinition von Intelligenz und Kreativität davon. Dem halte ich entgegen, Deine Grenzziehung, mit der beides nur in Gehirnen geschehen könne, sei willkürlich.
:Blumen:

Nein, gar nicht! Das ist auch keine Neudefinition, das ist Projektion!

Wir haben Kreativität und Intelligenz auch nicht erfunden, es ist Teil unserer "Ausrüstung", so wie wir mit 5 Fingern an jeder Hand ausgerüstet sind.

Indem Du "der Natur" kognitive Fähigkeiten zusprichst, machst Du sie Dir zu einer Gottheit. Vielleicht (das soll jetzt nicht provokant oder ironisch sein, sondern ist sehr ernst gemeint :Blumen: ) scheint der Gedanke auch unerträglich, daß es aus Deiner Sicht keinen "Architekten" gibt und Du mußt Dich selbst damit trösten, "der Natur" wenigstens Intelligenz und Kreativität zu bescheinigen, sind es doch Eigenschaften, deren Qualität wohl kaum jemand herabwürdigen möchte ... aber dann sind wir wieder bei uralten Gottesvorstellungen und dann können wir den ganzen Kladderadatsch wieder von vorne beginnen :Lachanfall:

Wobei ich gestehen muß, daß ich die bisher sich entwickelnde "Unterhaltung" (eigentlich haben alle hier nur geschrieben) sehr genossen habe. Solche Unterhaltungen kommen selten zustande, meistens spät in der Nacht an einem Feuer und mehreren Flaschen Wein.

merz 19.09.2016 22:22

eine der spannenden Pointe an diese (spieltheoretische?) kooperativen Ansätzen zur Moral ist auch, daß man in einem ersten Aufschlag garnicht bestimmt hat, wer hier der Nutzniesser der Kooperation sein soll: das handelnde Individuum, eine Gruppe, die Gattung als solche oder "nur" irgendwie eine Gen-Kombination? - Alles sehr spannend, weil man alle Optionen im Prinzip spielen kann.

m.

neo 19.09.2016 22:24

Zitat:

Zitat von merz (Beitrag 1256961)
eine der spannenden Pointe an diese (spieltheoretische?) kooperativen Ansätzen zur Moral ist auch, daß man in einem ersten Aufschlag garnicht bestimmt hat, wer hier der Nutzniesser der Kooperation sein soll: das handelnde Individuum, eine Gruppe, die Gattung als solche oder "nur" irgendwie eine Gen-Kombination? - Alles sehr spannend, weil man alle Optionen im Prinzip spielen kann.

m.

Spieltheorie? Sehr spannende Sache :)

Klugschnacker 19.09.2016 22:57

Zitat:

Zitat von zappa (Beitrag 1256937)
Ich glaube manchmal, dass Du bestimmte Argumente nicht einordnen willst. Musst Du auch nicht. Finde ich aber schade.

Moral entsteht und ist IN einem System und wird dort nicht nachträglich hinein verortet. Menschen verhalten sich IM System (wo auch sonst?) entlang der IM System existierenden und von ihnen selbst mit produzierten bzw. reproduzierten moralischen Verhaltensregeln, oder eben auch nicht.

Entschuldigung, ich war der Ansicht, ich wäre bereits mehrmals auf genau diesen Punkt eingegangen. Du sagst, Moral sei von Anfang an fester Bestandteil eines "Systems", also zum Beispiel einer Gesellschaft. Ich bin davon abweichend der Meinung, dass es zunächst nicht um Moral geht, sondern um den Erfolg von Verhaltensweisen. Erst wenn sich der Erfolg von Verhaltensweisen bestätigt, werden sie allmählich zur Moral.

Fiktives Beispiel: Ein Haufen Neandertaler verdrischt after-wörk-mäßig spaßeshalber eine verweichlichte Truppe Yuppie-Typen, die sich "Homo sapiens" oder so nennen, und fremd in der Gegend sind. Die Fremden beschließen, es ihnen am nächsten Tag in der Morgendämmerung heimzuzahlen, da Neandertaler bekanntlich immer bis 9 Uhr schlafen. Das klappt gut, außerdem erlegen sie noch ein paar Rehe, die ebenfalls frühmorgens unterwegs waren.

Zum Leidwesen der wenig flexiblen Neandertaler kommen die Yuppies jetzt jeden morgen in aller Herrgottsfrühe und verteilen Kopfnüsse. Das hat Auswirkungen auf die Gesellschaft der Homo sapiens: Dort gilt es jetzt als schick für alle jungen Männer, bereits im Morgengrauen aufzustehen. Die Mädels achten bereits darauf, wer von den Jungs morgens der erste ist, und die Kinder wollen auch früh raus, so wie die Großen. Die Neandertaler leiden an Migräne und verziehen sich allmählich Richtung Mittelmeer. Der Jagderfolg frühmorgens jedoch bleibt, und bald machen es alle Sapiens so. Früh raus und gleich mal ranklotzen.

Lange Zeit später, als es keine Rehe mehr gab, sondern Dönerbuden, galt frühes Aufstehen immer noch als Zeichen von Rechtschaffenheit, während man Langschläfertum als irgendwie unmoralisch empfand. "Es gehört sich einfach nicht", sagten die Alten. Dabei hatten die Erfinder des frühen Aufstehens keinerlei Moral im Sinn. Sie wollten nur den arroganten Neandertalern erfolgreich auf die dicklippige Schnauze hauen. Es war eine erfolgreiche Strategie, doch zur Moral wurde sie erst viel später.
:Blumen:

Klugschnacker 19.09.2016 22:59

Zitat:

Zitat von neo (Beitrag 1256964)
Spieltheorie? Sehr spannende Sache :)

Es war doch vor allem der von Dir kritisierte Dawkins, der die Entwicklung der Moral mit Erkenntnissen aus der Spieltheorie verband.
:Gruebeln:

Rälph 19.09.2016 23:00

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1256957)
Nehmen wir ein anderes, zum Beispiel einen Pferdehuf.
...

In typisch menschlicher Bescheidenheit bilden wir uns trotzdem ein, wir hätten die Kreativität und das Finden von Lösungen ("Intelligenz") selbst erfunden.

Naja, zumindest muss man als Mensch nicht zwangsläufig auf ne zufällige Genmutation zu warten, um ein Problem zu lösen. Um bei deinem Beispiel zu bleiben: Könnte ein Huf spontan auf z.B. Tiefschnee oder Klickpedale reagieren, dann müsste man ihn bzw. die Natur wohl als intelligent bezeichnen.
Aber okay, spontanität, was heißt das schon. Zeit ist relativ und irgendwann käme sicher ein Pony mit Schneehufen oder ein Hengst mit Cleats daher...:Cheese:

Sehr interessant hier, Danke für den Input Arne und besonders auch an "Neo" und "Zappa".:Blumen:

neo 19.09.2016 23:02

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1256965)
Entschuldigung, ich war der Ansicht, ich wäre bereits mehrmals auf genau diesen Punkt eingegangen. Du sagst, Moral sei von Anfang an fester Bestandteil eines "Systems", also zum Beispiel einer Gesellschaft. Ich bin davon abweichend der Meinung, dass es zunächst nicht um Moral geht, sondern um den Erfolg von Verhaltensweisen. Erst wenn sich der Erfolg von Verhaltensweisen bestätigt, werden sie allmählich zur Moral.

Fiktives Beispiel: Ein Haufen Neandertaler verdrischt after-wörk-mäßig spaßeshalber eine verweichlichte Truppe Yuppie-Typen, die sich "Homo sapiens" oder so nennen, und fremd in der Gegend sind. Die Fremden beschließen, es ihnen am nächsten Tag in der Morgendämmerung heimzuzahlen, da Neandertaler bekanntlich immer bis 9 Uhr schlafen. Das klappt gut, außerdem erlegen sie noch ein paar Rehe, die ebenfalls frühmorgens unterwegs waren.

Zum Leidwesen der wenig flexiblen Neandertaler kommen die Yuppies jetzt jeden morgen in aller Herrgottsfrühe und verteilen Kopfnüsse. Das hat Auswirkungen auf die Gesellschaft der Homo sapiens: Dort gilt es jetzt als schick für alle jungen Männer, bereits im Morgengrauen aufzustehen. Die Mädels achten bereits darauf, wer von den Jungs morgens der erste ist, und die Kinder wollen auch früh raus, so wie die Großen. Die Neandertaler leiden an Migräne und verziehen sich allmählich Richtung Mittelmeer. Der Jagderfolg frühmorgens jedoch bleibt, und bald machen es alle Sapiens so. Früh raus und gleich mal ranklotzen.

Lange Zeit später, als es keine Rehe mehr gab, sondern Dönerbuden, galt frühes Aufstehen immer noch als Zeichen von Rechtschaffenheit, während man Langschläfertum als irgendwie unmoralisch empfand. "Es gehört sich einfach nicht", sagten die Alten. Dabei hatten die Erfinder des frühen Aufstehens keinerlei Moral im Sinn. Sie wollten nur den arroganten Neandertalern erfolgreich auf die dicklippige Schnauze hauen. Es war eine erfolgreiche Strategie, doch zur Moral wurde sie erst viel später.
:Blumen:

*LOL* In der Tat ist das frühe Aufstehen und sich recht tummeln und umtun um Geld zu verdienen eine Erfindung der Reformation. Bis dato hatten die Leute gerade mal so viel gearbeitet, daß es passt und den Herrgott dann einen guten Mann sein lassen ...

neo 19.09.2016 23:03

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1256966)
Es war doch vor allem der von Dir kritisierte Dawkins, der die Entwicklung der Moral mit Erkenntnissen aus der Spieltheorie verband.
:Gruebeln:

Spieltheorie gab es schon lange, bevor Dawkin ein Buch geschrieben hat. Schon lange, bevor er geboren wurde ....

neo 19.09.2016 23:06

Zitat:

Zitat von Rälph (Beitrag 1256967)
Naja, zumindest muss man als Mensch nicht zwangsläufig auf ne zufällige Genmutation zu warten, um ein Problem zu lösen. Um bei deinem Beispiel zu bleiben: Könnte ein Huf spontan auf z.B. Tiefschnee oder Klickpedale reagieren, dann müsste man ihn bzw. die Natur wohl als intelligent bezeichnen.
Aber okay, spontanität, was heißt das schon. Zeit ist relativ und irgendwann käme sicher ein Pony mit Schneehufen oder ein Hengst mit Cleats daher...:Cheese:

:Lachanfall: made my day .... äh my night ;)

Klugschnacker 19.09.2016 23:13

Zitat:

Zitat von Rälph (Beitrag 1256967)
Naja, zumindest muss man als Mensch nicht zwangsläufig auf ne zufällige Genmutation zu warten, um ein Problem zu lösen. Um bei deinem Beispiel zu bleiben: Könnte ein Huf spontan auf z.B. Tiefschnee oder Klickpedale reagieren, dann müsste man ihn bzw. die Natur wohl als intelligent bezeichnen.

Ja, aber dann wollen wir den Menschen mal ein Pferd bauen lassen. Wie lange wird er wohl dafür brauchen?

Wenn die für eine Lösung benötigte Zeit darüber bestimmt, wer als intelligent gilt und wer nicht, dann wird der Mensch möglicherweise gegen die Natur verlieren.
:Blumen: :Lachen2:

zappa 19.09.2016 23:17

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1256965)
Entschuldigung, ich war der Ansicht, ich wäre bereits mehrmals auf genau diesen Punkt eingegangen. Du sagst, Moral sei von Anfang an fester Bestandteil eines "Systems", also zum Beispiel einer Gesellschaft. Ich bin davon abweichend der Meinung, dass es zunächst nicht um Moral geht, sondern um den Erfolg von Verhaltensweisen. Erst wenn sich der Erfolg von Verhaltensweisen bestätigt, werden sie allmählich zur Moral.

Fiktives Beispiel: Ein Haufen Neandertaler verdrischt after-wörk-mäßig spaßeshalber eine verweichlichte Truppe Yuppie-Typen, die sich "Homo sapiens" oder so nennen, und fremd in der Gegend sind. Die Fremden beschließen, es ihnen am nächsten Tag in der Morgendämmerung heimzuzahlen, da Neandertaler bekanntlich immer bis 9 Uhr schlafen. Das klappt gut, außerdem erlegen sie noch ein paar Rehe, die ebenfalls frühmorgens unterwegs waren.

Zum Leidwesen der wenig flexiblen Neandertaler kommen die Yuppies jetzt jeden morgen in aller Herrgottsfrühe und verteilen Kopfnüsse. Das hat Auswirkungen auf die Gesellschaft der Homo sapiens: Dort gilt es jetzt als schick für alle jungen Männer, bereits im Morgengrauen aufzustehen. Die Mädels achten bereits darauf, wer von den Jungs morgens der erste ist, und die Kinder wollen auch früh raus, so wie die Großen. Die Neandertaler leiden an Migräne und verziehen sich allmählich Richtung Mittelmeer. Der Jagderfolg frühmorgens jedoch bleibt, und bald machen es alle Sapiens so. Früh raus und gleich mal ranklotzen.

Lange Zeit später, als es keine Rehe mehr gab, sondern Dönerbuden, galt frühes Aufstehen immer noch als Zeichen von Rechtschaffenheit, während man Langschläfertum als irgendwie unmoralisch empfand. "Es gehört sich einfach nicht", sagten die Alten. Dabei hatten die Erfinder des frühen Aufstehens keinerlei Moral im Sinn. Sie wollten nur den arroganten Neandertalern erfolgreich auf die dicklippige Schnauze hauen. Es war eine erfolgreiche Strategie, doch zur Moral wurde sie erst viel später.
:Blumen:

Lässige Geschichte. Schwer die Leichtigkeit zu konfrontieren :-)

Warum wollen denn die Yuppies etwas zurückzahlen?

Was hält die Yuppies als Gruppe zusammen?

Warum stehen sie früh auf?

Warum und mit welcher gemeinsamen Taktik erlegen sie Rehe? Gibt es unterschiedliche Rollen, Aufgabenteilung etc. und warum?

Wie organisieren sie sich, dass sie einen Plan verabreden, sich gemeinsam anschleichen und entlang eines Plans handeln können?

Warum fügen sie sich nicht einfach in ihr Schicksal und genießen als Masochisten den Schmerz? Warum wollen sie die Symbiose mit den Neandertaler-Sadisten auflösen und statt dessen den ersten weltumspannenden SM-Club gründen?

Ein paar Handlungsprinzipen wird es schon gegeben haben. Und daraus kann dann in einem Aushandlungs- und Handlungsprozess wieder was Neues entstehen. Grundzüge der Moral waren also sicher schon da, oder mindestens im Entstehen.

neo 19.09.2016 23:21

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1256973)
Ja, aber dann wollen wir den Menschen mal ein Pferd bauen lassen. Wie lange wird er wohl dafür brauchen?

Wenn die für eine Lösung benötigte Zeit darüber bestimmt, wer als intelligent gilt und wer nicht, dann wird der Mensch möglicherweise gegen die Natur verlieren.
:Blumen: :Lachen2:

Kommt wieder auf den Zweck an :Lachen2: Das Fahrrad ging doch recht zügig, kaum 60 Jahre von Drais´ Laufrad später ...

zappa 19.09.2016 23:25

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1256973)
Ja, aber dann wollen wir den Menschen mal ein Pferd bauen lassen. Wie lange wird er wohl dafür brauchen?

Wenn die für eine Lösung benötigte Zeit darüber bestimmt, wer als intelligent gilt und wer nicht, dann wird der Mensch möglicherweise gegen die Natur verlieren.
:Blumen: :Lachen2:

Die Natur ist fantastisch.

Dennoch hat sie weder Fähigkeiten, noch eine Moral und schon gar keinen Masterplan.

Klugschnacker 19.09.2016 23:25

Zitat:

Zitat von neo (Beitrag 1256959)
Indem Du "der Natur" kognitive Fähigkeiten zusprichst, machst Du sie Dir zu einer Gottheit. Vielleicht … scheint der Gedanke auch unerträglich, daß es aus Deiner Sicht keinen "Architekten" gibt und Du mußt Dich selbst damit trösten, "der Natur" wenigstens Intelligenz und Kreativität zu bescheinigen…

Das ist nur scheinbar so. Ich muss diese Gedanken ja in einer Sprache formulieren, die von Menschen erfunden wurde und subjektzentrisch angelegt ist. Mir ist schon klar, dass die Natur nicht die Stirn in Falten legt und Ideen ausbrütet.

Vorsorglich füge ich hinzu, dass die Natur nie vor hatte, ein Pferd zu bauen.
:Blumen:

Klugschnacker 19.09.2016 23:26

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1256978)
Vorsorglich füge ich hinzu, dass die Natur nie vor hatte, ein Pferd zu bauen.
:Blumen:

Ich hab’s geahnt, aber Zappa war schneller! :Huhu: :Cheese:

Rälph 19.09.2016 23:28

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1256973)
Ja, aber dann wollen wir den Menschen mal ein Pferd bauen lassen. Wie lange wird er wohl dafür brauchen?

Grad mal gegoogelt: Das einhufige Pferd gibt es seit ca. 4 Mio Jahren...Entstehung des Lebens vor ca. 3,5 Mrd...brauchht man nix zu rechnen. Die Natur hat ca. 3,5 Mrd. Jahre für das Pferd gebraucht. Mindestens! Das schaffen wir auch!;)

Good night!

LidlRacer 19.09.2016 23:42

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1256973)
Ja, aber dann wollen wir den Menschen mal ein Pferd bauen lassen. Wie lange wird er wohl dafür brauchen?

Wenn die für eine Lösung benötigte Zeit darüber bestimmt, wer als intelligent gilt und wer nicht, dann wird der Mensch möglicherweise gegen die Natur verlieren.
:Blumen: :Lachen2:

Also ich hab mehrere hundert menschengemachte Pferde unter der Haube.
Ich glaub, das hat nicht sooo lang gedauert, die zu bauen. :Lachen2:
(Sorry, lasst Euch nicht stören - bin schon wieder weg ...)

Klugschnacker 19.09.2016 23:47

Zitat:

Zitat von neo (Beitrag 1256946)
Gemessen am Alter des Planeten und gemessen vom Zeitpunkt an dem das erste Leben vermutet wird ist der Mensch nicht einmal eine Episode auf der Erde. Nur weil ein Mensch heutzutage 80 Jahre alt werden kann (zumindest problemlos in der nord-westlichen Region) heißt das nicht, daß 150.000 Jahre eine lange Zeit wären. Der Mensch hat sich seit 150.000 Jahren genetisch gesehen nicht verändert. Eine Evolution hat bisher noch nicht stattgefunden.

Ich meinte nicht eine entscheidende Mutation innerhalb der Spezies Homo sapiens. Sondern eine, die den Homo sapiens von anderen Arten schied. Mir ging es darum, dass der Homo sapiens in der Lage war, in viel größeren Gruppen stabile soziale Strukturen zu bilden, als das bei vorangegangenen (oder noch parallel existierenden, das weiß ich nicht) Arten der Fall war.

(Ein Standpunkt, den ich nur ungern in einer tieferen Debatte verteidigen wollte, ohne mir vorher nochmal ein paar staubige Bücher aus dem Keller zu holen.)
:Blumen:

Klugschnacker 19.09.2016 23:52

Zitat:

Zitat von Rälph (Beitrag 1256980)
Grad mal gegoogelt: Das einhufige Pferd gibt es seit ca. 4 Mio Jahren...Entstehung des Lebens vor ca. 3,5 Mrd...brauchht man nix zu rechnen. Die Natur hat ca. 3,5 Mrd. Jahre für das Pferd gebraucht.

Ist nicht auch der Teufel ein Einhufer? Der war von Anfang an da.
:Lachen2:

neo 20.09.2016 07:00

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1256987)
Ist nicht auch der Teufel ein Einhufer? Der war von Anfang an da.
:Lachen2:

Der hat ein behuftes Bein! Aber der Huf ist, glaube ich, in der traditionellen Ikonographie gespalten *lach*

neo 20.09.2016 07:39

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1256978)
Das ist nur scheinbar so. Ich muss diese Gedanken ja in einer Sprache formulieren, die von Menschen erfunden wurde und subjektzentrisch angelegt ist. Mir ist schon klar, dass die Natur nicht die Stirn in Falten legt und Ideen ausbrütet.

Vorsorglich füge ich hinzu, dass die Natur nie vor hatte, ein Pferd zu bauen.
:Blumen:

;) :Cheese: Aber in diesem Zusammenhang verwendest Du die Begriffe nicht sauber. Es sind kognitive Eigenschaften, gleichzeitig aber sagst Du, Kognition ist nicht vorhanden. Ich wiederhole mich zwar: Aber Du machst Dich selbst zum Opfer Deiner pädagogisch-didaktischen Metaphern, indem Du die Metaphorik irgendwann unter den Tisch fallen lässt. Das ist *IMHO* nicht sauber "gearbeitet" ... vor 3,5 Milliarden Jahren begann das Leben nach unseren derzeitigen Erkenntnissen (diese Zahl wurde glaube ich im Zusammenhang mit unserem Pferedebeispiel genannt).

Jetzt haste 3,5 Milliarden Jahre Zeit den Würfel zu werfen (Zufallsprinzip, ist ja klar). Plötzlich würfelste mal ´ne Million Jahre lauter Sechser, was statistisch gesehen durchaus drin ist, und dann sagste: Oh das ist kreativ und intelligent :Blumen: Und dann eierste ´rum und sagst, naja, aber Plan ist keiner dahinter, aber es ist doch kreativ und intelligent und das vorwärts und rückwärts ... Das ist nur metaphorisch, als Mensch kann ich gar nicht anders (doch, kannst Du schon!) und am Ende nimmst Du die Analogie dann doch wörtlich ... Wie jetzt?

A=¬A -> ⊥ (A gleich nonA impliziert falsum)

Jörn 20.09.2016 08:02

Ein Würfel ist nicht kreativ. Eine Million Mal die gleiche Zahl zu würfeln ist nicht kreativ. Es ist ja immer die gleiche Zahl, aus einer immer gleichen Reihe von Zahlen (nämlich den sechs möglichen), die sich niemals ändern können.

Die Natur würfelt ebenso (wenn man den Vergleich nicht überstrapaziert), aber anstatt der immer gleichen sechs Augen kommen immer neue Formen zum Vorschein. Das ist gemeint mit "kreativ". Es entsteht dauernd etwas neues, in Formen, die weder geplant noch absehbar waren, und das in großer Vielfalt.

Trotzdem ist kein Bewusstsein, keine Steuerung und keine Planung vorhanden -- noch nicht einmal ein Ziel. Es sind wenige, simple Mechanismen, die kombiniert werden.

Es ist kreativ, weil das immer gleiche Ziel (Überleben) in unzähligen Varianten gelöst wird. Dass sich Meerestiere farblich an ihren Untergrund anpassen können oder Tinte versprühen, ist eine kreative Lösung. Oder der Anglerfisch, der eine Laterne vor dem Maul als Köder verwendet.

neo 20.09.2016 08:13

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1257012)
Ein Würfel ist nicht kreativ. Eine Million Mal die gleiche Zahl zu würfeln ist nicht kreativ. Es ist ja immer die gleiche Zahl, aus einer immer gleichen Reihe von Zahlen (nämlich den sechs möglichen), die sich niemals ändern können.

Die Natur würfelt ebenso (wenn man den Vergleich nicht überstrapaziert), aber anstatt der immer gleichen sechs Augen kommen immer neue Formen zum Vorschein. Das ist gemeint mit "kreativ". Es entsteht dauernd etwas neues, in Formen, die weder geplant noch absehbar waren, und das in großer Vielfalt.

Trotzdem ist kein Bewusstsein, keine Steuerung und keine Planung vorhanden -- noch nicht einmal ein Ziel. Es sind wenige, simple Mechanismen, die kombiniert werden.

Es ist kreativ, weil das immer gleiche Ziel (Überleben) in unzähligen Varianten gelöst wird. Dass sich Meerestiere farblich an ihren Untergrund anpassen können oder Tinte versprühen, ist eine kreative Lösung. Oder der Anglerfisch, der eine Laterne vor dem Maul als Köder verwendet.

Das mit dem Sechser war auch nur Analogie ;) Ich wollte auch nur auf etwas (scheinbar) "Signifikantes" hinweisen .... (Abgesehen davon hat niemand die Zeit, 3,5 Milliarden Jahre zu würfeln.) Die Anpassungen überleben in ihren Nischen, der Rest stirbt. Wäre interessant, ob es Hochrechnungen gibt, was bei "Mutter Natur" so alles schon im Abfalleimer gelandet ist, weil es sich nicht bewährt hat ....

Abgesehen davon ist mir das Nicht-Vorhandensein von Bewußtsein klar. Aber dann von Kreativität zu sprechen (namentlich in ihr "creare", "schöpfen" steckt) halte ich für extrem problematisch; wenn man dann noch sagt, die Natur sei "intelligent", dann geht das an der Sache vorbei .... es ist zumindest nicht sauber formuliert (wenngleich sehr schön formuliert) ....

neo 20.09.2016 08:25

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1256987)
Ist nicht auch der Teufel ein Einhufer? Der war von Anfang an da.
:Lachen2:

Traditionell ist es ein Ziegenfuß, da die Darstellung des Teufels kunstgeschichtlich die äußere Gestalt des griechischen Gottes Pan übernommen hat, was darauf zurückgeht, einerseits den Pan als Verwirrer weiterzuführen, andererseits können die Götter der Antike ja nur Teufel sein, da heidnisch ;)

Der Pferdefuß ohne Spaltung des Hufes hat sich vielleicht eingeschlichen, weil er leichter zu malen ist - aber das ist jetzt auf meinem Mist gewachsen ... :)

keko# 20.09.2016 08:37

Zitat:

Zitat von neo (Beitrag 1257016)
Wäre interessant, ob es Hochrechnungen gibt, was bei "Mutter Natur" so alles schon im Abfalleimer gelandet ist, weil es sich nicht bewährt hat ....

Manchens verschwand auch einfach so, durch veränderte Umwelt. Aktuell greift der Mensch ja auch ordentlich ein, läßt aussterben und schafft neues.
Dem Menschen traue ich aber ein langes Leben zu, weil er sehr anpassungsfähig ist und aktiv eingreifen kann.

MattF 20.09.2016 08:45

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1256965)

Lange Zeit später, als es keine Rehe mehr gab, sondern Dönerbuden, galt frühes Aufstehen immer noch als Zeichen von Rechtschaffenheit, während man Langschläfertum als irgendwie unmoralisch empfand. "Es gehört sich einfach nicht", sagten die Alten. Dabei hatten die Erfinder des frühen Aufstehens keinerlei Moral im Sinn. Sie wollten nur den arroganten Neandertalern erfolgreich auf die dicklippige Schnauze hauen. Es war eine erfolgreiche Strategie, doch zur Moral wurde sie erst viel später.
:Blumen:


Ein schönes Beispiel wie Moral zum Dogma wird.

Es ist nämlich keineswegs moralisch oder unmoralisch früh aufzustehen. Es wurde zum Dogma, genauso wie dass Muslime kein Schweinfleisch essen, weil es in der Wüste heiß ist. Mit Erfindung des Kühlschranks spätestens zum Unsinn geworden.
Hier wird Moral zum Machtinstrument: "Du machst was ich sage, weil ich der Imam oder der Bürgermeister oder der Pfarrer oder sonst was bin."

neo 20.09.2016 08:51

Zitat:

Zitat von keko# (Beitrag 1257024)
Manchens verschwand auch einfach so, durch veränderte Umwelt. Aktuell greift der Mensch ja auch ordentlich ein, läßt aussterben und schafft neues.
Dem Menschen traue ich aber ein langes Leben zu, weil er sehr anpassungsfähig ist und aktiv eingreifen kann.

https://www.youtube.com/watch?v=5Fu_eBNeL-8

keko# 20.09.2016 08:56

Zitat:

Zitat von neo (Beitrag 1257016)
... wenn man dann noch sagt, die Natur sei "intelligent", dann geht das an der Sache vorbei .... es ist zumindest nicht sauber formuliert (wenngleich sehr schön formuliert) ....

Ist wohl wirklich Definitions- und Ansichtsache. Wenn der Lehrer den Schüler fragt, wie oft man eine 6 erwarten kann, wenn man 1 Mio Mal würfelt und er 1 Mio Mal würfelt, hat das wenig mit Intelligenz zu tun. Wenn er aber überlegt und die Antwort kennt, dann schon. Auf der anderen Seite kann eine Kuh nicht mal würfeln. Gegenüber einer Kuh ist er also immer noch intelligent, denn er probiert ja aus. Die Natur macht ja nicht mal das.

neo 20.09.2016 09:03

Zitat:

Zitat von keko# (Beitrag 1257028)
Ist wohl wirklich Definitions- und Ansichtsache. Wenn der Lehrer den Schüler fragt, wie oft man eine 6 erwarten kann, wenn man 1 Mio Mal würfelt und er 1 Mio Mal würfelt, hat das wenig mit Intelligenz zu tun. Wenn er aber überlegt und die Antwort kennt, dann schon. Auf der anderen Seite kann eine Kuh nicht mal würfeln. Gegenüber einer Kuh ist er also immer noch intelligent, denn er probiert ja aus. Die Natur macht ja nicht mal das.

Ich hätte ja kein Problem damit, wenn Arne sagte: "Ich empfinde die Natur als intelligent und kreativ." Damit könnte ich gut leben. Aber der Natur allgemein diese Attribute beizubringen, halte ich schlichtweg für gewagt. ;) *jesuiten-modus ausschalt* ;)

Klugschnacker 20.09.2016 09:07

Zitat:

Zitat von neo (Beitrag 1257029)
Ich hätte ja kein Problem damit, wenn Arne sagte: "Ich empfinde die Natur als intelligent und kreativ." Damit könnte ich gut leben. Aber der Natur allgemein diese Attribute beizubringen, halte ich schlichtweg für gewagt. ;) *jesuiten-modus ausschalt* ;)

Ich verstehe durchaus Deinen Einwand, neo. Du sagst, die Natur sei nicht intelligent. Sie findet ihre Lösungen einfach durch geistloses Herumprobieren. Folglich könne dieser Prozess nicht als intelligent bezeichnet werden.

Sehen wir einmal davon ab, ob Gehirne nicht ganz ähnlich zu kreativen Lösungen kommen, nämlich durch Ausprobieren zahlreicher kreativer Möglichkeiten. Oder ob ein spontaner guter Einfall nicht Ähnlichkeiten mit einer zufälligen, aber günstigen Mutation hat. Wie gesagt, lassen wir das beiseite. Unterstellen wir stattdessen, menschliche Intelligenz sei etwas ganz anderes als die Anpassungen in der Natur, die auf Zufall und Auswahl beruhen.

Dann können wir aber immerhin das Ergebnis dieser Anpassungen als sinnvoll anerkennen. Die Zeichnung auf den Flügeln eines Schmetterlings, die große blinkende Augen zeigt und damit Vögel in die Flucht schlägt, ist möglicherweise nicht in ihrem Entstehungsprozess, aber in ihrem Ergebnis intelligent. Falls Dir dieses Wort in dem Zusammenhang nicht gefällt, einigen wir uns darauf, dass in der Zeichnung auf den Flügeln des Schmetterlings ein Wissen über das Verhalten von Vögeln steckt.



Dieses Wissen ist nicht im Gehirn des Schmetterlings lokalisiert. Es steckt in der DNA und kam nicht von dem Schmetterling selbst, sondern ist ein Ergebnis der Struktur, in der Mutation und Selektion wirken. Wir Menschen verfügen ebenfalls über Formen des Wissens, die nicht im einzelnen Gehirn lokalisiert sind, und auch nicht in unserem genetischen Code, sondern zum Beispiel in unserer Kultur: So ist etwa die Arbeitsteiligkeit unserer Gesellschaft ein spektakuläres Erfolgsmodell, das uns in unseren technischen Fähigkeiten weit über die Tiere hinaushebt. Wir können auf den Mond fliegen und innerhalb weniger Jahren sämtliche Regenwälder abholzen, kaum dass wir selbst von den Bäumen herabgestiegen sind.

Wo ist dieses Wissen lokalisiert? Es steckt im kulturellen Wissen unserer Gesellschaft, also weder in einem einzelnen Gehirn, noch in unseren Erbmolekülen. Wer hat dieses Wissen erfunden? Niemand, also keine einzelne Person. Sondern es hat sich durch Mutation (Variantenbildung) und Selektion (Fortbestand funktionierender Strategien) entwickelt. In vielen Fällen sind wir uns des kulturellen Wissens gar nicht bewusst. Etwa in der Art, wie wir unsere Kinder aufziehen: Wir schauen uns das einfach von der vorangegangenen Generation ab, ohne zu ahnen, was alles schief gehen könnte, wenn wir einen ganz anderen Weg der Aufzucht wählen würden. In unserem kulturellen Wissen ist ein gut funktionierender Weg für die Aufzucht des Nachwuchses gespeichert, den wir selbst nicht bewusst durchschauen. Das merken wir erst, wenn wir da hineinpfuschen und damit beispielsweise das Bonding zwischen Mutter und Neugeborenem stören.

Wissen ist nicht nur in Gehirnen gespeichert, und intelligente Lösungen werden nicht nur von Gehirnen erzeugt. Deshalb meine Beispiele für das Wissen einer biologischen Art, gespeichert im Genom, sowie für das Wissen einer Kultur, gespeichert in den Bräuchen, und natürlich für das individuelle Wissen, gespeichert im Gehirn.

In gleicher Weise sind auch Verhaltensweisen, die wir mit Begriffen der Moral versehen, nicht auf die Sphäre individuellen, einsichtigen Handelns beschränkt. Es handelt sich schlicht um funktionierende Strategien. In aller Regel haben wir sie nicht erfunden, sondern sie haben sich entwickelt. Moral ist daher bereits in den Mechanismen angelegt, die dieser Entwicklung zugrunde liegen. In welchem Grade der moderne Mensch aggressiv und in welchem Maße er friedlich ist, wurde durch seine genetische, seine kulturelle und seine individuelle Entwicklung entscheidend geprägt. Du scheinst den Schwerpunkt auf den individuellen Aspekt zu legen (jeder Mensch entscheidet selbst über moralisches Handeln), doch der genetische und kulturelle Aspekt überwiegt bei weitem. Denn er legt fest, was wir unter Moral überhaupt verstehen wollen.

tandem65 20.09.2016 09:17

Zitat:

Zitat von keko# (Beitrag 1257024)
Manchens verschwand auch einfach so, durch veränderte Umwelt.

Dann hat es sich ja nicht bewährt weil es nicht anpassungsfähig war. ;)

keko# 20.09.2016 09:20

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1257012)
Trotzdem ist kein Bewusstsein, keine Steuerung und keine Planung vorhanden -- noch nicht einmal ein Ziel. Es sind wenige, simple Mechanismen, die kombiniert werden.

Es ist kreativ, weil das immer gleiche Ziel (Überleben) in unzähligen Varianten gelöst wird. ....

Ist das nicht ein völliger Widerspruch? Oben schreibst du, dass nicht mal ein Ziel vorhanden ist, dann im nächsten Satz, dass Überleben das Ziel sei.

Wie kann man ohne Bewußtsein und Steuerung überhaupt kreativ sein? Dann ist ja alles kreativ.

neo 20.09.2016 09:21

Zitat:

Zitat von keko# (Beitrag 1257035)
Ist das nicht ein völliger Widerspruch? Oben schreibst du, dass nicht mal ein Ziel vorhanden ist, dann im nächsten Satz, dass Überleben das Ziel sei.

Wie kann man ohne Bewußtsein und Steuerung überhaupt kreativ sein? Dann ist ja alles kreativ.

:Blumen:

Jörn 20.09.2016 09:26

@keko: Das war schlecht von mir formuliert. Ersetze "Ziel" durch "Problem". Ist aber in dieser Hinsicht ziemlich das gleiche, nur weniger missverständlich.

Klugschnacker 20.09.2016 09:28

Zitat:

Zitat von keko# (Beitrag 1257035)
Ist das nicht ein völliger Widerspruch? Oben schreibst du, dass nicht mal ein Ziel vorhanden ist, dann im nächsten Satz, dass Überleben das Ziel sei.

Wie kann man ohne Bewußtsein und Steuerung überhaupt kreativ sein? Dann ist ja alles kreativ.

Für einen Erwachsenen ist ein Stuhl eine Sitzgelegenheit. Für ein Kleinkind ist ein Stuhl eine Sitzgelegenheit, eine Ritterburg, eine einsame Insel, ein Raumschiff, ein Gebirge, ein Omnibus.

Wer hielte den Dickdarm eines Menschen für einen angenehmen Wohnort? Ich nicht! Dennoch wohnen mehr Bakterien darin, als ich selbst Körperzellen habe.

Kreativ sein bedeutet, aus allen möglichen Gelegenheiten etwas machen.
:Blumen:

keko# 20.09.2016 09:34

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1257032)
Ich verstehe durchaus Deinen Einwand, neo. Du sagst, die Natur sei nicht intelligent. Sie findet ihre Lösungen einfach durch geistloses Herumprobieren. Folglich könne dieser Prozess nicht als intelligent bezeichnet werden.

Hoffentlich sagt er das nicht, denn "geistloses Herumprobieren" geht ohne Intelligenz nicht, das ist ein Widersprich in sich.

Klugschnacker 20.09.2016 09:51

Zitat:

Zitat von keko# (Beitrag 1257041)
Hoffentlich sagt er das nicht, denn "geistloses Herumprobieren" geht ohne Intelligenz nicht, das ist ein Widersprich in sich.

Demnach gehen alkoholfreie Getränke nur mit Alkohol? :Blumen:

MattF 20.09.2016 09:56

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1257038)

Wer hielte den Dickdarm eines Menschen für einen angenehmen Wohnort? Ich nicht! Dennoch wohnen mehr Bakterien darin, als ich selbst Körperzellen habe.


Für die Bakterie ist der Dickdarm das Paradies. :Huhu:


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