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the grip 28.02.2013 11:15

William Shakespeare:
 
Wie oft, o meine Muse! wenn dein Finger
Aus dem beglückten Holz Musik entspann
Und jenen Wohllaut, meines Ohrs Bezwinger,
Mit süßem Griff den Saiten abgewann,
Beneidet' ich die Tasten, wie zu nippen
Sie deinen zarten Händen eilig nah'n,
Indes errötend meine armen Lippen
An kühnes Holz ihr Recht verschwendet sah'n.
Wie möchten sie um solch Berühren tauschen
Mit jedem Spänlein, das sich tanzend bückt,
Wenn deiner Wanderfinger leises Rauschen
Mehr totes Holz als roten Mund beglückt!
Wenn kecke Tasten denn so schwelgen müssen,
Laß sie die Hand, laß mich die Lippen küssen.

bellamartha 28.02.2013 11:40

Schön!

the grip 03.03.2013 11:04

Heinrich Heine:
 
Geleert hab ich nach Herzenswunsch
Der Liebe Kelch, ganz ausgeleert;
Das ist ein Trank, der uns verzehrt
Wie flammenheißer Kognakpunsch.

Da lob ich mir die laue Wärme
Der Freundschaft; jedes Seelenweh
Stillt sie, erquickend die Gedärme
Wie eine fromme Tasse Tee.

the grip 05.03.2013 10:30

Ringelnatz:
 
An den Mann im Spiegel

Du bist ein krummer, dummer Hund!
Und hast es doch gut gehabt,
Bist gar nicht reich und bist gesund,
Auch großenteils nicht unbegabt.

Du altes Schwein im Trüffelbeet,
Weißt du auch stets, wie gut’s dir geht?

Du, spring nicht über Schranken,
Du höher, als du selber bist, sind.
Vergiß nie, täglich wie ein Kind
Für alles tief zu danken.

the grip 07.03.2013 10:17

Edgar Allen Poe:
 
An F…

Geliebte! In dem Ungemach,
Das sich in meinen Pfad gedrängt,
(Ein rauher Pfad, steinicht und brach,
Von allen Seiten eingeengt), –
Kennt meine Seele einen Ort,
Dessen sie freudevoll gedenkt,
Ein unberührter Zauberhort
In einem weiten Meer versenkt.

Ja, dein geliebtes Bildnis ruht
In meiner Brust als süßer Trost,
Ein Eiland in bewegter Flut,
Von frostigem Gewog umtost,
Und doch so wundersam gefeit,
Daß mitten in dem Wellenfrost
Und Sturmesbrausen jederzeit
Die liebe Sonne mit ihm kost.

Mandarine 07.03.2013 13:07

In jedem Frühjahr ein Genuss von Goethe !


Vom Eise befreit sind Strom und Bäche
Durch des Frühlings holden, belebenden Blick,
Im Tale grünet Hoffnungsglück;
Der alte Winter, in seiner Schwäche,
Zog sich in rauhe Berge zurück.
Von dort her sendet er, fliehend, nur
Ohnmächtige Schauer körnigen Eises
In Streifen über die grünende Flur.
Aber die Sonne duldet kein Weißes,
Überall regt sich Bildung und Streben,
Alles will sie mit Farben beleben;
Doch an Blumen fehlts im Revier,
Sie nimmt geputzte Menschen dafür.
Kehre dich um, von diesen Höhen
Nach der Stadt zurück zu sehen!
Aus dem hohlen finstern Tor
Dringt ein buntes Gewimmel hervor.
Jeder sonnt sich heute so gern.
Sie feiern die Auferstehung des Herrn,
Denn sie sind selber auferstanden:
Aus niedriger Häuser dumpfen Gemächern,
Aus Handwerks- und Gewerbesbanden,
Aus dem Druck von Giebeln und Dächern,
Aus der Straßen quetschender Enge,
Aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht
Sind sie alle ans Licht gebracht.
Sieh nur, sieh! wie behend sich die Menge
Durch die Gärten und Felder zerschlägt,
Wie der Fluß in Breit und Länge
So manchen lustigen Nachen bewegt,
Und, bis zum Sinken überladen,
Entfernt sich dieser letzte Kahn.
Selbst von des Berges fernen Pfaden
Blinken uns farbige Kleider an.
Ich höre schon des Dorfs Getümmel,
Hier ist des Volkes wahrer Himmel,
Zufrieden jauchzet groß und klein:
Hier bin ich Mensch, hier darf ichs sein!

the grip 10.03.2013 14:46

Gotthold Ephraim Lessing:
 
Die Stärke des Weins

Wein ist stärker als das Wasser:
Dies gestehn auch seine Hasser.
Wasser reißt wohl Eichen um,
Und hat Häuser umgerissen:
Und ihr wundert euch darum,
Daß der Wein mich umgerissen?

the grip 12.03.2013 18:35

Bukowski:
 
Such

Der Hund springt aufs Bett und robbt
über mich.
"Weißt du das Wort?" frage ich ihn.
Er gibt keine Antwort.
"Weißt du das Wort? Ich such das
richtige Wort."
Er sieht mich mit seinen ernsten
Braunen Augen an.
"Ich warte auf das richtige Wort"
erkläre ich ihm. "Ich komme mir vor
als würde ich durch eine große heiße
Bratpfanne schnalzen."
Er wedelt und versucht, mein
Gesicht zu lecken.

"Hör mal", ruft sie aus dem Bade-
zimmer, "kommst du jetzt endlich
aus den Federn und hörst auf,
mit dem Hund zu reden?!"

Meine Eltern haben mich auch
nie verstanden.


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