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Ludwig Thoma:
Trauervoller Rückblick und fröhlicher Anfang
Ihr Freunde traut und wohlgeneigt, Ich bin schon wieder angezeigt. Der Schreiber oder Sekretär Nimmt einen neuen Bogen her. Der Staatsanwalt spannt schon den Hahn Und legt die Flinte auf mich an, Der Richter rollt sein Augenpaar, Es sträubt sich sein Juristenhaar; Sie haben all auf mich gebirscht; Die Tinte spritzt, die Feder knirscht. Der Polizeihund fletscht den Zahn Und knurrt mich ganz abscheulich an. Ihr Freunde, trauert nicht so fast! Ich sitze fröhlich auf dem Ast Und pfeife, wie der Vogel pfeift, Ob auch Justiz den Säbel schleift. |
Ringelnatz:
Genau besehen
Wenn man das zierlichste Näschen Von seiner liebsten Braut Durch ein Vergrößerungsglas Näher beschaut, Dann zeigen sich haarige Berge, Daß einem graut. |
Wilhelm Busch:
Niemals
Wonach du sehnlichst ausgeschaut, Es wurde dir beschieden. Du triumphierst und jubelst laut: Jetzt hab ich endlich Frieden. Ach, Freundchen, rede nicht so wild. Bezähme deine Zunge. Ein jeder Wunsch, wenn er erfüllt, Kriegt augenblicklich Junge. |
Zitat:
Was ist los, gehen dir die Texte aus :Lachen2: Ich erlaube mir, ein anderes Gedicht von Fried als Ersatz zu posten: WAS ES IST Es ist Unsinn, sagt die Vernunft. Es ist, was es ist, sagt die Liebe. Es ist Unglück, sagt die Berechnung. Es ist nichts als Schmerz, sagt die Angst. Es ist aussichtslos, sagt die Einsicht. Es ist, was es ist, sagt die Liebe. Es ist lächerlich, sagt der Stolz. Es ist leichtsinnig, sagt die Vorsicht. Es ist unmöglich, sagt die Erfahrung. Es ist, was es ist, sagt die Liebe. Fried hat einige super Gedichte zu bieten. Mir zumindest gefallen sie. |
Ludwig Thoma:
Die Abenteuer des Gymnasiallehrers
(Teil 1 von 5) In Freising lebte ein Professor, Der nicht aus Zufall Josef hieß; Nein, er verdient den Namen besser Durch alles, was er unterließ. Ein Philolog' und deutscher Gatte, Kannt' er die Liebe nur als Pflicht, Die Zweck zur Volksvermehrung hatte, Doch keine andern Reize nicht. Nun hörte er von den Kollegen, Wie man in München sich ergötzt, Er war schon im Prinzip dagegen, Und war im Vorhinein verletzt. Er suchte gleich in diesen Bildern Den eigentlichen Wesenskern, Um sie mit Abscheu dann zu schildern; Denn alles andre lag ihm fern. Doch als er sich damit befaßte, Beschloß er auch, dorthin zu gehn, Um dieses Treiben, das er haßte, Sich einmal gründlich anzusehn. Und so kam Josef an die Stätte, Wo Bacch- und Venus sich vereint, Wo unsre Scham – wenn man sie hätte – Am Grabe unsrer Unschuld weint. An hundert hochgewölbte Büsten Umtanzen uns und drängen her, Und will man hier sich recht entrüsten, So sieht man dort schon wieder mehr. Die Sittlichkeit ist hier nur Fabel, Und jeder merkt, hier weilt sie nie. Das Auge schweift bis an den Nabel, Und weiter schweift die Phantasie. |
Rilke:
Herbsttag
Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß. Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren, und auf den Fluren laß die Winde los. Be?ehl den letzten Früchten voll zu sein; gib ihnen noch zwei südlichere Tage, dränge sie zur Vollendung hin und jage die letzte Süße in den schweren Wein. Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr. Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben, wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben und wird in den Alleen hin und her unruhig wandern, wenn die Blätter treiben. |
Ludwig Thoma:
Die Abenteuer des Gymnasiallehrers
(Teil 2 von 5) Ein Rausch kommt über Josefs Sinne, Und ihn ergreift ein Schönheitsdurst. Mit einmal sind ihm deutsche Minne Und deutsche Treue ziemlich wurst. Er stürzt sich in die Freudenwoge Und fragt ein Mädchen: "Wisst auch du?" Sie sagt: "Sie sind wohl Philologe? Mann kennt's am abgelatschten Schuh; In ihrem Barte hängen Reste Von Linsen und von Sauerkohl! Ich danke Ihnen auf das beste, In mir – da täuschen Sie sich wohl?" Mein Josef konnte es nicht fassen, Was seiner Tugend widerfuhr; Er wollte sie herunterlassen – Und dem Geschöpf mißfiel es nur! Schon fühlt' er Ekel vor dem Treiben Und fühlt' sich von Moral umweht; Man kann ja niemals reiner bleiben, Als wenn ein Mädchen uns verschmäht. Indessen war im Schicksalsfügen Für Josef Härtres aufgespart. Er stürzte nochmals ins Vergnügen Und kämmte vorher seinen Bart. Das zweite Mädchen – angesprochen – Hatt', etwas minder preziös, Mit manchem Vorurteil gebrochen Und sagte bloß: "Ach, Sie sind bös!" Sie hatte einen, der bezahlte, Er hatte einen Domino, Mit dessen Gunst er sichtlich prahlte, Und beide waren herzlich froh! |
Oktoberfestgedicht von Ludwig Thoma:
Die Abenteuer des Gymnasiallehrers
(Teil 3 von 5) Wie ein Moralprinzip verschwindet Selbst aus dem stärksten Intellekt, Wenn man ein hübsches Mädchen findet Und eine Flasche Sekt! Auch Josef mußte dies erfahren, Und an sich selbst sah er die Spur Der ewig gleich unwandelbaren, Das All beherrschenden Natur. Schon wollt‘ er sich im Walzer drehen Und sucht‘ im Tanze den Genuß; Doch mußte er sich eingestehen, Daß man auch dieses lernen muß. Er mühte schwitzend sich im Kreis, Er drehte sich nach rechts und links, Versucht’s auf die uns andre Weise Und fand’s unmöglich schlechterdings. Er wußte zwar von den Hellenen, Wie man im Auftakt sich bewegt, Doch lernt‘ er leider nicht bei jenen, Wie man das Schwergewicht verlegt. Mit stattlichem Gelehrtenschuhe Trat er dem Mädchen auf die Zeh‘; Sie bat ihn flehentlich um Ruhe, Denn auf die Dauer tut es weh. |
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