![]() |
Zitat:
Was mich aber (schon länger) beschäftigt: wieso haben bislang Leute über ihre Sorgen nur hinter vorgehaltener Hand gesprochen? Und wann hat eigentlich dieses "bislang" angefangen? Viele Jahre meiner inzwischen 43 in Deutschland hatte ich nicht den Eindruck, daß jemand seine Meinung nur hinter vorgehaltenen Hand äußern mußte (egal wie abwegig sie war). Das war eines der wesentlichen Sachen, wofür ich dieses Land lieben gelernt habe. Aber allein die Tatsache, daß die Leute anfangen, ihre Meinung hinter vorgehaltenen Hand zu äußern, ist schon ein Grund zur Sorge, und hätte bei den Politikern die Alarmglocken läuten lassen müssen. |
Zitat:
Ich wuchs in einem Siebenbürgen auf, in dem der rumänische Staat alle Nicht-Rumänen als Feind und Gegner behandelte, und alles dran setzte, diese entweder zum Auswandern zu bringen (Deutsche), oder zur Aufgabe ihrer Identität zu drängen (Ungarn). Außerhalb der engen eigenen engen Community gab es kein "wir" von Siebenbürger Bürgern. Die kommunistische Diktatur und dessen trostlosen Lebensperspektiven haben der früheren Gemeinschaft den Rest gegeben. Ich wurde auch nicht zum Studium ins Ausland geschickt, sondern als Jugendlicher von meinen Eltern auf der Flucht mitgenommen. Bereits bei meinem ersten Besuch zu Hause vier Jahre später war mehr als die Hälfte der früheren Bekannten ausgewandert. Es gab damals schon praktisch keine Heimat, als dessen Mitglied ich mich hätte fühlen können; Eltern rieten ihren Kindern nur noch, möglichst weit weg abzuhauen. Bis dann in 1989 die Wende kam, hatte ich dort praktisch keine Wurzeln mehr, zu denen ich hätte zurückkehren können - dafür schon tiefe Wurzeln in diesem Land. |
@ dem Topos „Meinung hinter vorgehaltener Hand“: Tja, ein Aspekt ist, dass der der ausländerfeindliche, rassistische, diskriminierende, frauenfeindliche und homophobe Sachen äussert seit einige Zeit etwas mehr auf die Glocken bekommt also vor 10 oder 20 Jahren. Erkennt man oft daran weil mit „wird man ja noch sagen dürfen“ zu quasseln angefangen wird.
m, |
Zitat:
Denn des einen Freiheit endet immer da, wo die Freiheit eines anderen begrenzt wird. Außer bei Gesetzesverstößen. Da greift das Gesetz, nicht Zensur und Denunziantentum. Nicht mehr ganz nur meine pers. Meinung, tw auch Gesetzeslage. :Blumen: |
Zitat:
Beispiel Frauenfeindlichkeit: Trägst du beispielsweise begründet vor, warum du gegen Frauenparkplätze und die Quote bist, interessieren sich gewisse Kreise nicht für deine Argumente. Du bekommst einfach "auf die Glocke" von gewissen Leuten, die sich selbst als "woke" definieren und dich als Frauenfeind. Und logisch, dass man in diesen Kreisen ausländerfeindlich ist, wenn man äußert, dass man gegen unkontrollierte Zuwanderung ist und für die konsequente Abschiebung von Menschen ohne Bleibeperspektive. Heutzutage gilt es ja auch als rassistisch, wenn man jemand fragt, wo er oder sie eigentlich herkommt. Ein Bekannte von mir sieht nicht so aus und spricht vor allem nicht wie die blonde biodeutsche Claudia. Ich habe sie mal gefragt, was sie eigentlich empfindet, wenn sie gefragt wird, wo sie herkomme. Antwort: Ich freue mich, weil das Interesse an mir und meinem Leben signalisiert. Gerade das letzte Beispiel zeigt, dass gewisse Leute ungefragt ein Problem definieren, dass vielleicht in der Breite gar nicht besteht, und sich als Anwälte für Menschen aufspielen, ohne gefragt zu haben, ob die das überhaupt möchten. |
Zitat:
In Frankreich gab es mal die Diskussion, ob "alle Menschen sind gleich" nicht überholt wäre, gar eine Art von Rassimus, da man die Eigenarten der Menschen missachte. In Frankreich werde ich gelegentlich auf Englisch angesprochen, z.B. beim Einkaufen, ohne dass ich den Mund aufgemacht habe. Das muss mit meinem Aussehen zusammenhängen. Ist das auch schon Rassimus? Frech wie ich halt bin, antworte ich mit bestem französisch :Cheese: |
Zitat:
Es geht nicht immer nur um "strafrechtlich relevante Dinge" wie du schreibst. Um dich erneut selbst zu zitieren: "Denn des einen Freiheit endet immer da, wo die Freiheit eines anderen begrenzt wird." Geht es dich also was an, wie jemand anderes z.B. seine Religion oder seine Sexualität auslebt? Du kannst sich zum Beispiel ohne ""strafrechtlich relevante Dinge" auf transfeindlichem Parkett bewegen und dann eben genau die Freiheit anderer beschneiden. |
Zitat:
Selbstverständlich bewegt sich das Wertesystem der Mehrheit einer Gesellschaft über die Jahrzehnte weg von dem, was im gesetzlichen Rahmen Niederschlag findet. Letzterer ist hier meist zu langsam. Als Konsequenz muss derjenige, der dem Wertesystem der Mehrheit der Gesellschaft konträre Ansichten öffentlich oder in privatem Rahmen äußert, ggf. mit starker Gegenrede oder gar gesellschaftlicher Verachtung oder Sanktionierung rechnen. Die sozialen Konsequenz hängen natürlich vom Umfeld ab. Was das "Sagbare" in Hamburg angeht, juckt mich nicht, solange ich nicht dort bin bzw. mich dort Äussere. Die Form der gesellschaftlichen Sanktionierung oder gar Verachtung ist m.E. heutzutage zum Teil eskaliert. Kleinste Abweichungen werden durch mediale oder gruppenspezifische Übermoralisierung dem konstruktiven Diskurs und der sachlichen Bewertung entzogen - es bilden sich extrem schnell Fronten und die Dinge werden Kategorisch. Man erinnere sich nur an die Debatte um die Corona Impfpflicht. Hier war man je nachdem zu welcher Zeit man seine Meinung Pro/Contra Impfpflicht war, entweder Faschist oder für den Tod von Menschen verantwortlich. Ich plädiere insgesamt für einen deutlich weniger aufgeregten Umgang mit abweichenden Meinungen. :Blumen: |
Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 12:31 Uhr. |
Powered by vBulletin Version 3.6.1 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2025, Jelsoft Enterprises Ltd.