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Die individuell(privat)-bestimmten religiösen Vorstellungen der Neuzeit entstehen als Folge der Individualisierung, d.h. wachsender Selbstbestimmung, z.B. in der Auseinandersetzung mit dem Kirchenkanon, der dadurch wiederum sich verändert, anpasst. Je mehr sich der Kirchenkanon von den neuzeitlichen Lebensgrundlagen entfernt, desto grösser der Unterschied zwischen Privat-Glaube und Kanon. Typisch dafür die islamischen Gottes-/Monarchiestaaten, wo der Gegensatz zwischen der Lehre der Religionswächter, welche die öffentliche Alltagskultur normieren, und der privaten Familien-und Hinterzimmer-Kultur, die auch neuzeitlich ausgerichtet sein kann, immer grösser wird. Progressive Änderungen sozaler und kultureller Normen entstehen in meinen Augen unter anderem gerade dadurch, dass Gruppen von Menschen zuerst in "privaten" Räumen andere Regeln leben, z.B. Schwule gegen den § 175 handelten. (Oder in der Politik: Burschenschaften um 1848). Umgekehrt zu den progressiven Änderungsformen entstehen natürlich auch reaktionäre Räume, welche die Progression behindern, wo halt rückwärtsgewandte Menschen noch ihre Werte leben. Anders ist Entwicklung kaum vorstellbar. Mein Ideal-Ziel: friedliche Konfliktlösungen. |
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Ich würde noch ergänzen, dass systemtheoretisch betrachtet, Systeme semi-stabil sind. D.h., dass Normen und Regeln recht stabil und lange in Systemen gelten und von diesen prinzipiell reproduziert werden. Durch permanenten "Beschuss" der geltenden Normen und Regeln von außerhalb (andere Systeme) bzw. innerhalb (Subsysteme) des Systems ändern sich dann Normen und Regeln oberflächlich betrachtet scheinbar "plötzlich". Ursächlich ist das aber z.B. in den "privaten Räumen" (=Subsystem) schon länger angelegt und vorbereitet. |
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Ich halte das Hinterfragen der westlichen Lebensformen durchaus für angebracht. Andererseits sind einige „unserer“ Werte so hoch anzusiedeln, dass Du auch Du sie wohl kaum mit einer alles relativierenden Weltsicht infrage stellen würdest. Das will ich mit den zwei „Perlen“ verdeutlichen. |
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Der Jahwe-Kult hat sich sogar während der Besetzung Israels durch die Babylonier geformt, als die gesellschaftliche Elite Israels gezwungen wurde, Israel zu verlassen. In diesem Exil hat sich eine kleine (und von den Feinden besiegte) religiöse Minderheit radikalisiert. Als sie später nach Israel zurückkehren konnte, haben sie dort den Monotheismus und den Jahwe-Kult durchgesetzt. Die Diskrepanz von Israels Machtlosigkeit einerseits und der angeblichen Allmächtigkeit Jahwes andererseits hat dazu geführt, dass manche Bibelstellen sogar behaupten, Jahwe selbst hätte sich gegen das eigene Volk gewandt. Nur so konnte man die dauernde Besetzung durch die Feinde und die damit verbundenen Zerstörungen ihrer Kultstätten erklären. Zu keiner Zeit war der Jahwe-Kult in Israel ein "Erfolgsmodell". Sondern es war eine praktisch ununterbrochene Folge des Scheiterns. |
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Jeder kann dazu seine eigene Meinung haben; dennoch steht es allen anderen frei, sich ebenfalls dazu zu äußern. Wem solche Äußerungen absolut unerträglich sind, der kann an diesen Debatten nicht teilnehmen und könnte vielleicht in einer einsamen Hütte im Wald leben, wo er andere Menschen nicht ertragen muss. Falls er jedoch elektrischen Strom und Kabelfernsehen bevorzugt, muss er sich wohl mit der Existenz anderer Menschen und derer Meinungen arrangieren. Ist die Gleichstellung von Frauen eine staatliche oder religiöse Angelegenheit? Man kann nicht einerseits zulassen, dass Gesetze und Normen dazu debattiert werden; und andererseits fordern, dass diese Debatten zu unterlassen seien, sobald jemand religiös ist. Unser Staat ist säkular. Dadurch ist klipp und klar entschieden, ob die Gleichstellung der Frauen oder die "Homo-Ehe" eine religiöse oder eine weltliche Debatte ist. Es ist eine weltliche Debatte. Ohne Wenn und Aber. Dadurch sind Überlegungen obsolet, ob die gleichen Themen vielleicht in einem religiösen Kontext anderes behandelt werden könnten. Denn es gibt nur den weltlichen Kontext. Der Schutz der Religion durch den Staat (oder einem religiösen Rückzugsraum) meint etwas ganz anderes. Es meint den Schutz religiöser Inhalte, die mit weltlichen Inhalten nicht konkurrieren. Etwa Fragen rund um den "Heiligen Geist"; aber nicht Fragen um die Gleichstellung der Frauen. |
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Ausgangspunkt dieser Teildiskussion war doch ein Posting von waden. Ich habe waden so verstanden, dass er sich (siehe Zitat) mit der Frage beschäftigt, ob nicht schon bestimmte Gedanken "böse" sein können. Das finde ich aber prinzipiell bedenklich: Gedankenfreiheit ist ein hohes Gut und gilt nicht nur für religiöse Menschen, sondern natürlich auch für alle anderen! Damit haben Äußerungen, Diskussionen und Handlungen nur bedingt zu tun. Natürlich darf man alles kritisieren und man kann als Gesellschaft Äußerungen (in bestimmtem Rahmen) und Handlungen verbieten. Aber man darf meiner Ansicht nach niemandem verbieten, irgendetwas zu denken. Ganz abgesehen von der von mir eh schon kurz angeschnittenen (und natürlich polemischen) Frage, wer denn das Verbot gewisser Gedanken überwachen soll und welche Strafen wir dafür vorsehen sollten? |
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