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ThomasG 19.11.2018 06:00

Zitat:

Zitat von MarcoZH (Beitrag 1420231)
Thomas, warum ist dir das Thema so wichtig?

Ich empfinde die direkten und indirekten Folgen seit dem Inkraftreten der "Hartz-IV-Gesetze" als schlimm.
Unsere Gesellschaft hat sich in den Folgejahren in meinen Augen zum negativen hin verändert.
Aus eigener Erfahrung kenne ich einige der Begleiterscheinungen dieser Gesetze.
Ich war längere Zeit über eine Zeitarbeitsfirma beschäftigt vor etwa 15 Jahren und habe danach für ein privates Unternehmen gearbeitet, was keinen Betriebsrat hatte.
So war es auch bei dem anderen Unternehmen, bei dem ich im Rahmen der Zeitarbeit gearbeitet habe.
Später wurde ich zwar direkt eingestellt, aber nicht fest sondern zeitlich begrenzt.
Am Ende des Sommerurlaubes erreichte mich ein Schreiben, in dem mir in knappen Worten mitgeteilt wurde, dass mein Vetrag nicht verlängert werden könne.
Ich war da immerhin zwei Jahre und habe wohl ganz gute Arbeit abgeliefert.
Es wurde nämlich nur ein Teil derjenigen eingestellt, die über die Zeitarbeitsfirma dort gelandet sind.
Gegen Ende meiner Zeit dort wurden einige initiativ und wollten einen Betriebsrat gründen.
Für mich war das nur ein "Job", an dem ich nicht so arg gehangen habe.
Ich mochte die Leute dort.
Wir haben versucht uns das Arbeitsklima möglichst angenehm zu machen.
Das gelang oft trotz sehr monotoner Arbeit (Datentypist).
In den Pausen und während der Arbeit war ich mit einigen häufig zusammen, die den Betriebsrat wollten.
Soweit ich weiß, wurde bei allen der Vertrag danach nicht mehr verlängert und zuvor wurde er jemals mehrfach verlängert.
Danach war es ganz ähnlich.
Auch hier wollten die Beschäftigten irgendwann einen Betriebsrat.
Es wurde verhindert und stattdessen kam ein Vertrauensmann (bzw. eher eine Vertrauensfrau mit guten Kontakten zur Führungsebene).
Kurz danach habe ich von mir aus einen Schlußstrich gezogen.
Die Arbeit wurde mir zu nervig.
Sie wollten dann noch, dass man sämtliche Sendungen scannt mit einem mobilen Gerät bevor man sie zustellt.
Das war mir dann endgültig zu unbequem.
Da hätte ich nicht mehr so zustellen können (ich habe Sendungen zugestellt), wie ich es gewohnt war:
Schnell und zügig ähnlich wie ein Fahrradkurrier:
Mit meinem privaten Rad, um die Hüften eine Art Bauchladen und auf dem Rücken einen Rucksack.
Den "Bauchladen" habe ich immer gefüllt, wenn ich eh anhalten musste und ansonsten habe ich mich darum bemüht nur dann vom Rad abzusteigen, wenn es anders nicht ging.
Dadurch war ich vergleichsweise sehr schnell.
Jetzt arbeite ich "nur" noch als Nachhilfelehrer und da wird mit Honorarverträgen gearbeitet bzw. früher auch Beschäftigungsverhältnissen im Rahmen dessen, was über geringfügige Beschäftigungen möglich ist bzw. war.
Für mich sind das Folgen von Hartz-IV.

Angenehmen Tag allerseits!

qbz 19.11.2018 09:20

Es sind vor allem die 450.- Euro Jobs, die mit Hartz IV neu entstanden. Der Arbeitgeber bezahlt keine Sozialversicherungsbeiträge! Ausserdem werden bei einem Bruttoverdienst zwischen 100.- - 1000.- Euro 80 % mit den Hartz IV Leistungen verrechnet, der Arbeitnehmer darf nur 20 % behalten.https://www.hartz4.de/450-euro-job/

Ich erlebte es, wie im Öffentlichen Dienst Berlin alle festen Stellen aus dem Arbeiterbereich (wie Grünflächenpflege, Handwerker, Hausmeister, Reinigung) gestrichen wurden. Anschliessend vergab die Öffentliche Hand die Aufträge an Firmen, die hauptsächlich geringfügig Beschäftigte oder auch Langzeitseitarbeitslose auf der Basis von sog. 1-Euro Jobs beschäftigten. https://www.hartz4hilfthartz4.de/ein-euro-job/

Mit solchen Jobs, aber auch mit Jobs ausserhalb von Hartz IV auf der Basis des jetzigen Mindestlohnes, kommen die Menschen später nie über eine Rente oberhalb der existentiellen Grundsicherung.

NBer 19.11.2018 10:19

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1420257)
......Mit solchen Jobs, aber auch mit Jobs ausserhalb von Hartz IV auf der Basis des jetzigen Mindestlohnes, kommen die Menschen später nie über eine Rente oberhalb der existentiellen Grundsicherung.

es ist halt nur ein verschieben der probleme nach hinten nach dem motto "was geht mich das elend in 20-30 jahren noch an". genauso der zwang für H4 empfänger ab einem bestimmten wert ihre lebensversicherungen jetzt aufzulösen und vom aktuellen rückkaufwert zu leben. spart jetzt H4 mittel, lässt die leute aber eben 10, 20, 30 jahre später ohne geld dastehen und wieder auf stütze angewiesen sein.

Helmut S 19.11.2018 11:01

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1420257)
Der Arbeitgeber bezahlt keine Sozialversicherungsbeiträge!

:confused: Das scheint ne kognitive Verzerrung zu sein - confirmation bias :Cheese:

Zunächst sind 450 EUR Jobs bereits seit 2013 grundsätzlich RV pflichtig. Der AN kann allerdings widersprechen, wenn er das nicht möchte. Dazu gibt es Formulare.

Der AG hat neben den Beiträgen zur gesetzlichen Sozialversicherung auch noch Beiträge nach dem Aufwandsausgleichsgesetz zu tragen. Insgesamt sind das, je nachdem über welchen 450 EUR Jobler wir konkret sprechen, irgendwas um die 30%. Die setzen sich grob so zusammen:

Der AG zahlt 15% in die RV ein. Wenn der AN der RV Pflicht nicht widerspricht, zahlt er (der AN) auch noch mal 3,7% von seinem Gehalt. Dann ist auf den Standardsatz aufgestockt.

Obwohl ein "reiner" 450 EUR Jobler nicht pflichtversichert ist in KV, AV und PV, zahlt der Arbeitgeber aber trotzdem Anteile in diese Töpfe der Solidargemeinschaft. Dann kommen noch n paar KV Umlagen dazu und das ergibt die zirka 30%.

Wer die % Werte ganz konkret wissen will, rufe seinen StB an. :Blumen:

Die Minijobler sind meldepflichtig in der Sozialversicherung - das ganze läuft über die Knappschaft Bahn-See. Auch laufen die Gehälter der Minijobbler in die Meldung an die Unfallversicherer, was zu Beiträgen für den AG führt.

:Blumen:

Neginroeb 19.11.2018 11:44

Danke Helmut, ich wollte es auch gerade schreiben

qbz 19.11.2018 11:48

Zitat:

Zitat von Helmut S (Beitrag 1420276)
:confused: Das scheint ne kognitive Verzerrung zu sein - confirmation bias :Cheese:

Ich gab nur diese Info-Website zu Hartz IV wieder, mit Quellenangabe. Es geht um Arbeitnehmer, die Hartz IV beziehen und geringfügig beschäftigt (§ 8 Absatz 1 SGB IV) sind.
https://www.hartz4.de/450-euro-job/.

"Üben Sie zwei oder mehrere 450-Euro-Jobs aus, müssen diese zusammengerechnet werden. Führt dies dazu, dass Ihr Einkommen über der monatlichen Grenze von 450 Euro liegt, handelt es sich nicht mehr um eine geringfügige Beschäftigung, was mit gewissen Konsequenzen verbunden ist:

* Arbeitgeber müssen die Pflege-, Arbeitslosen- und Krankenversicherung bei einem 450-Euro-Job für ihre Mitarbeiter nicht übernehmen. Dies besagt § 7 Absatz 1 SGB V (Fünftes Sozialgesetzbuch).
* Arbeitnehmer müssen sich daher selbst bei einem 450-Euro-Job um die Rentenversicherung sowie die Sozialversicherung kümmern.
* Übersteigt ihr Verdienst aufgrund von mehreren Jobs auf 450-Euro-Basis allerdings die Verdienstobergrenze, fällt dies in das Aufgabenfeld des Arbeitgebers!"

Aber vielleicht ist das alles eine Fehlininfo des Herausgebers der Website? Ich werde es bei Gelegenheit überprüfen und mich dann wieder melden.

Ich habe jetzt eine Website gelesen, wo ausführlich die aktuelle Versicherungssituation der geringfügig Beschäftigten dargestellt ist, wie Helmut ausgeführt hat. Man muss doch manchmal mehrere Quellen nachschlagen, leider. Sorry!

https://www.financescout24.de/wissen...beschaeftigung

sybenwurz 19.11.2018 11:54

Zitat:

Zitat von Helmut S (Beitrag 1420276)
:confused: Das scheint ne kognitive Verzerrung zu sein - confirmation bias :Cheese:

Zunächst sind 450 EUR Jobs bereits seit 2013 grundsätzlich RV pflichtig. Der AN kann allerdings widersprechen, wenn er das nicht möchte. Dazu gibt es Formulare.

Der AG hat neben den Beiträgen zur gesetzlichen Sozialversicherung auch noch Beiträge nach dem Aufwandsausgleichsgesetz zu tragen. Insgesamt sind das, je nachdem über welchen 450 EUR Jobler wir konkret sprechen, irgendwas um die 30%. Die setzen sich grob so zusammen:

Der AG zahlt 15% in die RV ein. Wenn der AN der RV Pflicht nicht widerspricht, zahlt er (der AN) auch noch mal 3,7% von seinem Gehalt. Dann ist auf den Standardsatz aufgestockt.

Obwohl ein "reiner" 450 EUR Jobler nicht pflichtversichert ist in KV, AV und PV, zahlt der Arbeitgeber aber trotzdem Anteile in diese Töpfe der Solidargemeinschaft. Dann kommen noch n paar KV Umlagen dazu und das ergibt die zirka 30%.

Wer die % Werte ganz konkret wissen will, rufe seinen StB an. :Blumen:

Die Minijobler sind meldepflichtig in der Sozialversicherung - das ganze läuft über die Knappschaft Bahn-See. Auch laufen die Gehälter der Minijobbler in die Meldung an die Unfallversicherer, was zu Beiträgen für den AG führt.

:Blumen:


Das glaub ich dir gern, aber ehrlich: gehst du davon aus, dass dies ne stabile, ausreichende Rente für die Betroffenen bringt?

Helmut S 19.11.2018 12:07

Zitat:

Zitat von sybenwurz (Beitrag 1420284)
gehst du davon aus, dass dies ne stabile, ausreichende Rente für die Betroffenen bringt?

Nein. Ich gehe davon aus, dass das Rentensystem für niemanden einen ausreichende, stabile Rente bringt.


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