Zitat:
Zitat von Vicky
(Beitrag 1301456)
Ich habe dazu eine Frage. Jörn schrieb, dass es um den Glauben der Kirche geht und nicht um meinen oder Deinen Glauben...
Die Kirche steckt doch zumindest den Rahmen ab, in welchem die Bibel und ihre Schriften interpretiert und ausgelegt werden sollten. Das heißt, dass die Kirche schon ein Leitbild des Gläubigen vorgibt und ihm vorschlägt, wie er nach diesem Leitbild leben sollte. Dieses Leitbild eines Gläubigen ist... sagen wir mal... sehr konservativ. Von diesem Leitbild gibt es nun diverse Abstufungen, weil jeder Mensch die Schriften und den Glauben anders interpretiert.
Landen wir denn dann nicht bei einem "Wunschkonzert" des Glaubens, in dem eher schwierige und kritische Passagen für einen selbst so interpretiert werden, dass es passt? Jeder gestaltet sich dann doch seinen eigenen Glauben, oder? Das ist ok, doch dann brauchen wir doch auch keine christliche Kirche oder keinen Papst... denn jeder Mensch interpretiert den Glauben anders. Für jeden sieht Jesus anders aus.
Das führt dazu, dass der Glaube für mich zu einer Art psychologischen Lösung für Probleme aller Art fungieren kann. Ich habe konkret das Beispiel im Sinn, dass jemand versucht, Schuldgefühle zu verarbeiten. Der Glaube hilft ihm dabei, indem die Person Inhalte des Glaubens so interpretiert, dass er für sich selbst "Vergebung" findet.
PS.: Ich habe jetzt keine wissenschaftlichen Abhandlungen gelesen... Sorry. Ich habe die Zeit dafür leider aktuell nicht. Das sind lediglich Dinge, die mir in den Sinn kamen... beim Radfahren :Cheese:
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Ich bin mir nicht sicher, ob ich Deine Fragen richtig verstehe, versuche aber trotzdem eine Antwort: der Gedanke des "Wunschkonzerts" des Glaubens gefällt mir. Soll doch jeder und jede auf seine/ihre Art glücklich werden.
Ich denke, Du hast Recht mit der Feststellung, dass jeder Mensch den Glauben anders interpretiert. Genau das ist meine empirische Beobachtung. Und ich habe auch überhaupt nicht das Bedürfnis, irgendjemanden, der das tut, darauf hinzuwiesen, dass er sich vielleicht nicht ganz auf dem Boden des Katholischen oder sonst eines Katechismus bewegt.
Ein Problem wird "Glaube" für mich eigentlich nur dann, wenn jemand sein persönliches Glaubensverständnis auch von anderen einfordert. Oder dann, wenn das persönliche Glaubensverständnis von jemandem dazu führt, dass er andere Menschen abwertet oder gar materiell schädigt. Das gilt natürlich besonders auch dann, wenn es ein Staat ist, der seine Bürgerinnen und Bürger mit seinem staatlichen Glaubensverständnis terrorisiert.
Ich stimme Dir zu: die Kirchen geben recht strenge und konservative Leitlinien vor. Aber was genau diese Leitlinien sind, ist ja selbst in den Kirchen keine unumstößliche Wahrheit. Da braucht man ja z.B. nur kurz an die unterschiedliche Amts-Auffassungen der beiden Päpste Benedikt und Franziskus zu denken. Wenn sich also über manches nicht mal die Päpste ganz einig sind, habe ich überhaupt kein schlechtes Gewissen, meinen persönlichen Glauben oder Nicht-Glauben auch ganz allein für mich zu interpretieren.
Natürlich ist das eine Wellness-Glaubens-Einstellung, die man auch scharf kritisieren kann. Mir gefällt sie trotzdem. In meinem Weltbild ist Glaube für den Menschen da und nicht der Mensch für den Glauben.
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