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Heinrich Heine:
Als sie mich umschlang mit zärtlichem Pressen,
Da ist meine Seele gen Himmel geflogen! Ich ließ sie fliegen, und hab unterdessen Den Nektar von ihren Lippen gesogen. |
Ludwig Thoma:
Ein Enterich hat jüngst im Freien
Der Liebe ohne Scheu gefrönt. Natürlich waren sie zu zweien, Und was sie taten, ist verpönt. Er hatte das Rezept gefunden Zu jenem alten Wonnespiel, Wobei er oben und sie unten, Ins Auge des Betrachters fiel. Ha! Wie ihm alle Sinne schwinden, Da schien es manchem offenbar, Daß jedes ethische Empfinden, In diesem Tier erloschen war. Ein solches Beispiel öffentlicher Verdorbenheit kommt selten vor. Doch Gottes Mühlen mahlen sicher, Hier war es ein Benzinmotor. Das Rad zerquetscht sie in der Rinne Und preßt den Enterich auf sie, Es war wohl in gewissem Sinne Auch eine Schicksalsironie. |
Erich Kästner:
Begegnung auf einer Parkbank
Ein bezaubernd buntes Pfauenauge setzt sich, damit es Honig sauge, auf Herrn Lehmanns Feiertagskrawatte, die ein schönes Blumenmuster hatte. Selbst Krawattenseide, schwer wie diese, ist noch lange keine Honigwiese! Als der Schmetterling verdutzt entschwebte, lachte Lehmann, dass die Weste bebte. |
Mascha Kaléko.
Glück und Unglück.
Das Glück ist arm an Phantasie. Sein Repertoire ist ziemlich klein; Das Unglück aber – ein Genie! Ihm fällt stets etwas Neues ein. |
Charles Baudelaire:
Ende des Tages
Unter blassem lichte schwärmend Tanzt und stürzet ohne grund Sich das leben schamlos lärmend .. Doch sobald am himmelsrund Wonnevoll die nacht sich breitet Alles – auch der hunger – ruht • Alles – auch die schmach – vergleitet; Sagt der dichter: nun ists gut! Gierig flehen meine glieder Wie mein geist die ruhe nieder Von unseligem traum zerwühlt .. Will mich auf den rücken strecken Eingehüllt in eure decken – Finsternisse die ihr kühlt! |
Ludwig Thoma:
Sexuelle Aufklärung
Der alte Storch wird nun begraben. Ihr Kinder lernt im Unterricht, Warum wir dies und jenes haben, Und es verbreitet sich das Licht. Zu meiner Zeit, du große Güte! Da herrschte tiefe Geistesnacht. Man ahnte manches im Gemüte Und hat sich selber was gedacht. Mich lehrte dieses kein Professer; Nur eine gute, dicke Magd Nahm meine Unschuld unters Messer Und machte auf dieselbe Jagd. Ihr Unterricht war nicht ästhetisch, Im Gegenteil, sehr weit entfernt. Und doch, wenn auch nicht theoretisch, Ich hab' es ziemlich gut gelernt. |
Suppenschildkröten-Ersatz:
Die Schildkrötensuppe
Schildkröten rennen rum wie wild. Als ob sie Lutzkroth hießen. Sie tragen einen grünen Schild Und sehen aus zum Schießen. Wir schießen keine Kröten tot, Wir lassen sie hoch leben Und füttern sie mit Dinkelschrot und saftigen Zibeben. Pasteten her, Pasteten hin, Was kümmern uns Pasteten? Da ist kein Lachs, kein Hummer drin Auch nicht Paté von Kröten. Wir preisen statt Paté Pataten zum Kochen wie zum Braten. Schön köstlich die Kartoffeln sind Und weiß wie Alabaster! Kartoffelsuppe kocht geschwind Und ist für König, Königin und Kind Ein wahres Magenpflaster. Jaja, wir wollen Kartoffelsuppe, köstliche Kartoffelsuppe! Schildkröten-, Kaviar- & Hummersuppe die sind uns schnuppe, schnuppe, schnuppe! |
Ludwig Thoma:
Wir Toren
Warum nur immer Haß und Streit? Wir könnten es so schöner haben, Benützten wir Talent und Gaben Zu mäßig milder Heiterkeit. Man wäre Gast im besten Haus: Und kitzelte mit Politessen Den Reichen, der sich voll gefressen Und Witze liebt nach gutem Schmaus. Er könnt‘ mit uns zufrieden sein Und stocherte in seinen Zähnen, Und rülpst‘ und unterdrückt‘ ein Gähnen Und schliefe dann behaglich ein. Man paßte in das Staatssystem, Wenn uns das Rindvieh loben dürfte Und unsern Spaß mit Wonne schlürfte, Man wäre deutsch und angenehm. |
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