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Heinrich Heine:
Hast du die Lippen mir wund geküßt,
So küsse sie wieder heil, Und wenn du bis Abend nicht fertig bist, So hat es auch keine Eil. Du hast ja noch die ganze Nacht, Du Herzallerliebste mein! Man kann in solch einer ganzen Nacht Viel küssen und selig sein. |
Joachim Ringelnatz:
Es war ein Knopf an Fritzens Mütze,
Der machte ungezog'ne Witze. Erst strampelte er stundenlang, Worauf er von der Mütze sprang. Er fiel auf einen Kieselstein, Dort schlief er ganz ermüdet ein. Und eine Schlange sah den Schläfer; Sie dachte sich, es sei ein Käfer. Und weil der Käfer ihr gefiel, So fraß sie ihn mit Stumpf und Stiel |
Christian Morgenstern:
Die Möwen sehen alle aus,
als ob sie Emma hießen. Sie tragen einen weißen Flaus und sind mit Schrot zu schießen. Ich schieße keine Möwe tot, ich laß sie lieber leben – und füttre sie mit Roggenbrot und rötlichen Zibeben. O Mensch, du wirst nie nebenbei der Möwe Flug erreichen. Wofern du Emma heißest, sei zufrieden, ihr zu gleichen. |
Heinrich Heine:
Teurer Freund! Was soll es nützen,
Stets das alte Lied zu leiern? Willst du ewig brütend sitzen Auf den alten Liebes-Eiern? Ach! das ist ein ewig Gattern, Aus den Schalen kriechen Küchlein, Und sie piepsen und sie flattern, Und du sperrst sie in ein Büchlein. |
Ringelnatz:
Ich werde nicht enden zu sagen:
Meine Gedichte sind schlecht. Ich werde Gedanken tragen Als Knecht. Ich werde sie niemals meistern Und doch nicht ruhn. Soll mich der Wunsch begeistern: Es besser zu tun. |
Kästner:
Helden in Pantoffeln
Auch der tapferste Mann, den es gibt, schaut mal unters Bett. Auch die nobelste Frau, die man liebt, muß mal aufs Klosett. Wer anläßlich dieser Erklärung behauptet, das sei Infamie, der verwechselt Heldenverehrung mit Mangel an Phantasie. |
Edgar Allen Poe:
Du willst, daß man dich liebt, so weiche
Nie davon, was dein Wesen ist. Bleibe nur immerdar die Gleiche, Sei nichts, was du nicht wirklich bist. Dann wird auch deine sanfte Weise, Die mehr als Schönheit noch besticht, Verleiten alle Welt zum Preise Und Liebe werden – eine Pflicht. |
Shakespeare:
Soll ich dich einem Sommertag vergleichen?
Anmutiger, gemäßigter bist du. Des Maies Lieblinge jagt Sturmwind von den Zweigen, Und nur zu früh gehn Sommers Pforten zu. Bald scheint zu heiß des Himmels Auge, bald Umdunkelt sich sein goldner Kreis; es weilet Das Schöne nie in seiner Wohlgestalt, Vom Zufall, vom Naturlauf übereilet. Du aber sollst in ew’gem Sommer blühn, Nie deiner Schönheit Eigentum veralten; Nie soll dich Tod in seinen Schatten ziehn, Wenn ew’ge Zeilen dich der Zeit erhalten. Solange Menschen atmen, Augen sehn, So lang lebt dies, und heißt dich fortbestehn. |
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