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the grip 20.05.2012 15:43

Heinz Erhardt:
 
Humanistisches Frühlingslied

Amsel, Drossel, Star und Fink,
singen Lieder vom Frühlink,
machen recht viel Federlesens
von der Gegenwart, dem Präsens.

Krokus, Maiglöckchen und Kressen,
haben längst den Schnee vergessen,
auch das winzigste Insekt
denkt nicht mehr ans Imperfekt.

Hase, Hering, Frosch und Lachs,
Elke, Inge, Fritz und Max ---
alles, alles freut sich nur
an dem Jetzt. Und aufs Futur.

hanselek 20.05.2012 16:22

Tolles Gedicht!

the grip 22.05.2012 10:19

Edgar Allen Poe:
 
Du schöner Fluß mit deiner Flut,
Die niemals stille hält.
Du bist ein Bild von Jugendmut,
Von einem Herzen unverstellt.

Doch wenn in dein kristall’nes Blau,
Das trübe Augen scheuen,
Die Liebste blickt, gleichst Du genau
Mir selbst, ihrem Getreuen.

Denn dies Herz birgt wie du so rein
Ihr Bild und strahlt bewegt,
Wenn es den teuren Widerschein
In seinen Tiefen hegt.

the grip 24.05.2012 10:56

Ringelnatz:
 
Ein Schneider eine Nadel fand,
Die stach den Schneider in die Hand.

Der Schneider sprang entsetzt zurück,
Die Nadel sprach, ich bring‘ dir Glück.

Der König hörte Schneiders Leid
Und er bestellte sich ein Kleid.
Der Schneider nähte dieses gleich;
Am andern Tage war er reich.

So hat die Nadel über Nacht
Dem armen Schneider Glück gebracht.

the grip 27.05.2012 16:02

Eduard Mörike:
 
Versuchung

Wenn sie in silberner Schale mit Wein uns würzet die
Erdbeer'n,
Dicht mit Zucker noch erst streuet die Kinder
des Walds:
O wie schmacht' ich hinauf zu den duftigen Lippen,
wie dürstet
Nach des gebogenen Arms schimmernder Weiße
mein Mund!

the grip 29.05.2012 10:11

Heinrich Heine:
 
Wir fuhren allein im dunkeln
Postwagen die ganze Nacht;
Wir ruhten einander am Herzen,
Wir haben gescherzt und gelacht.

Doch als es morgens tagte,
mein Kind, wie staunten wir!
Denn zwischen uns saß Amor,
Der blinde Passagier.

the grip 31.05.2012 10:30

Nochmal Edgar Allen Poe:
 
An M.L.S.

Von allen, die dich preisen wie den Morgen,
Die, wenn du fern bist, wähnen, es sei Nacht,
Am Himmel erloschen sei die Sonne –
Von allen, die dich unter Tränen segnen,
Daß du die Hoffnung ihnen wiedergabst,
Ja, mehr noch, ihren tief begrabnen Glauben
An Wahrheit – Tugend – Menschlichkeit;
Von allen, die vom Bette der Verzweiflung,
Wo hingestreckt sie lagen, sich erhoben
Bei deinem sanftgesproch’nen Wort: "Es werde Licht!"
Dem sanftgesproch’nen Wort, das sich erfüllte
Im engelreinen Schimmer deiner Augen;
Von allen, die dir danken, deren Dank
Anbetung gleichkommt – O gedenke,
Des Wahrsten, innigst dir Ergebenen,
Der, während er dies niederschreibt, erbebt zu denken,
Daß er mit einem Engel Zwiesprach hält.

the grip 03.06.2012 10:32

Erich Kästner:
 
Über die Ursachen der Geschichte

Wenn Klio, die Muse, sich schlafen legt,
umwölken sie Traumgesichte.
Und daß sie die Glieder träumend bewegt,
bewirkt Geschichte.

Doch was Klio träumt und was wirklich geschieht,
verhält sich, nach grauem Gesetz,
wie ihr zuckender Arm, wie ihr flatterndes Lied
zum Knarren ihres Betts.


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