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Heinz Erhardt:
Humanistisches Frühlingslied
Amsel, Drossel, Star und Fink, singen Lieder vom Frühlink, machen recht viel Federlesens von der Gegenwart, dem Präsens. Krokus, Maiglöckchen und Kressen, haben längst den Schnee vergessen, auch das winzigste Insekt denkt nicht mehr ans Imperfekt. Hase, Hering, Frosch und Lachs, Elke, Inge, Fritz und Max --- alles, alles freut sich nur an dem Jetzt. Und aufs Futur. |
Tolles Gedicht!
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Edgar Allen Poe:
Du schöner Fluß mit deiner Flut,
Die niemals stille hält. Du bist ein Bild von Jugendmut, Von einem Herzen unverstellt. Doch wenn in dein kristall’nes Blau, Das trübe Augen scheuen, Die Liebste blickt, gleichst Du genau Mir selbst, ihrem Getreuen. Denn dies Herz birgt wie du so rein Ihr Bild und strahlt bewegt, Wenn es den teuren Widerschein In seinen Tiefen hegt. |
Ringelnatz:
Ein Schneider eine Nadel fand,
Die stach den Schneider in die Hand. Der Schneider sprang entsetzt zurück, Die Nadel sprach, ich bring‘ dir Glück. Der König hörte Schneiders Leid Und er bestellte sich ein Kleid. Der Schneider nähte dieses gleich; Am andern Tage war er reich. So hat die Nadel über Nacht Dem armen Schneider Glück gebracht. |
Eduard Mörike:
Versuchung
Wenn sie in silberner Schale mit Wein uns würzet die Erdbeer'n, Dicht mit Zucker noch erst streuet die Kinder des Walds: O wie schmacht' ich hinauf zu den duftigen Lippen, wie dürstet Nach des gebogenen Arms schimmernder Weiße mein Mund! |
Heinrich Heine:
Wir fuhren allein im dunkeln
Postwagen die ganze Nacht; Wir ruhten einander am Herzen, Wir haben gescherzt und gelacht. Doch als es morgens tagte, mein Kind, wie staunten wir! Denn zwischen uns saß Amor, Der blinde Passagier. |
Nochmal Edgar Allen Poe:
An M.L.S.
Von allen, die dich preisen wie den Morgen, Die, wenn du fern bist, wähnen, es sei Nacht, Am Himmel erloschen sei die Sonne – Von allen, die dich unter Tränen segnen, Daß du die Hoffnung ihnen wiedergabst, Ja, mehr noch, ihren tief begrabnen Glauben An Wahrheit – Tugend – Menschlichkeit; Von allen, die vom Bette der Verzweiflung, Wo hingestreckt sie lagen, sich erhoben Bei deinem sanftgesproch’nen Wort: "Es werde Licht!" Dem sanftgesproch’nen Wort, das sich erfüllte Im engelreinen Schimmer deiner Augen; Von allen, die dir danken, deren Dank Anbetung gleichkommt – O gedenke, Des Wahrsten, innigst dir Ergebenen, Der, während er dies niederschreibt, erbebt zu denken, Daß er mit einem Engel Zwiesprach hält. |
Erich Kästner:
Über die Ursachen der Geschichte
Wenn Klio, die Muse, sich schlafen legt, umwölken sie Traumgesichte. Und daß sie die Glieder träumend bewegt, bewirkt Geschichte. Doch was Klio träumt und was wirklich geschieht, verhält sich, nach grauem Gesetz, wie ihr zuckender Arm, wie ihr flatterndes Lied zum Knarren ihres Betts. |
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